Читать книгу Lust aufs Alter - Peter Scheer - Страница 5
Vorwort
ОглавлениеEs ist ein schweres Buch, das Sie in Händen halten. Manchmal hat es mich als Autor stutzig gemacht: So viel „Wahrheit“, so viel Reflexion steckt drin. Nicht nur das Wissen, dass ich mit dem Älterwerden zunehmend unnötig geworden bin, nein, auch meine „Wichtigkeit“, meine „Bedeutung“ habe ich dem nicht vorhandenen Wind des Kosmos übergeben. Und so ist es auch ein leichtes Buch, denn die Erkenntnis, unwichtig und leicht ersetzbar zu sein, macht auch leicht und froh.
Dazu eine kleine Geschichte: Zwei Esel gehen am Morgen bepackt aus dem Dorf. Der eine hat Salz geladen, schwer und drückend lastet es auf seinem alt gewordenen Körper. Der andere aber hat Schwämme mit, die fühlen sich an wie Luft. Der Zweite triumphiert ob seines glücklichen Loses. Da plötzlich setzt heftiger Regen ein, wie in den ersten Sommertagen des Jahres 2016, und die Furt durch den Bach ist voll reißenden Wassers. Strauchelnd versinken beide Esel und versuchen verzweifelt, das Ufer zu erreichen. Und siehe da: das Salz löst sich auf, die Schwämme saugen sich voll, der erste Esel ist gerettet, der zweite ertrinkt.
„Wer wird von Dir erhöht, wer erniedrigt? Wer bleibt gesund, wer wird krank?“, heißt es im Gebet, das mit einem „Alles ist in Deiner Hand!“ endet. Ob man nun glaubt oder nicht: wir kennen des Menschen Schicksal nicht und seine Zukunft ist ungewiss.
Da es nun einmal so ist, werden Sie in diesem Buch durch Ihre Pflichten als Älterwerdende ebenso wie durch jene, die sie gegenüber der allenfalls noch vorhandenen älteren Generation haben, geleitet. Sie werden durch die Angst vor Krankheit und Tod geführt wie auch durch die Verzweiflung, die mit der Erkenntnis des plötzlichen Unnötigseins einhergeht. Sie werden aber auch die Freude an der damit verbundenen Entlastung kennen lernen. Vor allem aber werden Sie sehen, wie leicht diese Tage sein können. Da an Ihren Erfahrungen, an Ihrem Wissen kaum mehr jemand interessiert ist, können Sie diese grad so gut für sich behalten. Da Ihre Meinungen für die jungen Menschen ohne Belang sind, brauchen Sie diese auch nicht abzusondern. Nehmen Sie sich stattdessen Zeit und Muße, sich fröhlich und stoisch von der Welt zu verabschieden, ihre Schönheiten zu sehen, zu riechen und zu bestaunen.
Krankheiten und die zunehmende Schwäche des Körpers und des Geistes bedrohen diesen Genuss. Diese zuzulassen und sich darum zu kümmern, sie einigermaßen in Schach zu halten, auch darum geht es. Ein Loblied auf das zentraleuropäische Gesundheitswesen zu singen und dankbar jeden Tag, an dem nicht alles schmerzt, zu genießen, das klingt leichter, als es ist. Denn die Geister der Vergangenheit, die Erinnerung an die Wichtigkeit der eigenen Meinung, die eigene Bedeutung und insgesamt die Verklärung der Zeit, in der man jung war, machen manche giftig und geistig alt.
Dieses Buch soll helfen, genau das zu vermeiden. Schauen Sie den Jungen zu; erfreuen Sie sich an ihren Lösungsversuchen; erklären Sie ihnen nicht, wie sie es besser machen könnten; und schließlich: Ruinieren Sie Europa nicht, nur weil Ihnen langweilig ist und Sie sich nach einer Zeit zurücksehnen, die nicht mehr kommen wird, nach einem Leben, das vergangen ist.
„Alter ist wie Jugend, nur ohne Zukunft“, hat mir in einer Diskussion der vormalige Präsident des Österreichischen Forschungsförderungsfonds, Univ.-Prof. Dr. Christoph Kratky, gesagt. Wie wahr!
Peter Scheer
Ich widme dieses Buch
meiner geliebten Frau Marguerite,
die mein Leben so besonders lebenswert macht.
Ich bedanke mich für hilfreiche Korrekturen
bei meiner privaten Lektorin Mag.a Gertraud Stadler, Graz.
Peter Scheer, August 2016