Читать книгу Meine Frau und ihr Mann. Eine Beichte - Pavel Kohout - Страница 6

3

Оглавление

Das Betriebsvergnügen, die Fahrt mit dem Helikon, das Gespräch mit meiner Frau, das Übermaß an Alkohol, das erste Liebeserlebnis, der mangelnde Schlaf, die Angst vor den Eltern, die Angst vor dem Chef, das zweite Liebeserlebnis, die erste Eifersuchtsqual, das dritte Liebeserlebnis, die Fußwanderung vom Hradschin bis hinunter zur Moldau, die zweite Eifersuchtsqual, die schmerzliche Depression, die selige Ekstase und zu allem der wilde Lauf von der Moldau bis hinauf zum Hradschin – das alles war nicht ohne Folgen geblieben. Das vierte Liebeserlebnis blieb ein frommer Traum, der zu meiner Schande zerstob. Es war mir eine harte Lehre, daß auch eine junge weiße Möwe nicht hopp schreien kann, ehe sie nicht übersprang. Zu meinem maßlosen Erstaunen setzte meine Frau mich nicht etwa vor die Tür, sie verurteilte mich nicht einmal mit spöttischem Gelächter. Ganz im Gegenteil! Kaum hatte sie festgestellt, daß mein seltsames Gebaren nicht der Ausdruck fehlender Liebe war, sondern die schlichte Folge körperlicher und geistiger Überanstrengung, tat sie etwas, wozu keine andere fähig wäre. Sie drehte die kalte Brause auf und setzte mich mit einer Selbstverständlichkeit in die Wanne, als hätte ich nicht meine Geliebte besucht, sondern ein Dampfbad. Auf dem Wannenrand sitzend, hielt sie in der einen Hand die brennende Zigarette und in der anderen eine Bürste.

«Du darfst nicht alles auf einmal haben wollen, du Brummbär», besänftigte sie mich, mir den Rücken schrubbend. «Vergiß nicht, du bist nur ein Mann. Bedenk, wie wenig Männer sich von der Liebe ernähren können.»

«Aber ich liebe Sie!» flehte ich unter dem Wasserschwall.

«Gerade deshalb darfst du dich nicht übernehmen, damit du mich möglichst lange beglücken kannst.»

«Aber wenn ...» würgte ich.

«Wenn was?» ermunterte sie mich.

«Wenn ich doch Angst hab, Liliane!»

«Wovor denn, du mein Närrchen?»

«Daß ich ... ich Ihnen ... Ihnen nicht werde bieten können, was die anderen Ihnen geboten haben ...»

Ich nahm die eiskalte Peitsche nicht mehr wahr und richtete meine unglücklichen Augen auf die Hügel ihrer steilen Brüste, auf denen ich wie auf zwei gleichzeitig eroberten Gipfeln so stolz die Siegesfahnen hatte aufpflanzen wollen und von denen ich in so peinlicher Weise hinunter bis in diese Wanne gestürzt war. Sie schien nachdenklich. Weiß Gott, wäre der Abfluß nur ein wenig größer gewesen, ich hätte den Metallstöpsel herausgerissen und wäre auf ewig in der trüben Kanalisation verschwunden. Doch da begann meine Frau zu sprechen.

«Weißt du, Läuschen», sagte sie mit ungewöhnlichem Ernst, der die männliche Schönheit ihres Gesichts unterstrich, «als ich fünfzehn, zwanzig und fünfundzwanzig war wie du, da glaubte ich wie so viele, der menschliche Körper wäre nichts anderes als eine einzige große Drüse in zwei verschiedenen Ausführungen. Denn es ist kein Zufall, daß von allen Musikinstrumenten, die es gibt, mein Schicksal ausgerechnet die Flöte und das Helikon wurden, die Symbole beider Pole, aus deren Vereinigung das Leben entsteht. Ich war immer schlank, begehrlich, sorglos und frech wie die Flöte, ich wollte mich überall durchsetzen, jede Komposition mit meiner unermüdlichen Melodie beherrschen. Doch die Zeit verging, und ich reifte zu der Frau heran, die meinem neuen Instrument gleicht. Das ist keins, das mit vibrierenden Läufen besticht, mit hurtigen Passagen oder melodischen Solfeggien, vielmehr ist sein gewaltiger Korpus dazu angetan, den Klang des ganzen Orchesters zu verschlucken und mit sekundierenden Kanonenschüssen zu repetieren, die allein schon imstande sind, Festungsgemäuer zum Einsturz zu bringen. Die Flöte ist ein braver kleiner Soldat, der tapfer von Sturmangriff zu Sturmangriff läuft, dazwischen aber oft pausiert. Das Helikon ist ein Feldherr, der Stunde und Ort der Schlacht ankündigt, der Siege und Niederlagen verkündet. Ein Feldherr kennt keine Pausen und darf daher auch keine Erschöpfung kennen. Unermüdlich lockt er immer neue Gegner an, um sie in immer weiteren Schlachten zu schlagen, denn sonst hörte er bald auf, ein Feldherr zu sein. Er trägt eine weit größere Last als der Soldat, was am Ende oft nicht einmal gewürdigt wird. Schließlich gibt es reichlich Gräber unbekannter Soldaten, doch nicht ein einziges Grab eines unbekannten Feldherrn. Und trotzdem bin ich gern einer geworden, an der Front der Musik und der Liebe.»

