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Kapitel 1 Das Oberkommando
ОглавлениеIn den Wochen die dem Skandal um den Herzog von York und seine Affäre mit der berüchtigten Kurtisane Mary Ann Clarke folgten, vergrub Arthur sich in Dublin. Fernab von London und dem ganzen Aufruhr, den diese widerwärtige Korruptionsgeschichte verursachte, versuchte er sein inneres Gleichgewicht wiederzufinden. Es war nicht einfach. Arthur wusste, was mit ihm los war. Es war auch keine neue Erfahrung: Er hatte einmal - nach Charlottes schrecklichem Tod - versucht seinem Leben ein Ende zu setzen. Nach dem Blutbad von Assaye hatte er eine Weile dumme Gedanken gehabt und seit dem Flandernfeldzug wurde er launisch und seltsam, wenn seine Albträume und die Toten ihn zu sehr plagten. Doch dieses Mal hatte er die Grenze überschritten und Arthur war sich darüber im Klaren, dass er seine fortwährende Existenz lediglich John Dunns Aufmerksamkeit verdankte. Es konnte so nicht weitergehen. Robert Castlereagh hatte ihm angedeutet, daß er bald mit einem neuen, militärischen Kommando rechnen könnte, und daß seine Verbannung nur von kurzer Dauer sein sollte, doch Arthur wollte dem Freund nicht glauben. Zu sehr lasteten noch die demütigenden Momente auf ihm, als er vor dem Kriegsgericht seine Ehre und sein Leben hatte verteidigen müssen. Außerdem befürchtete er, daß er als jüngster Generalleutnant der britischen Streitkräfte keinesfalls auf einen so wichtigen Posten berufen werden würde, denn das Expeditionskorps auf der iberischen Halbinsel war zwischenzeitlich auf fünfunddreißig tausend Mann angeschwollen. Zwar wusste Arthur durch den Herzog von Richmond, dass nicht nur die Tories seine Wiederentsendung auf den Kontinent dem König gegenüber propagierten, sondern ebenfalls seine beiden alten Verbündeten bei den Whigs, Lord Ponsonby und Lord Uxbridge. Doch er war in einer Stimmung, in der er nicht einmal mehr seinen engsten Freunden Glauben schenkte.
Bei seinem verzweifelten Rückzug auf La Coruña im äußersten Norden Spaniens, nach dem Fall der Hauptstadt Madrid, war Sir John Moore tödlich verwundet worden. Die britische Regierung hatte provisorisch zuerst John Hope und dann Sir John Craddock zum Oberkommandierenden des Expeditionskorps ernannt, aber allen war klar, dass Craddock weder über den notwendigen Sachverstand noch über ausreichend Erfahrung verfügte, um sich erfolgreich mit Marschall Soult zu messen. Und so erhielt Arthur, eines Tages, Mitte Februar 1809 einen zweiten Brief von Robert Castlereagh, in dem dieser ihn informierte, dass er in den nächsten Tagen offiziell auf den Posten des Oberkommandierenden des britischen Expeditionskorps in Portugal berufen würde und spätestens am 1.April in See stechen musste, um seine neue Aufgabe zu übernehmen.
Arthur wusste nicht ob er erleichtert oder verwirrt auf diese Ernennung reagieren sollte. Seit dem Tag, an dem er von jeder Verantwortung für die Konvention von Cintra freigesprochen worden war, wusste er gar nichts mehr. Sein Leben hatte so lange in der Schwebe gehangen, dass er bereits mit allem abgeschlossen hatte. Von seiner Familie hatte er in dieser schweren Zeit keine Unterstützung erfahren. Seine Frau hatte sich erst gar nicht um ihn gekümmert und nicht einmal mehr ihre üblichen Briefe geschickt, in denen sie um Geld bat. Kitty schien seine Existenz bereits vergessen zu haben. Alle machten ihm nur Vorwürfe. Selbst seine sogenannten politischen Freunde hatten keine Gelegenheit ausgelassen, seine Ehre in den Schmutz zu treten. Und Robert Castlereagh vermied bereits seit Monaten jeden persönlichen Kontakt und beschränkte sich auf Briefe. Nur der Herzog von Richmond und Sir William Ponsonby hatten ihn öffentlich verteidigt und ihm in den schwersten Tagen während des Kriegsgerichtsverfahrens ohne Wenn und Aber zur Seite gestanden. Und jetzt schien sich das Blatt plötzlich wieder zu wenden. Arthur las Castlereaghs Brief zum zweiten Mal. Doch der Brief entlockte ihm lediglich ein Kopfschütteln. Paget hatte damals in Queluze recht gehabt. Die Politik war ein schmutziges Geschäft.
