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Kapitel 4

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Balthasar rekelte sich gemütlich auf seiner Wolke. Er gähnte herzhaft. Einmal. Dann noch mal. Und nun passierte etwas, das ihm gar nicht gefiel: Er musste niesen. Ein lautes Hatschi. Und gleich folgte noch eines und weckte jetzt auch Vitus auf. „Wie geht’s weiter?“, waren seine ersten Worte. „Wie geht’s weiter mit dem Johann Sebastian in Eisenach?“ „Jetzt müssen wir doch erst einmal richtig wach werden“, meinte Balthasar nach dem ausgedehnten Mittagsschlaf. Er breitete beide Flügel und beide Arme aus und streckte sich genüsslich. Er hatte geträumt. Er hatte von Johann Sebastian und von Vitus geträumt. Wie sie gemeinsam in Eisenach auf dem Spielplatz waren. Er erinnerte sich, dass Johann Sebastian die ganze Zeit sang und dass Vitus dazu den Takt klopfte. Er musste über beide Backen grinsen.

„Es ist eine schöne Zeit in Johann Sebastians Leben und gleichzeitig eine ganz, ganz traurige gewesen“, sagte Balthasar mit tragischer Miene. „Wie kann denn eine Zeit gleichzeitig toll sein und ganz, ganz traurig?“, entgegnete Vitus sofort. „Früher, also in der Zeit, als Johann Sebastian und sein Papa und seine Mama lebten, hatten Menschen viel, viel mehr Kinder als heute. Aber, weil es noch nicht so viel und noch nicht so viel gute Medizin gab und auch die Ärzte nicht so viel wussten wie heute, wurden Menschen auch viel öfter und viel, viel schlimmer krank.“ „Gott sei Dank ist das nicht mehr so schlimm wie früher“, ergänzte Vitus mit Sachkenntnis. Meinte er zumindest. „Ja, und weil viel mehr Menschen viel öfter und viel schlimmer krank wurden, starben auch viel mehr von ihnen. Ganz schlimme Krankheiten gab es damals. Aber – jetzt hör’ dir erst einmal an, Vitus, warum Johann Sebastian eine schöne Zeit in Eisenach hatte.

Das begann eigentlich schon vor seiner Geburt.“ „Das geht doch wieder nicht“, feixte Vitus. „wie um alles in der Welt soll das denn gehen?“ „Nun“, fuhr Balthasar fort, „als Johann Sebastian noch im Bauch seiner Mama war, da konnte er ja bereits die wundervolle Musik hören. Alle Babys können im Bauch der Mama hören, was Menschen in der Nähe sagen. Und das konnte Johann Sebastian eben auch. Und da tobten immerhin seine Geschwister. Und sein Papa war auch von morgens bis abends beim Üben. Das natürlich nur, wenn er auch zu Hause war. Erst, wenn es überhaupt kein Licht mehr gab, dann unterhielten sich Papa und Mama nur noch eine Weile. Bevor beide schließlich schlafen gingen. Sie hätten sonst eine Kerze anzünden müssen. Und Kerzen waren teuer. Licht aus der Steckdose, wie Menschen das heute kennen, das gab es noch lange, lange nicht.“

„Also, da war Johann Sebastian schon Musiker und Tondichter, bevor er zur Welt kam?“ Vitus alberte herum, als ob er gar keinen Mittagsschlaf gemacht hätte. Balthasar überging die Bemerkung seines allerbesten Freundes einfach. „Am 21. März 1685 ist Johann Sebastian zur Welt gekommen“, sagte Balthasar feierlich. „Aber nicht im Bachhaus, wie es heute heißt. Da haben die Bachs gewohnt. Zur Welt gekommen ist er aber ganz in der Nähe.“ „Und was hat der klitzekleine Johann Sebastian Bach dann getan?“ „Weiß nicht“, überlegte Balthasar, „keine Ahnung. Das habe ich nicht gelernt. Groß geworden ist er und wahrscheinlich hat er auch gerne gespielt, so wie wir beide auch. Und er hat den ersten Musikunterricht bekommen. Von Papa Johann Ambrosius. Und sicherlich haben alle Bachs zusammen eine richtig hübsche Hausmusik gemacht.

