Читать книгу Trevellian und der Regisseur des Todes: Action Krimi - Pete Hackett - Страница 6
1
ОглавлениеWir hatten die alte, verlassene Fabrik bei Park Ridge umstellt. Es war Nacht. Die Dunkelheit war unser Verbündeter. Ich leitete den Einsatz. Das Police Department leistete uns Schützenhilfe. Eine Bande machte seit einigen Wochen die Highways im Staat New York unsicher. Zuletzt war ein Truck, der mit Zigaretten beladen war, gekapert worden.
Der Laster stand in einer der leeren Hallen. Ein Mann, nach dem gefahndet wurde und der vor zehn Stunden der Polizei ins Netz gegangen war, hatte uns den Tipp gegeben. Um Mitternacht sollte die Übergabe der Zigaretten stattfinden. Übernehmen sollte sie ein Mann namens Jack Ballard. Der Name des Mannes, der mit seiner Bande die Highways unsicher machte, war Richard Malone.
Wir waren fest entschlossen, heute dem Spuk ein Ende zu bereiten. Ein für allemal.
Wir standen per Headset miteinander in Verbindung. Es waren sechs Kollegen aus dem Field Office und über ein Dutzend Leute des Police Department. Man hatte uns mit kugelfesten Westen und Helmen ausgestattet, die meisten der Kollegen waren mit Maschinenpistolen bewaffnet. In der Fabrik war einmal Kristallglas hergestellt worden. Jetzt trieben hier nur noch Ratten, Mäuse und Spinnen ihr Unwesen.
Der Mond stand im Süden, und am Firmament blinkten Myriaden von Sternen. Schwarz hoben sich die Gebäude der Fabrik durch die Dunkelheit ab. Die Nacht verbarg den fortschreitenden Verfall, dem sie preisgegeben war. Es handelte sich um ein halbes Dutzend flacher Gebäude mit großen Fenstern, zwei riesige Schlote, die sich wie mahnend erhobene Zeigefinger zum Himmel reckten, und ein ehemaliges Verwaltungsgebäude, das über zwei Stockwerke verfügte.
Ein Auto fuhr in den Hof der Fabrik. Die Scheinwerfer erloschen. Vier Männer stiegen aus. Es war kurz vor vierundzwanzig Uhr. Zwei gingen zum Tor einer der Werkhallen. Gleich darauf wurde das Tor aufgeschoben. In der Halle herrschte eine fast greifbar und stofflich anmutende Finsternis. Stimmen waren zu vernehmen. Was gesprochen wurde, konnte ich nicht verstehen.
Wir warteten. Feines Säuseln erfüllte die Luft. Auf den Wiesen, die sich an das Fabrikgelände anschlossen, zirpten die Grillen. Es war warm, fast schwül. Die Luftfeuchtigkeit war hoch. Eine Fledermaus zog lautlos ihre Bahnen durch die Dunkelheit auf der Jagd nach Beute.
Wir wollten in dieser Nacht die ganze Bande hochnehmen. Sowohl die Highway-Marder, als auch die Hehler. Zwei Lastwagenfahrer waren getötet worden, drei wurden schwer verwundet. Es war an der Zeit, den üblen Machenschaften dieser skrupellosen Mafia ein Ende zu bereiten.
Schließlich näherte sich von Osten her ein zweites Fahrzeug. Die Lichtfinger der Scheinwerfer bohrten sich in die Dunkelheit hinein. Ein Lichtkegel huschte vor dem Wagen her über die asphaltierte Zufahrtsstraße. Die Büsche am Straßenrand muteten an wie geduckt daliegende, schlafende Raubtiere. Das Motorengeräusch trieb auseinander und überlagerte alle anderen Geräusche.
Auch aus diesem Fahrzeug stiegen vier Männer. Autotüren schlugen. Die Männer waren nur schemenhaft wahrzunehmen. Stimmengemurmel sickerte an mein Gehör. Plötzlich ging Licht in der Halle an, deren Tor geöffnet worden war. Da stand der Truck samt Anhänger. Chrom blitzte. Über die Ladeflächen sowohl der Zugmaschine als auch des Anhängers spannten sich graue Planen. Die Gestalten der acht Kerle wurden scharf vom Licht umrissen.
»Schnappen wir uns die Schufte!«, sagte ich in das Mikro des Headsets. Einige Sekunden verstrichen, dann wurde es in den Schatten zwischen den Gebäuden lebendig. Ich hob das Megafon vor mein Gesicht und rief: »Ergeben Sie sich! Die Lagerhalle ist umstellt. Falls Sie bewaffnet sind, legen Sie Ihre Waffen auf den Boden und treten Sie zurück. Zwingen Sie uns nicht, auf Sie zu schießen.«
Die Stimme entfernte sich von mir, und die Worte schienen von der Dunkelheit aufgesogen zu werden. Für kurze Zeit schienen die Gangster wie erstarrt zu sein. Dann erklang ein scharfer Befehl, und die Kerle spritzten auseinander, als wäre eine Granate zwischen ihnen eingeschlagen. Das Licht in der Halle verlosch, die Dunkelheit schlug über dem Truck und den Gangstern zusammen. Das trockene, metallische Schnappen, mit dem Pistolen repetiert wurden, war zu hören.
