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LEBENSBILDER AUS DER TIERWELT

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Ich habe mit Begeisterung diese Hefte angesehen, gelesen. Es ist endlich die Natur »aus erster Hand«, unverfälscht durch den Künstler, der sich seit Jahrhunderten verbrecherischerweise zwischen Gott und die Urromantik des Seins drängt, ein zwar notwendiger, aber für unsereinen überflüssiger Vermittler und Erklärer der Schätze des Daseins! Wir sind selbst »Künstlermenschen« geworden!

Dieser »Hochzeitstag« z. B. der Eber im dunklen alten Forste; ja, weshalb hat bis heute keiner von den protokollierten »Landschaftern« so etwas gemalt?!? Diese schwarzen Ungetüme, in Liebe aufgelöst, einer auf den anderen getürmt; die anderen schauen dumm zu, und der Forst ist voll riesiger schwarzer Stämme. Solche Dinge bringt heutzutage die »Kamera« fertig und beschämt den Maler, der den Eber »mit seinem Auge«, also falsch sieht! Der Japaner allein bemühte sich, der Natur mit unsäglichem Fleiße nahezukommen, beizukommen. Aber bei uns steht immer der Größenwahn des »Menschen« der einfachen schönen Wahrheit heimtückisch hinderlich im Wege! Der Maler bringt überall »seine Seele« hinein, für diejenigen, die nicht einmal »ihre eigene dumme Seele« besitzen! Aber Gottes Seele, die aus jeglichem ausstrahlt, muß endlich ohne Vermittlung dieses Hofmeisters »Künstler« erfaßt werden können! Wer eine Frau erst als wertvoll, als mysteriös, als Verhängnis empfinden, sehen, erfassen könnte, bis der geniale Maler ihre Werte gemalt, der Dichter ihre Werte besungen hätte, dem, dem wird sie ihr Leben lang nur ein »unenträtselbares Sexualtierchen« bleiben! Der Künstler ist ein Lehrer und Vermittler, und solange man seiner bedarf und er als wertvoll erscheint, ist man nur ein »Schüler des Lebens«, ein nicht schauen und hören Könnender, in Gottes All hinein, ein Menschlein, fern dem Herzen und Gehirne, das in der Natur überall geheimnisvoll verborgen liegt, auf daß erst der zum wirklichen Leben »Ausgereifte« es genießen dürfe auf seinem Weg zum Heile, zur Gottähnlichkeit! Den anderen ist es wohlweislich verschlossen, und man schickt diese »Babies« in die »Lebensschule« zum Herrn Lehrer »Künstler«, der ihnen primitiverweise die Anfangsgründe beibringen soll, mit leichtfaßlichen Beispielen, »Kunstwerke« genannt!

Wir aber entnehmen diesen mit der einfachen »Kamera« aufgenommenen »Lebensbildern aus der Tierwelt«, R. Voigtländers Verlag, Leipzig, und diesen Texten, die nur klar und einfach berichten von den Ereignissen des Tierlebens bei Tag und Nacht und zu jeder Stunde, und von den »Homerischen Kämpfen« unter Grashalmen und Gebüschen verborgen, wir entnehmen ihnen alle Poesien, alle Romantik, alle Tragödien, alle Rätsel, die es hienieden gibt! Unsere Lehrer sind Gott und Natur!

Man müßte eigentlich einer geliebten Frau diese in Lieferungen erscheinenden, »Lebensbilder aus der Tierwelt«, R. Voigtländers Verlag, Leipzig, als Geschenk senden. Denn es ist ein absoluter Prüfstein für ihre »inneren Werte«; wie sie darauf nämlich reagierte!?

Nun, ich habe das mit einer unbeschreiblich verehrten Dame getan.

Sie schrieb mir zurück: »Lieber Freund, sein’s mir nicht bös, aber dös interessiert mich leider gar nicht …«

Nun, hat es meine Anhänglichkeit an sie aber zum Schwinden gebracht?!? Keine Spur!

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