Читать книгу Tod auf der Themse - Paul Doherty - Страница 7

2

Оглавление

Bruder Athelstan saß am Küchentisch seines kleinen Pfarrhauses von St. Erconwald in Southwark und starrte mißgelaunt ins Feuer. Er hatte die Frühmesse gelesen, hatte mit Hilfe der Kurtisane Cecily die Kirche geputzt und mit Tab, dem Kesselflicker, über ein paar Töpfe gesprochen, die repariert werden mußten. Dann hatte er sich von der Witwe Benedicta verabschiedet, weil sie für ein paar Tage auf die andere Seite der Themse zu einer Verwandten wollte, die kurz vor der Niederkunft stand.

Athelstan erhob sich und rührte in dem Porridge, der in einem schwarzen Kessel über den Flammen kochte. Dann schaute er sich nach Bonaventura um, dem großen, einäugigen Kater, der geduldig auf dem Tisch saß und sich zierlich putzte, nachdem er die Nacht über in den Gassen rings um die Kirche auf der Jagd gewesen war.

»Gleich ist es fertig, Bonaventura. Heiße Hafergrütze mit Milch, dazu Zimt und Zucker. Benedicta hat sie selbst zubereitet, bevor sie ging. Sie wird köstlich schmecken. In der kommenden Woche werden wir frühstücken wie die Könige.«

Der Kater gähnte und starrte diesen seltsamen Dominikaner, der dauernd mit ihm sprach, mit arroganter Miene an. Athelstan wischte den Hornlöffel ab, hängte ihn an seinen Haken, streckte sich und gähnte.

»Ich hätte ins Bett gehen sollen«, murmelte er. Statt dessen war er auf den Kirchturm geklettert, um die Sterne zu betrachten, und mit ehrfürchtigem Staunen hatte er den feurigen Fall eines Meteors beobachtet. Er setzte sich wieder an den Tisch und trank einen Schluck von seinem verdünnten Ale.

»Warum nur?« fragte er Bonaventura. »Sag es mir, du gerissenster unter den Katern. Warum fallen Meteore vom Himmel, aber Sterne nicht? Oder«, fuhr er fort, als er sah, daß der Kater ihm aufmerksam zuhörte, »sind Meteore herabfallende Sterne? Und wenn sie es sind, was veranlaßt den einen und nicht den anderen Stern herabzufallen?«

Der Kater blinzelte mit seinem gesunden Auge.

»Und das Problem wird noch verwickelter«, sagte Athelstan. »Ich will es einmal so ausdrücken. Warum bewegen sich manche Sterne? Das Sternbild, das man den Großen Bären nennt, tut es zum Beispiel, aber der Stern der Schiffe, der Polarstern, tut es nie.«

Zur Antwort miaute Bonaventura laut und ließ sich auf den Tisch plumpsen, als verzweifle er ob des langen Wartens auf seine morgendliche Schale Hafergrütze. Athelstan lächelte und streichelte dem Kater sanft über das zerfranste Ohr.

»Sollen wir überhaupt Fragen stellen?« flüsterte er. »Oder sollen wir die großen Wunder Gottes nur staunend betrachten?«

Seufzend wandte er sich wieder dem Pergament zu, das er am Abend zuvor studiert hatte. Es zeigte eine rohe Grundrißzeichnung seiner Kirche. Der Gemeinderat in seiner Weisheit hatte entschieden, am Namenstag des Pfarrheiligen im Kirchenschiff ein Mysterienspiel aufzuführen. Athelstan legte jetzt eine Liste der Dinge an, die man dazu brauchen würde. Thomas Drawsword, ein neues Mitglied der Gemeinde, hatte sich bereit erklärt, einen großen Karren zu beschaffen, der als Bühne dienen konnte, aber sie würden noch mehr benötigen. Athelstan studierte seine Liste:

Zwei Teufelsmäntel

Ein Hemd

Drei Masken

Flügel für die Engel

Drei Trompeten

Eine Höllenpforte

Vier kleine Engel

Nägel

Zu guter Letzt: eine große Plane für den Hintergrund.

Das Stück hieß Das Jüngste Gericht, und Athelstan bereute inzwischen, daß er das Unternehmen mit solcher Begeisterung in Angriff genommen hatte.

»Wir werden zuwenig Flügel haben«, murmelte er. »Und Engel mit nur einem Flügel, das geht nicht.« Er stöhnte. All das war nichts im Vergleich zu den Streitereien darüber, wer welche Rolle spielen sollte. Watkin, der Mistsammler, bestand darauf, Gott zu sein, aber Pike, der Grabenbauer, machte ihm diese Rolle erbittert streitig. Dieser Kleinkrieg hatte auch auf ihre Kinder übergegriffen, die sich über die Frage zankten, wer die vier guten und die vier bösen Geister und die sechs Teufel spielen dürfe. Watkins wuchtige Frau, deren Stimme den Messingklang einer Posaune hatte, verkündete, sie werde Unsere Liebe Frau darstellen. Tab, der Kesselflicker, drohte, sich ganz aus dem Festspiel zurückzuziehen, wenn er keine Hauptrolle bekäme.