«Ach», fuhr meine Frau fort, «du hast Angst, Frätzchen», und hielt mich immer kräftiger unter der Dusche fest, die mir rasch die letzten Kräfte raubte, trotzdem muckste ich nicht, denn einerseits wollte ich ihre Beichte nicht unterbrechen, andererseits hätte ich schwerlich mein Zähneklappern übertönt, «vor denen, die bei mir vor dir waren. Was für eine Torheit! Ich bin wie das große China, äußerlich eine wehrlose Beute, die sich trotzdem der Vielzahl ihrer Freibeuter einfach dadurch erwehrte, daß sie sie restlos verschlang. Keiner von denen ist dir mehr gefährlich. Keiner, nur ich. Denn ich hab dich überfallen. Ich bin deine Li-Liane geworden, nicht etwa, um dich in meiner Umschlingung zu ersticken, sondern im Gegenteil, um dich vor allen Gefahren der weltlichen Dschungel schützend abzuschirmen. Aber du wirst nicht mein Fußsoldat sein und ich dein Feldherr, denn dir verdanke ich die Erkenntnis, daß der Körper auch ein Herz hat. Ich will anders leben, als ich bisher gelebt habe. Und deshalb erwarte ich nicht von dir, daß du dich in vergeblichen Versuchen erschöpfst, es denen gleichzutun, welche die Liebe mit mir wie ein Kriegshandwerk betrieben haben. Denn die Liebe, mein Teuerster, die Liebe ist doch nicht allein dieses zerwühlte Bett, sondern auch eine Menge anderer Sachen, wie nur du sie mir geben kannst, nämlich Vertrauen, Aufrichtigkeit, Freundschaft, Hilfe und wechselseitige Zusammenarbeit oder sogar Schweigen ... ja, auch das Schweigen! Denn du bist, daß du’s weißt, der erste Mann in meinem ganzen Leben, der die einmalige Bereitschaft bewiesen hat, mir schweigend zuzuhören, und wenn das soviel bemerkenswerte Bilder, Gleichnisse und sonstige Gedanken in mir weckt, ist das vor allem dein Verdienst ...»

Bei diesen Worten warf sie endlich wieder einen Blick auf mich und konnte deshalb das Maß ihrer edlen Taten krönen, indem sie im letzten Augenblick die Dusche abdrehte, meinen blaugefrorenen Leib zurück zur Couch trug, mich durch Mundbeatmung zum Leben erweckte und so lange mit einem Leinenlaken abrieb, bis meine Haut wieder durchblutet war und nur noch ein paar weiße Flecken aufwies.

«Na siehst du, du mein Eiszäpfchen», meinte sie lachend, als jegliche Gefahr vorüber war, «ist das nicht hübscher als die lächerlichen Bewegungen, die jeder kann? Wie schön das der einzige ausgedrückt hat, der es mir nicht besorgt hatte, weil er ein Dichter war und die ganze Nacht an Versen arbeitete, die sich als unvergeßlich erwiesen, ich zitiere: ‹Zu schlaff zum Schlaf / scheint dir mein Glied? / Er will nicht stör’n / des Herzens Lied!›»

Nachdem sie den schwarzen Kaffee in mich hineingeschüttet hatte, den sie aus verschiedenen Tassen zusammengoß, welche ich beim Abwasch gestern übersehen hatte, da sie irrtümlich im Kohlenkasten abgestellt worden waren, war es endlich an der Zeit, zu meinen Eltern zu gehen. Trotz meiner ehrlichen Versicherung, ich sei schon wieder völlig auf dem Damm, ließ meine Frau nicht locker und bestellte ein Taxi. Im Wagen legte sie sich meine Hand auf den Schoß und nutzte jedes Klappen des Taxameters, um mir ein Küßchen zu geben. Mit Stolz registrierte ich, daß der Fahrer mich beneidete, denn er drehte nach einer Weile wütend den Rückspiegel herunter und rülpste widerlich. Auf dem Wenzelsplatz ließ meine Frau plötzlich anhalten und zog ihre Geldbörse.

«Wart hier!» forderte sie mich auf, ähnlich wie schon am Morgen.

Ich war sicher, daß sie mir wieder Hörnchen bringen würde, doch zu meiner Überraschung kam sie mit einem riesigen Blumenstrauß zurück.

«Teerosen?» rief ich erstaunt.

«Die Kaffeerosen waren leider alle», erwiderte sie scherzend, «doch vielleicht mag deine Mammi auch Tee.»

