Читать книгу Ambition Girl - Paula Walks - Страница 8
ОглавлениеKAPITEL 3
DER NEUBEGINN
New York, Mai 1943
Petra stand am Deck des Schiffes. Eine sanfte Brise wehte ihr durchs Haar, die Sonnenstrahlen streichelten ihr Gesicht und zum ersten Mal verspürte sie ein Gefühl von erwartungsvoller Freude. Sie war schon so weit gekommen. Sie wusste, dass sie es noch nicht ganz geschafft hatte, aber verglichen mit dem bereits Erlebten schien diese letzte Station wie ein Kinderspiel. Am Horizont zeichnete sich ein Umriss ab. Je näher sie kamen, desto klarer wurde er. Petra wusste genau, was da vor ihr lag. Es war eine Dame, von der sie es nie zu träumen gewagt hatte, sie mit ihren eigenen Augen zu sehen. Doch da war sie, die Lady Liberty, die sich vor ihr in voller Pracht erhob. Petra hatte vor ihrer Abreise viel über die amerikanische Freiheitsstatue gelesen und konnte es kaum erwarten, sie in voller Größe zu betrachten. Ehrfürchtig bewunderte Petra das Gewand, das die Figur der Statue umspielte. Auch wenn es auf den ersten Blick den Eindruck erwecken mochte, als würde die Freiheitsstatue mit beiden Beinen fest auf ihrem Sockel stehen, so war sie doch in Wahrheit in Bewegung. Warf man nämlich einen genaueren Blick auf ihre Füße, war zu erkennen, dass ihr rechter Fuß angehoben war, als würde sie gerade einen Schritt vorwärts machen wollen. Dies und die zerbrochenen Kettenglieder, die sich um ihre Füße schlängelten, symbolisierten die Freiheit. Doch für Petra war es noch mehr. Es war, als würde auch sie gerade über eine imaginäre Kreidelinie auf dem Boden gehen. Als sie da so stand und die majestätische grüne Dame bewunderte, fiel ihr ein Sonett ein, das ihr ihre Mutter einst vorgelesen hatte. Es war irgendwo auf einer Tafel an der Freiheitsstatue niedergeschrieben. An den genauen Wortlaut konnte sie sich nicht mehr erinnern, aber im übertragenen Sinne hieß es:
„Gebt mir eure Müden, eure Armen, eure geknechteten Massen, die frei zu atmen begehren. Schickt sie mir, die Heimatlosen, die vom Sturme Getriebenen. Hoch halte ich mein Licht am goldenen Tor!“
Ein goldenes Tor! Ja, so fühlte sich das Ganze an. Ein Tor in ein Leben voller Freiheit. Nun musste sie nur noch hindurchgehen. Petra hätte gerne noch länger dagestanden, doch das Schiff war kurz davor anzulegen und das Gedränge vieler ungeduldiger Menschen begann. Immer wieder sah sich Petra um und versuchte Johannes in der Menschenmenge zu entdecken, doch er war nirgends zu finden. Sie wusste, dass er und die anderen Passagiere der ersten Klasse als Erste das Schiff verlassen würden. Petra stellte sich auf die Zehenspitzen, schirmte mit der Hand die Augen vor der Sonne ab und reckte den Hals. Sie hoffte ihn in der Menge zu erspähen, um sich noch einmal richtig von ihm zu verabschieden und sich für die vielen guten Ratschläge zu bedanken. Dies war ihr ein großes Anliegen, aber leider hatte sie kein Glück und tauchte enttäuscht in der wogenden Menge der Wartenden unter. Johannes hätte jetzt sicher so etwas gesagt wie: „Wenn die Zeit reif ist, werden wir uns wiedersehen.“ Und das hoffte Petra.
