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Vorwort

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Jede erzählte Geschichte ist in Zeit und Raum angesiedelt, den Grundlagen einer Erzählung. Nicht zuletzt darum vertritt Cicero, ein – in weiterem Sinn gefaßt – älterer Zeitgenosse des Evangelisten Markus, in seiner Schrift De oratore die Meinung, ein solches Werk bedürfe der zeitlichen Folge der Begebenheiten und der Ortskunde, also eines Zeit-Raum-Gefüges.

Mit Zeit und Raum ragen, wenn sie faktual und nicht fiktional sind, nicht veränderbare, „metahistorische“ Vorgaben (Reinhart Koselleck) in das Reich der Geschichte hinein. Jeder Autor einer Erzählung dürfte eine Art „kognitive Karte“ (Karin Wenz) im Kopf haben, auf der er das von ihm berichtete Geschehen räumlich und damit auch zeitlich ein- und anordnet.

Markus erzählt in seinem Evangelium die Geschichte der Offenbarung Gottes in Jesus von Nazaret. Sein Werk weist der damaligen Zeit zugehörende historiographische und biographische Züge auf. Wer sich näher mit seinem Werk beschäftigt, wird in der Literatur immer wieder auf Stimmen stoßen, die der Ansicht sind, dessen Verfasser habe mangelnde Kenntnis, gar Unkenntnis der galiläischen Topographie, also des Raumes und damit auch der Zeit des Geschehens, von dem er berichte.

Mein Vorhaben ist herauszufinden, welche unveränderbaren Vorgaben von Raum und Zeit der Evangelist in seine Erzählung aufgenommen hat und wie er mit ihnen verfährt, wie sich seine „kognitive Karte“ zur Realität verhält, und ob es ihm gelingt, sie zu einem sinnvollen Ganzen, einem „Chronotopos“ (Michail Michailowitsch Bachtin) zu verschmelzen.

Das Markusevangelium ist erzählte Geschichte und zugleich Verkündigung. Letztere ist nicht Gegenstand meiner Untersuchung. Ich beschränke mich auf eine Klärung von Realien, von Zeit und Raum, den Grundlagen der Erzählung des Markus – Kärrnerarbeit. Ich begebe mich nicht auf analytische Höhenflüge der Narrativik wie die, von denen Jean Zumstein (Narrative Analyse und neutestamentliche Exegese in der frankophonen Welt) und Gerd Schunack (Neuere literaturkritische Interpretationsverfahren in der nordamerikanischen Exegese), Autoren von „Der Erzähler des Evangeliums“ und andere berichten. Ich versuche lediglich, ein Fundament zur Verfügung zu stellen, auf dem aufgebaut werden kann. Ohne diesen Unterbau schwebten weitergehende theologische Überlegungen zum Markusevangelium gleichsam ort- und zeitlos im Raum.

Als Ergebnis schält sich heraus, daß die „kognitive Karte“ des Markus erstaunliche Übereinstimmungen mit den topographischen und politisch-geographischen Verhältnissen seiner Zeit, also der des Erzählers, und weniger mit der Zeit Jesu, der erzählten Zeit, aufweist. Das zeigen Parallelen zu entsprechenden Angaben im Werk des älteren Plinius, eines Zeitgenossen des Evangelisten. Markus läßt darüber hinaus auch überraschende Kenntnisse über die Schiffahrt auf dem See Gennesaret erkennen. Die „metahistorischen“ Vorgaben, über die er verfügt, benutzt er, um mit ihnen und mit Hilfe seiner „kognitiven Karte“ die Grundlage der „normale Erzählebene“ (Cilliers Breytenbach) seines Evangeliums durch verschiedene, teilweise inkludierte, „Chronotopoi“ zu gestalten.

Meiner Frau danke ich für mannigfache Hilfe und sehr viel Geduld, dem Verlag, besonders Herrn Dr. Jens Seeling, für die gute Zusammenarbeit.

Nürnberg, 31. Juli 2018

Zeit und Ort im Markusevangelium

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