Die liebe, liebe Liliane! Sie dachte wirklich an alles. Doch obwohl ich ihr grenzenlos vertraute und mich an ihrer Seite völlig in Sicherheit wiegte, verfiel ich, als vor der Frontscheibe des Wagens unser Haus in Sicht kam, dennoch fast in Panik. Ich versuchte einen epileptischen Anfall vorzutäuschen, um die Begegnung mit meinen Eltern wenigstens um ein paar Tage hinauszuschieben. Leider hatte ich keine schauspielerischen Anlagen, denn meine Frau zog mich nur vom Boden hoch, hielt mir mit einer Hand den Mund zu, damit mein Geschrei nicht ihre Verständigung mit dem Fahrer behinderte, und drohte mir, nachdem sie bezahlt hatte, fröhlich mit dem Finger.

»Ja doch, ja doch! Solange wirst du, mein Biberle, schon noch warten können! Das ist ganz typisch für dich, erst salopp und dann hopphopp!»

Obwohl sie meine Hand nicht losließ, klopfte mir das Herz während der ganzen Zeit, da wir zum dritten Stock hinaufstiegen, bis zum Hals. Während wir nacheinander die Türen des Hausmeisters, der Familien Říha, Láriš, Jankovec, Roubíček, Novák, Ježdík, Landsman und Urban passierten, kam ich mir vor wie ein Kahn mit gebrochenem Steuer, der vom Strom fortgerissen wird und untätig abwarten muß, wie er den tödlichen Wasserfall überstehen wird. Und als wir alle glücklich hinter uns hatten, war das Ende näher als zu Beginn, denn über dem Horizont der Treppe erhob sich jetzt wie ein Blutgerüst die Tür, hinter der ich geboren wurde. Jetzt mußte ich, mußte ich endlich meine Frau warnen! Mit der freien Hand hielt ich mich am Geländer fest, so daß auch sie stehenblieb.

«Was gibt’s denn nun schon wieder ...?»

Es kostete mich eine entsetzliche Überwindung, mir die Worte abzuringen.

«Kommen Sie lieber nicht mit nach Hause ...»

«Warum nicht?»

«Paps ...» sprach ich mit zundertrockener Kehle, «Paps ist streng ...»

«Nun, er wird uns schon nicht beißen», meinte meine Frau.

«Das nicht, aber wenn ich doch Angst habe ...»

«Schon wieder?» sagte sie tadelnd.

Ich ließ nicht locker, mochte es für mich auch noch so beschämend klingen. Es war meine Pflicht.

«Ich habe Angst, er wird Sie hauen ...!»

Sie strich mir über den Kopf. Ich bemerkte, daß sie alle Mühe hatte nicht loszulachen.

«Aber Vilémek, Bräute haut man nicht!»

Ich beschloß, ihr alles zu sagen.

«Aber sie haben nicht gewollt, daß ich mich schon jetzt verheirate. Vielleicht fällt Mutsch in Ohnmacht!»

«Dann hast du das, armes Kerlchen, also von ihr!» sagte meine Gattin mit ungeheucheltem Mitgefühl, setzte jedoch sogleich fest hinzu: «Weißt du was? Du bleib nur fein still und überlaß alles hübsch mir, ja? Wirst du mein braves mäuschenstilles Käferchen sein?»

«Ja», sagte ich mit maßloser Erleichterung, «ja, das werde ich, aber ...» in meinen Augen glomm neue Befürchtung auf, «... aber sagen Sie ihnen, ich flehe Sie an, wenigstens nicht, daß ... daß wir ... daß wir beide zusammen ...»

«Daß wir beide zusammen was ... Ach, du meinst ...»

«Ja, daß wir beide zusammen die Möwen gefüttert haben ...»

Das überraschte meine Frau.

«Aber warum denn nicht?»

«Das ... das ist ... ist so eine ... so eine alte ... eine alte Geschichte ...» stotterte ich verlegen, denn es war keine Zeit mehr, sie mit der bewegten Historie meiner Aufklärung vertraut zu machen, «Mutsch würde sofort erkennen, daß wir beide ... wir beide uns ... uns zusammen ... zusammen vermehrt haben ...!»

Endlich hatte meine Frau mit ihrem Scharfsinn begriffen.

«Ach so! Das meinst du! Aber, Närrchen», fuhr sie in entschlossenem Ton fort, «hab ich dir nicht selbst gesagt, daß ich erst dann Nachkommen haben will, wenn wir unsere Ehe reichlich konsumiert haben? Du brauchst nicht im mindesten Angst zu haben, heute hat nichts passieren können!»

In dieser felsenfesten Gewißheit lag etwas Geheimnisvolles. Konnte sie etwa das Schicksal voraussagen? Das hätte mich in der Tat nicht gewundert. Trotzdem umkrampfte ich auch weiterhin fest das Geländer und hinderte meine Frau so am Weitergehen.

«Mutsch ist fromm ...!» flüsterte ich eindringlich. «Wenn sie erfährt, daß ... daß wir ... wir noch vor dem Sakrament der Vermählung gesündigt haben, würde sie uns nie ihren Segen geben!»

