Читать книгу Hinter dem Horizont - Petra Hillebrand - Страница 11
DIE FRAGE
ОглавлениеIm Krankenhaus begleitete eine Krankenschwester ihre Patientin zum Arztzimmer. Weil es der Patientin so wichtig war, hatte die Krankenschwester ihr versprochen, während des ganzen Arztgesprächs dabeizubleiben. Die Ergebnisse der letzten Computertomographie waren da und der Arzt teilte sie der Patientin mit besorgter Miene mit.
„Muss ich jetzt sterben?“
Die Stimme der Patientin zitterte, aber ihr Blick war offen und klar.
Der Arzt zögerte. Sollte er ihr die Wahrheit sagen? Dass er alles in seiner Macht Stehende getan hatte und sie trotzdem bald tot sein würde. Dass er Angst vor ihrer Verzweiflung hatte und dass er diese Ohnmacht kaum aushielt.
Er atmete tief durch. Aber auf ihre Frage ging er nicht ein.
„Wir könnten noch eine Therapie machen“, schlug er stattdessen vor. „Eine andere Chemotherapie, bei der Ihnen die Haare nicht ausfallen. Wir könnten es zumindest versuchen. Denn wir haben noch nicht alles ausgeschöpft.“
Weil er dabei den Blick senkte, entging ihm, dass seine Antwort der Patientin keine Erleichterung brachte. Denn nun musste sie weiterkämpfen, obwohl sie unglaublich müde war. Einen Kampf, von dem sie gespürt hatte, dass er eigentlich schon verloren war. Aber konnte sie ihrem Gefühl jetzt überhaupt noch trauen?
Vor allem aber war sie enttäuscht. Sie hätte sich so gewünscht, Mitgefühl in seinen Augen zu sehen, vielleicht sogar ehrliches Bedauern. Stattdessen signalisierte ihr sein Blick auf die Uhr, dass das Gespräch nun beendet war.
Wieder eine Chance vertan, dachte sich die Krankenschwester, als sie die Patientin in ihr Zimmer zurückbrachte. Dabei hätte eine ehrliche Antwort so viel Positives bewirken können.