Petra überkam eine innere Ruhe, als sie mit ihrem Koffer, eng gedrängt an all die anderen Passagiere, die laut schnatternd und in freudiger Erwartung auf ihr neues Leben blickten, an Deck stand. Sie spürte, wie das Schiff an Geschwindigkeit verlor und anlegte. Sie beobachtete, wie die Passagiere der ersten und zweiten Klasse langsam an Land gingen. Diese waren noch auf dem Schiff einer oberflächlichen Überprüfung unterzogen worden und waren demnach – vorausgesetzt es hatten sich keine medizinischen oder juristischen Probleme aufgetan – frei zu gehen. So zügig wie sie, würde Petra allerdings nicht von Bord gehen können. Für die Passagiere der dritten Klasse hieß es ab jetzt nämlich: warten. Sie mussten ausharren bis alle Passagiere der ersten und zweiten Klasse abgefertigt worden waren. Dann erst durften sie sich endlich in Bewegung setzen. Weit kamen sie allerdings nicht, denn nun wurden sie aufgereiht, um eine Fähre zu besteigen. Bei der Menge an Menschen dauerte auch diese Prozedur eine gefühlte Ewigkeit. Doch Petra hatte es nicht eilig. Sie war fasziniert von allem, was um sie herum vorging. Als die Fähre sich endlich in Bewegung setzte, wuchs Petras Aufregung: Nun kamen sie der imposanten eisernen Lady immer näher. Petra versuchte jedes Detail wahrzunehmen. Sie bewunderte ihren bestimmten Blick und ihre aufrechte, nach vorne gerichtete Haltung, die in den Himmel gehaltene Fackel, die den Neuankömmlingen den richtigen Weg zu weisen schien. Für einen Moment vergaß Petra ihre Angst. Es war, als würde die Flamme der Fackel in ihrem eigenen Körper zu lodern beginnen. Während der gesamten Reise hatte sich Petra nichts sehnlicher gewünscht, als nach Hause zurückzukehren – zurück zu ihren Eltern. In diesem Augenblick jedoch machte sich ein neues Gefühl in ihr breit: das Gefühl, für diesen neuen Abschnitt bereit zu sein. Das Gefühl, am Ziel angekommen zu sein. Das Gefühl, genau hierher zu gehören. Doch würden das die Amerikaner auch so sehen? Es dauerte nicht lange, bis ihr nächster Halt in Sichtweite kam: Ellis Island, die Insel der Hoffnung und der Tränen. Der Ort, an dem über ihre Zukunft entschieden werden sollte. Allen war schmerzlich bewusst, dass dies ein Tor zur neuen Welt oder die Endstation sein konnte. Alle der hier Anwesenden hatten eine beschwerliche Reise hinter sich. Sie hatten alles, was sie kannten, zurückgelassen, in der Hoffnung, hier ein besseres Leben zu finden. Viele von ihnen wurden in ihren Heimatländern verfolgt. Sie konnten nicht mehr zurück. Petra wusste, dass ihr Schicksal nun nicht mehr in ihrer Hand lag, und das machte sie ziemlich nervös. Schweißperlen bildeten sich auf ihrer Stirn. Ihre Hände wurden kalt und klamm. Hastig wischte sie sich den Schweiß mit dem Mantelärmel ab. Auf der Insel sollte niemand denken, sie sei krank, sonst würde sie mit dem nächsten Schiff zurückgeschickt werden. Als die Fähre den Anleger erreichte, ging das Gedränge los.
Die Passagiere wurden in zwei Reihen eingeteilt: Auf der einen Seite standen die Männer und auf der anderen Seite Frauen und Kinder. Petra wartete geduldig, bis sie eingereiht wurde. Im Gänsemarsch wurden die Neuankömmlinge über einen Steg zu einem großen Gebäude geführt. Ihre erste Station war der Gepäckraum, wo Petra der Koffer abgenommen wurde. Es kam ihr alles ziemlich unheimlich vor, doch sie versuchte sich zu beruhigen. Sie bekam eine Identifikationskarte an die Jacke geheftet, auf der ihr Name sowie eine Reihe von Ziffern standen, von denen sie nicht genau wusste, was sie bedeuteten. Auf der Karte waren zudem der Name des Schiffes sowie die Seite und Zeilennummer des Schiffsmanifests vermerkt. So ließ sich leicht feststellen, mit welchem Schiff sie angekommen war. Als Nächstes ging es eine große Wendeltreppe nach oben. Genau wie ihre Mitreisenden ahnte Petra nicht, dass es sich hierbei bereits um den ersten Test handelte. Auf der zweiten Etage stand eine Gruppe von Ärzten, die die Neuankömmlinge genau beobachteten. Sie suchten nach Zeichen von körperlichen Gebrechen und Erschöpfung. Die Stufen waren kein Problem für Petra, doch mit ihr waren auch viele ältere Leute vom Schiff gekommen, denen der Aufstieg sichtlich schwerfiel. Nach den Treppen wartete eine Leibesuntersuchung auf sie. Ein uniformierter Arzt führte diese durch. Bangend beobachtete Petra, wie die Frauen in der Reihe vor ihr untersucht wurden. Einige von ihnen durften danach passieren. Andere bekamen mit Kreide eine Markierung auf ihre Jacken gezeichnet und wurden in einen Nebenraum geführt. Es waren Buchstaben. Jeder Buchstabe stand für eine Auffälligkeit, die näher untersucht werden musste: von psychischen Leiden bis hin zu ansteckenden Augenkrankheiten. Als Petra an der Reihe war, rutschte ihr fast das Herz in die Magengrube. Während der gesamten Untersuchung betete sie still, dass der Arzt keine Auffälligkeiten bei ihr feststellen würde. Zu ihrer Erleichterung gab er ihr schon nach einer Minute das Signal zum Passieren.