Meine Frau wurde ernst.

«Das ist freilich etwas anderes», sagte sie. «Gut, daß du mir das nicht verschwiegen hast. Ich möchte, daß du in deinem ganzen Leben zu mir rückhaltlos aufrichtig bist, denn selbst die grausamste Wahrheit ist für die Beziehung zweier Menschen heilsamer als die barmherzigste Lüge. Hab keine Angst, Pinscherchen», setzte sie dann hinzu, «jetzt weiß ich genug, wie ich mit ihnen zu reden habe. So, und nun komm!»

Die letzten Worte sprach sie gebieterisch und riß mich mit einem Ruck ohne Mühe vom Geländer los. Als sie die Hand zur Klingel ausstreckte, fragte sie mich unerwartet.

»Wie oft klingelt ihr?»

Ich schwankte. Noch nie hatte ich das einem Menschen verraten, eingedenk der gestrengen Weisung, die mir schon im zarten Kindesalter eingebleut worden war. Doch sogleich wurde mir klar, daß meine Frau bald zu meiner Familie gehören würde, und das gab ihr das Recht, auch deren Geheimnisse zu kennen. Deshalb gab ich zu.

«Paps einmal, Mutsch zweimal und ich dreimal ...»

«Das ist schlau», sagte meine Frau anerkennend. «Merk dir also, ich werde viermal klingeln.»

Teure, teure Liliane! Wie sie trotz ihrer ungeheuren Überlegenheit an Jahren und Erfahrungen nicht den Bruchteil einer Sekunde lang zögerte, sich in der familiären Stufenfolge erst nach mir, ihrem Gatten, einzuordnen! Die Tür wurde fast im selben Augenblick geöffnet. Auf der Schwelle stand meine blasse Mutsch, und ihrem Gesichtsausdruck wie ihrer Körperhaltung war unschwer zu entnehmen, daß sie schon seit Mitternacht meiner harrte. Sie sah meine Frau so wissend an, als habe ihr deren viertes Klingeln alles verraten. Erneut muß ich denken, daß die Frauen tatsächlich so etwas wie einen siebten Sinn haben, der uns anderen Geschlechtern versagt geblieben ist. Des Rates meiner Frau eingedenk, sagte ich kein Wort, sah aber mit um so größerer Bangigkeit abwechselnd auf sie und Mutsch.

«Gelobt sei Jesus Christus», grüßte meine Frau.

Erst jetzt vermochte ich zu beurteilen, wie vorausschauend es von ihr war, sich für diesen Besuch ein schwarzes Kleid von schlichtem Schnitt und Absatzschuhe anzuziehen, die sie einen Kopf größer machten als mich. Das verlieh ihren Worten eine so überzeugende Würde, daß Mutsch verwirrt und ohne zu zögern antwortete.

«In Ewigkeit. Amen.»

«Ich habe Ihnen Ihren Buben gebracht, teure Schwester», hob meine Frau an, und ich hatte dabei für einen Augenblick das drückende Gefühl, sie könne in Wahrheit meine Tante sein, «meine Freundinnen und ich haben ihn völlig erschöpft vor unserem Heim gefunden und ihn die ganze Nacht sorgsam gepflegt. Wir haben Ihnen keine Nachricht geben können, denn er war in einem solchen Zustand, daß er uns nicht einmal sein Geschlecht andeuten konnte. Deshalb haben wir ihn Erna genannt, bis wir heute früh feststellen konnten, daß er sein Sakko rechts knöpft. Ich hoffe, Sie haben keine allzu große Angst ausgestanden, und wenn ja, dann möge es Ihnen ein Trostpflaster sein, daß Ihr Sohn die kritische Nacht bei voller Gesundheit überstanden und bewiesen hat, welch gute Wurzel er besitzt. Ich wollte die Gelegenheit nutzen, um persönlich die beneidenswerte Mutter zu begrüßen, die ihn so vorbildlich geboren hat.»

Wider meine Erwartung begann Mutschs Blässe auf wundersame Weise zu schwinden. Sie betrachtete meine Frau von Kopf bis Fuß, und ihr Gesicht hellte sich auf.

«Treten Sie näher», sagte sie freundlich. «Ich bin froh, daß mein Vilémek in so guten Händen war!»

Es war das erste Mal seit jenem Besuch meiner zwanzig Klassenkameraden, daß ein Gast über unsere Schwelle trat. Meine Angst verebbte. Für mich stand fest, daß meine Frau eine Zauberin war, und ich war bereits sicher, daß sie auch das erreichte, was mir noch im Treppenhaus völlig unmöglich erschienen war. Da sprang jedoch mit einem Krach eine Tür auf, und Paps erschien, den Riemen in der Hand.

«Wo hast du dich herumgetrieben?» schrie er mich an.