Er stand vom Schreibtisch auf und ging langsam zum Fenster seines Arbeitszimmers. Leise fielen Schneeflocken auf den Rasen im Park hinunter. Aber es war bereits zu warm in Dublin und die Flocken schmolzen sofort wieder. Sie waren genauso ephemer, wie seine Siege des Jahre 1808. Soults Vorhut hatte die Grenzen nach Portugal bei Monterey und Chaves überschritten. Dies war genau neun Monate nach Arthurs Sieg bei Vimeiro und dem unglücklichen Vertragsschluss von Cintra geschehen, der seinen Vorgänger General Junot zum Rückzug aus dem kleinen Land am Atlantik gezwungen hatte. “ Diese neun Monate Zeit “, dachte der General, “ hätten völlig dazu ausgereicht um für Portugal ein vernünftiges Verteidigungssystem zu schaffen.“ Doch der portugiesische Kronrat war so sehr in sich gespalten, dass eine Einigung zwischen den vier verfeindeten Fraktionen unmöglich schien. Und Einmischung von außen brachte mehr Schaden, als Nutzen. Die vielen Briefe, die seine Freunde ihm aus Portugal geschrieben hatten, erzählten detailliert von sämtlichen Querelen und Konflikte. Als Soult das Land überfiel, befand es sich in einem Zustand, den man nur noch als ein totales, militärisches Chaos bezeichnen konnte. Nachdenklich blätterte Arthur alle Briefe durch, die er in den letzten Wochen von der Iberischen Halbinsel erhalten hatte. Der Bischof von Oporto, sein Freund und Verbündeter aus alten Tagen, hatte ihm mehrfach angeboten, Großbritannien hinter sich zu lassen und den Oberbefehl über die portugiesische Armee zu übernehmen. Er bot Arthur Carte Blanche, den Rang eines Generalfeldmarschalls und freie Hand nach eigenem Gutdünken die portugiesische Armee zu reformieren und für einen Einsatz gegen Frankreich auszubilden. Der Bischof hatte Arthur eindringlich gebeten, Ordnung in das Chaos zu bringen und den patriotischen Wahn und den Hass seiner Landeskinder gegen Frankreich in vernünftige Bahnen zu lenken, die am Ende einen militärischen Erfolg versprachen. Doch der irische General hatte regelmäßig abgelehnt. Obwohl ihn die schändliche Behandlung durch die britische Krone und die Regierung verbitterte, spürte Arthur, dass er nicht zum Söldner taugte. Die Wellesleys hatten seit den Tagen von Wilhelm dem Eroberer den Souveränen des Inselkönigreiches gedient. Diese Tradition war zu tief in ihm verwurzelt, um aus Wut und im Zorn einfach mit ihr zu brechen. Als die Bitten des Bischofs immer dringlicher wurden, verwies er ihn an einen guten Bekannten. John Carr Beresford war der uneheliche Sohn des Marquis von Waterford. Er hatte weniger patriotische Dünkel, als Arthur aber ausgezeichnete, militärische Fähigkeiten, eine ordentliche Kenntnis der portugiesischen Sprache und leidliche politische Verbindungen in London. Überraschenderweise hatte sogar die Regierung in Whitehall den Vorschlag ihres in Ungnade gefallenen Ministers für Irland unterstützt und Beresford befand sich bereits auf dem Weg nach Lissabon.
Arthur holte aus einer Schreibtischschublade ein schweres, in Leder gebundenes Buch hervor. Viele hundert eng beschriebene Seiten waren das Ergebnis seiner einsamen Tage und Nächte in der politischen und gesellschaftlichen Verbannung gewesen. Er hatte sich die Inkompetenz Dalrymples, Burrards und des gesamten, militärischen Establishment in den Horse Guards von der Seele geschrieben und ebenfalls die Denkfehler von John Moore, John Hope und John Craddock, den drei Oberkommandierenden die nach Cintra das Expeditionskorps auf der Iberischen Halbinsel übernommen hatten. Den Brief von Robert Castlereagh in Händen, war er nun bereit, nach London zu fahren und seinen Ruf, seine Ehre und sein Leben für diese Ideen in die Waagschale zu werfen. Alle behaupteten sie, dass Portugal nicht verteidigt werden konnte, wenn Spanien sich in Feindeshand befand. Doch er würde ihnen beweisen, dass sie sich irrten. Portugal war Lissabon und wer die Hauptstadt beherrschte, hielt die Macht über das ganze Land in Händen.
Arthur verließ seine Residenz Phoenix Park und durchquerte den Schlossgarten zu Fuß, um nach Dublin Castle, zu gelangen. Er wollte zuerst Charles Lennox, den Herzog von Richmond mit seinen Überlegungen vertraut machen. Wie immer betrat er das düstere, kalte Gebäude durch den Dienstboteneingang, damit er nicht mit den Ränkeschmieden und Bittstellern im Vorzimmer des Vizekönigs von Irland zusammentraf. Als er an die Hintertür klopfte, öffnete ihm nicht Fanny Baxter, die Haushälterin, sondern sein alter Sergeant. Wellesley musste lächeln. John verbrachte jede freie Minute mit Fanny und da der General ihn kaum beanspruchte, war der alte Mann häufiger in Dublin Castle zu finden, als bei ihm, in Phoenix Park: “Wenn Sie mir eine Tasse heißen Kaffee besorgen, dann erzähle ich Ihnen die letzten Neuigkeiten aus Portugal, John.“ Lockte er mit einem breiten Grinsen.“ Haben Sie wieder Post von Lady Sarah bekommen, General.“ Dunn war neugierig und lies sich sofort auf das kleine Spiel ein. “ Nein, John. Heute war es ein Brief von Robert Castlereagh.” Dunns Gesicht hellte sich mit einem Schlag auf. “ Heißt das, dass wir wieder zusammen ins Feld ziehen werden, mein Junge.” Arthur legte seine ganzen Papiere auf einem Küchenstuhl ab und drückte sich in eine warme Ecke, dicht neben den Ofen. Obwohl es bereits Mitte März war, war es in Irland noch empfindlich kalt: “Möchten Sie denn wieder los, John. “ Er blickte seinen Sergeanten belustigt an. Der alte Mann nickte eifrig.” Natürlich. Wir beide sind einfach nicht für ein ruhiges Leben geschaffen.”