Huddle, der Maler, war zwar über solches Gezänk erhaben, aber er hatte eigene Probleme. Es machte ihm einige Mühe, einen überzeugenden Höllenschlund zu malen. »Der vordere Teil des Karrens muß erhöht werden, Pater«, beharrte er, »so daß die Verdammten, wenn sie durch das Höllenmaul gehen, abwärts verschwinden.«

Athelstan warf seinen Federkiel auf den Tisch.

»Weißt du, wen wir brauchen, Bonaventura?« sagte er. »Sir John Cranston. Er hat versprochen, daß seine Zwillinge, die beiden Kerlchen, als Cherubim herumtappen dürfen, und Sir John selbst würde einen wunderbaren Satan abgeben.«

Athelstan hielt inne und starrte an die rußgeschwärzte Holzdecke. Cranston! Vor drei Tagen hatte Athelstan ihn besucht und in seiner großen Küche gesessen, während die beiden Kerlchen quiekend vor Lachen umhergetollt waren. Sie hatten sich an die Schwänze der großen Irischen Wolfshunde gehängt, die Cranston in einem Anfall von Großzügigkeit in sein Haus aufgenommen hatte. Dem Aufruhr zum Trotz war der Coroner, befaßt mit der Kleinarbeit der städtischen Verwaltung, bester Stimmung gewesen, aber er hatte doch, angeregt vom reichlich genossenen Rotwein, eine düstere Prophezeiung abgegeben: Ein schrecklicher Mord, irgendeine blutige Tat, werde sie schon bald heimsuchen. Athelstan konnte ihm nur beipflichten; das Leben war ziemlich ruhig und angenehm gewesen, seit er und Sir John vor einigen Monaten das Verbrechen im Rathaus aufgeklärt hatten.

Athelstan wärmte sich die Hände am Feuer. Er war froh, daß der Winter nahte. Die Ernte war gut gewesen. Die Preise für Getreide und Brot waren gesunken, und infolgedessen war die brodelnde Unzufriedenheit in der Stadt ein wenig zurückgegangen. Die Gefahr des Aufruhrs war gewichen, obwohl Athelstan wußte, daß sie sich nur verbarg wie ein Saatkorn im Boden, das darauf wartete zu sprießen. Er seufzte; man konnte nur hoffen, beten und sein Bestes tun.

»Komm, Bonaventura«, sagte er. »Laß uns essen.«

Er nahm zwei große Schüsseln vom Bord über dem Kamin, löffelte heiße, dampfende Hafergrütze hinein und trug sie in die Speisekammer. Genau nach Benedictas Anweisungen bestreute er die beiden Schüsseln mit Zimt und Zucker und kehrte dann in die Küche zurück. Die eine Schüssel stellte er für den stets hungrigen Kater vor den Herd. Athelstan segnete sich selbst und Bonaventura, griff nach seinem Hornlöffel und fing an, die nahrhafte, kochendheiße Hafergrütze zu essen. Er hatte seine Schüssel eben leergegessen – das heißt, er ließ Bonaventura die letzten Reste ausschlecken –, als er draußen Getöse hörte; schnelle Schritte und eine Stimme, die schrie: »Zuflucht! Christus, erbarme dich!«

Athelstan stürzte aus dem Haus und lief zur Vorderseite der Kirche. Ein junger Mann mit bleichem Gesicht und starren Augen unter dichtem Blondhaar umklammerte den großen Eisenring an der Kirchentür.

»Zuflucht, Pater!« keuchte er. »Pater, ich verlange Kirchenasyl! Im Namen Gottes und Seiner Kirche!«

»Warum?« fragte Athelstan.

»Mord!« antwortete der junge Mann. »Aber, Pater, ich bin unschuldig!«

Der Priester musterte den Mann aufmerksam; sein dickes Wams aus Serge, die flaschengrüne Wollhose und die Lederstiefel waren mit Dreck und Kot bedeckt.

»Pater!« flehte der Mann. »Sie werden mich töten!«

Athelstan hörte schnelle Schritte und die leisen Rufe der Verfolger weiter hinten in der Gasse. Er zog seine Schlüssel hervor und schloß die Tür auf. Der Flüchtling stürzte das dunkle Kirchenschiff hinauf und durch den neuen Lettner, den Huddle geschnitzt und aufgestellt hatte. Er klammerte sich an eine Ecke des Altars und schrie: »Ich bitte um Zuflucht! Zuflucht!«

Athelstan, gefolgt von dem stets neugierigen Bonaventura, ging ihm nach. Der Mann saß jetzt mit dem Rücken an den Altar gelehnt und hatte die Beine vor sich ausgestreckt; er rang nach Atem und wischte sich mit dem Ärmel seines Wamses über das schweißnasse Gesicht.

»Ich fordere Asyl!« keuchte er.