Meine Hoffnung platzte wie eine Seifenblase. Vor meinem inneren Auge sah ich bis in alle Einzelheiten, wie ich vor meiner Frau die Hosen und Unterhosen herunterließ, um die schmähliche Strafe zu empfangen, und auf der Stirn perlten mir Tröpfchen Todesschweiß.

«Gesegneten Abend, Bruder Rosol», sagte meine Frau, «ich habe mir erlaubt, Ihrer Frau Gemahlin und Ihnen eine kleine Aufmerksamkeit mitzubringen!»

Sie schlug das Seidenpapier auseinander, das sie gleich sorgfältig zusammenlegte und ordnungsbewußt an ihrem Busen barg. Paps sah die Teerosen an, als überreichte sie ihm die Krönungskleinodien.

«Sie sind aus dem Loreto-Garten», fuhr meine Frau in liebenswürdigem Ton fort, «und ich habe sie mit Weihwasser besprengt. Haben Sie ein Bildnis der Muttergottes da?»

«Ja, bitte sehr ...» sagte Paps heiser und mußte sich räuspern, «im Schlafzimmer ...»

«Dann wollen wir sie dort gleich hinstellen, nicht wahr?» schlug meine Frau vor und trat sicher ins Schlafzimmer. Paps und Mutsch folgten ihr wie Traumwandler. Als ich jedoch ebenfalls mitwollte, schüttelte meine Frau entschieden den Kopf und wandte sich zu Paps um.

«Haben Sie auch eine Küche?»

«Ja, bitte sehr ...» sagte Paps erneut, «in der Küche ...»

«Dann lauf hin, Vilémek», befahl mir meine Frau, «und nimm dir brav was zu lesen. Ich hätte mit deinen elterlichen Herrschaften gern unter vier Augen gesprochen!»

Die Stunde, die nun folgte, möchte ich kein zweites Mal erleben. Ich saß an dem alten Küchentisch und starrte mit blicklosen Augen auf die Seiten eines Buches, in dem ich erst lange Zeit später ein altes Kursbuch erkannte. Ich erstarb vor Begierde, mein Ohr an die Schlafzimmerschwelle zu drücken, wo sich durch mein jahrelanges heimliches Lauschen schon eine kleine Vertiefung gebildet hatte. Doch seltsam: Was ich mich meinen gestrengen Eltern zum Trotz immer wieder getraut hatte, wagte ich meiner liebevollen Frau nicht anzutun. Nein, ihr Vertrauen gedachte ich nicht im geringsten zu enttäuschen. Und so ließ ich nur den Blick von einem Gegenstand zum andern wandern, bis mir bewußt wurde, daß ich von meinem Stuhl aus die ganze Landschaft meines bisherigen Lebens überschaute. Da der Winkel, in dem ich für meine Versehen von der ersten bis zur fünften Klasse der Volksschule auf Erbsen gekniet habe, hier das Bügelbrett, an dem man mich festband, damit ich mich in den Pubertätsjahren nicht herumtriebe, und dort das Regal mit dem kleinen Klappult, auf dem ich zuletzt nach dem Selbstmord meines Vorgesetzten hundertmal kalligraphisch geschrieben habe:

«Ich darf Mutsch und Paps nicht ärgern, um sie nicht wie den Genossen Leutnant zu verlieren», und noch vorher zum Beispiel: «In der Schule nicht sagen, daß die Eltern sagen, daß die Kommunisten lügen, daß der Mensch vom Affen abstammt!»

Manch einer mag glauben, besagte Landschaft gemahne mich eher an eine Folterkammer. Doch das wäre ein Irrtum! Schließlich war da ja auch der Herd mit der Backröhre, in der ich jedes Jahr so gerne meine Weihnachtswichtel und Osterlämmchen buk, die Lada-Nähmaschine, auf der ich meinen Eltern beim Besäumen von Bettbezügen und Hefteln von Kappnähten geholfen hatte, und vor allem das Bett, auf dem ich mich so oft mit dem Gefühl eines rechtschaffen verbrachten Tages niedergelegt hatte, den lieben Gott bittend, mich am kommenden Tage nicht minder folgsam und nützlich sein zu lassen. Es war ein schmales, hochbeiniges Eisenbett aus jener Zeit, da mein Paps die Mutsch genommen hatte, und ich mochte es schon deshalb gern, weil ich darin, obwohl es hart war, geboren wurde.

