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Junger Vulkanismus

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Außer dem Fossilreichtum in den devonischen Gesteinen waren es schon immer auch die vulkanischen Bildungen, die Geologen und interessierte Laien an der Eifel begeistert haben. Die Tourismusbranche trägt heute mit Lehrpfaden und Vulkanmuseen bzw. -parks dazu bei, das Wissen der Fachleute einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Es fehlt nicht einmal die Drohkulisse, dass der Laacher-See-Vulkan in naher Zukunft mit einer relativ hohen Wahrscheinlichkeit wieder ausbrechen könnte. Grund genug, das Thema wenigstens kurz zusammenzufassen.

Die ältesten, sogar physikalisch datierten Vulkanite sind kleine Vorkommen von Tephrit innerhalb der Wittlicher Rotliegendsenke, die trotz ihres Unterkreide-Alters (108 Mill. Jahre) als eventuelle Vorläufer des tertiärzeitlichen Vulkanismus der Hocheifel angesehen werden.

Die jüngsten Bildungen, die quartären Maare, sind bereits zur Zeit des noch im frühen 19. Jahrhundert tobenden Streits zwischen Neptunisten und Plutonisten als vulkanische Bildungen erkannt worden; der Begriff selbst hat hier seinen Ursprung und so wurde die Westeifel in der ganzen Welt zum klassischen Maargebiet, dessen Erforschung auch heute noch neue Erkenntnisse liefert (zuletzt z.B. Lorenz & Lutz 2004).

Regional werden in der Vulkanischen Eifel drei Gebiete unterschieden, die sich durch das Alter und die Zusammensetzung der geförderten Produkte unterscheiden: Die Hocheifel ist wesentlich durch tertiäre, basaltische Vulkanbauten geprägt, deren Eruptionen schon im Eozän begannen und bis ins Oligozän anhielten.

Die Magmen differenzierten sich, sodass auch intermediäre und saure Schmelzen entstanden sind (Abb. 41), wie sie dann vor allem im benachbarten Siebengebirge auf der anderen Seite des Rheins angetroffen werden. Die dortigen Tuffmassen haben in der Hocheifel allerdings keine Entsprechung, möglicherweise sind sie dort abgetragen worden. Die Vorkommen in der Eifel sind meist schon so weit erodiert, dass nur noch die Schlotbereiche erkannt werden können. Bekannte Vorkommen sind die als Trichterkuppe bezeichnete Nürburg (Basalt) oder der Selberg (Phonolith).

Abb. 41: Steinbruch im Dächelsberg bei Niederbachem/Mittelrhein; es handelt sich um säuligen Basalt, der in trichterförmig eingesenkte Trachyttuffe eingedrungen ist. In Form von Xenolithen kommt hier auch Trachyt vom Drachenfelstyp vor. Der Steinbruch erschließt einen subvulkanischen Bereich, der früher an der Oberfläche wahrscheinlich vorhandene Vulkanaufbau ist bereits erodiert.

Die Vulkane der Westeifel sind ebenso wie die der Osteifel ganz junge Bildungen, die vor etwa 500.000 (Osteifel) bzw. 700.000 Jahren zu eruptieren begannen; entsprechend gut sind ihre Oberflächenformen erhalten (soweit sie nicht abgebaut sind).

Das Westeifeler Vulkanfeld erstreckt sich von Ormont über Gerolstein bis Bad Bertrich an der Mosel und das der Osteifel hat sein wesentliches Zentrum am Laacher See. Beide Gebiete sind durch Vulkanreihen gekennzeichnet, die eine deutliche Nordwest-Südost-Orientierung erkennen lassen.

Dabei sind in der Westeifel auf einer Strecke von 50 km etwa 270 vulkanische Förderzentren angeordnet, in der Osteifel auf 35 km noch immer etwa 100. Diese hohe Belegungsdichte wird mit dem plattentektonisch gesteuerten, regionalen Stressfeld zu erklären versucht: Die Eifelvulkane sind Intraplattenvulkane im Bereich kontinentaler Kruste. Im Gefolge von Südwest-Nordost verlaufenden Dehnungsprozessen sind im linksrheinischen Bereich des seit dem Jura, verstärkt aber seit dem Tertiär in Hebung begriffenen Rheinischen Schildes senkrecht dazu Spalten aufgerissen, die den Magmen als Aufstiegswege dienten.

Die Verteilung der unterschiedlichen Vulkanbauten, vor allem in der Westeifel, deutet aber darauf hin, dass die nordwestlich verlaufenden Strukturen bereits im Erdmantel angelegt scheinen.

