Читать книгу Du bist doch nur so ein Hauptschul-Assi! - Petra Bartoli y Eckert - Страница 5
Оглавление„Eine schöne Arbeit, Timo“, sagte Herr Weidner. Er legte die Klassenarbeit vor Timo auf den Tisch. Eine Drei mit einem dicken Plus dahinter. Timo griff nach dem Blatt. So eine gute Note, noch dazu in Mathe, hatte er lange nicht mehr bekommen. Aber irgendwie konnte er sich nicht so recht freuen. Er steckte die Arbeit schnell in seine Schultasche. Dabei knickte sie an einer Ecke um.
„Blöde Hauptschule“, murmelte Timo. Das verknitterte Blatt war ihm egal. Wenigstens würden Mama und Papa begeistert sein.
Timo ging seit diesem Sommer auf die Hauptschule. Eigentlich hieß sie „Schule am Wäldchen“. Ein schöner Name für eine Schule, fand Mama. Doch Timo war der Name egal. Viel lieber als auf diese Waldschule wäre er auf die Realschule gegangen. Nur leider hatten die Noten für einen Wechsel dorthin nicht gereicht. In Mathe hatte Timo gerade noch eine Vier bekommen.
Und in den meisten anderen Fächern sah es nicht viel besser aus. Außer vielleicht in Deutsch, Timos Lieblingsfach. Wegen der Noten gab es auch im letzten Schuljahr häufig Streit zu Hause.
„Jetzt streng dich doch etwas mehr an“, hatte Mama fast täglich zu Timo gesagt. Dabei strengte sich Timo doch an! Aber es half einfach alles nichts. Obwohl er gut war in Deutsch, interessierten sich Mama und Papa nur für seine miesen Noten.
„So wirst du in der Hauptschule landen“, nörgelte Papa ständig.
„Ja, ja“, murmelte Timo und kickte mit seinem Fuß gegen den Küchenstuhl.
„Kann mir der gnädige Herr einmal zuhören? Immerhin geht es um deine Zukunft“, blaffte sein Vater dann.
Timo hätte in diesen Momenten am liebsten losgebrüllt. Aber er biss sich meistens auf die Zunge.
„Hauptschüler – wenn ich nur daran denke. Stell dir bloß vor, was mit dem Abschluss aus dir werden soll. Einen richtigen Beruf kannst du dann vergessen. Wer nimmt denn heutzutage noch Hauptschüler?“
Immer wenn Papa loslegte, versuchte Timo, an etwas anderes zu denken. An sein neuestes Computerspiel oder an Schokoladeneis. Er stellte seine Ohren einfach auf Durchzug. War ihm scheißegal, was sein Vater da quatschte! Aber das stimmte natürlich nicht so ganz. Denn Hauptschule fand Timo ja eigentlich auch blöd. Aber was sollte er denn machen? In seinem Zeugnis stand nun einmal nur eine Zwei in Deutsch. Der Rest war schlechter. Damit konnte man nicht auf die Realschule wechseln. Nur Oma hatte Verständnis.
„Jetzt lasst den Jungen doch“, meinte sie.
„Er macht schon seinen Weg.“
Das sollte wohl bedeuten, dass Oma die Hauptschule nichts ausmachte. Mama und Papa sahen das anders. Sie bekamen jedes Mal einen Anfall, wenn Timo eine Vier mit nach Hause brachte.
„Kannst du nicht endlich mal anfangen, zu lernen“, motzte Mama.
Aber wenn Timo einen Blick in seine Mathehefte warf, sah er da nur ein Zahlen-Durcheinander. Er verstand einfach nicht, was sie zu bedeuten hatten. Und Papa konnte er danach auch nicht fragen. Der sagte nur: „Ich bin echt müde von der Arbeit. Lass mich jetzt einfach mal in Ruhe.“
Papa arbeitete in einer großen Fabrik, in der Teile für Autos gemacht wurden. Und er musste dort schon anfangen, wenn Timo noch tief und fest schlief. Da war ja klar, dass Papa abends müde war. Und Timos Mama war immer genervt, wenn er sie um Hilfe bat.
„Mir hat früher auch niemand bei den Aufgaben geholfen. Ich hab’ den Tag über schon genug zu tun. Pass in der Schule besser auf, dann verstehst du es schon“, meinte sie.
Mama arbeitete in der Markthalle am Gemüsestand. Der hatte bis abends um acht geöffnet.
„Die Kunden machen oft Stress. Da könntest du wenigstens mal deine Sachen ohne großes Tamtam erledigen“, meinte sie.
Aber das klappte einfach nicht. Und dann gab es eben wieder Ärger. Erst schimpften Mama und Papa mit Timo. Dann fingen sie an, sich gegenseitig die Schuld für Timos schlechte Noten in die Schuhe zu schieben.
Als ob Timo nicht schon selbst enttäuscht genug gewesen wäre. Meistens kamen Mama und Papa irgendwann so richtig in Fahrt und stritten lautstark weiter. Wenn das passierte, schlich Timo dann einfach ins Bett und zog sich die Decke über den Kopf.
Auch Timo wollte unbedingt auf die Realschule. Obwohl die nur Realschule hieß und keinen besonderen Namen hatte. Denn dorthin ging auch Nico. Und der war Timos bester Freund. Vor einem halben Jahr hatte Nico ihm strahlend erzählt, dass er die Realschul-Empfehlung in der Tasche hatte. Da musste Timo sogar ein bisschen heulen. Aber nur ganz heimlich, damit Nico es nicht sah.
„Macht doch nichts. Wir sehen uns trotzdem jeden Tag“, versprach Nico.
Er hatte sehr wohl gemerkt, wie traurig Timo war. Dann hatte Nico seinen Arm um Timos Schultern gelegt. So wie ein echter Kumpel. Einer, der auch zum anderen hält, wenn mal was schiefläuft.
Die beiden waren schon im Kindergarten Freunde gewesen. In der Grundschule saßen sie immer nebeneinander. Sie trafen sich letztes Schuljahr auch beinahe an jedem Nachmittag. Sie spielten am Computer oder guckten eine DVD an.
Manchmal hatte Nico sogar versucht, Timo die Matheaufgaben zu erklären. Aber wie er sich auch bemühte, Timo verstand bei ihm genauso wenig wie bei seinem Lehrer.
Auch in derselben Fußballmannschaft spielten Timo und Nico. Nämlich in der D-Jugend beim FC Grossbach. Timo war der beste Stürmer in der Mannschaft. Nico stand im Tor. Und jeden Freitag war Training. Darauf freute sich Timo immer schon die ganze Woche.
Aber heute war Montag. Da musste Timo bis zum nächsten Kicken noch etwas Geduld haben. Dafür wollte er heute Nachmittag mit Nico Computer spielen. Das hatten sie gestern schon fest ausgemacht.