“ Und was wird dann aus Fanny und unserem Gut in Kildare, mein Freund.” Dunn zuckte nur die Schultern: “ Die kommen beide eine Weile auch ohne mich klar.”
“ Wir werden lange nicht nach Hause zurückkommen.”
“Aber wir werden Bonny ganz schön einheizen.”
Arthur leerte grinsend seine Kaffeetasse. Dann klopfte er Dunn auf die Schulter.” Packen Sie unsern Krempel zusammen, John. Morgen oder übermorgen verschwinden wir aus diesem verdammten Schlangenpfuhl. Zuerst fahren wir nach London und dann nach Portugal.” Eilig begab der General sich zum Herzog von Richmond um ihm seine Pläne für die Iberische Halbinsel vorzustellen und um ihn darüber zu informieren, dass er all seine öffentlichen Ämter niederlegen wollte. Er hatte entschieden nur noch Soldat zu sein. Seit der Affäre von Cintra ekelte Parteipolitik ihn an.
Am 6.April 1809 verließen Arthur und John Dunn auf der H.M.S. Surveillante zum zweiten Mal Cork in Richtung der Iberischen Halbinsel. Whitehall hatte sowohl Arthurs Strategiepapier, als auch seine weiteren Bedingungen akzeptiert. Er würde als Oberkommandierender der britischen und portugiesischen Streitkräfte nur der britischen Regierung direkt unterstellt sein. Sämtliche Intrigen, Keulenschläge und Boshaftigkeiten aus St.James mussten jetzt die Minister abfangen.
Inzwischen war es Marschall Soult gelungen, Oporto und das ganze, nördliche Portugal zu besetzen. Doch aufgrund seiner Erfahrungen aus dem Jahr 1808 war Arthur sich sicher, dass er begriffen hatte, wie man den kampferprobten, französischen Truppen begegnen musste. Er würde Soult nicht nur aus Portugal vertreiben, sondern Napoleons Soldaten über die Pyrenäen zurück nach Frankreich drängen und den Krieg auf französischen Boden tragen. Er wusste, dass dies Jahre dauern würde und große Blutopfer notwendig waren. Doch es war die Anstrengung und die Opfer wert: Sollte der Krieges auf der Iberischen Halbinsel zu Ungunsten der Franzosen ausgehen, dann würde Bonaparte heftig ins Wanken kommen. Vielleicht würde eine Niederlage in Portugal und Spanien sogar zu seinem Sturz führen.
In Arthurs Plänen spielte die Geographie seines künftigen Kriegsschauplatzes eine große Rolle. Das Gelände, auf dem die Briten gegen die Franzosen antreten mussten, bot sich für eine Umsetzung seiner neuen Ideen in der Kriegführung an. Die Bevölkerung von Portugal, genauso wie die Spanier, wollte um jeden Preis ihre Freiheit zurück erringen. Und die gut ausgebildeten, englischen Infanteristen und eine inzwischen auf viertausend Mann angewachsene, britische Kavallerie würden das Rückgrat seines neuen Feldheeres bilden. Er hatte der Regierung in Whitehall erklärt, dass er keine zusätzlichen Truppen aus England erwartete. Er war sich darüber im Klaren, dass er seine Verstärkung vor Ort selber rekrutieren und ausbilden musste. Doch dreißig tausend portugiesische Milizionäre und vierzigtausend reguläre, portugiesische Soldaten, kompetent geführt von erfahrenen britischen Offizieren und Unteroffizieren würden zweifelsohne in der Lage sein, mindestens einhunderttausend französische Soldaten zu binden und langsam aufzureiben.