Und dann begann ein Höllenspektakel. Die Kerle feuerten blindlings in die Nacht hinein. Die Detonationen verschmolzen ineinander und drohten die Fabrikhalle aus allen Fugen zu sprengen. Mündungsfeuer zuckten wie Flammenzungen durch die Finsternis. Querschläger quarrten durchdringend. Schritte trampelten. Die Gangster rannten schießend zu den beiden Autos.
Maschinenpistolen begannen zu rattern. Noch schossen die Kollegen nicht gezielt auf die Gangster, sondern hielten über sie hinweg, um sie einzuschüchtern und zur Aufgabe zu bewegen. Es krachte, klirrte und schepperte. Der Lärm steigerte sich zu einem höllischen Crescendo. Geschrei erschallte. Zwei der Kerle zogen sich schießend zwischen die Fabrikhallen zurück. Plötzlich schwiegen ihre Waffen.
Die anderen sechs warfen ihre Waffen fort und rissen die Arme in die Höhe. Einer schrie überschnappend: »Aufhören! Hört auf zu schießen! Wir ergeben uns.«
»Feuer einstellen!«, brüllte ich. »Komm, Milo!«
Ich rannte los. Die beiden Flüchtlinge schienen sich in der Finsternis in Nichts aufgelöst zu haben. Eine etwa zwei Yard hohe Mauer umfasste das Gelände der Fabrik. Auf der Mauerkrone sah ich eine schattenhafte Bewegung. Dann erklang ein dumpfer Aufprall, im nächsten Moment ein zweiter. Die beiden Fliehenden hatten die Mauer überwunden.
Wir steckten unsere Pistolen ein. Milo lehnte sich mit dem Rücken gegen die Mauer und verschränkte vor seinem Leib die Hände. Ich stellte meinen linken Fuß hinein und schwang mich mit Hilfe dieser Leiter auf die Mauer. Drüben krachte ein Schuss, ich zog den Kopf ein, der Knall wurde über mich hinweggeschleudert. »Mach schon, Milo!« Ich reichte meinem Kollegen die rechte Hand, und er zog sich in die Höhe, eine zweite Kugel pfiff heran, begleitet von einer trockenen Detonation.
Wir sprangen von der Mauer. Geduckt stand ich da, ich lauschte, meine Nerven waren zum Zerreißen angespannt, jeder meiner Sinne war aktiviert. Die Anspannung bereitete mir nahezu körperliches Unbehagen, mit dem Blick versuchte ich die Dunkelheit zu durchdringen.
Es gab hier einige Bäume und Büsche. Die Atmosphäre mutete unheilvoll und gefährlich an. Die Luft schien mit Elektrizität geladen zu sein. Neben mir hörte ich Milo stoßweise atmen. »Weiter!«, gebot ich. Mechanisch setzte ich einen Fuß vor den anderen. Milo hielt sich neben mir. Plötzlich blitzte es vor uns auf. Ich warf mich hin und feuerte auf das Mündungslicht. Neben mir wummerte Milos SIG. Ein Aufschrei erklang. Die Detonationen verhallten raunend in der Nacht. Schritte waren zu hören, in das Geräusch hinein erklang Röcheln.
»Kümmere dich um den Kerl«, stieß ich hervor und beschleunigte meine Schritte. Wenn ich die Geräusche richtig deutete, dann war einer der Gangster getroffen worden, während der andere seine Flucht fortsetzte. Ich lief ein Stück, dann hielt ich an, um zu horchen. Und ich hörte die Schritte des Flüchtenden. »Bleiben Sie stehen!«, rief ich.
Die Geräusche, die der Gangster verursachte, endeten. Ich gab mir einen Ruck und ging langsam weiter, die Hand mit der SIG erhoben, mein Zeigefinger krümmte sich um den Abzug, ich witterte wie ein jagendes Raubtier und ließ meinem Instinkt freien Lauf. Darauf eingestellt, gegebenenfalls blitzschnell zu reagieren, bewegte ich mich.
Und dann dröhnte der Schuss. Hinter einem Strauch leuchtete es auf. Die Kugel verfehlte mich. Ich jagte eine Serie von Schüssen in den Busch und veränderte im nächsten Moment meine Position. Dort, wo ich eben noch gestanden hatte, pfiffen die Geschosse des Gangsters durch die Luft. Ich war auf das linke Knie niedergegangen. Und nun feuerte ich. Zwei – drei Kugeln jagte ich aus dem Lauf. Ich hielt tief, denn ich wollte den Kerl nicht töten. Und plötzlich sah ich den Schemen. Er taumelte durch die Dunkelheit, ein Ächzen erklang, und plötzlich brach der Bursche zusammen.
Vorsicht war geboten. »Werfen Sie Ihre Waffe fort!«, forderte ich.
Ein wimmernder Ton erreichte mein Gehör. Die schussbereite SIG auf das längliche schwarze Bündel am Boden gerichtet schritt ich voran. Dann stand ich vor der Gestalt. Ich sah den hellen Fleck des Gesichts und hörte den rasselnden Atem, kniete ab und tastete den Burschen nach einer Waffe ab. Er musste sie verloren haben, als ich ihn traf. »Wer sind Sie?«, fragte ich.
»Richard Malone. O verdammt! Woher wusstet ihr Scheißbullen von dem Deal?«
Die Antwort darauf blieb ich Malone schuldig. Ich sagte: »Ich bin Special Agent Trevellian vom FBI New York. Ich verhafte Sie im Namen des Gesetzes. Sie haben das Recht zu schweigen …«