Читать книгу Pamina hat Hunger - Petra Labitzke - Страница 5

Nora

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Ich bin 1970 geboren, im Zeichen des Widders. Mein Papa Heinz wuchs mit vier Geschwistern in einem kleinen Dorf im Badischen auf. Seine Eltern waren sehr streng und sehr fromm. Das Geld war stets knapp, die Sorgen zahlreich. Mein Vater wollte Ingenieur werden, und von den fünf Geschwistern war er schließlich der einzige, der studierte. Mama lebte mit ihren Eltern und ihrem Bruder einige Kilometer weiter nördlich, Richtung Mannheim.

Zufall oder nicht; es gab gemeinsame Freunde, und auf einer Maiwanderung trafen meine Erzeuger zusammen. Meine Mutter Silvia witterte sehr schnell, dass Heinz sich eklatant von ihren bisherigen Verehrern unterschied. Er war zwar ein arroganter Kerl, der in jedem kurzen Satz seine Überlegenheit zum Ausdruck brachte, aber meine Mutter spürte, dass Heinz und sie die gleichen Ziele hatten: den Ehrgeiz, sich aus dem Sumpf der Familien herausziehen, und den eisernen Willen, die soziale Leiter emporzuklettern. Heinz spielte zwar noch einige Tage nach der Wanderung den Unnahbaren, aber auch er fand die freche, ihm eigentlich etwas zu forsch-laute Blondine äußerst attraktiv.

Als sie am Nikolaustag 1969 heirateten, war Mama im vierten Monat schwanger mit mir. Kürzeste Zeit nach der Niederkunft musste sie wieder arbeiten. Mein Vater studierte noch, und das Geld war knapp.

Ich wurde von ihrer Mutter betreut. Wally war erst vierzig, aber das Leben hatte sie hart gemacht. Als junge Mutter war sie oft krank gewesen; hatte monatelang mit ihrer Tuberkulose in verschiedenen Sanatorien gelegen. Zu ihrer heranwachsenden Tochter Silvia verlor sie den Draht, und die ließ sich bald nichts mehr von ihr sagen. Dann bekam Wally ein zweites Kind, Hans. Zwei Tage nach der Geburt bekam er plötzlich schwere Hirnkrämpfe. Die Ärzte retteten sein Leben, aber seine Entwicklung war ab diesem Zeitpunkt schwer gestört.

Tapfer veruchte Wally ihn großzuziehen, aber der Zug um ihren Mund wurde immer schärfer. Sie ließ ihre Hilflosigkeit an ihrem Mann aus. Bruno konnte seiner verbitterten Frau nicht helfen. Er kompensierte ihre Enttäuschung und seine Traurigkeit mit Liebe für seine beiden Kinder Hans uns Silvia. Oma Wally stürzte sich auf mich. Was sie bei Silvia und Hans nicht geschafft hatte, versuchte sie jetzt mit mir. Mit 10 Monaten begann ich zu laufen, ohne je gekrabbelt zu sein. Mit zwei Jahren brauchte ich keine Windel mehr und konnte das Alphabet. Ich wuchs auf mit Omas Applaus und dem Gefühl, ein Wunderkind zu sein.

Als ich zur Schule kam, konnte ich längst lesen und langweilte mich. Weil ich im Rechnen allerdings nicht annähernd so begabt war, wurde davon abgesehen, mich eine Klasse überspringen zu lassen. Während der Grundschuljahre veränderte sich plötzlich mein Aussehen. Mein Gesicht war nicht mehr so niedlich; ich bekam dicke Backen und riesige Zähne, für die der Kopf irgendwie zu klein war. Ich nahm zu, wuchs aber nicht entsprechend. Immer wieder hörte ich den Satz: „Sie streckt sich schon noch.“ Ich hatte keine Ahnung, was ich anstellen müsste, um mich zu strecken, aber es erschien mir höchst erstrebenswert. Die Schulärztin sagte: „Na, dir schmecken aber die Nudeln!“ Ich wusste nicht, was sie meinte. Ein Kind aus der Nachbarschaft hatte diebische Freude, mir „Dicke, fette, Arschklosette!“ nachzurufen.