»Nun, dann sollt Ihr es bekommen, wie das Gesetz der Kirche es befiehlt«, antwortete Athelstan leise.

Er wandte sich dem Lärm hinter ihnen zu. Ein Trupp dunkler Gestalten, mit Knüppeln und Schwertern bewaffnet, stand hinten in der Kirche.

»Bleibt stehen«, rief Athelstan und trat durch den Lettner. »Was wollt ihr?«

»Wir suchen den Mörder, den Meuchler, Nicholas Ashby«, knurrte eine Stimme.

»Dies ist das Haus Gottes«, sagte Athelstan und trat vor. »Master Ashby hat um Zuflucht gebeten, und ich habe sie ihm gewährt, wie es das kanonische Recht und der Brauch des Landes erfordern.«

»Scheiß drauf!« antwortete die Stimme.

Die Gestalten kamen durch das Kirchenschiff nach vorn. Athelstan verbarg seine Panik und wich nicht zurück. Sie trugen die fleckige, rot-weiße Livree irgendeines Lords und wurden von einem vierschrötigen, schnurrbärtigen Mann angeführt. Drohend kamen sie auf ihn zu, die Schwerter gezückt, die Knüppel in den Händen. Athelstan betrachtete ihre gelben Lederwämse und die engen Hosen mit den vorgewölbten Hosenlätzen; er sah die Schwert- und Dolchscheiden, die an ihren Gürteln baumelten, und die Art, wie sie ihre Mäntel hinter sich herzogen. Er sah, daß es Raufbolde waren, gedungene Schergen, die im Auftrag eines mächtigen Lords unterwegs waren. Er hob die Hand, und sie blieben wenige Schritte vor ihm stehen.

»Wenn ihr weitergeht«, sagte er ruhig, »brecht ihr nicht nur Menschengesetz, sondern auch das Gesetz Gottes. Einen Frevel habt ihr bereits begangen« – er deutete auf die blanken Schwerter –, »indem ihr mit solchen Waffen in das Haus Gottes kommt.«

Der Anführer trat vor und schob sein Schwert in die Scheide, und zu Athelstans Erleichterung taten die anderen es ihm nach. »Wie heißt du?« fragte Athelstan.

»Geht dich nichts an!«

»Gut, Master Geht-dich-nichts-an«, erwiderte Athelstan, »wenn ihr diese Kirche nicht verlaßt, werde ich euch auf der Stelle exkommunizieren. Verbrecher, zum Höllenfeuer verdammt.« Athelstan sah die mürrischen, arroganten Gesichter der anderen. Zu seiner Freude sah er bei dem einen oder anderen aufflackernde Angst.

»Komm doch, Marston«, knurrte einer dem Anführer zu, »soll der kleine Scheißer sich hinter den Röcken eines Pfaffen verkriechen! Irgendwann muß er ja hinaus.«

Marston war tollkühn. Er kam langsam näher, die Hände in die Hüften gestemmt, und schob sein Gesicht dicht an Athelstan heran.

»Wir könnten dir in den Arsch treten«, zischte er. »Wir könnten diesen kleinen Scheißer rauszerren, ihn umbringen und nachher alles leugnen.«

Athelstan starrte kühl zurück, obwohl sich ihm der Magen umdrehte. Er fühlte sich versucht, Cranstons Namen ins Spiel zu bringen, denn der Geruch von saurem Schweiß und schalem Parfüm, den dieser Raufbold verströmte, gefiel ihm ganz und gar nicht. Er betete zum Himmel, daß Watkin, der Mistsammler, oder Pike, der Grabenbauer, aufkreuzen möchten. Dann lächelte er, als ihm einfiel, daß Gott denen half, die sich selbst halfen.

»Bleibt hier«, befahl er, wandte sich ab und ging zurück durch den Lettner.

»Oh, bitte nicht!« wisperte Ashby. »Die bringen mich um!«

Athelstan nahm das schwere Bronzekreuz vom Altar. Er zwinkerte Ashby zu und schritt, das Kreuz vor sich, in die Kirche zurück. Das höhnische Grinsen verschwand aus Marstons Gesicht.

»Was hast du vor?«

»Nun«, sagte Athelstan, »zunächst einmal werde ich dich mit diesem Kruzifix exkommunizieren. Und wenn du noch näher kommst, werde ich dir damit die Rübe einschlagen.«

Marston zog Schwert und Dolch. »Na, komm doch!« zischte er. »Versuch’s nur!«

»Aber, aber, meine Böckchen! Reizende Kerlchen, alle miteinander!«

Sir John Cranston kam, in seinen weiten Soldatenmantel gehüllt, durch das Kirchenschiff herangerauscht und marschierte mitten durch die Meute, daß die Kerle wie die Kegel nach rechts und links flogen. Er schob Marston beiseite, blieb bei Athelstan stehen und hob den Weinschlauch an den Mund. Er schmatzte, als ihm der Wein durch die Kehle rann. Marston und die anderen wichen zurück.