Während der knapp zweiwöchigen Überfahrt von Cork nach Lissabon sah und hört John Dunn nichts von seinem General. Arthur hatte sich in Karten vergraben und tüftelte seinen ersten Schachzug gegen Soult aus. Trotz seiner monatelangen Verbannung hatte die katholische Kirche über Gewährsmänner weiter dafür gesorgt, dass alle nachrichtendienstlichen Informationen aus Portugal und Spanien bei ihm aufliefen. Die Konvention von Cintra hatte die Kirchenmänner weit weniger erschreckt, als die Politiker: Keinen Augenblick lang hatten sie dem irischen General ihre Unterstützung entzogen. Doch Arthur hatte viel von seinem Glauben an das Gute im Menschen verloren und wusste, dass er für die katholische Kirche lediglich eine interessante Figur auf dem Schachbrett der Katholikenbefreiung war. Er war Ire. Seine Familie war nur unter dem Zwang der puritanischen Schreckensherrschaft im siebzehnten Jahrhundert zum protestantischen Glauben übergetreten. Es war nie viel mehr als ein Lippenbekenntnis gewesen. Wenn er aufstieg, dann würden Irlands Katholiken eines Tages ihre Gleichberechtigung erhalten und der blutige Konflikt, der seine Heimat seit den Tagen Oliver Cromwells heimsuchte, würde vielleicht ein Ende finden. Wellesley hatte begriffen, dass die Kirche ihn nur benutzen wollte. Aber er war bereit, diesen Preis zu bezahlen und um des militärischen Erfolges willen sogar einen Pakt mit dem leibhaftigen Teufel zu schließen, wenn dies notwendig werden sollte. Um mit so wenigen britischen Soldaten, so viele französische Soldaten zu besiegen, musste er Informationen haben. Nur ein hervorragender Geheimdienst, ein Netzwerk wagemutiger Spione, um den Feind zu unterwandern und die Möglichkeit der Gegenspionage konnten seinen Mangel an Geld, politischer Unterstützung, Artillerie, Kavallerie und Rotröcken ausgleichen. Vor seiner Landung in Lissabon wollte er darum die Einsatzpläne für das Expeditionskorps fertiggestellt haben, um so bald, wie möglich gegen Soult zu marschieren. Nur ein schneller Sieg über den kampferprobtesten Weggefährten Bonapartes konnte seine Position festigen und ihm diesen Hauch von Unbesiegbarkeit bringen, den er schon in Indien für schwierige Koalitionsverhandlungen benutzt hatte: Er brauchte Einfluss und Macht, um die miteinander verfeindeten politischen Fraktionen und Interessengruppen Portugals und Spaniens und seine wankelmütigen Herren in Whitehall bei der Stange zu halten!
Am 22. April 1809 lief die H.M.S. Surveillante in den Hafen von Lissabon ein. Colin Campbell und Fitzroy Somerset erwarteten Wellesley bereits am Quai. Die Stadt war in Aufruhr. Der herrliche, alte Praça do Comércio mit seinem riesigen schwarzen Bronzepferd in der Mitte war überfüllt mit einer jubelnden Bevölkerung, die die Schande der Konvention von Cintra vergessen zu haben schien. Überall sah man Gruppen junger Frauen, die in festlichen Landestrachten zum Klang der Kastagnetten und Trommeln tanzten. Die wohlhabenden, älteren Damen ließen sich in ihren Sänften zum Ort der Festlichkeiten tragen, begleitet von Kavalieren in schwarzen Anzügen mit engen Samtwesten und Zweispitzen, die anstelle der Kokarde eine Banderole mit der Aufschrift “ Sieg oder Stirb” trugen. Bauern waren in die Stadt gekommen, um die Ankunft des britischen Oberkommandierenden zu feiern, dessen militärisches Genie und dessen persönlicher Mut ihnen neue Hoffnung auf die Befreiung ihres Landes gab. Sie hatten seine beiden Siege gegen die Franzosen nicht vergessen. Zu seinen Ehren trugen sie ihre besten, lange, weiße Hemden, die um die Hüften von roten oder violetten Schärpen zusammengehalten wurden, große, breitkrempige Strohhüte und schwere, schwarze Umhänge. Die Stadt war überfüllt mit Limonadeverkäufern, Nußröstern, Bettlern, die jedem ihre traurige Geschichte erzählten, der ihnen ein Stück Geld hinhielt, Straßenmusikanten, die bereits die künftigen Siege des britischen Generals besangen und wandernden Mönchen, die glückbringende Bildnisse des heiligen Antonius vor sich hertrugen.
