Читать книгу Die Frau im Fluß - Peter Seeberg - Страница 4
Tierpfleger im Zoologischen Garten Ålborg
ОглавлениеMein persönliches Tigerweibchen, das einen so tiefen Blick hat und das ich persönlich gekauft hab, weil der Garten nur Tigermännchen hatte, da das frühere Weibchen gestorben ist, schenke ich dem Garten als Dank für die vielen frohen Tage zwischen Gittern.
Ich hab auch einen Zwergesel, den ich in Tunis gekauft hab, der kommt, wenn man ihn ruft, und der sehr kinderlieb ist. Er soll, solange er lebt, allen Kindern, die in den Garten kommen, zur freien Verfügung stehen. Sie können darauf reiten, wie sie wollen. Aber nicht Mädchen über vierzehn Jahre und Jungen über zwölf. Denkt daran, daß er Gurken mag.
Von meinem persönlichen Vermögen schenke ich dem Garten 100 000 Kronen für Futter, solange die Tiere leben. Wenn sie sterben, nun, dann soll der Garten das ganze Geld für den Bau eines neuen und größeren Eisbärengeheges mit Grotte verwenden. Das jetzige ist nicht bärenfreundlich genug.
Dem Tierschutzverein vermache ich 10 000 Kronen.
Meine hinterbliebene Ehefrau soll in ungeteiltem Nachlaß in unserer Villa in Sønder Tranders leben und alles behalten, was wir haben und besitzen. Die Kinder sind gut auf den Weg gebracht worden und können zurechtkommen, ohne ihre gute Mutter um das zu bringen, was sie braucht, damit das Heim in würdigem Zustand bewahrt bleibt.
Doch bitte ich sie und alle meine Hinterbliebenen, sich mir in einer Reihe von persönlichen Wünschen zu fügen, und die sind:
Niels Hansen in Guderupholm, mein langjähriger treuer Kollege, der vor zwölf Jahren nicht mit nach Indien kam, soll mein englisches Gewehr und meinen Tropenhelm haben. Er wird sich gut um die Sachen kümmern.
Unser ältester Sohn soll die Stiefel von dieser Reise haben, aber er soll sie nicht tragen. Dann werden sie sich auch während seiner Zeit halten.
Unser jüngster Sohn soll mein Fernglas haben, weil er sich für Vögel interessiert. Unsere Tochter soll die Bilder von meiner Mutter haben, die ich so sehr mochte.
Ihre Kinder sollen alle dasselbe haben, denn es soll kein Unterschied gemacht werden: jeder einen von den silbernen Löffeln aus dem Nachlaß meiner Mutter, jetzt als eine Erinnerung, und später bekommen sie ja sowieso alles zum Teilen. Damit rechnen wir. Doch eins noch. Als glücklicher Ehemann und zufrieden mit einer Arbeit, die mir die Augen geöffnet und mir jedweden Tag glückliche Stunden geschenkt hat, will ich, daß meine Gedenkfeier nicht zu einer Trauerfeier wird. Setzt von meinem Vermögen sofort so viel Geld ab, daß alle im Gefolge sowohl zu essen als auch zu trinken bekommen, vor allem zu trinken. Mietet das Feuerwehrorchester und laßt es »In meiner Kindheit, da hört ich das Krachen der Kartaunen« und andere Melodien spielen, die das Gemüt froh stimmen. Trauer ist mir fremd. Wenn sich die Tage meines Lebens ihrem Ende zuneigen, will ich für jeden davon danken und mich als ein froher Mann zum Sterben legen.
Macht es nicht zu bescheiden. Denkt daran, wie gut wir es im Leben haben und daß es nicht mehr wiederkommt.
Mein früherer Wunsch, den Tieren vorgeworfen zu werden, war nicht so ernst gemeint. Ich lasse mich auf hergebrachte Weise und mit gebührendem Gottesdienst begraben. Der Pastor darf gern etwas Schönes über mich sagen. Ihr könnt ihm ja erzählen, wie ich gewesen bin. Aber ladet ihn hinterher nicht ein. Wo mir nicht was andres hat einfallen können, will ich in all und jedem alter Sitte und Gewohnheit folgen.
Ja, darum bitt ich Euch, geliebte Hinterbliebene. Nehmt es nicht so schwer. Wenn das Leben nun mal nicht anders zu Ende gehen kann.
Macht es so, dann danke ich Euch noch ein letztes Mal. Obendrein sogar schriftlich. Was mir nicht gelegen hat.
In Liebe
Ålborg/Sønder Tranders, 19. Februar 1973
gez. Eyvind Poulsen