»Wer bist du denn, du dicker fetter Scheißhaufen?« fragte Marston und hob Schwert und Dolch.

Cranston verschränkte die Arme vor der Brust und kam langsam auf ihn zu. »Wer ich bin?« flüsterte er mit süßer, beinahe mädchenhafter Stimme.

Marston schaute ihn verdutzt an – aber nur kurz, denn Cranston schlug ihm mitten ins Gesicht. Seine Faust, so groß wie ein Schinken, traf die Nase des Mannes, daß er der Länge nach zwischen seine Kumpane flog. Blut spritzte hervor und durchnäßte Bart und Wams. Marston wischte sich das Gesicht ab, sah das Blut und stürzte sich brüllend vor Wut auf Sir John. Der dicke Coroner bewegte sich leichtfüßig wie ein Tänzer; er kam ihm entgegen, trat dann rasch beiseite und streckte ein Bein vor. Marston fiel flach aufs Gesicht, und Dolch und Schwert flogen davon. Der Coroner schnalzte mißbilligend mit der Zunge; er zog den Mann an seinen fettigen schwarzen Haaren hoch, riß ihm den Kopf in den Nacken, marschierte mit ihm durch das Kirchenschiff und warf ihn draußen die Treppe hinunter. Dann drehte er sich nach den anderen um.

»Ich zähle bis zehn«, drohte er.

Als der Coroner bei fünf angekommen war, stand Marstons Truppe wie ein Haufen erschrockener Schulkinder bei ihrem Anführer. Voller Ehrfurcht starrten sie zu der mächtigen Gestalt hinauf, die in wehendem Mantel und mit gespreizten Beinen oben auf der Kirchentreppe stand. Marston, dessen Gesicht mit Blut und blauen Flecken bedeckt war, hatte immer noch Kampfeslust in sich. Sir John drohte warnend mit dem Finger.

»Du wolltest wissen, wer ich bin. Und jetzt, da du die Kirche verlassen hast, will ich es dir sagen. Ich bin Sir John Andrew Patrick George Cranston, ein persönlicher Freund des Königs. Ich bin der Coroner dieser Stadt, ein Beamter der Justiz, der Gemahl der Lady Maude und die Geißel für Gauner wie euch. Bis jetzt, meine Böckchen, habt ihr schon eine ganze Reihe von Verbrechen begangen. Unbefugtes Eindringen, Blasphemie, Kirchenfrevel, versuchter Verstoß gegen das Kirchenasyl, Angriff auf einen Priester, Bedrohung eines Justizbeamten, und ipso facto« – Cranston verbarg sein Lächeln –, »pro facto et de facto seid ihr schuldig des Hochverrats, von der unterlassenen Anzeige des Hochverrats gar nicht zu reden. Ich könnte euch verhaften, und man würde euch vor dem Königlichen Kammergericht in Westminster den Prozeß machen.«

Die Veränderung, die in Marston vor sich ging, war wunderbar anzusehen. Er vergaß Blut und blaue Flecken; sein Mund klaffte offen, und seine Arme hingen schlaff zu beiden Seiten herunter. Furchtsam starrte er den Coroner an.

»Und jetzt, ihr Burschen«, sagte Sir John und kam die Kirchenstufen herunter, gefolgt von Athelstan, »jetzt erzählt mir, was passiert ist, ja?«

Marston wischte sich das Blut aus dem Gesicht. »Wir gehören zum Gefolge von Sir Henry Ospring von Ospring Manor in Kent. Unser Herr wohnte während seiner Reise nach London in der Herberge ›Zum Abt von Hyde‹ in Southwark.«

»O ja, von Ospring habe ich gehört«, sagte Cranston. »Ein niederträchtiger, geiziger Knabe, nach allem, was ich weiß.«

»Er ist tot«, fuhr Marston fort. »In seiner Kammer erstochen von dem Mörder, der jetzt in dieser Kirche untergekrochen ist.« »Wie kam das?«

Marston fuhr sich mit der Zunge über den Mund und betastete behutsam die Unterlippe, die bereits anzuschwellen begann.

»Ich ging heute morgen hinauf in die Kammer, um Sir Henry zu wecken. Als ich die Tür öffnete, lag mein Herr im Nachthemd hingestreckt am Boden, und das Blut spritzte ihm aus dem Leib. Ashby kniete über ihm und hatte einen Dolch in der Hand. Ich wollte das Schwein verhaften, aber Ashby floh durch das Fenster. Den Rest kennt Ihr.«

»In der Herberge ›Zum Abt von Hyde‹?« fragte Cranston. »Na, das wollen wir uns mal selbst ansehen.« Er wandte sich an Athelstan. »Schließ deine Kirche ab, Pater. Laß uns den Tatort besichtigen.«

Athelstan tat wie geheißen. Cranston marschierte im Sturmschritt die Gasse hinauf, so daß die anderen ihm nacheilen mußten. Im »Abt von Hyde« herrschten Chaos und Aufruhr – Schankdirnen heulten in der Gaststube, und andere Dienstboten hockten bleich und verängstigt da. Der Wirt stammelte vor Entsetzen. Er verbeugte sich unter Kratzfüßen, als Cranston eintrat und einen Humpen Weißwein verlangte, den er auf der Stelle austrank, um dann die breite Holztreppe hinaufzustürmen. Marston lief ihm den Gang entlang voraus und deutete auf die Mordkammer.

