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1. Pfadabhängigkeit der Verwaltungsrechtsordnungen
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Stärker als das Verfassungsrecht ist das Verwaltungsrecht Ausdruck unterschiedlicher nationalstaatlicher Traditionen der europäischen Staaten und insoweit „pfadabhängig“.[9] Ungeachtet der Ausstrahlungswirkung, die vor allem das französische – zu Recht ist bis ins 20. Jahrhundert hinein von Frankreich als dem „Rom“ des Verwaltungsrechts die Rede[10] –, aber auch das deutsche, britische, italienische und österreichische Verwaltungsrecht als Vor- und Gegenbild auf die Entwicklung des Verwaltungsrechts in anderen Staaten gehabt haben, haben letztlich doch fast alle Staaten Europas ein auf ihre politische Entwicklung und Topographie zugeschnittenes Verwaltungsrecht hervorgebracht oder, umgekehrt, die Verwaltung entsprechende Staaten.[11] Insoweit gilt unverändert das Diktum Otto Mayers: „Die Lehre vom Verwaltungsrecht findet ihren Gegenstand am Staate“.[12]
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Die historisch kontingente Entwicklung der einzelnen Staaten hat vor diesem Hintergrund ganz unterschiedliche Typen von Verwaltung hervorgebracht. In Deutschland und Österreich hat sie im Schatten des Rechtsstaates und dem ihm zugrunde liegenden Kompromiss zwischen Bürgertum und Monarchie zu einer tendenziell unpolitischen Verwaltung geführt, die sich in erster Linie als Vollzugsorgan begreift. Das hat Konsequenzen – für ihr Verhältnis zum Gesetzgeber und zur Regierung ebenso wie für Art und Ausmaß ihrer gerichtlichen Kontrolle. In Frankreich hingegen konnte sich die Verwaltung, etatistische Entwicklungslinien aus dem Ancien régime und dem Bonapartismus aufgreifend, schon im 19. Jahrhundert zu einer eigenständigen, mit einem pouvoir administratif ausgestatteten Kraft neben Parlament und Regierung entwickeln, die politische und soziale Gestaltung als eigene Aufgabe begreift und dem – nicht von ungefähr als administré bezeichneten – Bürger mit einem entsprechenden Herrschaftsgestus gegenübertritt.[13]