Arthur war dieser ganze Aufruhr um seine Person zuwider. Er dachte zynisch. “Erst heben sie Dich auf ein Podest, nur um Dich bei nächstbester Gelegenheit vom Sockel zu schmeißen und in die Hölle zu schicken. Wenn Du nur ein einziges Mal versagst, dann werden sowohl die Verbündeten, als auch England Dich in Stücke reißen.” Er hatte bewusst keine Uniform angezogen, um von Bord zu gehen und die Begrüßung durch den portugiesischen Kronrat und die Abgesandten der verschiedenen lokalen Widerstandsbewegungen über sich ergehen zu lassen. In seiner einfachen, dunkelblauen Feldjacke, ohne Orden und Rangabzeichen verließ er die Kabine. Colin Campbell hielt ihm zwar sein Schwert hin, doch Arthur schüttelte nur wortlos den Kopf. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass es am vernünftigsten war, jede Form martialischen Auftretens vorerst zu unterlassen. An Land schloss der alte Bischof von Oporto ihn herzlich in die Arme und entlockte ihm ein kleines, stummes Lächeln. Vor den anderen Mitgliedern des Empfangskomitees beugte der General kurz den Kopf zur Begrüßung. Ein knappes “ Wir haben viel Arbeit, meine Herren! Lassen Sie uns zur Sache kommen und ersparen Sie mir die Formalitäten.”, beendete den Empfang des neuen, britischen Oberkommandierenden im Hafen von Lissabon. Auf dem Weg in den Stadtpalast der Braganza zischte Arthur Colin Campbell ins Ohr. “Heute Abend möchte der Bürgermeister ein Bankett geben, um meine Ankunft gebührend zu feiern. Gehen Sie hin und repräsentieren Sie England. Ich muss so schnell wie möglich mit Beresford reden und Craddock schonend beibringen, dass er nicht mehr Chef der britischen Truppen in diesem Land ist. Unsere Männer stehen in Leyria und Alcobaça. Ich werde spätestens um fünf Uhr morgen früh im Sattel sitzen und mich zu unseren Soldaten begeben.” Campbell reagierte erstaunt. “Aber Sir Arthur. Sie können doch nicht so einfach verschwinden...” Wellesley zog die Augenbrauen hoch und blickte seinen Adjutanten finster an. “ Und ob ich so einfach verschwinden kann, Colin. Mein Job ist es Soult zu schlagen und nicht auf das diplomatische Feingefühl unserer lieben Verbündeten Rücksicht zu nehmen.” Damit war die Diskussion für den General beendet. “ Wozu habe ich zwei Adjutanten, wenn ich selbst meine Zeit bei nutzlosen Empfängen verschwenden muss “, dachte er, “und außerdem werde ich auf dem diplomatischen Parkett sowieso nur ausrutschen und wieder einmal irgendjemanden vor den Kopf stoßen oder in irgendein Fettnäpfchen treten!” Mit ungerührter Miene ließ er die Formalitäten im Stadtpalais der Braganza über sich ergehen. Als der Tag zu Ende ging, war er offiziell nicht nur Oberkommandierender des britischen Expeditionskorps sondern ebenfalls Generalissimus der portugiesischen Streitkräfte. Die wenigen Stunden die ihm noch in Lissabon blieben, reichten aus um mit John Beresford zu sprechen. Craddock erwies sich als weniger problematisch, als Arthur geglaubt hatte. Der Mann war froh, die Verantwortung für den iberischen Kriegsschauplatz abzugeben und nach England zu verschwinden.
Nach kurzer Nachtruhe saß Wellesley im Sattel von Kopenhagen. John Dunn begleitete ihn. Seine beiden verwirrten Adjutanten hatte der General mit dem Auftrag “ Macht Gut Wetter bei unseren Verbündeten und kommt irgendwann später nach. “, in Lissabon zurückgelassen. Als die beiden Männer die portugiesische Hauptstadt verließen, erwachte diese gerade zu neuem Leben. Ochsenkarren versperrten die engen Straßen. Fischhändler brachten den Fang der letzten Nacht zum Markt. In den kleinen Gassen mussten Arthur und der alte John immer wieder ausweichen, wenn von oben der Schrei “ Agoa Vai! “ ertönte und eine portugiesische Hausfrau ihr schmutziges Wasser aus dem Fenster kippte. Als sie endlich die Stadtgrenzen erreichten, tat sich dann allerdings eine wunderbare Landschaft vor ihnen auf. Überall blühten Blumen und es roch stark nach wilden Kräutern und Flieder. Sie ritten an der Tejo-Mündung entlang ins Landesinnere. Auf dem Fluss konnte man kleine, weiße Dreiecke ausmachen, die Segel von Frachtbarkassen. Ihr Weg führte an Sacavem, Alverca de Ribatejo und Vila Franca de Xira vorbei. Bei Carregado, das sie bereits früh um sieben Uhr erreichten, lenkte Arthur seinen Hengst von Weg hinunter in die Hügel. “ Wohin reiten wir, mein Junge?” Dunn war etwas verwundert über diese Richtungsänderung, denn sein General hatte ihm lediglich mitgeteilt, er wolle so schnell wie möglich nach Leyria. “ Wir machen einen kleinen Ausflug in die Berge, John! Ich möchte mir ein wenig die Ecke hier ansehen. Vielleicht fällt mir dabei etwas Vernünftiges ein!” Die Gegend vor Lissabon war sehr schwer zugänglich. Die Pferde mussten sich gewaltig anstrengen, um das weglose Gelände zu bewältigen. Drei Stunden später, die Sonne stand bereits hoch am Himmel und brannte gnadenlos, stieg Wellesley von seinem schwitzenden und schwer atmenden Hengst. Dunn war mit Elmore zurückgeblieben und würde noch eine Weile brauchen, um die Spitze der Hügelkette zu erreichen. Der General nahm seinem Tier Sattel und Kandare ab und lies den Hengst frei laufen. Kopenhagen hatte gelernt, auf einen Pfiff hin zurückzukommen und entfernte sich sowieso nie außer Sichtweite. Zu sehr war das Pferd auf seinen Herren fixiert. Kopenhagen rieb zutraulich seinen Kopf an Arthurs Schulter. “ Was willst Du, Dicker? “ Der General kramte bewusst langsam in seiner Jackentasche, während das Pferd ihn aufmerksam und mit gespitzten Ohren beobachtete. Er holte einen Bleistift hervor und zeigte ihn dem Hengst, “ Nicht gut, was?”, dann einige gefaltete Blätter, “ Auch nichts für Dich!”