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10. Die Regulierung des Gasnetzzugangs

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Eine ganz unerwartete Wendung nahm auch die Neuordnung des Gasnetzzugangs.

Nach dem Regierungsmodell sollte der Transportkunde mit jedem Netzbetreiber entlang der fiktiven Transportkette einen Transportvertrag abschließen (§ 20 Abs. 1b). Da Deutschland in eine Vielzahl von Netzen zerfällt, waren i.d.R. mehrere Durchleitungsverträge zu schließen, die auszuverhandeln viel Zeit und auch Geld kostete. Dazu kam die Vielzahl technisch aufwendiger Forderungen der Netzbetreiber beim Bilanzausgleich, beim Speicherzugang, bei unterjährigen Lieferungen oder Lieferungen gegen die Fließrichtung etc. Zu einer vernünftigen Weiterentwicklung der VV Gas kam es trotz der rituellen Drohungen von Minister Müller, er werde beim Scheitern der Verbändeverhandlungen eine Rechtsverordnung zum Gasnetzzugang erlassen, nicht. Selbst nachdem BEB sein funktionierendes Entry-/Exit-Modell132 vorgelegt hatte, gab das Wirtschaftsministerium dem Druck des BGW und der hinter ihm stehenden Ruhrgas nach und hielt am Transaktionsmodell fest.

Die CDU-Seite war jedoch in das Vermittlungsverfahren mit dem festen Willen hineingegangen, zu einem effektiven Netzzugang auch beim Gas zu kommen. Sie nahm dabei Überlegungen einer kommunalen Aktion Gasnetzzugang auf, getragen von 86 Stadtwerken, und der GEODE, eines Verbandes unabhängiger Netzbetreiber.133 Eine derartige, höchst erfolgreiche Intervention der kommunalen Seite hatte es im Gesetzgebungsverfahren noch nie gegeben – und sie war erfolgreich: Das Gesetz verlangte jetzt nur noch einen Einspeisevertrag mit dem Netzbetreiber, in dessen Netz die Einspeisung von Gas erfolgt, sowie einen Ausspeisevertrag mit dem Netzbetreiber, aus dessen Netz das Gas tatsächlich entnommen wird. Zur Umsetzung dieses Modells müssen alle Netzbetreiber kooperieren. Mit dem System der Kostenwälzung wie beim Strom kam es jetzt dazu, dass am Ausspeisepunkt, in der Regel beim Verteilnetzbetreiber, die Entgelte für alle berührten Ebenen abgerechnet werden. Schließlich wurden auch die Ferngasleitungen entgegen der Regierungslösung jedenfalls dann in die Regulierung auf Kostenbasis einbezogen, wenn nicht nachweislich Wettbewerb herrschte.

Zu diesem Gesetzgebungserfolg kam es nur, weil sich der Vermittlungsausschuss von den Vorstellungen des Wirtschaftsministeriums löste, das sehr stark unter dem Einfluss des BGW stand, was sogar nachgeordnete Bedienstete des Ministeriums unter der Hand bemängelten.

Ein Vorgang war außerordentlich aufschlussreich: Am Tag vor der abschließenden Beratung im Wirtschaftsausschuss schrieb der BGW an die CDU-Vorsitzende Merkel und mahnte eine Korrektur der vorgesehenen Regelungen zum Gasnetzzugang an. Aus Sicht der Gaswirtschaft sei „noch nicht abschätzbar“, ob die vorgesehenen umfassenden Kooperationsverpflichtungen und vertraglichen Regelungen „in der Praxis umsetzbar sind“. Diese Regelungen seien „in letzter Minute“ und „ohne vorherige Absprache mit der Gaswirtschaft“ getroffen worden.134

Ohne vorherige Absprache mit der Gaswirtschaft.“ Gesetz sollte also nur das werden, was die Gaswirtschaft vorher für gut befunden hatte. Wer ist der Gesetzgeber im Energiewirtschaftsrecht?

Vom Stromkartell zur Energiewende

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