Читать книгу Trevellian - Verschollen in Chinatown: Action Krimi - Pete Hackett - Страница 8
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ОглавлениеAm Morgen verhörten wir Antonio Benito. Sein Anwalt hatte sich eingefunden. Er gebot seinem Klienten, nur zu sprechen, wenn er es erlaubte.
»Sie sind Besitzer des Club Andalusia?«, fragte ich. Wir befanden uns im Vernehmungsraum, der sich im Zellentrakt im Keller des Federal Building befand. Es gab hier nur einen Tisch und einige Stühle, eine Computeranlage, auf der Vernehmungsprotokolle getippt wurden, weißes Neonlicht, einen Telefonapparat und kahle Wände. Der einzige Schmuck war ein eisernes Kreuz über der Tür.
Benito schaute seinen Anwalt an, dieser nickte, Benito sagte: »Ja, das ist richtig.«
»In der ersten und zweiten Etage des Gebäudes wurde illegal um hohe Einsätze gespielt. Was haben Sie uns dazu zu sagen?«
Der Anwalt schüttelte den Kopf. Benito schwieg.
»Wir haben fast vier Dutzend Spieler in Gewahrsam genommen«, sagte Milo. »Die Leute sind geständig. Sie wussten, dass illegales Glücksspiel verboten ist. Der Name Ihres Geschäftsführers wurde einige Male erwähnt. Sicher ist es nur eine Frage der Zeit, bis wir ihn überführt haben. Und er wird seinen Kopf ganz sicher nicht allein in die Schlinge stecken.«
Kopfschütteln des Anwalts, Schweigen von Seiten Benitos.
»Mein Mandant weiß von nichts«, schnappte der Anwalt. »Er hatte auch keine Ahnung, dass in der ersten und zweiten Etage des Gebäudes, das er vor einiger Zeit käuflich erworben hat, illegales Glücksspiel betrieben wird. Sie halten Mr. Benito zu Unrecht fest. Ich werde bei der Anhörung beantragen, dass mein Mandat sofort wieder auf freien Fuß zu setzen ist.«
»Darüber muss der Richter entscheiden«, sagte ich und lächelte. »Ist doch seltsam, nicht wahr? Ihr Mandant kauft ein ganzes Haus und kümmert sich nicht weiter darum. Er weiß nicht, was in diesem Gebäude vor sich geht. Das Glücksspiel hat wahrscheinlich sein Geschäftsführer inszeniert, und das alles ohne sein Wissen. Er wäscht seine Hände in Unschuld. Wissen Sie eigentlich, dass im Moment ein Team in Mr. Benitos Wohnung ist und eine Durchsuchung durchführt?«
Benito zuckte zusammen. Er warf seinem Anwalt einen verunsicherten Blick zu.
Ich sprach weiter: »Wir haben den Geschäftsführer des Lokals, die Türsteher, und die Spieler. Ihr Geschäftsführer wird singen, Mr. Benito. Auch die Türsteher werden reden, und die Spieler. So wird sich ein Mosaikstein zum anderen fügen, und zuletzt haben wir Sie am Kanthaken.«
Wieder traf den Anwalt ein verunsicherter Blick. Die Kiefer des Anwalts mahlten. Deutlich war von seinen Zügen abzulesen, dass es hinter seiner Stirn krampfhaft arbeitete.
»Wie wäre es mit einem Deal?«, fragte Benito plötzlich. »Ich könnte euch etwas Interessantes bieten, und ihr lasst mich dafür laufen.«
»Wir kommen der Sache näher«, murmelte Milo. »Was für ein Deal?«
»Was sagen Sie zu meinem Vorschlag?«
»Ich möchte mit meinem Mandanten unter vier Augen sprechen!«, stieß der Anwalt hervor.
Milo und ich wechselten einen Blick, ich nickte, dann verließen wir den Vernehmungsraum. Ich zog die Tür hinter mir ins Schloss.
»Er weiß scheinbar, wenn er verloren hat«, knurrte Milo.