. Kopenhagen stieß seinen Herren energisch mit dem Kopf und brachte ihn fast aus dem Gleichgewicht. “ Ganz ruhig, Du Vielfraß ! Ich werde schon noch was finden!” Wenige Augenblicke später hatte Arthur eine harte Brotkruste auf der Handfläche liegen und der Hengst schnappte sich mit spitzen Lippen den Leckerbissen. Dann bekam er einen freundschaftlichen Klaps auf die Hinterhand. “ So, jetzt verschwinde. Ich muss ein bisschen arbeiten.” Arthur setzte sich ins Gras und breitete ein Stück Papier auf seiner Satteltasche aus. Er begann zu skizzieren. Die Gegend zwischen Sobral de Monte Agraco und Torres Vedras war eine natürliche Befestigungsanlage. Er wollte jedes Detail festhalten, bevor er aufbrach, um sein Expeditionskorps von Leyria und Alcobaca aus auf Oporto zu führen. Leise murmelte er vor sich hin “ Wer Lissabon hält, der hält Portugal. Und hier haben wir die gesamten Verteidigungslinien, die die Franzosen von Lissabon fernhalten werden.” Inzwischen war auch der alte John eingetroffen und band Elmore an einen Baum. Schweigend setzte er sich neben Wellesley ins Gras und sah ihm beim Zeichnen zu. Zwei Stunden später waren alle Seiten Papier, die der General in der Tasche gehabt hatte mit Ausschnittszeichnungen der Landschaft zwischen dem Tejo und Torres Vedras bedeckt. Zufrieden faltete Arthur die Blätter zusammen und verstaute sie wieder in einer seiner Satteltaschen. Dann sah er fragend zu Dunn hin. “ Mein Magen knurrt, John. Wie wäre es mit irgendetwas Essbarem.” Der alte Mann schüttelte den Kopf. “ Wir sind so früh aufgebrochen, mein Junge. Ich habe nichts eingepackt. Aber während Sie hier hoch geritten sind, wie vom Teufel verfolgt, habe ich mir ein bisschen Zeit genommen. Auf halber Strecke nach Arruda dos Vinhos habe ich einen Landgasthof gesehen...es roch nicht schlecht, als ich vorbeiritt.” Arthur pfiff durch die Finger und Kopenhagen kam angetrabt.“ Na los.“ Enthusiasmus lag in seiner Stimme. „Sehen wir uns die ländliche, portugiesische Speisekarte mal an.” Kurze Zeit später banden die beiden Männer ihre Tiere vor einem langgezogenen, flachen Haus aus Naturstein an. Im Inneren standen zwar nur einfache Holzbänke und roh gezimmerte Tische, doch aus der Küche kam ihnen, wie von Dunn angekündigt, ein verführerischer Duft entgegen. Eifrig eilte der Wirt zu seinen beiden neuen Gästen hin. In seinem ungelenken und rudimentären Portugiesisch erkundigte Arthur sich nach dem Tagesmenü. Der Wirt erklärte langsam und deutlich und es gelang Arthur mit einiger Mühe ein Mittagessen für Dunn und sich selbst und Wasser für die Pferde draußen vor der Tür zu bestellen. Als eine dicke Portugiesin in einem bunten Kleid zwei Teller mit einem dampfend heißen und fein duftenden Gericht vor die beiden Briten stellte, atmete der General auf. “ Es scheint also doch nicht so unverständlich zu sein, mein Portugiesisch. Sieht ganz danach aus, als ob dies tatsächlich Kaninchen in Knoblauchsoße ist. Und jetzt werde ich die Dame hier überreden, uns auch noch einen Krug Wein zu bringen!” Wieder mühte Arthur sich die richtigen Worte zu finden, während die Portugiesin ihn geduldig und freundlich anlächelte. Die anderen Gäste sahen interessiert zum Tisch hinüber. Es war nur selten der Fall, dass Ausländer sich hier in die Berge verirrten und sich dann auch noch bemühten, mit den Leuten zu sprechen. Ein bärtiger Mann mit wildem Gesichtsausdruck, der am Tresen Wein trank, beobachtete den General und seinen Sergeanten besonders intensiv. Dann verließ er durch die Küche unbemerkt das Landgasthaus und verschwand im nahen Wald. Weder Dunn noch Wellesley hatten diesen schweigsamen Gast bemerkt. Zufrieden füllten sie ihre leeren Mägen mit dem köstlichen Kaninchen und ihre Steinguthumpen mit einem gehaltvollen, wenn auch herben roten Landwein. Dann bezahlte Sergeant Dunn den Wirt mit ein paar Münzen und dankte ihm höflich für die freundliche Aufnahme. Auch er hatte während des Feldzuges im Vorjahr ein wenig Portugiesisch aufgeschnappt. Arthur stand bereits neben Kopenhagen und hatte eine große Landkarte über den Sattel gebreitet. Die Jesuiten von Loures hatten sie auf Bitten des Bischofs von Oporto für ihn gezeichnet. Jeder noch so kleine Waldweg und Schmugglerpfad in den Bergen war auf ihr wiederzufinden.