Cranston stieß die Tür auf. Drinnen war alles durcheinandergeworfen. Die Laken waren von dem großen Vierpfostenbett gerissen worden, halb offene Truhen waren umgestürzt, und ein Weinbecher lag zwischen den Binsen auf dem Fußboden. Was ihnen aber gleich ins Auge fiel, war der Leichnam neben dem Bett; mit ausgebreiteten Armen lag er da, und die dünnen, haarigen Beine sahen erbärmlich aus, wie sie so unter dem sahneweißen, wollenen Nachthemd hervorschauten. Der Dolch, der dem Mann bis zum Heft in der Brust steckte, war lang und dünn.

Das Blut war in einem großen roten Kreis herausgespritzt. Das Gesicht des Toten, schmal und spitz wie das eines Fuchses, zeigte in den offenen, starren Augen immer noch den Schrecken des Todes. Auch der Mund stand offen; aus dem Mundwinkel war ein inzwischen getrocknetes Blutrinnsal geflossen.

»Gott erbarme sich«, flüsterte Athelstan. »Helft mir, Sir John.« Zusammen hoben sie den Leichnam auf das Bett. Ohne auf das Blut in den weißen Haaren zu achten, kniete Athelstan nieder und sprach die Worte der Absolution in das Ohr des Mannes und schlug dann ein Kreuz über ihm.

»Ego te absolvo«, flüsterte er, »a peccatis tuis in nomine Patris et Filii. Ich spreche dich los von deinen Sünden im Namen des Vaters und des Sohnes …«

Cranston schnupperte, weltlicher gesonnen, am Weinkrug, während der Ordensbruder die Sterberiten vollzog. Er ging in der Kammer umher, hob dies und jenes auf, befühlte Kleidungsstücke und stocherte mit der Stiefelspitze in der Binsenstreu auf dem Boden.

»Erzähl mir noch einmal, was passiert ist«, knurrte er und schaute sich nach dem inzwischen unterwürfigen und respektvollen Marston um.

»Ashby ist Sir Henrys Knappe. Er ist soeben von einer Seereise mit der God’s Bright Light zurückgekommen.«

Cranston wandte sich ab, um seine Überraschung zu verbergen. »Sir Henry war nach London gekommen, um sich mit Roffel, dem Kapitän, zu treffen.«

»Weißt du, daß der auch tot ist?« fragte Cranston scharf.

Marston machte runde Augen vor Überraschung. »Ihr meint, Roffel …«

»Ja. Er ist vor zwei Tagen gestorben. Ist an Bord seines Schiffes krank geworden. Als sie den Hafen von London erreichten, war er tot.« Cranston nickte, als er Athelstans überraschtes Gesicht sah. »Deshalb bin ich nach Southwark gekommen. Und nicht nur Roffel ist unter ziemlich mysteriösen Umständen gestorben. Letzte Nacht sind der Erste Maat und die beiden Männer der Wache von Bord der God’s Bright Light verschwunden. Aber lassen wir das.« Er sah Marston an. »Sprich weiter.«

Marston kratzte sich am Kopf. »Also, Sir Henry war jedenfalls hier, um mit Kapitän Roffel zu reden. Er hat stets hier gewohnt und ist mit der Barke flußabwärts gefahren, wenn er sich mit dem Kapitän traf.« Unaufgefordert ließ Marston sich auf einen Schemel fallen. »Heute morgen kam ich, um Sir Henry zu wecken. Die Tür war nur angelehnt. Ich stieß sie auf. Ashby kniete bei der Leiche, und seine Hand umklammerte den Dolch. Und dann« – Marston deutete auf das offene Fenster – »ist er geflohen. Den Rest kennt Ihr.«

»War das Fenster gestern abend geschlossen?« fragte Athelstan.

»Aye. Geschlossen und verriegelt.«

Athelstan breitete ein Laken über den Toten und schloß die Bettvorhänge.

»Warum wollte sich Sir Henry mit dem Kapitän eines Kriegsschiffes treffen?« fragte er.

»Das kann ich dir sagen«, meinte Cranston. »Die Staatskasse ist beinahe leer. Großgrundbesitzer und Kaufleute wie Sir Henry sind bereit, die Schiffe auszurüsten. Dafür erhalten sie nicht nur die königliche Huld, sondern auch einen gewissen Anteil an der Kriegsbeute. Ist es nicht so, Marston?«

Der Gefolgsmann nickte.