Die Westeifel-Magmen sind überwiegend sogenannte „primitive Magmen“, die wegen ihrer geringen SiO2-Gehalte vielfach Feldspatvertreter wie Nephelin oder Leuzit führen; außerdem sind von vielen dieser Vulkane Olivinknollen bekannt, die ihren Ursprung im oberen Erdmantel haben. Die Magmen müssen einige Zehnerkilometer lange Aufstiegswege hinter sich haben, wobei einzelne Phonolithe auch für eine Zwischenlagerung in höher liegenden Magmakammern sprechen, in denen das primitive Magma differenzieren konnte.

Die räumliche Verteilung der Gesteine zeigt, dass an den Rändern der Vulkanfelder eher undifferenzierte, im Zentrum dagegen höher differenzierte Magmen vorherrschten.

In Kartendarstellungen wird erkennbar, dass im zentralen Bereich Lava fördernde Vulkane häufiger sind, während an den Rändern eher Tuffvulkane und Maare vorherrschen.

In der Westeifel sind weitgehend sogenannte „monogenetische“ Vulkane ausgebildet, die im weltweiten aktualistischen Vergleich nur einige Tage bis einige Jahre lang tätig waren. Dabei haben sie in der Eifel meistens Schlackenkegel ausgebildet.

Die spektakulären Formen des quartären Eifelvulkanismus sind aber die eingangs schon erwähnten Maare, für deren Entstehung man heute ganz überwiegend phreatomagmatische Prozesse diskutiert, die durch das Zusammentreffen von heißem Magma mit dem Grundwasser ausgelöst wurden (Abb. 42). Die Förderung von Aschen und Lapilli hat die von den meisten Maaren bekannten Tuffringe bewirkt, die aus vielen einzelnen Schichten aufgebaut sind. Das allein spricht schon gegen eine frühere These, derzufolge die Maar-Krater durch einmalige Explosionen entstanden sein sollten, wobei sich Auswurfmassen und Kratervolumen entsprechen sollen. Auffallend war schon immer, dass die jungen Maare des Quartärs überwiegend auf die Tallagen beschränkt sind: Hier stand das Wasser zur Verfügung, dessen Mischung mit den entlang von Störungen aufsteigenden heißen Schmelzen die phreatomagmatischen Prozesse überhaupt erst verursacht hatte.

Auf die komplexen Vorgänge der Maarbildung kann hier aus Platzgründen nicht eingegangen werden. Sie sind inzwischen sogar experimentell nachvollzogen worden. Eine gute Zusammenfassung gibt Lorenz (in Lorenz & Lutz 2004).

In der heutigen Landschaft sind viele der Eifelmaare Seen oder verlandete Seen (Abb. 43), und manche haben eine lange Entwicklungsgeschichte, was ihre nach den vulkanischen Ereignissen beginnende (und gelegentlich bis heute anhaltende) Seephase betrifft. Die Maarsee-Sedimente sind inzwischen als ausgezeichnete Klima-Archive erkannt und untersucht worden. Ihre manchmal nur submillimeterdicken Warvenlagen bilden jahreszeitliche Ereignisse ab und die Auszählung ermöglicht bereits eine Rekonstruktion der lokalen Klimaentwicklung während des Holozäns, wobei in den Sedimenten, vergleichbar den Untersuchungen an den Eisbohrkernen, auch kurzzeitige Schwankungen erkennbar sind.

Abb. 42: Die Entstehung von Maaren wird heute durch sogenannte phreatomagmatische Prozesse erklärt. Dabei kommt die aufsteigende, heiße Gesteinsschmelze besonders in Tälern mit Grundwasser in Berührung, wobei extrem explosive Phasen die Folge sind, die nach und nach einen entsprechenden Krater aussprengen. Bei fehlendem Wasser entstehen Schlackenkegel (n. Lorenz & Lutz 2004).

Abb. 43: Weinfelder Maar (auch Totenmaar), eines der kleineren Eifelmaare (ca. 500 m Durchmesser, ca. 50 m tief, Ausbruch um 8500 v. Chr.). Die Maare werden gelegentlich auch als die „Augen der Eifel“ bezeichnet (Adobe Stock/RalfenByte).

Abb. 44: Laacher-See-Tephra am Wingertsberg bei Mendig/Eifel (aus Rothe 2010a).