Wie immer beobachtete ich es mit einem zärtlichen Lächeln, das mir aber buchstäblich auf den Lippen gefror. Hatte ich etwa nicht gerade letzte Nacht am eigenen Leibe erfahren, daß das Bett, dieser Unschuld vortäuschende Gebrauchsgegenstand, der in fast jedem Haushalt steht, nicht auch zu ganz anderen Verrichtungen als zu Beten und Ruhen dienen kann? In meiner Seele keimte ein fürchterlicher Verdacht. Sprach nicht etwa alles dafür, daß Paps mit Mutsch seinerzeit hier auf diesem Stück Möbel etwas ganz Ähnliches getrieben hat wie meine Frau heute nacht und heute morgen mit mir? Und war ich nicht womöglich zufällig selber dank der Ironie des Schicksals der lebende Beweis ihrer Unkeuschheit? Ich schüttelte mich vor Abscheu. Wenn dem wirklich so war, konnte ich sie da jemals wieder achten?? Hatte ich vor wenigen Minuten noch mein kindliches Reich mit dem wehmütigen Gefühl betrachtet, es könne mir bald genommen werden, so packte mich nun das Entsetzen, ich könnte lebenslänglich daran gefesselt sein. Die fleischliche Begierde der Eltern nahm mir nicht nur ihrer Ungeheuerlichkeit wegen den Atem, sondern zog auch vor allem ihre sämtlichen Verbote, Gebote und Strafen in Zweifel. Für einen Augenblick war mir sogar die Kommunistische Partei näher, da sie offenbar immer und in allem log, so daß sie niemanden je einem solchen Kardinalirrtum aussetzen konnte. Ich verspürte den dringenden Wunsch, meine Frau möge mich so früh wie möglich, am besten jetzt gleich, von hier wegbringen. Und da fiel mir ein, daß ich schon über eine halbe Stunde keinen Sterbenslaut aus dem Schlafzimmer vernommen hatte.

Du mein Gott! Wenn nun etwas Gräßliches passiert ist!! Wenn nun Paps und Mutsch, um die Familienehre reinzuhalten, die Verführerin ihres einzigen Kindes mit dem Gürtel erwürgt haben und nun beratschlagten, ob sie sie zur Strafe dafür, daß die Juden den Herrn Jesus gekreuzigt haben, bei Roubíčeks im Keller vergraben sollten, oder bei den Urbans, die zwar ebenfalls Christen waren, aber von Mutsch einmal sagten, sie sei eine Himmelsziege. Diese grauenhafte Vorstellung nagelte mich fürs erste am Stuhl fest. Sogleich riß ich mich aber mit Gewalt los, durcheilte mit zwei Sätzen den Gang und raste, ohne anzuklopfen, so wild ins Schlafzimmer, daß eine Glasscheibe aus der Türfüllung fiel. Der Krach machte erstaunlicherweise keinem meiner beiden Eltern etwas aus, die hinter dem Stuhl meiner Frau standen und gespannt zusahen, wie flink sie glänzende bunte Karten umwandte und umlegte. Nur meine Frau warf mir einen kurzen strafenden Blick zu, widmete sich aber sogleich wieder ihrem eigenartigen Tun. Noch ein paar Minuten raschelten und klatschten die kleinen Kartonblätter leise, bis meine Frau plötzlich triumphierend den Blick zu meinen Eltern hob.

«Nun?» fragte sie knapp.

«Es ist Gottes Wille!» hauchte Mutsch.

«Amen!» fügte jetzt Paps hinzu und bekreuzigte sich mit einem Blick zur Zimmerdecke.

Daraufhin drehten sich beide zu mir um.

«Komm herein, Vilémek!» sagte Mutsch friedlich, wodurch sie mir zu verstehen gab, daß sie mir mein schlechtes Benehmen für diesmal verzieh, «aufräumen wirst du das später.»

Nach der ungeheuren Anspannung setzte logischerweise bei mir die Erschöpfung ein. Mit letzter Kraft ging ich über den Scherbenteppich. Paps lächelte verlegen, während Mutsch feierlich dreinschaute. Weil sie sah, wie mir die Knie schlotterten, winkte sie mir, mich zu ihr auf den Schoß zu setzen.

«Stell dir vor, Söhnchen», sagte sie behutsam, da sie offenbar befürchtete, mich zu verschrecken, «das Fräulein Jámová hier hat um deine Hand angehalten. So nennt man das nämlich, wenn eine Frau dem Manne den heiligen Ehebund anbietet oder umgekehrt. Vati und ich waren anfangs dagegen, denn wir meinten, daß du noch viel zu jung für derlei Sorgen bist, außerdem willst du erst einmal auf eigenen Füßen stehen. Fräulein Jámová hat uns aber ihre Gehaltsstreifen vorgelegt, die zweifelsfrei beweisen, daß sie gut und sogar mehrere Ehemänner ernähren könnte. Als wir trotzdem immer noch schwankten, schlug sie schließlich vor, das Schicksal zu befragen. Und stell dir vor, Kind, dreimal hintereinander sind am Schluß Herzdame und Herzbube rausgekommen!»

Vor Erleichterung atmete ich geräuschvoll auf. Anscheinend deuteten sie das als Schreck, denn Paps begann, wie es seine Gewohnheit war, vom anderen Ende her.

«Du mußt keine Angst haben, mein Sohn. Selbstverständlich haben wir Fräulein Jámová mitgeteilt, daß wir in dieser so gewichtigen Angelegenheit auch dich anhören möchten. Nicht etwa, daß sich dadurch etwas änderte, denn ich habe ihr bereits mein Wort gegeben, sondern damit sie direkt aus deinem Munde erfährt, ob du sie aus Liebe heiratest oder unter Zwang.»