Nun betrat sie einen riesigen Saal. Staunend blickte sie umher: Sie stand in einem weitläufigen, lichtdurchfluteten Raum, der seinem Spitznamen „Große Halle“ alle Ehre machte. Ihre Augen richteten sich nach oben. Petra betrachtete voller Bewunderung die riesigen, halbrunden, verzierten Glasfenster, die unter der gewölbten Decke den Raum erhellten. Eine Art Balkon zog sich über die gesamte obere Raumhälfte. Auch dort oben waren einige Menschen versammelt. Doch das war nichts im Vergleich zu dem, was unten vorging: Hunderte von Menschen standen, saßen, ja lagen sogar im Raum. Petra konnte sie kaum zählen. Von oben herab musste diese ganze Szene aussehen wie ein aufgeregt umherwuselnder Ameisenhaufen. Petra schaute genauer hin. Der Raum war durchzogen von alten Holzbänken, die durch Stahlgitter voneinander getrennt waren. Es hatte etwas von kleinen Gefängniszellen, dachte Petra.
Auch hier waren wieder Männer und Frauen getrennt. Langsam und mit wachem Blick drang Petra tiefer in den Raum hinein. Der Geräuschpegel war ohrenbetäubend. Männer husteten, Frauen redeten eindringlich aufeinander ein, Kinder quengelten vor Erschöpfung. Petra konnte sich nicht vorstellen, jemals einen klaren Gedanken bei diesem Lärm fassen zu können, doch zu ihrer Überraschung gewöhnte sie sich schnell an den Geräuschpegel und das Stimmengewirr verwandelte sich in eine dumpfe Geräuschkulisse. Während sie zu ihrem zugewiesenen Platz ging, hörte Petra die verschiedensten Sprachen. Einige konnte sie erraten, andere hatte sie in ihrem Leben noch nie gehört. Sie nahm gegenüber einer Frau und ihren zwei Kindern Platz. Mit bedächtigem Blick musterte sie die kleine Familie; alle drei sahen ausgelaugt aus. Eins der Kinder weinte lautstark. Die Mutter versuchte, den Jungen zu beruhigen. Petra bemerkte, wie viele Umhersitzende der Mutter gereizte Blicke zuwarfen. Die Nerven lagen blank, viele dieser Menschen saßen bereits seit Tagen oder gar Wochen auf der kleinen Insel fest. Als Petra sich setzte, sagte die Frau etwas in einer Sprache zu ihr, die sie nicht verstand. Aus ihrem Gesichtsausdruck und ihrer Gestik schloss Petra, dass sie sich für ihr weinendes Kind entschuldigte. Petra schüttelte den Kopf und versuchte der Mutter mit Gesten verständlich zu machen, dass sie sich dafür nicht zu entschuldigen brauchte. Die Frau lächelte sie erleichtert an und wendete ihren müden Blick wieder dem weinenden Jungen zu. Petra hatte Mitleid mit dem Kind. Sie selbst merkte, wie diese Situation immer mehr an ihren Nerven zerrte. Sie war hungrig und erschöpft und dennoch permanent unter Anspannung, da sie nicht wusste, wie es für sie weitergehen würde. Wie sollte es diesen Kindern also erst gehen? Sie waren sicher auch schon seit vielen Wochen unterwegs, alles war unheimlich und fremd. Zu gerne hätte sich Petra zu dem Jungen gesellt und einfach in sein Schluchzen eingestimmt. Doch sie war erwachsen und musste sich zusammenreißen. Hätte sie doch nur auch das Recht, ihren Emotionen freien Lauf zu lassen. Während sie über die Bürden des Erwachsenseins nachdachte, merkte Petra, wie etwas ihr Bein