Später bekam Johann Sebastian dann außerdem Unterricht vom Onkel. Natürlich hieß der ebenfalls Bach.“ „Wie hieß er mit Vornamen?“, wollte Vitus wissen. „Weiß nicht. Hab’s vergessen.“ Balthasar wurde ein klein wenig rot, aber er war um eine Ausrede nie verlegen: „Weißt du, Vitus, am besten, ich lasse viele, viele Vornamen einfach weg. Das sind so viele Bachs und so viele von denen haben Musik gemacht. Die waren so berühmt, weil so viele aus einer Familie ihr Geld mit Musik verdient haben. Wenn ich dir immer auch die Vornamen sage, dann verwechselst du alle am Schluss. Und deshalb sage ich dir nur die Vornamen der Wichtigsten.

Der Papa von Johann Sebastian jedenfalls hieß Johann Ambrosius, spielte auch in der Stadtkapelle mit und so war er am Wochenende oft nicht zu Hause. Aber Johann Sebastian durfte ihn begleiten, sobald er schon richtig singen konnte. Natürlich nicht zu den Auftritten der Stadtmusikanten. Aber Johann Ambrosius spielte auch zu Festen auf. Das waren Hochzeiten und Taufen und einfach Veranstaltungen, wo Männer und Frauen und Buben und Mädels sich trafen und fröhlich waren und tanzten. Überall und immer wurde Musik gebraucht und so war Johann Sebastian schon seit seiner frühesten Kindheit in ein richtiges Musikerleben hineingeboren. Sozusagen.“

Balthasar fiel auf, dass Vitus ihn nicht ein einziges Mal unterbrochen hatte. Eine ganze Zeit lang nun schon nicht. Er sah auf, ob Vitus ganz vielleicht sogar eingeschlafen war. Obwohl: Das konnte eigentlich nicht sein, sie hatten ja gerade erst geschlafen. Nein, Vitus hörte andächtig zu. „Und natürlich ging Johann Sebastian in die Schule.“ „Und vorher in den Kindergarten“, das war wieder Vitus, wie Balthasar seinen Freund kannte. „Ich glaube nicht, Vitus, einen Kindergarten gab es damals noch nicht. Und auch die Schule war anders als Schulen es heute sind.“ „War er denn ein guter Schüler, der Johann Sebastian? In Musik hatte er doch sicherlich die allerbeste Note.“ Balthasar sagte: „Wahrscheinlich war er sogar der Beste in Musik, aber Johann Sebastian fehlte oft im Unterricht.“ „Das gibt’s doch gar nicht“, entrüstete sich Vitus. „Wie kann denn einer so berühmt sein und gleichzeitig in der Schule geschwänzt haben?“ Vitus steigerte sich regelrecht in das Schuleschwänzen des berühmten Komponisten hinein.

„Ich glaub’ das nicht“, sagte Vitus schließlich, als er nochmals ganz genau darüber nachgedacht hatte, „das stimmt bestimmt nicht.“ „Doch“, sagte Balthasar, „andererseits meinte man, dass der kleine Johann Sebastian nur deshalb so oft fehlte, weil ihn eben der Papa mit zum Musizieren genommen hatte. Schule war schon damals sehr, sehr wichtig. Aber Geldverdienen, damit die Familie nicht hungern musste, das war eben einfach noch viel wichtiger.“ Vitus wurde sichtlich unruhig. „Jetzt erzähl’ doch mal, warum es auch eine so traurige Zeit war“, meinte er, „was ist denn dann passiert?“

Balthasar holte tief Luft, sehr tief. „Die Mama von Johann Sebastian ist krank geworden. Ganz schlimm krank und weil ihr kein Arzt in Eisenach helfen konnte, ist sie schließlich gestorben. Johann Sebastian war jetzt mit neun Jahren ein Halbwaisenkind. Und plötzlich war alles anders geworden! Johann Sebastian fehlte seine Mama sehr und genau so sehr fehlte sie seinem Papa, Johann Ambrosius.“ Vitus lief eine ganz kleine, durchsichtige, winzige Barockengel-Träne aus dem linken Auge und kullerte über die rosarote Backe. Und auch auf der anderen Seite passierte das. Vitus war jetzt traurig.