Wenn mir auch nach seiner Mitteilung, er habe sein Wort gegeben, das Herz hüpfte, denn Paps hat noch nie seine Worte gebrochen, sogar damals nicht, als er bei einer zufälligen Begegnung einem früheren Kommilitonen versprach, ihn nach Hause zu begleiten, nicht ahnend, daß der Betreffende im fernen Pilsen wohnte, worauf er sich einen Wolf lief, so hatte seine Aufforderung, einen eigenen Standpunkt zu äußern, doch zur Folge, daß ich blitzschnell nüchtern wurde. Die Frage war listig gestellt, und ich wußte genau, daß eine falsche Antwort die Erfüllung unseres Traums um eine beträchtliche Zahl von Jahren hinausschieben konnte.

«Ihre Frage, Papa», sagte ich laut, das Beben in meiner Stimme mit aller Gewalt unterdrückend, «ist zwar lauter und geradlinig wie die Heilige Schrift, aber dennoch kann ich sie nicht mit einem einfachen Ja ja, Nein nein beantworten. Wie könnte ich ohne weiteres erklären, daß ich das Fräulein Jámová aus Liebe heiraten werde, wo doch mein Herz selbst in diesem frohen Augenblick bis in den letzten Winkel von der Liebe zu Gott und zu meinen geliebten Eltern erfüllt ist. Ebensowenig kann ich reinen Gewissens erklären, daß ich sie unter Zwang nähme, denn Ihr Wort, teurer Papa, ist für mich als gehorsamer Sohn Gesetz. Ist es jedoch Ihr und Gottes Wille, werde ich sie ohne Liebe, aber auch ohne Zwang heiraten!»

Ich erkannte sogleich, daß meine Antwort ihn völlig zufriedenstellte, und noch mehr erwärmte mich, wie sehr sogar meine Frau offenkundig von meiner Schlagfertigkeit überrascht war.

«Gut, gut», murmelte Paps, blickte zur Sicherheit noch einmal nach oben, und als von dort kein weiteres Zeichen kam, sprach er schließlich zum vierten Mal im Leben den Satz, mit dem er seinerzeit in der Folge über meine Entsendung in die Schule, zur Armee und ins Büro entschieden hatte, «nun denn also, Gott befohlen!»

Ich sprang von Mutschs Schoß, stürzte auf ihn zu, packte seine beiden Hände und bedeckte sie ohne seine Erlaubnis mit dankbaren Küssen. Paps riß sich zwar los, war aber anscheinend ebenfalls so gerührt, daß er mich nicht ein einziges Mal schlug. Dafür richtete Mutsch als Frau, die sie war, ihr Augenmerk auf die praktischen Dinge.

«Mein Gemahl und ich haben Ihnen schon erklärt, wertes Fräulein, daß wir Vilémek frühestens in fünf bis acht Jahren verheiraten wollten. Deshalb eilte es auch nicht mit seiner Aussteuer, denn ihm sollte nicht das gleiche widerfahren wie einst seiner Mutter. Ich war ein sehr entwickeltes Mädchen, und deshalb haben die Meinen mir verhältnismäßig früh Handtücher, Servietten und Bettwäsche besorgt. Mein Verlobter hatte jedoch als jüngster Sohn seiner Mutter versprechen müssen, daß er nicht heiraten werde, solange sie lebte, damit ihr das bittere Schicksal verlassener Greisinnen erspart blieb. Als er dann nach fünfzehn Jahren an Sklerose verschied, gab mir seine Mutter, von Vorwürfen geplagt, ihren Erstgeborenen bereits ohne Wartezeit, doch wie sich herausstellte, hatten die Motten inzwischen die Stoffe gefressen.»

«Bis auf die Knöpfe», setzte Paps hinzu, der nicht die kleinste Ungenauigkeit duldete, «doch die wiederum waren von den Mäusen angenagt, so daß sie sich nicht mehr gebrauchen ließen.»

«Deshalb», knüpfte Mutsch an, «hatten wir beschlossen, die Aussteuer für Vilémek erst kurz vor der Hochzeit zu besorgen, und nun weiß ich nicht, ob sie vor einem Jahr fertig sein wird.»

«Ach, Mammilein!» beeilte ich mich, jede weitere Gefahr zu bannen, «du weißt doch, wie mir die Arbeit von der Hand geht, wenn einer unserer Nachbarn seine Tochter auf die Schnelle verheiratet! Ich verspreche dir, ich werde für meine eigene Hochzeit fleißig jede freie Minute nähen und notfalls auch die Nächte dazunehmen!»