»Ein einträgliches Geschäft«, fuhr Cranston gleichmütig fort, »welches sicherstellt, daß die Kapitäne nicht nur die englischen Seefahrer verteidigen, sondern ständig nach gut beladenen französischen oder nach einzelnen unbefestigten Städtchen entlang der Seine oder der Küste der Normandie Ausschau halten. Manchmal greifen sie sogar zur Piraterie gegen englische Schiffe. « Cranston nahm den Biberhut ab und drehte ihn in den großen Händen. »Wenn ein englisches Schiff verlorengeht, kann man es schließlich jederzeit den Franzosen in die Schuhe schieben.«

»So war Sir Henry nicht!« fauchte Marston.

»Aye«, sagte Cranston trocken. »Und der Kuckuck legt seine Eier nicht in fremde Nester.«

Der Coroner verstummte, denn es klopfte an der Tür. Eine junge Frau kam herein, weiß wie ein Laken, mit strohblonden, offenen Haaren. Sie war erregt, verschränkte zunächst die Finger ineinander und spielte dann nervös mit den Silbertroddeln am Gürtel an ihrer schmalen Taille. Der Blick ihrer rotgeränderten Augen huschte zu dem großen Vierpfostenbett. Bei ihrem Eintritt erhob sich Marston.

»Es tut mir leid«, stammelte sie und wischte sich die Hände am feinen Taftbesatz ihres hochgeschlossenen Kleides ab.

Athelstan ging zu ihr hinüber und nahm ihre Hand. Sie war eiskalt.

»Kommt«, sagte er sanft. »Setzt Euch lieber.« Er führte sie behutsam zu dem Schemel, den Marston freigemacht hatte. »Möchtet Ihr Wein?«

Die junge Frau schüttelte den Kopf. Ihr Blick war immer noch auf das Bett gerichtet.

»Das ist Lady Aveline, Sir Henrys Tochter«, erklärte Marston.

»Sie hielt sich im Nebenzimmer auf, als Ashby hier war.«

Athelstan hockte sich nieder und schaute in Avelines Rehaugen.

»Gott schenke ihm die ewige Ruhe, Mylady; Euer Vater ist tot.« Die junge Frau zupfte an einem losen Faden an ihrem Kleid und begann lautlos zu weinen. Tränen rollten ihr über die Wangen.

»Ich will ihn nicht sehen«, wisperte sie. »Ich kann es nicht ertragen, ihn zu sehen – nicht in einem blutgetränkten Nachthemd.« Sie sah Marston an. »Wo ist Ashby?«

»Er hat Asyl in der Kirche gesucht.«

Plötzlich brach draußen im Gang Tumult los. Die Tür wurde aufgestoßen, und eine hochgewachsene Frau mit stahlgrauem Haar kam hereingerauscht. Eine zweite Frau folgte ihr; sie war von ganz ähnlicher Erscheinung, aber weniger stürmisch. Beide Frauen trugen schwere Mäntel mit zurückgeschlagenen Kapuzen. Der Wirt folgte ihnen und wedelte aufgeregt mit den Händen.

»Das solltet Ihr nicht! Wirklich nicht!« prustete er.

»Ruhe!« brüllte Cranston. »Wer seid Ihr?«

Die erste, größere der beiden Frauen reckte die Schultern und schaute Sir John ins Gesicht.

»Mein Name ist Emma Roffel, Gemahlin des verstorbenen Kapitän Roffel. Ich will zu Sir Henry Ospring.«

Cranston verbeugte sich. »Madam, mein Beileid zum Tod Eures Gatten. War er ein kränklicher Mann?«

»Nein«, erwiderte sie schnippisch, »er war gesund wie ein Schwein.« Sie machte schmale Augen. »Ich kenne Euch. Ihr seid Cranston, Sir John Cranston, Coroner der Stadt London. Was ist hier passiert? Dieser Kerl« – sie deutete auf den Wirt – »sagt, Sir Henry sei ermordet worden.«

»Ja.« Athelstan schob sich taktvoll dazwischen, denn er sah den Ausdruck in Cranstons Gesicht. »Sir Henry wurde ermordet, und wir haben den Schuldigen.«

Emma Roffels Miene entspannte sich. Athelstan musterte sie neugierig. Sie war ziemlich hübsch, fand er, auf eine erschöpfte Art und Weise. Er war stets fasziniert von Frauengesichtern, und Emma hatte ein kraftvolles Antlitz mit einer ausgeprägten Adlernase und einem kantigen Kinn. Die Blässe betonte die glänzenden dunklen Augen, die jetzt allerdings rot gerändert und überschattet waren. Ihr Mantel öffnete sich, und er sah ihre schwarze Witwenkleidung. Sie lächelte Athelstan an.

»Ich entschuldige mich für meinen Auftritt, aber ich konnte diese Neuigkeit nicht glauben.« Sie deutete auf die andere Frau, die still wie eine Maus hinter ihr stand. »Das ist Tabitha Velour, meine Zofe und Freundin.«

Aveline saß immer noch mit schreckensbleichem Gesicht auf dem Schemel. Emma Roffel ging zu ihr und berührte sanft ihre Schulter.