»Egal, was er uns zu bieten hat«, sagte ich. »Wir können ihn nicht laufen lassen. Illegales Glücksspiel ist ein Officialdelikt, das die Staatsanwaltschaft von sich aus zu verfolgen hat.«
»Aber wenn er geständig ist und uns vielleicht noch wertvolle Hinweise liefert, kommt er vielleicht mit einem milden Urteil davon. Wir sollten den Staatsanwalt hinzuziehen. Sicher hat uns Benito etwas mitzuteilen, was für uns von Interesse ist.«
»Warten wir erst einmal ab, was für einen Deal er uns vorschlagen will.«
Ich ging vor der Tür auf und ab. Unsere Unterhaltung schlief ein. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach. Ich war gespannt, was Benito zu sagen hatte. Dass er sich selbst belastete, war kaum anzunehmen. War ihm etwas zu Ohren gekommen, das dazu angetan war, das FBI auf den Plan zu rufen?
Die Minuten verstrichen. Manchmal war eine Stimme durch die geschlossene Tür zu vernehmen. Was gesprochen wurde, konnten wir jedoch nicht verstehen. Es hörte sich an, als könnten sich der Anwalt und sein Mandant nicht einigen.
Schließlich aber wurde die Tür geöffnet. Der Rechtsanwalt streckte den Kopf heraus. »Sie können wieder hereinkommen.«
Gespannt-erwartungsvoll musterte ich Benito.
Auch Milos Blick hing an dem Italoamerikaner.
Es war der Anwalt, der das Wort ergriff. »Sicher sind Sie beide nicht kompetent, irgendwelche Zugeständnisse zu machen. Ich verlange deshalb, dass ein Vertreter der Staatsanwaltschaft hinzugezogen wird.«
»Rentiert es sich überhaupt?«, fragte Milo.
Der Anwalt nickte. »Mein Mandant wird ein Geständnis ablegen und Ihnen über etwas Mitteilung machen, was ihm zu Ohren gekommen ist. Etwas, das für Sie sicherlich von größtem Interesse ist. Ein Schmuggel im großen Stil – eine Sache für die Bundespolizei.«
Ich nickte. »In Ordnung. Ich rufe bei der Staatsanwaltschaft an. Das kann aber dauern.«
»Ich nehme mir die Zeit«, sagte der Anwalt. »Eine gute Gelegenheit, noch einmal über alles mit meinem Mandanten zu sprechen.«
Milo und ich verließen den Vernehmungsraum. Vor der Tür stand ein Wachtmeister, zu dem ich sagte: »Benito bespricht sich mit seinem Anwalt. Sperren Sie die Tür ab. Wir sind in einer halben Stunde wieder zurück.
Wir fuhren hinauf in den 23. Stock, wo unser Büro lag, ich rief bei der Staatsanwaltschaft an, und man sagte mir zu, einen kompetenten Mann vorbeizuschicken, dann meldete ich uns bei Mr. McKee an. Der Assistant Director nahm sich sofort Zeit für uns. Er saß hinter seinem Schreibtisch. »Schon durch mit der Vernehmung Benitos?«, fragte er und machte eine Handbewegung, die uns bedeuten sollte, Platz zu nehmen.
»Nein.« Es war Milo, der antwortete, als wir an dem kleinen Konferenztisch saßen, um den einige lederbezogene Stühle gruppiert waren. »Er will mit uns ein Geschäft machen. Deshalb haben wir einen Staatsanwalt angefordert.«
»Soeben erhielt ich eine Meldung, dass aus dem East River ein Leichnam gefischt worden ist«, sagte der Chef. »Ein Weißer, Amerikaner, der seinen Führerschein einstecken hatte. Sein Name ist Will Hollow, und er lebte in Boston.«
»Starb er gewaltsam?«, fragte ich.
»Ja. Laut Polizeiarzt dürfte der Tod etwa um Mitternacht eingetreten sein. Der Tote hatte Würgemale am Hals, die von einem dünnen Draht stammen könnten. Aber etwas Genaueres wird der Gerichtsmediziner feststellen.«
»Da es sich um einen Mann aus Boston handelt, ist es ein Fall für das FBI«, gab Milo zu verstehen.