“ Wir können jetzt über Carregado durch den Wald bis Rio Major reiten und von dort aus durch die Sierra dos Candeeiros nach Leyria.“ Überlegte er laut vor sich hin und zog dabei einen kleinen Kompass aus der Jackentasche, um ihn auf die Karte zu legen. Ein Augenpaar beobachtete ihn durch die Bäume. Er schien es nicht zu bemerken. Kurze Zeit später saßen die beiden Briten wieder auf ihren Pferden und verließen im ruhigen Schritt das kleine Bergdorf. Dunn ritt trotz seines fehlenden Unterschenkels sicher und gut. Doch die morgendliche Hetzjagd über Berg und Tal hatte den alten Mann sichtlich angestrengt. Aus diesem Grund beschloss Arthur, an diesem Tag nur noch bis Rio Major zu reiten und dort zu übernachten, um John die Möglichkeit zu geben, sich zu erholen. Die nächsten Wochen würden anstrengend werden, denn sein Feldheer würde sofort auf Oporto marschieren und die Stadt von Marschall Soult befreien, noch bevor dieser sich auf einen englischen Angriff einstellen konnte. Nur mit einem gezielten Überraschungsangriff konnte man die sieggewohnten Franzosen demoralisieren. Es musste vermieden werden, dass Marschall Viktors Armee vom Guadiana her zu Soult stieß und ihn verstärkte. Und das Korps von General Lapisse hatte bereits bei Alcantara die Grenze zu Portugal überquert und würde bald über den Tejo setzten und eine große Bedrohung für Wellesleys Flanke darstellen. Soweit wollte er es nicht kommen lassen, denn er konnte sich gleichzeitig noch nicht mit so vielen Feinden messen. Viele Stunden lang ritten die beiden Männer schweigend durch den Wald, jeder in seine eigenen Gedanken versunken. Nur von Zeit zu Zeit knackte es leise im Gebüsch hinter ihnen. Als es anfing dunkel zu werden, konnte Arthur sich nicht mehr des Gefühls erwehren, dass sich Augen in seinen Rücken bohrten. Zuerst hatte er auf das leise Knacken der Äste nicht geachtet, doch dann meldete ihm sein Unterbewusstsein die Regelmäßigkeit dieser Geräusche. Er fing an das Spiel der Ohren seines Hengstes zu beobachten. Kopenhagen drehte sie bei jedem Knacken nach hinten und hob leicht den Kopf. Irgendjemand folgte ihnen durch den Wald. Er zupfte John Dunn leicht am Ärmel und legte gleichzeitig den Finger der anderen Hand auf die Lippen. Dann zog er vorsichtig seine Pistole aus dem Halfter, das vorne am Sattel angebracht war und entsicherte die Waffe. „Bringen Sie sich in Sicherheit, John. Man folgt uns.“ Flüsterte er leise seinem Sergeanten zu. Der alte Mann wollte etwas erwidern, doch Arthurs kalten Augen geboten ihm zu schweigen und zu gehorchen. Er stieß Elmore die Sporen in die Flanken und das Tier stürmte mit gewaltigen Galoppsprüngen den Waldweg entlang. Wellesley hielt Kopenhagen zurück und ließ ihn auf der Hinterhand wenden. Als Dunn los galoppierte, stürmte auch der Verfolger der beiden Männer aus dem Gebüsch. Arthur versperrte ihm mit seinem Hengst den Weg und richtete die Pistole auf ihn. Das andere Pferd scheute und stieg. Der unbekannte Reiter fiel zu Boden. Der General wollte gerade den Abzug seiner Pistole durchdrücken, als der auf dem Boden Liegende mit schwerem Akzent auf Englisch rief. “Schießen Sie nicht, ich bin ein Freund.” Arthur glitt vom Pferd und kniete mit immer noch entsicherter Pistole neben dem Mann nieder, um ihn zu entwaffnen. Er zog ihm zuerst mit der Linken eine Pistole und ein Messer aus dem Gürtel und warf beide in die Büsche. Dann bedeutete er ihm, aufzustehen.
“ Wer sind Sie und warum reiten sie uns schon stundenlang durch den Wald hinterher?”
“ Sind Sie der irische General, der letztes Jahr die Franzosen bei Rolica und Vimeiro geschlagen hat.” Grob drückte Wellesley dem Bärtigen seine Waffe unters Kinn. “Ich stelle hier die Fragen. Wer sind Sie. Was wollen Sie.”
“ Mein Name ist Don Antonio Maria Osorio Cabral de Castro! Meine Männer kämpfen gegen die Franzosen. Wir sind aus Coimbra.”
“ Dann sind Sie aber verdammt weit von zuhause entfernt, mein Freund.” Die Pistole stieß immer noch energisch gegen das Kinn des Mannes.
“ Wir möchten uns Ihnen anschließen um unser Land von den grausamen Eindringlingen zu befreien, die unsere Frauen und Kinder umbringen und uns unsere Ernten rauben. Ich habe fünfzig kampferprobte und gut bewaffnete Männer unter meinem Kommando.”