»Das tut mir leid«, murmelte sie. »Wirklich leid.« Sie hob den Kopf und sah Cranston an. »Wie ist es passiert?«

»Erstochen von seinem Knappen«, sagte Cranston. »Nicholas Ashby.«

Emma Roffel machte ein überraschtes Gesicht.

»Es fällt Euch schwer, das zu glauben, Madam?« fragte Athelstan.

Die Frau schürzte die Lippen und starrte ihn an. »Ja«, sagte sie langsam. »Ja, allerdings. Ashby war ein stiller Mann, eher ein Gelehrter als ein Soldat.«

»Aber er fuhr mit Eurem Gemahl zur See?«

Emma Roffel lächelte zynisch. »Gott verzeihe mir und schenke ihm die ewige Ruhe, aber Sir Henry war ein argwöhnischer Mann. Ja, der Knappe Ashby wurde von seinem Herrn oft beauftragt, darauf zu achten, daß seine Investitionen auch den angestrebten Gewinn brachten.«

»Und Ihr seid hergekommen, um Sir Henry vom Tode Eures Gemahls in Kenntnis zu setzen?«

»Jawohl, so ist es. Aber das hat ja wenig Sinn«, fügte sie mit einem halben Lächeln hinzu. »Ich nehme an, sie können jetzt selbst miteinander sprechen.«

»Madam«, bellte Cranston, »ich muß mit Euch über den Tod Eures Gemahls reden.«

»Das könnt Ihr gern tun, Sir. Ich wohne in der Old Fish Street, beim Trinity Square, an der Ecke der Wheelspoke Alley. Aber jetzt muß ich gehen. Mein Gemahl liegt aufgebahrt vor dem Altar in St. Mary Magdalene. Sir John, Pater …« Und Emma Roffel machte auf dem Absatz kehrt und verließ die Kammer ebenso dramatisch, wie sie aufgetaucht war.

»Was geschieht jetzt?« knirschte Marston.

Sir John ging langsam zu ihm. »Ashby darf vierzig Tage Asyl genießen. Danach hat er die Wahl: Entweder stellt er sich der Justiz des Königs, oder er begibt sich in den nächsten Hafen und besteigt dort ein Schiff ins Ausland. Sollte irgendein Versuch unternommen werden …«, Cranston starrte Marston wütend an, »… irgendein Versuch, ihn gewaltsam aus St. Erconwald herauszuholen, so werde ich dafür sorgen, daß die Täter in Smithfield am Strick baumeln. Und jetzt schlage ich vor, ihr kümmert euch um den Leichnam eures Herrn und stellt seine Habe sicher. Ich möchte, daß der Dolch herausgezogen und in meine Kanzlei im Rathaus geschickt wird.« Cranston drehte sich zu Aveline um. »Madam, bitte nehmt mein Beileid entgegen. Ich muß jedoch trotzdem darauf bestehen, daß Ihr hierbleibt, bis meine Untersuchung beendet ist.« Er winkte Athelstan und ging hinaus.

»Was ist das für eine Sache mit dem Schiff God’s Bright Light?« fragte Athelstan, nachdem sie den Hof der Herberge verlassen hatten.

»Wie ich schon sagte«, erklärte Cranston zwischen zwei Schlucken aus dem Weinschlauch, »das Schiff liegt auf der Themse vor Anker. Letzte Nacht sind der Erste Maat und zwei Besatzungsmitglieder während ihrer Wache verschwunden. Dazu die merkwürdige Sache mit Kapitän Roffels Tod. Der Mord an Sir Henry Ospring und Nicholas Ashbys Flucht haben das Wasser noch trüber gemacht.« Er drückte den Stopfen in den Schlauch und verstaute ihn unter seinem Mantel. »Ich habe Hunger, Mönch.« »Ich bin Ordensbruder, und Ihr habt immer Hunger, Sir John«, erwiderte Athelstan. »Ihr seid also gekommen, um mich abzuholen – wohin?«

»Stromabwärts, zum Schiff God’s Bright Light. Der Admiral der östlichen Meere, Sir Jacob Crawley, erwartet uns zu einer Audienz, aber« – Cranston schnupperte wie ein Jagdhund – »ich wittere Pasteten.«

»Um die Ecke«, sagte Athelstan müde, »ist Mistress Merrylegs Pastetenladen. Sie ist die beste Köchin in Southwark.«

Cranston benötigte keine zweite Aufforderung; er lief los wie ein Windhund. Kurze Zeit später, während er und Athelstan sich ihren Weg durch die verkehrsreichen, engen Straßen von Southwark bahnten, kaute Cranston genüßlich an einer von Mistress Merrylegs schweren, saftigen Rindfleischpasteten.