streifte. Es war die Tochter der Frau, die immer noch mit aller Macht versuchte, ihren Sohn zu beruhigen. Im Gegensatz zu ihm war das Mädchen ganz still. Sie saß auf dem Boden und drehte an den Knöpfen ihrer Jacke. Mit einem Stich in der Brust erinnerte sich Petra an das geheime Zeichen der Swings. Vielleicht stellte das kleine Mädchen auch gerade einen neuen Radiosender ein. Doch vermutlich wusste sie gar nicht, was ein Radio war, überlegte Petra. Mit der Zeit wurde auch das kleine Mädchen immer unruhiger. Petra fühlte mit ihr. Als sie das kleine Mädchen so hin und her wippen sah, hatte sie plötzlich eine Eingebung und steckte ihre Hand in ihre Manteltasche. Suchend tastete sie darin umher. Hatte sie es etwa verloren? Doch dann spürte sie das harte Stück Kreide, das sie vor einer gefühlten Ewigkeit liebevoll in ein Taschentuch gewickelt hatte. Behutsam nahm sie es heraus und hielt inne. Wäre doch nur Johannes bei ihr! Mit einem leichten Seufzer und ganz vorsichtig, um das Mädchen nicht zu erschrecken, kniete sie sich zu ihm hinunter. Mit der Kreide zeichnete sie eine kleine Sonne auf den Boden. Die Augen des kleinen Mädchens begannen zu leuchten. Das war die Reaktion, auf die Petra gehofft hatte. Sie hielt dem Mädchen das Stück Kreide hin. Zaghaft nahm die Kleine Petra das Kreidestück aus der Hand und begann ebenfalls kleine Sonnen zu zeichnen. Auch ihr Bruder, der ungefähr zwei Jahre älter war als sie, richtete seine Aufmerksamkeit auf die neue Beschäftigung seiner Schwester. Schlagartig versiegte der Tränenfluss und er kletterte vom Schoß seiner Mutter zu seiner Schwester hinunter. Liebevoll reichte diese ihm das nun schon etwas geschrumpfte Stück Kreide. Abwechselnd verzierten sie nun den Boden um sich herum. Als Petra sich wieder auf ihren Platz setzte, nickte die Mutter ihr dankbar zu. Ein paar Minuten später kam ein uniformierter Mann an ihrem Platz vorbei. Kritisch begutachtete er die Kreidemalereien, doch er sagte nichts weiter. Vielleicht hatte er selbst Kinder und konnte sich vorstellen, wie schwer das hier für sie sein musste, dachte sich Petra. Er gab ihr sowie ein paar anderen ein Zeichen, ihm zu folgen. Völlig perplex stand Petra auf. Sie hatte damit gerechnet, hier noch mindestens den ganzen Tag warten zu müssen. Als sie aufstand, winkten ihr die Kinder zum Abschied zu.
Petra wurde zu einem großen Holzschreibtisch geführt, hinter dem ein grimmig aussehender uniformierter Beamte saß und sie eingehend musterte. Mit zittriger Hand gab sie ihm den Zettel, den sie bei ihrer Ankunft bekommen hatte. Während er in seinen Unterlagen blätterte, hielt Petra den Atem an. Sie betete, dass alle nötigen Papiere da waren. Dann sprach der Beamte sie streng an: „Sind sie jemals wegen eines Verbrechens verurteilt worden?“ „Nein“, antworte Petra hastig. „Sind sie verheiratet?“, fuhr der Inspektor fort. Petra schüttelte den Kopf „Nein.“ Er kritzelte schweigend etwas auf einen Zettel. Petra war verunsichert. „Was ist das Ziel Ihrer Reise?“ „Baltimore.“ Es folgten noch einige weitere Fragen, die Petra alle wie aus der Pistole geschossen beantwortete.
