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1.2 Wo stehen wir heute?

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Die Arbeitswelt – und auch die private Welt – verändern sich immer schneller. Das Einzige, was noch konstant bleibt, ist die Tatsache, dass sich alles ständig dreht. Noch gibt es Arbeitsplätze, die klar und übersichtlich sind, die sich anfühlen, als ob man in einem Achter-Ruderboot sitzt. Manchmal muss man im Achter einen Zahn zulegen, auf den letzten Metern noch einen Sprint versuchen, aber die Richtung ist klar. So, wie es in der Arbeitswelt übersichtliche Strukturen und formale Abläufe gibt. Entscheidungen werden noch »oben« getroffen und deren Umsetzung über mehrere Hierarchiestufen hinweg kontrolliert. Diese Kultur, in der Erwartungen und Ergebnisse offensichtlich sind, hat vielen Menschen lange Zeit Sicherheit gegeben.

Doch unsere Welt wird immer komplexer. In vielen Unternehmen sind Aufbruch, Agilität und disruptive Innovationen angesagt. Gleichzeitig kommen Einflüsse von außen, die immer wieder alles auf den Kopf stellen. Die meisten Menschen haben das Gefühl, sich in einem Wildwasser-Schlauchboot zu befinden. Spritzendes, schäumendes Wasser, Stromschnellen und Wirbel machen es schwer, in Balance zu bleiben.

Es gilt, sich ständig neu zu orientieren, Widerstandskraft, Flexibilität und Elastizität zu optimieren, um mit den konstanten Veränderungen mithalten zu können und nicht aus dem Boot zu fallen.

Manche Menschen fühlen sich dabei zunehmend auf sich allein gestellt. Sie arbeiten in verschiedenen Projekten, häufig im Homeoffice. Sie vermissen den Austausch mit Kollegen. Ständig veränderte Prioritäten und Berge von Arbeit fördern das Gefühl, nicht gut genug zu sein, es nicht mehr zu schaffen.

Die Folgen sind Dauerfrustration, Hamsterrad, Schlafstörungen, psychische Überlastungen etc.

In den Unternehmen wird es eng, wenn Kreativität, Innovation und Leistungskraft nachlassen oder überlastete Menschen erkranken und ausfallen. Erst dann wird allmählich deutlich, wie wichtig es ist, in Prävention zu investieren – und zwar alle: jeder Einzelne, die Unternehmen und die Gesellschaft. Es sind meist die kleinen Dinge, die die mentale Gesundheit und das Wohlbefinden erhalten. Die Folgen von Überlastung oder Krankheit zu heilen, ist sehr viel aufwändiger.

Es liegt auf der Hand: Erkrankungen führen zu teils dramatischen Engpässen im Unternehmen, mentale Gesundheit ist »systemrelevant«, selbst wenn das noch nicht bei allen angekommen ist.

Engpässe zu überwinden ist nichts Neues in der Arbeitswelt: In den 1960er-Jahren investierten Unternehmen Milliarden in Fremdsprachenkenntnisse, um auf internationalen Märkten agieren zu können. In den 1980er- und 90er-Jahren gaben Firmen wiederum Milliarden für die Anschaffung von Computern aus und dann gleich noch einmal den mehrfachen Betrag für die Schulung der Beschäftigten zur Nutzung der Programme. Es gab damals Stimmen, die sich sicher waren: »Es ist nicht nötig, dass jeder Mensch seinen eigenen persönlichen Computer hat, ein paar Großrechner sind ausreichend ...« Wo wären wir heute, wenn sich diese Denkweise durchgesetzt hätte?

Eines meiner Lieblingszitate bringt das Thema auf den Punkt. »Die Gesetze der ruhigen Vergangenheit eignen sich nicht mehr für die heutigen Zeiten! Wir müssen neu denken!«, befand Abraham Lincoln 1860. Die erste Industrialisierung nahm damals ihren Anfang, die Erfindung des Stahls und damit der Bau der Eisenbahn hat die damalige Gesellschaft tiefgreifend verändert.

Und wie sieht es heute aus? Klimaschutz, Datensicherheit, nachhaltiges Wirtschaften und Gesunderhaltung sind die großen Herausforderungen. Künstliche Intelligenz hält Einzug in unser ganzes Leben. Der Ausbau von Technologien steht im Vordergrund. Und auch wenn das »Personal« in der Bilanz immer noch als Kostenblock ausgewiesen wird, ist es in vielen Branchen die knappste Ressource der Wirtschaft. Denn wenn der leistungsstarke, kreative, sozial kompetente Mensch ausfällt, entsteht nicht nur ein Engpass im Team, sondern auch in Leistung und Ergebnis.

Jeder Mensch braucht deshalb Stressstabilität und mentale Stärke. Und nun gehe ich einen kleinen Schritt weiter: Wenn wir lernen, die Kraft unserer Gedanken zielgerichtet einzusetzen, können wir damit unseren Stoffwechsel, unser Wohlbefinden, unsere Leistungsfähigkeit beeinflussen. Wir erwerben mentale Intelligenz. Das Erlernen von Fremdsprachen und der Aufbau digitaler Kompetenz ist an Schulen inzwischen Normalität. Die Engpässe aus früherer Zeit sind überwunden. Solange mentale Intelligenz noch nicht auf dem Lehrplan steht, muss jeder von uns, auch die Unternehmen, in diese Kompetenzen investieren. Immer mehr Firmen nutzen Programme zu Gesundheitsförderung, gesunder Führung, Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen, barrierefreiem Coaching etc. Und das ist auch gut so. Noch besser wird es sein, wenn diese Programme auch gerade in herausfordernden Zeiten nicht eingespart werden, sondern weiterhin auf der Agenda bleiben.

Es ist also wieder ein Umdenken erforderlich. Dieses Mal im Hinblick auf die persönlichen Talente, die dazu beitragen, dass die Menschen in der zunehmenden Komplexität und Dynamik ihren persönlichen Kurs finden und halten. Ständig geht es um die Verarbeitung von Veränderungen in der Welt, die uns umgibt. Wir brauchen die Kraft und Stabilität in uns, damit wir uns immer wieder neu justieren und unsere Ziele priorisieren. Mit mentaler Intelligenz halten wir einen wesentlichen Schlüssel dafür in Händen.

Mentale Intelligenz

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