Detailierte Profilbeschreibung bei Viereck 2019

Besonders berühmt ist in den vergangenen Jahren das alttertiäre Eckfelder Maar geworden, aus dessen Sedimenten eine Vielzahl von Fossilien geborgen werden konnte. Zu den höheren Pflanzen darin gehören u.a. Rosengewächse, Palmen und Samen der Weinrebe; Letztere werden heute als Argument dafür verwendet, dass es nicht die Römer waren, die den Wein nach Rheinland-Pfalz gebracht haben. Bei den niederen Pflanzen sind Diatomeen und die Ölalge Botryococcus zu erwähnen, weil sie die Natur der oft feinschichtigen Sedimente mitbestimmen. Von den Tieren sollen hier nur das spektakuläre Skelett eines trächtigen Urpferdchens, ein bisher nur von Eckfeld bekannter Halbaffe, Krokodile, Fische und vielerlei Insekten, darunter eine endemische Honigbiene, erwähnt sein. Die Grabungen des Naturhistorischen Museums in Mainz werden noch immer weitergeführt. Lutz et al. (1998) und Neuffer et al. (1994) geben gute Zusammenfassungen der bisherigen Funde.

Braunkohleabbau hat schon im 19. Jahrhundert eine Datierung eozänen Alters ergeben; damit ist das Eckfelder Maar das älteste Eifelmaar überhaupt. Der durch neuere Forschungsbohrungen seit 1996 rekonstruierte Maarsee enthält u.a. Ölschiefer (Dysodil) und in teilweise jahreszeitlich geschichteten Ablagerungen eine reiche Pollenflora und Säugetierfossilien, die eine ausgezeichnete Zeitmarke für das Mittel-Eozän in ganz Europa darstellen (ca. 45 Mill. Jahre). Darüber hinaus geben die ungestörten Seeablagerungen Hinweise auf die paläoklimatische Entwicklung der Eifel im älteren Tertiär.

Unter den quartären Vulkanbauten und deren Förderprodukten in der Osteifel ist der Laacher See Vulkan das sicherlich am besten untersuchte Objekt. Die Datierung auf jetzt 12 900 Jahre bildet eine wichtige Zeitmarke, die sich anhand der Tephra in vielen anderen Ablagerungen ähnlich jungen Alters wiederfinden lässt, weil der explosive Ausbruch die Aschen bis nach Skandinavien und Oberitalien gelangen ließ, wobei auch die damals in verschiedenen Höhen vorherrschenden Windrichtungen abgebildet wurden. Berechnungen haben ergeben, dass damals etwa 16 km3 Bims gefördert wurden, der durch das Aufschäumen von etwa 6 km3 Schmelze entstanden war. Die Hauptphase des Ausbruchs hat vielleicht nur ein paar Tage gedauert. Das infolge der Förderung entstandene Massendefizit hat danach zum Einbruch einer Doppelcaldera geführt, die heute vom Laacher See eingenommen wird. An dessen Ostufer steigen immer noch große Mengen CO2 auf, die neben anderen Indizien als Anzeichen dafür genommen werden, dass der Vulkanismus noch nicht ganz erloschen ist (Abb. 45).

Die Laacher-See-Tephra zeigt eine Vielfalt an Schichtungserscheinungen, die Hinweise auf den Ausbruchsmechanismus geben, bei dem sich unterschiedliche Phasen unterscheiden lassen. Es gab episodisch phreatomagmatische Ausbrüche, die anhand von durch „base surges“ verursachte Dünenschichtung erkennbar sind, am schönsten am Wingertsberg bei Mendig (Abb. 44). Das meiste aber waren plinianische Eruptionen, die die vielen, aus Bimslapilli aufgebauten Schichten hinterlassen haben. Wie beim Ausbruch des Vesuvs 79 n. Chr., als die Bimslapilli Pompeji verschüttet hatten, gab es auch zu gleicher Zeit bei Herculaneum beobachtete vergleichbare heiße Aschenströme, die aus Glutwolken entstanden sind. So sind auch in der Umgebung des Laacher Sees Ignimbrite beschrieben worden, die in unterschiedlichem Maße verschweißte pyroklastische Ströme dokumentieren. Solche Ströme sind dann durch die vorhandenen Radialtäler kanalisiert worden und in den großen Talzügen des Brohltals und des Nettetals zum Rhein hin abgeflossen. Das Material wird als Trass bezeichnet, das seiner Eigenschaften wegen schon von den Römern für die Herstellung von hydraulischem Zement abgebaut wurde. Am Rhein bildeten sich durch diese Vulkanitströme und schwimmenden Bimsflöße regelrechte Staudämme, die den Fluss möglicherweise bis in den Bereich des Oberrheingebiets zu einem großen See aufgestaut hatten. Dammbrüche hatten später wahrscheinlich mehrfach katastrophale Flutwellen zur Folge (Park & Schmincke 2009).