Nach so viel Spaß hörte sich das an, ein Musikantenleben. Mit dem Papa herumreisen. Hier und dort Musik machen. Singen und klatschen, tanzen und musizieren. Das war so viel Spaß. Und bezahlt wurde man auch. Und jetzt war Johann Sebastians Mama tot und alle waren sie traurig. So sehr traurig! Papa und Johann Sebastian musizierten gemeinsam auf weiteren Veranstaltungen, aber Papa war dabei nun immer so betrübt. Er war einfach nicht mehr so unbeschwert wie zu der Zeit, als Johann Sebastians Mama noch lebte.

„Aber es kam noch viel schlimmer“, fuhr Balthasar fort. „Der Papa von Johann Sebastian fand zwar eine andere Frau, sogar schon sehr bald und heiratete sie, aber dann wurde auch Papas Zwillingsbruder krank.“ „Johann Ambrosius hatte einen Zwillingsbruder?“ „Ja“, entgegnete Balthasar „und man weiß heute noch, dass beide ganz genau gleich aussahen. Dass man sie eigentlich gar nicht auseinanderhalten konnte.“ „Au fein, da kann man tolle Streiche anstellen“, das musste aus Vitus einfach heraus. Aber gleich erinnerte er sich daran, dass die Geschichte ja gerade sehr, sehr traurig war. „Was ist mit dem Zwillingsbruder von Papa Johann Ambrosius passiert?“ „Auch ihm konnten die Ärzte nicht helfen. Und so starb auch er. Johann Sebastian war da fast zehn Jahre alt.“

„Und dann?“, fragte Vitus ganz leise und ein wenig ängstlich. „Das war ja nicht einmal ein ganzes Jahr später. Zuerst seine Mama. Und dann auch noch sein Onkel.“ Balthasar setzte die betrübteste Miene auf, die er zum Erzählen eingeübt hatte. Er wollte es wirklich richtig machen. Er war einen ganz kurzen Moment vollkommen still – so hatte er es gelernt: Das tat er, damit die Stimmung der Geschichte spannender wurde. Aber er wusste nicht so recht, ob man eine so schlimme Geschichte überhaupt so spannend erzählen durfte. Auch er wurde schon ein klein wenig traurig. Und im Gesicht von Vitus spiegelte sich eine Vorahnung. „Weil nun diese beiden Menschen gestorben waren, ging es auch Papa Johann Ambrosius, der ja auch seinen Bruder so sehr gemocht hatte, sehr, sehr schlecht. Und dann wurde auch der Papa von Johann Sebastian krank. Schlimm krank. Und …“, Balthasar hielt wieder zu erzählen an und Vitus schaute nun wirklich erschrocken! „Dann starb auch noch der Papa von Johann Sebastian.

Jetzt war der kleinste der Bach-Geschwister wirklich fast ganz, ganz alleine. Denn seine Stiefmutter – er kannte sie ja erst wenige Wochen – war in dieser kurzen Zeit noch keine richtige Mama für Johann Sebastian geworden. Innerhalb nur eines Jahres endete damit die schöne Zeit, die Johann Sebastian Bach in Eisenach hatte.“ Balthasar wartete einen Moment, bis Vitus diese schlimme Zeit in der Geschichte ganz verstanden hatte. „Johann Sebastian war jetzt eigentlich ganz alleine auf der Welt“, dachte Vitus.

„Aber es sollte wieder noch schlimmer kommen“, sagte Balthasar. „Noch schlimmer – das geht einfach nicht!“ Vitus war nun noch mehr erschrocken. In seinen schlimmsten Träumen konnte er sich nicht vorstellen, was da noch schlimmer hätte kommen können. Er war sich nicht einmal sicher, ob er nicht zu müde war, die Geschichte von Johann Sebastian weiter anzuhören. Vielleicht sollte er besser bis morgen damit warten. Wie sollte denn etwas noch schlimmer werden, als mit neun Jahren die Mama und mit fast zehn Jahren dann auch noch den Papa zu verlieren?“ Aber Vitus war dann doch zu neugierig. „Erzähl’ schnell weiter, Balti.“

Balthasar merkte, wie ihn Vitus nannte. Nämlich nicht Balti-Neum, nicht Balti-Narium und nicht Balti-Notelli – Vitus war nun mitten in der Geschichte. Sie fesselte ihn. „Erzähl’ weiter, bitte jetzt.“ wiederholte Vitus. „Auch das Geld ging der Familie aus, denn da war ja niemand mehr, der musizieren konnte. Da war niemand mehr, der Gehalt bekam oder auf Festen aufspielen konnte. Und so kam es, dass die Stiefmutter von Johann Sebastian schon bald fast kein Frühstück, kein Mittagessen und auch keinerlei Nachtisch mehr für Johann Sebastian und seine Geschwister kaufen konnte. Sie litten beinahe Hunger und schließlich blieb keine andere Möglichkeit mehr, als Johann Sebastian und seinen älteren Bruder zum ältesten Bruder nach Ohrdruf zu schicken.“ „Ist der wichtig?“, fragte Vitus und Balthasar wunderte sich.