«Ich denke, das ist überflüssig», rettete mich meine Frau, indem sie sich als Frau von Frau zu Frau um Unterstützung an Mutsch wandte, «ich möchte nicht, daß er mir vorzeitig altert, wie es so viele meiner Freundinnen mit ihren Männern erlebt haben, deren Schönheit von der häuslichen Schufterei zugrunde gerichtet wurde. Ich bin zwar eine gute Christin, von meinen verewigten Eltern ebenfalls streng gehalten, doch daneben bin ich auch eine moderne, ja sogar eine emanzipierte Frau. Meine Einkünfte, wie Sie bereits wissen, gestatten es uns ohne weiteres, die unerläßlichen Inletts bei der besten Hochzeitsausstattungsgenossenschaft anzuschaffen. Übrigens scheint es mir das Gescheiteste», wandte sie sich diesmal klugerweise an Paps, «wenn wir drei Erfahrene das in die Hand nehmen, damit der künftige Bräutigam sich ganz der geistigen Vorbereitung auf seinen neuen Stand widmen kann.»

Die trefflich gewählten Worte und der besonnene Ton taten ihr übriges, so daß Paps zustimmte. Ums Haar hätte ich vor Freude aufgejauchzt. Mutsch erhob jedoch noch einen Einwand.

«Das ganze Leben haben mein Gemahl und ich Vilémek so erzogen, daß er eines Tages in Weiß heiraten kann. Deshalb darf er Ihnen heute, geehrtes Fräulein, ohne Scham in die Augen sehen. Ihr heutiger Besuch wird jedoch bestimmt nicht verborgen bleiben, und viele unserer Nachbarn, vor allem die Urbans, die nur deshalb in der Kirche sind, um sich durch die heilige Beichte von ihren unablässigen Verleumdungen, Diebereien und offenbar auch von verbrecherischer Unzucht reinigen zu können, werden gewiß wie die Luchse darauf lauern, seinen glasklaren Ruf im letzten Moment zu besudeln. Deshalb möchte ich mir wünschen, daß Sie sich beide bis zur Hochzeit nicht mehr sehen werden, es sei denn hier und in unserem Beisein.»

«Aber das versteht sich doch von selbst, teure Schwester!» rief meine Frau zutiefst überzeugend aus, «und damit auch nicht der geringste Schatten an mir haften möge, werde ich bei den gelegentlichen Besuchen meine Vorgesetzte, die Kapellmeisterin aus der Frauenkirchenkapelle, als Anstandsdame mitbringen!»

Das erfüllte mich zwar mit Trauer, doch ich wußte allzugut, daß kein anderer Weg zu meinem Glück führte. Im übrigen hoffte ich in tiefster Seele – ja, eine solche Stufe hatte meine erwachte Sinnlichkeit bereits erreicht! –, meine Frau würde heimlich bei mir im Büro anrufen, so daß ich wenigstens während einer der Mittagspausen in ihren heißen Armen ruhen könnte. Meine Frau hatte offenbar bemerkt, daß ich litt, deshalb stand sie auf und begann die Karten einzusammeln.

«Ich denke also, Schwester und Bruder, wir sind uns über alles schlüssig geworden, wie es sich für fromme und ordentliche Leute geziemt und gebührt, und jetzt ist es vielleicht das beste, wenn Vilémek mich zur Schwelle Ihres Hauses begleitet, während Sie auf der Treppe stehen bleiben, denn just so werden wir jedem Zweifler den allfälligen Beweis für unser gutes Gewissen und unsere ehrenhaften Absichten liefern.»

Die Eltern waren auch diesmal einverstanden, und ich empfand noch größere Bewunderung für meine Frau. Nur Mutsch bat sich noch aus, zum Andenken die Karten behalten zu dürfen, durch die der Himmel selbst unser Tun gutgeheißen hat. Meine Frau willigste erst nach kurzem Zögern ein. Gleich darauf gingen wir also die Treppen hinunter, den gebührenden Abstand einhaltend, und ich mußte übermenschliche Kräfte aufbringen, um der Versuchung zu widerstehen, meine Gefühle in einer leidenschaftlichen Umarmung auszudrücken. Mein Wunsch wurde jedoch erfüllt. Als wir im Torweg waren, den die Eltern nicht einsehen konnten, preßte meine Frau mich begierig an die Briefkästen. Im selben Moment knackte der Spion in der Hausmeistertür, deshalb, ein Stolpern vortäuschend, ließ sie blitzschnell von mir ab, reichte mir nur die Hand zum Kusse und flüsterte dabei.

«Sei ruhig, Bübilein, gleich morgen ruf ich dich an. Und was mein heutiges Verhalten betrifft, bedenke, es war nur eine fromme Lüge, die uns helfen sollte, zum Ziel zu kommen. Du aber darfst mich nie belügen, auch nicht in Kleinigkeiten, denn dann könnte ich dich nie mehr vorbehaltlos gern haben. Vergiß nicht: Nur das Wort macht den Mann, und wenn du wieder oben bist, radiere unauffällig die Zeichen auf der Rückseite von Herzdame und Herzbube aus. Schlaf süß und fürchte nichts. Bis wir uns wiedersehen, wird mich in den einsamen Nächten nur mein Instrument umarmen!»

Meine Frau und ihr Mann. Eine Beichte

Подняться наверх