Читать книгу Trevellian und der Tod auf Bestellung: Action Krimi - Pete Hackett - Страница 7

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»Sie betreuen Obdachlose«, bemerkte Milo.

»Richtig. Bei Help for Homeless handelt es sich um eine Stiftung, die Roger Davis ins Leben gerufen hat. Leider ist Mister Davis vor vier Jahren verstorben. Wir betreiben ein Obdachlosenasyl in der Upper West Side, außerdem eine Küche in Spanish Harlem, die jedem offen steht, der sich kein Mittag- oder Abendessen leisten kann, wir vermitteln den Ärmsten der Armen Jobs und helfen Ihnen im Umgang mit Behörden.«

»Werden die Obdachlosen durch Sie auch ärztlich betreut?«, fragte ich.

»Gewiss. Das ist sehr wichtig. Krankheiten sind auf der Straße geradezu vorprogrammiert. Das Geld für einen Arzt haben die armen Menschen nicht. Sie wären ihren Krankheiten hilflos ausgeliefert.«

»Mit welchen Ärzten arbeiten Sie zusammen?«

»Bei uns ist ein Arzt fest angestellt«, erklärte Ferguson. »Es handelte sich um Dr. Charles Bent. Seine Praxis ist im Asyl in der Upper West Side untergebracht. Warum fragen Sie?«

»Wir nehmen an, dass die Obdachlosen nicht wahllos entführt und getötet wurden«, antwortete ich. »Dahinter steckt System. Die Männer wurden ausgewählt.«

»Ich verstehe nicht«, sagte Ferguson und schaute ratlos.

»An ein Spenderorgan werden hohe Anforderungen gestellt«, gab ich zu verstehen. »Es müssen eine Reihe von Kriterien passen, damit es der Körper des Empfängers nicht abstößt. Da Organe eine relativ kurze Konservierungszeit haben, steht für die Verpflanzung nur wenig Zeit zur Verfügung. Wenn die Organe auf Bestellung beschafft werden, muss das Opfer also sorgfältig ausgewählt werden. Und wer, außer einem Arzt, der die erforderlichen Fakten eines potentiellen Spenders kennt, könnte diese Auswahl treffen?«

»Es gibt sicher hunderte von Ärzten in New York, die sich den Sozialdiensten zur Verfügung stellen«, stieß Ferguson hervor. »Haupt- und nebenamtlich. Für Dr. Bent lege ich die Hand ins Feuer.«

»Wir machen nur unseren Job«, sagte Milo lächelnd. »Wo genau finden wir das Obdachlosenasyl?«

»In der achtundsiebzigsten Straße, zwischen Columbus Avenue und Amsterdam Avenue.«

»Haben Sie mit den Leuten, die Sie betreuen, persönlich zu tun?«, erkundigte ich mich.

Ferguson schüttelte den Kopf. »Sie möchten wissen, ob ich sozusagen an der Front arbeite, wie? Nein, Gentlemen. Ich bin nur für die Verwaltung von Help for Homeless zuständig. Für die Arbeit mit den Bedürftigen haben wir unsere Leute.«

Ich erhob mich und Milo folgte meinem Beispiel. Auch Ferguson stand auf. »Es ist tragisch«, sagte er. »Aber die Skrupellosigkeit mancher Menschen kennt eben keine Grenzen. Ich hoffe, dass Sie den Verbrechern das Handwerk legen.«

»Wir werden sicher nichts unversucht lassen«, versicherte ich, dann verabschiedeten wir uns von Ferguson.

Wenig später waren wir auf dem Weg nach Norden in die Upper West Side.

»Wie hast du Ferguson empfunden?«, fragte Milo, während ich den Wagen durch den beginnenden Feierabendverkehr steuerte, was meine ganze Konzentration erforderte. Die Stadt stand wieder einmal vor dem verkehrsmäßigen Kollaps. Bremsen, anfahren, wieder bremsen – das war die ständige Übung. Meine Nerven wurden strapaziert. Adrenalin wurde ausgeschüttet. Ich spürte, wie der Stresspegel mit jedem Bremsvorgang anstieg. Man ist dagegen machtlos.