„Ist dieser älteste Bruder von Johann Sebastian so wichtig, dass du mir seinen Namen verrätst?“ Offensichtlich erinnerte sich Vitus an Balthasars Hinweis mit den vielen Vornamen und war eigentlich auch ganz froh darüber, dass er sich bis jetzt von diesen supervielen Bachs nur Johann Sebastian, Johann Ambrosius und Veit und Hans merken musste. „Veit und Hans, wer waren die beiden noch einmal? Das habe ich ganz vergessen“, dachte Vitus. „Hans Bach und Veit Bach. Wer war noch mal Veit und wer war noch mal Hans?“, fragte Vitus am Ende der Geschichte, die in der Zeit in Eisenach passierte. „Veit war der Ururgroßvater von Johann Sebastian und Hans, der Spielmann war der Sohn von Veit.“ „Ach ja,“ Vitus wusste, da wäre er selber drauf gekommen, wenn er sich denn mächtig angestrengt hätte. Aber fragen war einfach einfacher. „Wo hat denn der große Bruder, also der älteste große Bruder vom kleinen Johann Sebastian gewohnt? Auch in Eisenbach?“ „Eisenach, Vitus. Eisenach. Dort ist Johann Sebastian geboren. Trotzdem heißt die Stadt nicht Eisenbach. Sondern Eisenach.

Johann Christoph Bach, der älteste Bruder also, der wohnte in Ohrdruf. Das war ganz in der Nähe von Eisenach. Dorthin konnte man an nur einem Tag laufen. Dieser älteste Bruder Johann Christoph hatte bereits eine eigene Familie. Also eine Frau und auch sogar schon einen Sohn. Trotzdem bot er auch seinen beiden kleinen Brüdern ein liebes Zuhause an. Und er sorgte sich um sie – wie ein Vater – in jeder Beziehung.“ „Aus die Maus mit Eisenach“, wurde Vitus schon wieder fröhlicher. Denn Vitus war gerne fröhlich und die Geschichte war ihm an dieser Stelle doch ein großes Stück viel zu traurig. „Dann musste sich der kleine Johann Sebastian ja außerdem auch lauter neue Freunde suchen“, überlegte sich Vitus. „Haben sich denn Johann Sebastian und seine besten Freunde in Eisenach wenigstens ab und zu eine Mail geschickt?“ „Eine Mail? Vitus – eine Mail? E-Mails gibt es erst seit Kurzem! Und ob Johann Sebastian seinen Schulfreunden in Eisenach jemals einen Brief auf Papier geschickt hat ..., das weiß wohl gar niemand mehr. Aber ich glaube das nicht.

Selbstverständlich ging Johann Sebastian ab dieser Zeit in Ohrdruf auch auf eine ganz andere Schule und er musste sich neue Schulkameraden suchen. Und neue Freunde.“ Vitus wusste im Moment ganz und gar nicht, ob er immer noch traurig sein sollte oder ob er sich mehr auf das nächste Kapitel im Leben von Johann Sebastian freuen wollte. „Wird es denn wieder lustiger?“, fragte Vitus vorsichtig. „So traurig, das macht mir nicht so viel Spaß wie das Kapitel davor.“ Auch wenn das alles vor so langer Zeit passiert war: irgendwie berührte es doch das Herz der beiden kleinen Brockengel und irgendwie – waren jetzt beide traurig. „Ja, Vitus, es wird jetzt richtig lustig.“ „Au ja – richtig lustig, das ist gut. Sie haben sicherlich herrlich miteinander gespielt, die drei Bach-Brüder in Ohrdruf. Und sie haben Spaß gehabt und neue Freundschaften geschlossen.“ Balthasar lachte, denn er wusste ja schon, dass der Älteste der Drei zwar Johann Sebastians Bruder war, aber eben kein Kind mehr. „Gespielt – haben die drei Brüder nicht miteinander, Vitus.