Wellesleys Pistole senkte sich. Der Abzugshahn schnappte in die gesicherte Position zurück und Waffe verschwand wieder in ihrem Halfter, neben dem Sattel des Generals. Lange betrachtete er seinen Gegenüber. Das Gesicht des Mannes versteckte sich hinter einem dichten Bart, doch seine Augen waren jung und intelligent. Der Portugiese trug eine schwere, ärmellose Weste aus Schaffell und grobe Lederstiefel an den Füßen. Er sah aus, wie die meisten Bergbewohner dieses Landes. Doch seine edles Pferd, die gewählte Ausdrucksweise und eine gute Kenntnis der englischen Sprache ließen darauf schließen, dass er kein einfacher Bauer war.“ Holen Sie Ihre Waffen aus dem Gebüsch zurück und fangen Sie Ihren Schimmel wieder ein. Dann können wir weiterreden.” Wellesley saß auf und wartete bis auch der Portugiese im Sattel saß. “ Los, kommen Sie. Ich muss zuerst meinen Sergeanten einfangen.” Der Fuchs des Generals galoppierte an. Das Pferd des Portugiesen folgte. Eine Meile weiter wartete John Dunn. Er war verwundert, als er zwei Reiter auftauchen sah und wollte schon zur Waffe greifen.“ Es ist alles in Ordnung, John.” rief der Ire ihm zu, dann parierte er Kopenhagen in den Schritt durch. Der alte Sergeant schob die Pistole wieder zurück in ihr Halfter. “ Nun, Don Antonio! Nachdem Sie uns einen gehörigen Schrecken eingejagt haben, können Sie mir vielleicht erzählen, wie Sie sich eine Zusammenarbeit mit meinem Expeditionskorps vorstellen.”
“Sie sind also wirklich General Wellesley.” Arthur nickte. “Ich habe Sie mir viel älter vorgestellt. Sie haben ja nicht einmal einen Uniformrock an.” Arthur grinste. Er sah in der Tat in seiner dunkelblauen Jacke nicht sonderlich militärisch aus. „Warum sind Sie mir dann seit dem Landgasthaus bei Arruda dos Vinhos hinterher geritten.”
“ Nur sehr reiche oder sehr wichtige Männer besitzen Landkarten und einen Taschenkompaß…oder hohe britische Offiziere. Wie haben Sie eigentlich gemerkt, dass ich Ihnen folge.”
“ Ich bin weder blind, noch taub, Don Antonio und ich habe zwanzig Jahre Armeedienst überlebt. Das schärft die Sinne. Sie sollten Ihr Pferd nicht beschlagen, wenn Sie mich geräuschlos durch den Wald verfolgen wollen.” Der Portugiese lachte heiser. „Mein Freund, der Bürgermeister von Cintra hat Sie richtig beschrieben!“
“Und wie geht es meinem alten Bekannten und ihrem Namensvetter.“
“Gut. Er war es, der mir die Nachricht zukommen ließ, dass Sie heute von Lissabon nach Leyria reiten würden. Er meinte, es wäre sinnvoller für meine Männer, gemeinsam mit ihren Briten vorzugehen, als wie bisher alleine gegen die Franzosen zu kämpfen.”
“ Einverstanden, Don Antonio. Aber ich möchte mir ihre Truppe zuerst einmal ansehen und dann endgültig entscheiden, ob ich Sie gebrauchen kann, oder ob Sie mir nur Sorgen bereiten werden, wenn ich Ihr Angebot annehme.”
“ Sie vertrauen mir nicht, General Wellesley.” Arthur legte den Kopf schief und grinste. “Nicht im Geringsten, Don Antonio! Ich möchte Ihre Männer sehen. Nur so kann ich feststellen, ob es lediglich feurige Patrioten sind, die für Portugal sinnlos Selbstmord begehen möchten, oder ob Sie irgendeinen militärischen Nutzen für mich haben.” Der Portugiese lachte erneut heiser.“ Sie sind ein harter Mann, General!”
“ Nein, nur ein Realist! Wann kann ich Ihre Partisanen sehen?” Der Portugiese pfiff dreimal schrill durch die Finger. Von links und rechts des Waldweges strömten wild aussehende, bis zu den Zähnen bewaffnete, bärtige Männer auf struppigen Pferden auf Don Antonio und Wellesley zu. Der General nickte bewundernd, dann streckte er dem Portugiesen die Hand entgegen. “Sie und Ihre Truppe sind engagiert, Don Antonio! Wir werden gemeinsam gegen Bonaparte kämpfen. Schlagen Sie ein und dann reiten wir zusammen nach Rio Major und morgen weiter nach Leyria!” Der Portugiese rief seinen Männern einige Worte zu. Diszipliniert formierten sie sich, jeweils zwei Reiter nebeneinander. Auf ein Handzeichen hin setzte die ganze Gruppe sich in Bewegung. Dunn hatte sich von seiner Überraschung noch nicht erholt und flüsterte Arthur zu. „Ich hab nicht einmal den Anführer durch den Wald reiten hören. Und jetzt so etwas.” Arthur legte die Stirn in Falten. “Gott sei Dank können die Franzosen sich nicht so lautlos bewegen, ansonsten wären wir beide bereits gefangen oder tot. Wenn wir zwanzigtausend oder dreißig tausend solcher Partisanen auf unsere Seite ziehen können, dann hat Bonaparte nicht nur Portugal verloren, sondern bereits die gesamte Iberische Halbinsel.” Neben sich hörte der General das heisere Lachen seines neuen Verbündeten.