»Angenehm«, antwortete ich. »Ein sympathischer Zeitgenosse. Wahrscheinlich der richtige Mann auf dem richtigen Platz.« Vor mir gingen Bremslichter an, und ich stieg ebenfalls in die Eisen. Ungeduldig schlug ich mit der flachen Hand auf das Lenkrad. Weit vorne sah ich das rote Licht einer Ampel. Irgendwo heulte eine Sirene.

»Heute geht wieder mal gar nichts vorwärts«, erregte sich Milo. Dann sank seine Stimme herab, als er fortfuhr: »Ich bin ganz deiner Meinung.«

Wir fuhren die 8. Avenue hinauf. Schließlich erreichten wir die 78th Street, und ich konnte abbiegen. In der Nähe des Museum of National History fand ich einen Parkplatz. Die 78th war verhältnismäßig ruhig. Noch immer lag Sonnenschein auf den Fassaden der Häuser. Es war Juni und die Tage waren lang.

Bei der Obdachlosenunterkunft handelte es sich um ein dreistöckiges Haus mit vielen Fenstern. In der Halle versah ein Portier seinen Dienst. Hier stand auch eine Sitzgruppe, bestehend aus Couch und zwei Sesseln, die um einen Glastisch herum gruppiert waren. Die Bezüge der Polstermöbel waren ziemlich abgewetzt. Auf dem Tisch lagen einige Zeitschriften.

Der Portier schaute fern. Jetzt erregten wir seine Aufmerksamkeit. Er erhob sich. Es war ein grauhaariger Mann mit einem runzligen Gesicht. Seine Augen aber blickten scharf wie die Augen eines Adlers.

»Wir wollen zu Dr. Charles Bent«, sagte ich. »Er soll in diesem Gebäude praktizieren.«

»Das ist richtig.« Der Portier verzog das Gesicht. »Dr. Bent betreut nur sozial Schwache, die sich an unsere Einrichtung wenden. Ich glaube nicht, dass Sie diesem Personenkreis zuzuordnen sind.«

Ich wies mich aus. Der Portier zog die Schultern an. »Das ist natürlich etwas anderes«, sagte er. »Ich melde Sie beim Doc an.« Er griff nach dem Telefonhörer, tippte eine Kurzwahlnummer und sagte wenig später: »Zwei Herren vom FBI möchten Sie sprechen, Doktor. Darf ich sie hinaufschicken?« – »Gut. Vielen Dank.« Der Portier legte auf. »Der Doc erwartet Sie. Sie finden ihn in der zweiten Etage. Rechter Korridor.«

Es gab keinen Aufzug in dem Gebäude. Die Treppe war aus Holz. Manches Mal knarrte eine Stufe unter unserem Gewicht. Das Gebäude war ziemlich alt. Es roch auch so hier.

Wir kamen in der zweiten Etage an und fanden das Sekretariat des Doktors. Eine junge Angestellte meldete uns bei dem Arzt an. Und dann saßen wir Dr. Bent gegenüber. Er verfügte über ein schmales, scharf geschnittenes Gesicht, war Mitte der vierzig und musterte uns intensiv.

»Sie sind fest angestellter Arzt bei Help for Homeless«, begann ich, und es war keine Frage, sondern eine Feststellung.

»Ferguson hat mich auf Ihren Besuch vorbereitet«, sagte Dr. Bent, ohne auf meine Worte einzugehen. »Ich weiß, worum es geht. Aber ich werde Ihnen wohl nicht helfen können.«

»Drei Männer sind tot«, grollte Milo. »Jack Henders, Conrad Wilson und Ben Miller. Zwei weitere sind spurlos verschwunden. James Perry und Milt Casey. Versuchen Sie wenigstens, uns zu helfen, Doktor.«

»Gerne, wenn Sie mir sagen, wie.«

»Sie führen sicher eine Kartei, in der Ihre Patienten erfasst sind«, sagte ich.