Johann Christoph hatte ja schon einen Beruf. Er war viel, viel älter als Johann Sebastian und er musste tagsüber zur Arbeit. Aber – weißt du was – was da in Ohrdruf Tolles passiert ist, das erzähle ich dir morgen. Da habe ich dann auch ausgeschlafen und ich bin frisch. Und wenn ich frisch ausgeschlafen habe, kann ich alles am besten erzählen. Was hältst du davon, wenn du jetzt für mich noch ein wenig tust, was du am besten kannst? Komm’, spiel ein Lied für mich. Von Johann Sebastian. Eines von denen, die du am besten kannst.“ „Was?“, fragte Vitus ein wenig trotzig, „du hörst jetzt einfach auf zu erzählen. Es ist doch noch hell! Ich bin noch kein Stückchen müde“ und Vitus gähnte herzhaft. „Also willst du nichts für mich spielen, wo ich dir doch schon so viel aus dem Leben des aller-allergrößten Musikers der Welt erzählt habe?“ Vitus überlegte kurz, stand auf und setzte sich dann an seine kleine Orgel, ganz an der linken Seite seiner kleinen Barockengel-Wolke. „Ist es nicht spannend, wie viele kleine Instrumente auf einer winzigen Barockengel-Wolke Platz haben?“, fragte Vitus und grinste schon wieder.

Vitus hatte ruckzuck vergessen, dass er sich gerade noch darüber beschwert hatte, dass die Geschichte für heute nun schon zu Ende war. „Dann wollen wir aber nach meinem Musizieren ganz schnell schlafen. Denn je schneller wir schlafen, desto schneller sind wir fertig mit Schlafen. Und wenn wir fertig sind mit dem Schlafen, dann kannst du weiter erzählen, Balthasar. Was denn in Ohrdruf so spannend gewesen ist. Hat es denn auch mit Musik zu tun?“ Balthasar nickte nur, grinste über beide Barockengel-Bäckchen und machte es sich auf seiner Wolke kuschelig. Ganz weit weg, am Horizont, war inzwischen die Sonne untergegangen und über ihnen färbten sich die ersten hohen Wolken rosa und schließlich in ein ganz kräftiges Rot. Vitus hatte mit seiner Musik begonnen und es klang – ganz einfach himmlisch. „Wie kann ein Mensch nur solche Musik erfinden: Sie dichten, sie setzen, sie komponieren? Vielleicht war es tatsächlich der liebe Gott, der Johann Sebastian Bach dieses Können geschenkt hat.“ dachte Balthasar laut nach. Er schaute in den Himmel, während er diesen wunderschönen Tönen zuhörte.

Der Himmel wurde auf der einen Seite schon richtig dunkelblau und Balthasar konnte ganz zart den Mond erkennen. Etwas später begannen die ersten Sterne zu funkeln. Vitus spielte und spielte und schließlich, als er das Stück zum vierten Mal gespielt hatte, war alles so schön, dass Balthasar einfach die Augen zufielen und er in einen tiefen, ruhigen Schlaf fiel. Er merkte überhaupt nicht, wie Vitus zu seinem besten Freund hinüber schaute und sah, dass der schon mit einem ganz verschmitzten Lächeln auf seiner kleinen Barockengel-Wolke schlief. Noch einmal spielte Vitus das Stück vom großen Johann Sebastian. Natürlich spielte er es jetzt ganz, ganz leise. Balthasar schlief inzwischen immer tiefer. Er träumte, dass diese wunderschöne Musik immer leiser wurde, bis sie schließlich ganz verstummte. Vitus hatte das Stück zu Ende gespielt, sich auch hingelegt und war ganz fix eingeschlafen. Bald schliefen beide tief und fest. Viele, eigentlich sehr, sehr viele Sterne wachten am Himmel und beide träumten von der Zeit, als Johann Sebastian so viel Spaß daran hatte, mit seinem Papa zusammen Geld zu verdienen. Mit Musik machen. In Eisenach. Auf so vielen Festen und Hochzeiten.

Johann Sebastian Bach - Eine Biografie für Kinder

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