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Vorwort des Autors

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Mehr als bei jeder anderen Thematik spiegelt die Arbeit an einer Biographie die persönlichen Einstellungen, Neigungen sowie die Subjektivität des Verfassers wider. Kaum ein Autor vermag sich dieser Tatsache zu entziehen. Dies gilt insbesondere für einen Stoff, der uns wie im vorliegenden Fall bestenfalls aus zweiter oder gar dritter Hand überliefert ist. Daher kann das Ergebnis der Auseinandersetzung mit ihm niemals letzte Gewissheiten vermitteln, sondern lediglich zwischen Annäherung und Evidenz, Rekonstruktion und Imagination hin- und herpendeln. Wenn man angesichts derartiger Prämissen dennoch ein solches Vorhaben in Angriff nimmt, dann deswegen, weil das Thema „Alexander“ eine besondere Ausstrahlung besitzt, die selbst hundertfache Abhandlungen nicht ausschöpfen können. Wenigstens ein kleines Streiflicht davon zu vermitteln, ist das Ziel dieses Buches, das seine Entstehung einem Umweg verdankt: Vor Alexander stand bei mir Hannibal.

Bei der Beschäftigung mit dem charismatischen karthagischen Feldherrn und Staatsmann (247–183), der einst auszog, um gegen den mächtigsten Staat des westlichen Mittelmeerraumes die Interessen seiner Heimatstadt durchzusetzen, stößt man immer wieder auf zentrale Episoden der Biographie des zur Legende gewordenen makedonischen Königs Alexander (356–323). Zwischen den dramatischen Schicksalen beider schillernder Potentaten gibt es, trotz signifikanter Unterschiede hinsichtlich der Ergebnisse beider Viten, verblüffende Analogien betreffs der historischen Ausgangslage zu Beginn ihrer jeweiligen Laufbahn. Was Hannibal mit seinem wagemutigen Vorstoß gegen Rom beabsichtigte, hatte Alexander bereits vorexerziert, indem er fern der Heimat jahrelang das Perserreich mit Krieg überzog, das größte Imperium der alten Welt eroberte und am Ende eine Brücke zwischen Europa und Asien schlug.

Sein Gang durch die Geschichte bildete eine unerschöpfliche Quelle der Inspiration für zahlreiche politisch maßgebliche Gestalten des Altertums. So lässt sich kaum eine spektakuläre Tat des großen Karthagers anführen, die nicht in Verbindung zum ebenso berühmten Makedonen stand (Bezug auf Herakles, Alpenübergang – Überschreitung des Hindukusch, Cannae – Issos, Gaugamela, und vieles mehr). Kein Wunder also, dass diese überaus komplexe Beziehung stets die Aufmerksamkeit der Forschung auf sich gezogen hat. Es war die Alexander-Imitatio Hannibals, die dazu anspornte, mich eingehender mit diesem über die Epochen hinaus wirkenden Vorbild auseinanderzusetzen.

Das Ergebnis meiner Annäherung an das Phänomen Alexander ist eine Skizze, die aus der Fülle des verfügbaren Materials eine hoffentlich repräsentative Biographie zusammengefügt hat. Es ging darum, die Lebensstationen des makedonischen Königs vor dem Hintergrund der sich rasch wandelnden Welt des ausgehenden 4. Jahrhunderts zu bilanzieren, sodann seine Aufsehen erregenden militärischen Unternehmungen darzustellen, die dabei verfolgten politischen Zielsetzungen zu untersuchen sowie seine überaus vielschichtige Persönlichkeit einer historischen Beurteilung zu unterziehen. Gleichzeitig galt es, den Blick auf die politischen, sozialen, ökonomischen und kulturellen Rahmenbedingungen einer ungemein spannenden Epoche zu richten, die der Verschmelzung von Orient und Okzident Vorschub leistete, welche von dem im Mittelpunkt der Untersuchung stehenden außergewöhnlichen Machtmenschen eingeleitet und mitbestimmt wurde.

Wie alle monographischen Behandlungen Alexanders trägt auch diese an der Hypothek der Unzulänglichkeit. Diese ergibt sich bereits aus der Unmöglichkeit, aus der unübersehbaren Fülle der vorhandenen Literatur eine einigermaßen erschöpfende Auswahl zu treffen. Daher erheben die benutzten Titel weder Anspruch auf Vollständigkeit noch können sie alle forschungsrelevanten Fragen angemessen berücksichtigen. Das Ergebnis ist ein Kompromiss zwischen eigener Akzentsetzung und angestrebter Repräsentativität. Angesichts der Beschaffenheit unserer Quellenlage in Verbindung mit einer langen Forschungstradition sind neue, spektakuläre Erkenntnisse kaum zu erwarten. Dargeboten werden vielmehr Nuancierungen von bekannten Zusammenhängen, Neubewertungen einzelner Episoden seiner Biographie, Darstellungen der zentralen Fixpunkte und Reflexionen über deren Brüche, um so zu einer Würdigung der historischen Bedeutung Alexanders zu gelangen.

Daher versucht die vorliegende Abhandlung einen Mittelweg zwischen Darstellung, Analyse und Reflexion einzuschlagen. Ihr Leitfaden ist Alexanders Lebensweg, insbesondere die von ihm mitgestalteten politischen, kultischen und militärischen Aktionen. Die Schaubühne des Geschehens bildet die riesige Ländermasse, die sich von der Ägäis bis zum Indus erstreckt. Zur Kennzeichnung der Schauplätze werden die antiken Bezeichnungen, gelegentlich in der verdeutschten Version, und wenn nötig ihre heutige Benennung angeführt. Die Nomenklatur der antiken Personen, Orte, Topographie und Begriffe befolgt in der Regel die in der althistorischen Literatur eingebürgerten Normen; da diese aber keineswegs einheitlich sind, habe ich gelegentlich nach eigenem Gutdünken entschieden. Alle angeführten Datierungsangaben sind vor Christi Geburt.

Bedanken möchte ich mich bei Marco Ladewig und Pamela Lange, die mir bei der Literaturbeschaffung und bei der Herstellung der Druckvorlage mit überaus großem Engagement und Sachverstand unschätzbare Dienste erwiesen haben. Christiane Kunst, Eike Faber, Christoph Selzer, Oliver Linz, Gunther Gottlieb und Michael Stahl haben das Manuskript gelesen, es mit mir erörtert und manche wertvolle Anregung gegeben. Ihnen allen bin ich sehr verpflichtet. Manfred Clauss möchte ich für die vorbildliche Betreuung dieses Bandes ebenfalls herzlich danken.

Potsdam, im September 2006 Pedro Barceló
Alexander der Große

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