»Herrlich!« seufzte er zwischen zwei Bissen. »Die Frau ist ein Wunder, ein echtes Wunder!«

Athelstan sah sich lächelnd um. Hin und wieder rief er einem Mitglied seiner Pfarrgemeinde einen Gruß zu. Ursula, die Schweinebäuerin, saß auf einem Schemel in ihrer Haustür, und ihre große Lieblingssau lag neben ihr. Athelstan hätte schwören können, daß die Sau ihn angrinste. Tab, der Kesselflicker, hämmerte auf dem Amboß in seiner Werkstatt einen Topf zurecht. Athelstan wäre gern zu ihm hineingegangen, aber Sir John bahnte sich pfeilgerade seinen Weg durch das Gedränge und erwiderte kraftvoll die üblichen Hänseleien und gutmütigen Schmähungen.

»Pater! Pater!« Pemel, die Flämin, die sich das Haar in einem grotesken Rot gefärbt hatte, kam geschäftig heran; sie trug ein schäbiges schwarzes Kleid, und an ihrem dürren Hals hing eine Kette aus billigen gelben Perlen. Pemel erinnerte Athelstan an eine ziemlich zerzauste Krähe.

»Pater, könnt Ihr eine Messe lesen?«

Eine magere, schmutzige Hand streckte ihm zwei Farthings entgegen. Sanft schloß Athelstan die Finger der Hand um die Münzen.

»Eine Messe? Für wen, Pemel?«

»Für meinen Mann. Er ist heute vor sechzehn Jahren gestorben. Die Messe ist für seine Seelenruhe.« Die Frau lächelte und entblößte dabei ihre gelben Zähne. »Ach ja, Pater, und zum Dank.«

»Dafür, daß er gelebt hat?«

»Nein, dafür, daß der alte Halunke tot ist.«

Athelstan lächelte. »Behalte deine Pennys, Pemel. Ich werde morgen früh eine Messe lesen. Mach dir keine Sorgen.«

Sie bogen aus der Gasse auf den Kirchplatz von St. Erconwald. Athelstan schloß die Tür auf, und während Cranston sich noch gierig die Finger ableckte, gingen sie durch das Kirchenschiff und den Lettner zum Altar, wo sie Ashby auf den Stufen zusammengerollt tief schlafend vorfanden.

»Auf die Beine, Bursche!« knurrte Cranston und trat dem jungen Mann gegen die schlammverschmierten Stiefel.

Ashby schrak aus dem Schlaf und schaute sich mit panischen Blicken um.

»Sind sie fort?«

»Ja, sie sind weg.« Athelstan setzte sich neben ihn. »Keine Sorge. Aber sie werden wiederkommen. Sie werden vielleicht nicht in die Kirche eindringen, aber sie werden sie bestimmt bewachen. Ich an Eurer Stelle, mein Junge, würde also bleiben, wo ich bin, zumindest vorläufig.«

»Wie geht es denn jetzt weiter?« fragte Ashby angstvoll.

Cranston nahm einen Schluck aus seinem Weinschlauch und hielt ihn dann Ashby hin. »Du kannst vierzig Tage hierbleiben. Wenn die um sind, stellst du dich entweder den Beamten des Sheriffs, oder du begibst dich in den Kleidern, die du jetzt anhast, auf der Straße des Königs zum nächsten Hafen und trägst dabei ein Kreuz vor dir her. Läßt du das Kreuz fallen oder verläßt du die Straße, so bist du vogelfrei, und Marston und seine Männer können dich töten.« Cranston nahm den Weinschlauch zurück. »Marston und seine Bande werden dir wahrscheinlich den ganzen Weg folgen. Nur wenige Kirchenflüchtlinge erreichen den Hafen, wenn sie nicht mächtige Freunde haben.«

Ashby ließ den Kopf hängen.

»Habt Ihr ihn getötet?« fragte Athelstan unvermittelt.

»Nein.«

»Aber Ihr hattet die Hand am Dolch, als Marston ins Zimmer kam?«

»Ja.«

»Warum?«

»Ich ging hinein, sah meinen Herrn dort liegen, und … ich wollte den Dolch herausziehen.«

»Seltsam«, sagte Cranston nachdenklich. »Du wolltest den Dolch herausziehen? War es denn deiner?«

»Nein, nein, es war Sir Henrys eigener!«

»Aber statt Mordio zu schreien und Hilfe zu holen«, warf Athelstan ein, »habt Ihr versucht, dem Toten den Dolch aus der Brust zu ziehen?«

Ashby schaute zu Boden und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Ich sage die Wahrheit«, murmelte er. »Ich kam ins Zimmer, sah meinen Herrn tot und versuchte, den Dolch herauszuziehen. Marston kam herein, und ich floh.«

»Na, sag das den Richtern des Königs«, meinte Cranston, »und du bist bald auf dem Weg zum Schafott.«

Ashby verschränkte die Arme und lehnte sich an den Altar.

»Was kann ich tun? Wenn ich bleibe, muß ich hängen. Wenn ich fliehe, sterbe ich ebenfalls.«

»Da ist noch etwas«, sagte Cranston. »Du scheinst mir in so manchen Mord verwickelt zu sein, mein Junge. Weißt du etwas über den Tod von Kapitän William Roffel?«

Tod auf der Themse

Подняться наверх