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b) Auslegung

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Bei der Auslegung nationaler Regelungen ist zwischen angeglichenen Normen und originär deutschen Regelungen zu unterscheiden. Handelt es sich bei einer kapitalmarktrechtlichen Vorschrift um originär deutsches Recht (zB in den §§ 85, 99 ff WpHG), so finden die herkömmlichen Auslegungsregeln Anwendung, dh es ist auf den Wortlaut, die Gesetzessystematik sowie den Sinn und Zweck der Regelung abzustellen. Daneben besitzt die am Willen des Gesetzgebers orientierte historische Auslegung Bedeutung[60].

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Bei angeglichenem deutschen Recht sind die dort enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffe richtlinienkonform auszulegen[61]. Das bedeutet, dass die Gerichte das nationale Recht soweit wie möglich im Lichte des Wortlauts der Richtlinie und des Richtlinienzwecks auszulegen haben[62]. Ausgelegt wird auf der Grundlage der Überlegung, dass der Gesetzgeber dem Richtlinienzweck voll gerecht werden und nicht hinter den Anforderungen zurückbleiben wollte[63]. Allerdings zwingt das EU-Recht nicht zu einer Auslegung der nationalen Regelungen contra legem[64]. Nach der Rechtsprechung des BVerfG müssen die Gerichte der Auslegung einer Richtlinie durch den EuGH im Vorlageverfahren (Art. 267 AEUV) folgen[65].

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Umstritten ist, ob der richtlinienkonformen Auslegung Vorrang vor den Auslegungsmethoden des nationalen Rechts zukommt[66] oder ob sie als eine weitere Auslegungsmethode neben den herkömmlichen Methoden steht[67] bzw die bisherigen Auslegungsformen partiell überlagert[68]. Teilweise wird im Schrifttum davon ausgegangen, dass trotz des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts und trotz der Verpflichtung zur Gemeinschaftstreue ein Residuum für die nationalen Auslegungsmethoden verbleibt. Diese sollen hauptsächlich der Fortbildung transformierten Rechts Grenzen setzen[69]. Die hM sieht im möglichen Wortsinn eine Grenze richtlinienkonformer Auslegung, die nicht überschritten werden kann[70].

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Zunehmend deutlich wird, dass eine Auslegung der Verordnungen (Level 1) Schwierigkeiten aufwerfen kann[71]. EU-Verordnungen, wie etwa die MAR, sind nach einhelliger Auffassung aus sich selbst heraus, dh autonom auszulegen[72]. Das hat „unter Berücksichtigung des Kontexts der Bestimmungen und des mit der fraglichen Regelung verfolgten Ziels zu erfolgen[73]. So fragt sich etwa, welche Entwurfsfassung bei der Ermittlung des gesetzgeberischen Willens heranzuziehen ist[74]. Immer häufiger macht der EU-Gesetzgeber des Weiteren von einem Verweis auf sog. Delegierte Rechtsakte Gebrauch, bei denen der Kommission die Befugnis übertragen wird, bestimmte Punkte, insbesondere technische Einzelheiten, zu regeln (Level 2)[75].

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Bei der Auslegung sind auch die Empfehlungen, Hinweise und Leitlinien der ESMA[76] zu berücksichtigen (Level 3). Auch wenn diese rechtlich unverbindlich sind, haben sie faktisch großen Einfluss, da sich die ESMA iS einer Selbstbindung der Verwaltung grds nach diesen richtet[77], ihnen also norminterpretierender Charakter zukommt[78]. Die Aufsichtsbehörden der Mitgliedstaaten (in Deutschland die BaFin) haben innerhalb einer Frist mitzuteilen, ob sie der jeweiligen Auffassung folgen[79]. Insofern haben die zuständigen Behörden und ggf die Marktteilnehmer „alle erforderlichen Anstrengungen“ zu unternehmen, um den Leitlinien und Empfehlungen nachzukommen[80]. Außerdem sind im Einzelfall die Questions and Answers (Q&A) der ESMA[81] zu berücksichtigen, die eine einheitliche und konsistente Aufsichtspraxis sicherstellen sollen[82]. Das gilt auch für die FAQ (Häufig gestellte Fragen) der BaFin.

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