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Die Ankunft

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Ganz langsam kam ich zu Bewusstsein. Es kam mir so vor, als ob ich wie aus einem tiefen Schlaf erwachte. Ich hatte keine Schmerzen. Ich spürte nur großen Frieden. Wie gewohnt, wollte ich mir die Augen reiben, aber zu meinem Entsetzen spürte ich meine Hände nicht, geschweige denn, meine Augen. Jetzt stellte ich fest, dass ich gar nicht sah. Ich nahm nur Licht wahr. Es war angenehm hell, aber irgendwie unklar, verschwommen. Es war, als wenn ich vergessen hätte, meine Brille aufzusetzen. Leichte Panik machte sich in mir breit. Wo war ich? Was ist das für ein Licht? Ich spürte meinen Körper nicht. Nein, mein Körper war nicht da. Mein Kopf, meine Arme und Beine, „was ist passiert?“, dachte ich. Ich bin, ich denke, ich nehme wahr. „Es ist ein Traum!“. Genauso, dachte ich bei mir. Aber es war anders.

Aus verschiedenen Büchern, die ich gelesen hatte, war mir dieser Zustand nicht unbekannt und dennoch war es mir unheimlich. Dieser Zustand wurde oft von Menschen berichtet, die bei einem Unfall schwer verletzt wurden. Nachdem sie das Bewusstsein verloren hatten bemerkten sie, dass sie sich außerhalb ihres Körpers befanden. Und diese Beschreibung erinnerte mich exakt an den Zustand in dem ich befand.

Ich musste herausfinden, was passiert war, bevor ich hier zu mir kam. Ich versuchte mich zu erinnern, was das Letzte war was ich tat, bevor ich das Bewusstsein verlor. Was war das Letzte, das mir in den Sinn kam? Ah, stimmt, ich war wieder einmal bei einem Treffen mit einer Gruppe von Leuten. Freunde und Bekannte, Schüler und Berufstätige, Männer und Frauen trafen sich regelmäßig einmal in der Woche, um gemeinsam Yoga zu üben. Ich ging gern dorthin. Es war nett, Kontakt mit Menschen unterschiedlichsten Alters und Bildung zu haben und gleichzeitig etwas für den Körper tun zu können. Immer konnte man etwas lernen. Nach dem Treffen machte ich mich, wie gewohnt auf den Heimweg. Es war wieder mal spät geworden und sicherlich würde ich wieder zu spät zum Abendessen kommen. Also rannte ich über die Strasse. In diesem Moment wurde ich von einer ungeheuren Wucht gepackt und in die Luft geschleudert. Mir wurde schwarz vor Augen. Dann war es lange dunkel. Ich konnte mich nicht bewegen.

Dann bemerkte ich, dass ich mich in einem dunklen Tunnel befand. Ganz am Ende des Tunnels war Licht zu erkennen. Langsam bewegte ich mich in Richtung Ende des Tunnels. Das Licht am Ende wurde immer heller und größer. Dann weiß ich nichts mehr.

Ich hatte genau das erlebt, was ich in vielen Büchern vorher gelesen hatte. Menschen, die Nahtod-Erlebnisse hatten, berichteten, was ihnen passiert war. Immer wieder wurde von diesem Tunnel mit dem Licht am Ende berichtet. Jetzt habe ich diese Erfahrung selbst gemacht. Sehr merkwürdig war aber, dass ich meinen Körper nicht sah bzw. spürte.

Außerdem war in diesen Berichten zu lesen, dass bevor man an das Ende des Tunnels gelangte zurückgerufen wurde. Irgendetwas war anders, mich hatte niemand gerufen. Merkwürdig, war ich nun bis ans Ende des Tunnels gelangt, oder habe ich den Tunnel in Richtung Licht verlassen?

Dann war das also das Ende! Ich war tot! Oder war es ein neuer Anfang? Ich hatte nie Angst vor dem Tod. Zumindest erzählte ich das den anderen immer. Doch immer dann, wenn mein Herz anfing zu stolpern, was unter bestimmten Umständen vorkam, und ich diese Extrasystolen spürte, vor allem diese kompensatorische Pause zwischen den zwei Schlägen, dann kam ab und zu schon Panik in mir hoch. Doch darüber brauchte ich mir jetzt keine Gedanken mehr zu machen. Das ist schien ja nun vorbei zu sein. Ohne Körper gab es kein Herz, das stolpern konnte und keine Schmerzen. Keine Schmerzen, welch ein Glück, ich erinnerte mich, welche Schmerzen mir meine Zähne verursacht haben, na das war auch vorbei. Das war doch was, endlich kein Zahnarzt mehr, der mich mit seinen Instrumenten malträtierte. Ich musste innerlich lachen.

Der Zustand in dem ich mich befand, entsprach zwar den Berichten aus den Nahtod-Erfahrungen und dennoch war es mir unheimlich. Alles war still. Und doch nahm ich so etwas wie Musik wahr. Beruhigend und gleichmäßig, fast beschwingt, es war als ob die Vögel an einem Sommermorgen aus dem Schlaf erwachten und begannen ihr Lied zu singen. Es war als ob ich schwebte, und bei jedem Gedanken kam es mir vor, als bewegte ich mich leicht. Das Gefühl für Zeit fehlte mir. Ich wusste nicht, ob es nur Minuten waren, die vergangen sind, seit ich erwachte, oder ob es Stunden waren. Es gab keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sich etwas verändert. Klar auf der Erde war der Ausdruck für die Zeit die Veränderung des Sonnenstands, der durch die Rotation der Erde hervorgerufen wurde. Hier war es immer gleich hell. Ich beschloss, mir darüber keine weiteren Gedanken zu machen, denn es war offensichtlich ohne Bedeutung. So langsam begann ich mich an diesen Zustand zu gewöhnen. Dann war mir so, als ob ich Stimmen hörte. Ich war wohl nicht allein. War das meine Lebensgefährtin, die mich aus dem Schlaf holen wollte? Nein, denn ich schlief nicht, und ich war nicht in meinem Körper.

Ich beruhigte mich langsam und der Anfall von Panik legte sich. Ich musste anfangen die Umgebung zu erforschen und versuchen irgendjemanden zu finden, der mir erklären konnte, was hier passiert. Offensichtlich gab es hier andere Wesen. Waren das Menschen, wie ich? Ich musste versuchen Kontakt zu knüpfen. Aber wie? Sprechen war unmöglich. Zudem hatte ich keinerlei Vorstellungen darüber, wie man sich hier bewegen konnte. Das Wichtigste war, dass ich Ruhe bewahren musste. Nur mit einem “klaren Kopf“ konnte ich weiterkommen.


Mein Leben drüben

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