Zu den bekannten Werksteinen der Eifel gehören auch die sogenannten Tuffsteine, z.B. der Weiberner Tuffstein (ein Ignimbrit aus dem Riedener Vulkan, der 400.000 Jahre alt ist) oder der Ettringer Tuffstein (eine poröse quartäre Basaltlava), der gut zu behauen und sehr verwitterungsresistent ist. Das Gestein vom Ettringer Bellerberg ist schon in vorgeschichtlicher Zeit abgebaut worden (bronzezeitliche Mahlsteine) und vielfach auch als Bildhauermaterial verwendet worden (u.a. Grab- und Wegkreuze). Große Bedeutung hatten vor allem die Säulenbasalte der Niedermendiger „Mühlsteinlava“, die sogar im Tiefbau gewonnen wurden. Die daraus hergestellten Mühlsteine sind weltweit verschifft worden; ihr Abbau geht ebenfalls bereits auf die Römerzeit zurück. Ein kilometerlanges Netz von Hohlräumen unter dem Ort wurde später wegen der gleichmäßigen Kühltemperatur als Felsenkeller für die Lagerung von Bier genutzt. In letzter Zeit gilt dieser Untergrund aber als einsturzgefährdet; das geht inzwischen so weit, dass seit September 2018 einige Häuser als bedroht gemeldet sind, sodass man die Hohlräume darunter verfüllen will.

Mineraliensammler begeistern sich vor allem an den Olivinknollen (z.B. vom Dreiser Weiher) oder an den leuchtend blauen Hauyn-Kristallen im Laacher-See-Bims, und die Fachleute wissen, dass der Ettringer Vulkan Einschlüsse von tertiären Kalken, Mergeln und Tonen enthält, die im Kontakt mit der heißen Schmelze zum Teil seltene Minerale geliefert haben, u.a. der nach dieser Lokalität benannte Ettringit (Ca6Al2[SO4/OH4]3 · 26 H2O).

Im Gefolge des explosiven Eifelvulkanismus sind auch massenhaft Xenolithe gefördert worden, vor allem solche, die aus dem devonischen Untergrund stammen, aber auch Triassedimente. Damit gibt der Vulkanismus, dessen Produkte große Areale in der Eifel zugedeckt haben, oft auch Auskunft über den prävulkanischen Untergrund. Die jüngsten vulkanischen Ereignisse waren die Eruption des Ulmener Maars, des Pulvermaars und des Strohner Maars; das Ulmener Maar gilt mit etwa 10 900 Jahren als das jüngste, und in allen drei Maaren ist der Tephra-Wall noch ausgezeichnet erhalten. In das Gefolge des Vulkanismus gehören natürlich auch hier die Austritte von Kohlensäure im Laacher See, außerdem die vielen wirtschaftlich genutzten Mineralwässer (Gerolsteiner, Brohler, Tönissteiner, Rhodius u.a.); auch Thermalwässer und Mofetten sind aus der Gegend bekannt (ausführlich bei Meyer 1988). Zu den Attraktionen gehören der neuerdings wieder zugängliche Kaltwasser-Geysir auf dem Namedyer Werth bei Andernach, der bis zu 60 m hoch springen kann (Abb. 46) und sein kleiner Bruder, der Wallende Born bei Strohn.

Abb. 45: Gas-Austritte, vor allem von CO2, am Ostrand des Laacher Sees. Anzeichen für einen künftigen Ausbruch? (Foto: Dr. T. Dreher, Landesamt für Geologie und Bergbau Rheinland-Pfalz).

Abb. 46: Der Kaltwasser-Geysir auf dem Namedyer Werth bei Andernach anlässlich einer Sonderführung für die Reiss-Engelhorn-Museen am 15. September 2008.

Junge Hebungsvorgänge im Zusammenhang mit diesen sogenannten Postvulkanischen Erscheinungen haben die oft gestellte Frage erneut aufgeworfen: „Wann kommt der nächste Ausbruch?“ Dabei ist das „Eifel-Plume“-Projekt entstanden, das federführend von Geophysikern der Universität Göttingen betrieben wurde. Ausgangs- und Angelpunkt sind dabei bestimmte Erdbebenwellen, die unter der Eifel etwas verlangsamt sind. Da es einen Zusammenhang zwischen Gesteinstemperatur und Bebenwellengeschwindigkeit gibt, ließ sich durch die Aufzeichnungen einer Vielzahl von Erdbeben ein Areal minimal höherer Temperatur eingrenzen; das bedeutet aber noch keineswegs, dass dort die Gesteine auch geschmolzen wären. Erst bei nennenswerten Mengen an Schmelze wäre dann auch mit einem neuen Ausbruch zu rechnen, den die Forscher „in einer Million Jahre“ vorhersagen, dann allerdings mit einer Wahrscheinlichkeit von 100 Prozent.

Die Geologie Deutschlands

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