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DIE GIPFELSTÜRMER

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Einst lebte am Fuße eines hohen Berges eine weise, alte Frau. Sie war gastfreundlich und hatte für alle ein offenes Ohr.

Es hatte sich herumgesprochen, dass sie nicht nur gut zuhören, sondern auch interessante Geschichten erzählen konnte. Viele kamen, um sich von ihren Erzählungen inspirieren zu lassen, und klopften an die Hüttentür. Manchmal mussten sie sich auf die Holzbank vor der Hütte setzen und warten, denn die alte Frau war oft schon früh am Morgen unterwegs zum Gipfel. Wenn sie dann wiederkam, war sie gut gelaunt und hatte für alle eine stärkende Jause parat.

Nach der Stärkung in der Hütte schulterten die Gipfelstürmer ihren Rucksack und wanderten los. Sie hatten viele Möglichkeiten, den Berg zu besteigen, und mussten sich für eine Variante entscheiden. Manche Wege waren steil, andere boten angenehme Rastplätze oder atemberaubende Ausblicke. Es gab moosbewachsene Pfade unter Bäumen und Wege, die über sonnenbeschienene Almwiesen führten. Manchmal waren auch Hindernisse wie reißende Bäche oder tiefe Schluchten zu überwinden. Alle, die unterwegs zum Gipfel waren, mussten ihrem Instinkt folgen. Denn Wegweiser gab es keine.

Zur gegebenen Zeit kamen die Gipfelstürmer ans Ziel. Eines war aber eigenartig: Wann immer sie den Gipfel erreichten, die weise, alte Frau saß bereits oben und erwartete sie.

Einen Wanderer wurmte das. Er hatte sich wochenlang auf diese Bergtour vorbereitet. Trotz seiner Kondition war er langsamer gewesen als die alte Dame. Das konnte doch nicht mit rechten Dingen zugehen!

„Ich bin so gut vorwärtsgekommen und habe kaum eine Rast gemacht. Wie kann es sein, dass du trotzdem vor mir da warst?“, fragte er. „Es muss eine Abkürzung geben. Du hättest sie mir verraten sollen.“

„Damit hätte ich dir keinen guten Dienst erwiesen“, antwortete die weise Frau. „Denn den Adler, der sich vor dir in die Lüfte erhoben hat, den hättest du dann nicht gesehen.“

Da musste er ihr Recht geben. Und je länger er darüber nachdachte, desto mehr Wunder am Wegrand fielen ihm ein, die den mühsamen Aufstieg wert gewesen waren.

Er zeigte ihr voller Stolz den Bergkristall, den er in einer Höhle entdeckt hatte. Und die weise Frau freute sich mit ihm, dass er auf seinem Weg etwas so Wertvolles gefunden hatte.

„Warum zeichnest du keine Wanderkarten und verkaufst sie?“, fragte der Gipfelstürmer. „Du kennst diesen Berg besser als jeder andere. Durch deine Tipps hätte ich gewusst, in welche Richtung ich gehen muss, und hätte mir den anfänglichen Holzweg erspart. Ich hätte nicht umzukehren brauchen und wäre flugs oben gewesen.“

„Das stimmt“, antwortete die weise Frau. „Schneller ans Ziel wärst du gekommen. Aber deinen Weg hättest du dann nicht gefunden.“

Hinter dem Horizont

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