Читать книгу Hinter dem Horizont - Petra Hillebrand - Страница 14

TUNNEL INS LICHT

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In einer Salzwasserhöhle einer karibischen Insel lebte ein großer Fischschwarm.

Ein Fisch in diesem Schwarm hieß Jerino. Er wollte wissen, wie es außerhalb der Höhle aussah. Aber keiner konnte es ihm sagen. Von Anfang an war ihm eingetrichtert worden, dass er an den Höhleneingängen gut auf sich aufpassen sollte. Beim hinteren Höhleneingang gab es nämlich einen gefährlichen Strudel. Schwamm ein Fisch zu nahe an ihn heran, wurde er mit solcher Kraft zurückgeschleudert, dass er gegen die Felswand prallte.

Der vordere Höhlenausgang war aber noch viel gefährlicher. Er führte in den gefürchteten Tunnel ohne Wiederkehr. Kamen Fische in dessen Sog, wurden sie mitgerissen und waren für immer fort.

„Wo diese Fische wohl gelandet sind?“, fragte sich Jerino.

Der Schwarmälteste ließ betrübt die Flossen hängen. „Kannst du es dir denn nicht denken? Schau doch hin! Dann weißt du es.“

Jerino schaute in die reißenden Fluten und hatte dabei ein mulmiges Gefühl. Aber dann fiel ihm etwas ein. „Es könnte doch sein, dass es dort, wo die reißende Strömung aufhört, viel schöner ist als bei uns. Vielleicht treffen die Verschwundenen da wieder zusammen und sind froh, dass sie den düsteren Tunnel hinter sich lassen konnten.“

Der Schwarmälteste seufzte. Denn das, was er Jerino erklären wollte, war gar nicht so einfach. Aber irgendwann musste er es ihm wohl sagen. Und vielleicht war jetzt der richtige Zeitpunkt dafür.

„Alle, die in den Tunnel ohne Wiederkehr geraten sind, sind tot, Jerino. Es ist also völlig egal, wie es hinter dem Tunnel aussieht, denn es nützt ihnen nichts mehr. Sei doch vernünftig und hör mit deinen Träumereien auf! Sonst bringst du die anderen noch ganz durcheinander!“


Da ließ auch Jerino seine Flossen hängen. Aber nicht lange, denn irgendwie konnte er sich nicht vorstellen, dass nach dem Strudel alles aus sein sollte. Er hoffte, dass es hinter dem Tunnel noch etwas anderes gab. Etwas, das alles Aussichtslose in ein anderes Licht rückte.

Jerino schwamm in der Höhle seine Bahnen und wurde älter. Und eines Tages geschah es: Er schwamm zu nahe an den Tunnel ohne Wiederkehr heran und wurde von der Strömung mitgerissen. Der starke Sog zog ihn in die Tiefe und schleuderte ihn hin und her.

Erst kämpfte Jerino gegen die reißende Strömung an, aber dann überkam ihn ein Gefühl des Friedens und er ließ los. Als die Dunkelheit ihn völlig bedeckte, war er schon nicht mehr bei Bewusstsein.

Sein lebloser Körper kam dem Ende des Tunnels immer näher und damit auch den Lichtstrahlen, die von außen hereinfielen. Hier endete die Dunkelheit und gab den Blick auf ein buntes Korallenriff frei. Und die Strömung trug Jerino sanft ins Land seiner Träume.

Hinter dem Horizont

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