»Da Sie Ihre Sache so gut wie abgeschlossen haben und der Rest nur noch Formsache ist, wollte ich Sie beide bitten, sich des Falles anzunehmen«, kam es von Mr. McKee.
Wir nickten in Stereo. »Klar, Sir«, sagte ich. »Wir werden uns nach der Vernehmung Benitos sofort mit dem Police Department in Verbindung setzen.«
»Was ist das für ein Geschäft, das Ihnen Benito vorgeschlagen hat?«
»Wenn man seinem Anwalt glauben darf, handelt es sich um Schmuggel im großen Stil – eine Sache für das FBI. Ob es sich nun um Drogen, Waffen oder sonst etwas handelt, wissen wir noch nicht.«
»Halten Sie mich auf dem Laufenden«, bat der Chef.
Wir sagten es zu.
Eine halbe Stunde später kam der Staatsanwalt. Sein Name war Hollub. Er würde die Anklage gegen Antonio Benito vertreten, falls es zu einer solchen kam, wovon ich im vorliegenden Fall aber fest überzeugt war.
Wir begaben uns in den Vernehmungsraum.
Antonio Benito rang die Hände. Sein Anwalt saß neben ihm. Als wir eintraten, erhob dieser sich, um dem Staatsanwalt die Hand zu geben. Wir setzten uns an die andere Seite des Tisches.
»Dann schießen Sie mal los«, sagte Hollub. »Was haben Sie zu bieten, und was wollen Sie dafür?«
»Es geht um die Chinesenmafia und um den Schmuggel von Hörnern des Nashorns.«
Ich war ziemlich überrascht. »Um den Schmuggel von Nashorn-Hörnern«, entfuhr es mir. Mit allem hatte ich gerechnet, aber nicht damit. Aber ich begriff sogleich. In Indien und Ostasien schreibt man dem zu Pulver geriebenem Horn potenzsteigernde Wirkung zu. Der Mythos entstand mit der Tatsache, dass die Paarung der Nashörner zwanzig bis achtzig Minuten dauern kann. Aber auch gegen viele andere Krankheiten soll das zu Pulver geriebene Horn angeblich helfen. Seit Jahrhunderten geistert dieser Irrglaube in den Köpfen impotenter Konsumenten herum. Im Endeffekt ist das Pulver völlig wirkungslos.
Aber ganz sicher lässt sich ein Geschäft damit machen.
Die Einfuhr war verboten. Soviel wusste ich. Das ist auf das Washingtoner Artenschutzübereinkommen zurückzuführen, das den internationalen kommerziellen Handel mit gefährdeten Tieren und Pflanzen und deren Produkten regelt.
Die Stimme Benitos fuhr in meine Gedanken. »So ist es. Einer meiner Angestellten hat mir erzählt, dass ein gewisser Hsien Hsing-hai in Queens ein Haus besitzt und dort über hundert Hörern gelagert sein sollen.«
»Die chinesische Mafia!«, stieg es aus Milos Kehle. »Hat sie etwa die Hand im Spiel?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Benito. »Aber es könnte sein. Was sagen Sie dazu? Finden Sie das Haus Hsing-hais in Queens, und Sie werden die Gewissheit haben, dass ich weiß, wovon ich rede.«
»Sie werden der Förderung des illegalen Glücksspiels beschuldigt«, sagte der Staatsanwalt. »Das ist kein Kavaliersdelikt. Aber wenn sich Ihr Hinweis als wahr herausstellen sollte, wird sich das sicher auf das Strafmaß auswirken, das Sie zu erwarten haben. Ich werde in meinem Plädoyer dann deutlich unter der vom Gesetz vorgesehenen Strafe bleiben.«
»Darüber werden wir sprechen müssen«, sagte der Rechtsanwalt.
»Warten wir erst, ob an dem Hinweis etwas dran ist«, versetzte Hollub.