»Natürlich. Ferguson hat mich bezüglich Ihrer Hypothese aufgeklärt. Sie sind der Meinung, dass die Männer gezielt ausgewählt worden sind. Nun, das ist sicher nicht abwegig.« Der Arzt zuckte mit den Achseln, riss einen Notizzettel von einem Block, griff nach einem Kugelschreiber und bat Milo, die Namen noch einmal zu wiederholen. Er schrieb sie auf, erhob sich, verließ sein Büro, und wir hörten im Büro nebenan seine Stimme, konnten aber nicht verstehen, was er sprach. Nachdem er zurückgekommen war und sich wieder gesetzt hatte, sagte er: »Meine Sekretärin schaut nach, ob die Männer bei uns erfasst sind. Es dauert einen Augenblick.«

»Es gibt nicht viele solcher privater Einrichtungen in New York«, sagte ich, um die Zeit zu überbrücken. »Meistens sind es die Sozialdienste der Kirchen.«

»Bei Help for Homeless handelt es sich um eine Stiftung«, antwortete Dr. Bent. »Ein Multimillionär hat sie ins Leben gerufen. Er hatte ein Herz für den Bodensatz unserer Gesellschaft.«

»Solche Männer braucht das Land«, mischte sich Milo ein.

Der Arzt spitzte die Lippen. »Sie liegen vermutlich richtig mit Ihrer Einschätzung, dass die Männer, die tot aufgefunden worden sind, gezielt ausgewählt wurden. Die Organe werden auf Bestellung geliefert.«

»Darum sind wir hier.«

Dr. Bent lächelte. »Natürlich müssen Sie jeder möglichen Spur nachgehen.«

Die Worte des Arztes klangen in mir nach. Die Organe werden auf Bestellung geliefert! Ich hatte es als ein lukratives Geschäft mit dem Tod bezeichnet. Mir war klar, dass hier einige noch unbekannte Größen zusammenspielen mussten. Die Organtransplantation betreffend herrschten absolut strenge Vorschriften. So musste ein lückenloser Nachweis hinsichtlich der Herkunft der Organe zu führen sein. Organhandel im Sinne des Wortes war unter Strafe gestellt. Es musste jemanden geben, der bestimmte, welches Organ welcher Beschaffenheit benötigt wurde, jemanden, der das passende Organ lokalisierte, und jemanden, der es schließlich beschaffte.

Zu bezahlen hatte diesen Aufwand der Empfänger. Und sicher bezahlte er nicht wenig.

Hier waren Killer am Werk, denen nichts heilig war, die im wahrsten Sinne des Wortes über Leichen gingen.

Die junge Frau aus dem Sekretariat erschien. Sie trug ein Blatt Papier, das sie Dr. Bent reichte. Uns schenkte sie ein bezauberndes Lächeln. Der Arzt warf einen Blick auf den Papierbogen, dann sagte er: »Sieht aus, als wären zwei der Männer bei uns registriert. Ben Miller und Milt Casey. Miller war vor zwei Jahren bei mir in Behandlung, Casey erst vor sieben Monaten. Ich kann mich an die beiden Burschen natürlich nicht mehr erinnern.«

»Bei der Vielzahl von Patienten, mit der Sie es sicher zu tun haben, ist das kein Wunder«, bemerkte Milo.

Der Arzt gab mir das Blatt Papier. »Was fehlte Miller und Casey?«, fragte ich.

»Ich bedauere, aber das kann ich Ihnen leider nicht sagen. Ärztliche Schweigepflicht. Sie verstehen sicher.«

»Sicher.« Ich nickte. »Wir werden eine richterliche Anordnung besorgen.«

Dr. Bent schoss mir einen schwer zu definierenden Blick zu. »Das bleibt Ihnen unbenommen.«

Wir verabschiedeten uns. Während wir zur Federal Plaza fuhren, meinte Milo: »Eine erste Spur. Was meinst du?«

»Wir werden weitersuchen müssen«, erwiderte ich, ohne mich auf Milos Frage hin festzulegen.

»Vielleicht reden wir mal mit dem Burschen, der Miller als vermisst gemeldet hat.«

»Warum nicht«, sagte ich. »Es kann auf keinen Fall schaden.«

Trevellian und der Tod auf Bestellung: Action Krimi

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