Der Inspektor nahm einen großen Stempel und drückte ihn auf ihre Papiere. „APPROVED.“ Er gab Petra die Papiere zurück und wies sie an weiterzugehen. Ihre noch immer zitternde Hand umklammerte nun fest das Stück Papier. Sie konnte es nicht fassen. Am liebsten wäre sie einfach in Jubelrufe ausgebrochen, doch dafür war keine Zeit. Sie wurde von einem anderen Mann in Uniform in die nächste Schlange geschoben, die sie in ein Treppenhaus brachte. Es führten drei Treppen nach unten, nur getrennt durch Metallgeländer, die den schicksalhaften Spitznamen „The Stairs of Separation“ – die Treppen der Trennung – trugen, da dort viele Familien getrennt wurden und der Traum vieler Einreisender, ein neues Leben zu beginnen, an dieser Stelle zerbrach. Tatsächlich führten nur die Treppen links und rechts in die Freiheit. Der Gang in der Mitte führte zu einem Auffanglager auf der Insel. Die Menschen, die aus medizinischen oder rechtlichen Gründen festgehalten wurden, mussten manchmal eine Nacht oder auch mehrere Monate auf der Insel bleiben.
Doch all das wusste Petra nicht, als sie angewiesen wurde, die rechte Treppe zu nehmen. Sie hatte weder amerikanisches Geld noch eine Ahnung, wie sie zum Bahnhof gelangen sollte, aber sie war „approved“ (genehmigt), das Gefühl von Glückseligkeit strahlte heller als ihre Sorgen. Diese sollten sich kurze Zeit später von selbst lösen. Am Ende der Treppen befanden sich mehrere Schalter: Es gab eine Post, einen Fahrkartenschalter sowie eine Wechselstube. Hinter jedem dieser Schalter wurde sie von freundlichen Mitarbeitern begrüßt, die all ihre Fragen geduldig beantworteten und sie unterstützten. Sie bekam eine exakte Wegbeschreibung zum Bahnhof sowie ein Ticket von New York nach Baltimore.
Auch deutsches Geld konnte sie hier problemlos tauschen. Viel Bargeld hatten ihre Eltern ihr nicht mitgeben können, doch Petra hatte von ihrer Mutter zusätzlich eine Goldkette erhalten, die mit vielen Erinnerungen verbunden war und die sie deshalb nur sehr zögerlich eintauschte. Als sie ihren Koffer von der Gepäckstelle abholte, bekam sie sogar noch ein Verpflegungspaket für die Fahrt. Petra war überwältigt von all dieser Gastfreundlichkeit. Während sie auf der Fähre stand, die sie zum Festland bringen sollte, begann sie unkontrolliert zu lachen. Sie hatte es wirklich geschafft! Sie konnte es noch gar nicht wirklich glauben. Die eindrucksvolle Skyline von New York rückte näher, die Gebäude wurden größer und warfen ihre imposanten Schatten über die anlegende Fähre.
Als Petra auf dem Festland ankam, sehnte sich ihre Eltern herbei. Ihre Mutter hatte ihr ein Buch über Amerika gezeigt, in dem Fotos abgebildet waren, doch die Realität war so viel beeindruckender. Wie ein Kind, das zum ersten Mal einen Süßigkeitenladen betritt, lief Petra mit leuchtenden Augen durch die Straßen. Mit der Wegbeschreibung, die sie auf Ellis Island erhalten hatte, war es kein Problem, den Weg zum Bahnhof zu finden. Immer wieder blieb sie stehen, um das Flair dieser unglaublichen Stadt aufzusaugen. Wie gerne hätte sie all die Sehenswürdigkeiten besucht, die sie in dem Buch ihrer Mutter gesehen hatte. Doch sie merkte, wie ihre Kraft sie langsam verließ. Und bis zu ihrer Unterkunft in Baltimore war es noch ein ganzes Stück. Daher beschloss Petra eines Tages wieder zurückzukehren, um sich all die Attraktionen ganz in Ruhe anzusehen. Schließlich liefen sie ihr nicht weg.