Eines Morgens kam der Schulfotograf in unsere Klasse. Niemand wollte als erstes auf den Hocker, also meldete ich mich freiwillig und wurde unter den gleissenden Scheinwerfern abgelichtet. Meine Klassenkameraden standen dabei und warteten. Als nächstes meldete sich Heike. Als sie auf dem Stuhl saß und geknipst werden sollte, rief jemand aus den hinteren Reihen: “Oh, die ist ja viel schöner!“

Meine Eltern meldeten mich im Schwimmverein an. Ich war eine richtige Wasserratte, und fühlte mich im Wasser pudelwohl. Eines Nachmittags lernten wir tauchen. Einmal quer durch die Bahn, ohne Luft zu holen. Der Schwimmlehrer setzte sich an den Beckenrand und sagte vor versammelter Mannschaft: “Die Nora macht das jetzt mal vor. Sie kann das besser, weil sie dicker ist als wir.“ Ich tauchte unter, schamrot. Gelobt und vernichtet.

Ich kam aufs Gymnasium und verliebte mich, wie alle meine Klassenkameradinnen, in Pit aus der 9. Klasse. Pit war ein As in Sport und Mathe. Und wenn er “Yesterday” auf seiner Klarinette spielt,e flossen literweise heiße Mädchentränen. Wir saßen in der großen Pause immer im Pulk auf der großen Treppe. Eines Mittags schauten wir Photos an, die Simone von ihren Brieffreundinnen mitgebracht hatte. Eine sah mir verblüffend ähnlich. Da kam Pit lässig die Treppe hinunter, gefolgt von einer Gruppe kichernder Mädchen, und warf einen Blick auf die Bilder. Dann sagte er grinsend: „Hey, die eine hier sieht ja aus wie Nora, nur um einiges dünner!“ Alles lachte. Ich lachte am lautesten, denn ich hatte keine Wahl.

Zuhause bei meinen Eltern und meiner kleinen Schwester Tanja fühlte ich mich sicher. Papa arbeitete als Ingenieur bei Bosch, Mama war zu Hause. Jeden Morgen gab es gemeinsames Frühstück, jeden Abend gemeinsames Vesper. Papa lernte mit mir Mathe, Mama Geschichte. Wir musizierten und sangen. Dann entschieden einige meiner Freundinnen, an ein anderes Gymnasium in unserer Stadt zu wechseln. Ein altes Schloss mit Park, wenigen Schülern und den Schwerpunkten Musik und Kunst. Wir waren eine Clique von fünf Mädchen und machten unseren Mitschülern das Leben schwer. Im Rudel fühlten wir uns stark. Jede in der Gruppe hatte eine bestimmte Rolle mit entsprechenden Charakterzügen: Uschi, hennarote Haare und Zehenring; Heike, ehrgeizig, gescheit, und versessen auf ihr Aussehen; Dimmi, die reiche Fabrikantentochter: ein pummeliges Energiebündel; dann die derbe Susi, schlicht im Gemüt, aber fähig, ohne Hände einen Überschlag zu machen. Und schließlich ich, genannt „Not aus“ weil ich anscheinend so viel Quatsch redete. Jeder durfte mir auf die Strin klatschen um, wie bei einer großen Maschine, den großen roten Not-Aus-Knopf zu bedienen. Ich hielt still und gab mich zufrieden mit meiner Rolle. Ich fühlte mich angenommen und aufgehoben, und solange niemand mich “fett” nannte, war alles in Ordnung.

Seit vielen Jahren spielte ich Klavier. In der neuen Schule nützte ich das Angebot, ein weiteres Instrument zu erlernen und entschied mich für Cello. Ich kapierte schnell und durfte im Schulorchester mitspielen. Musik nahm einen immer größeren Raum in meinen Gedanken ein, sie klang in mir und drängte nach draußen. Dann nahm Papa mich in seinen Kirchenchor mit, die Kantorei. Binnen Jahresfrist hatte ich mich von der hintersten Reihe nach vorne gesungen. Nach einem weiteren Jahr durfte ich im Gottesdienst eine Choral-Strophe solistisch singen. Das war es, was ich wollte: musizieren. Bei einem unserer Chorkonzerte verliebte ich mich in den ersten Geiger, den ich verehrte wie meine Klassenkameradinnen aktuelle Rockstars, die ich nicht kannte. Ich saß immer in der ersten Reihe wenn er irgendwo auftrat, traute mich aber nie, ihn anzusprechen.

So verging meine Pubertät. Ohne Zigaretten, ohne Alkohol, ohne Jungs. Meine jüngere Schwester Tanja war ganz anders. Sie begehrte ständig auf und hatte mit 12 Jahren ihren ersten Freund. Ich brauchte das nicht. Ich wollte Cello üben, und geistliche Arien singen. Ich stellte nichts in Frage und war mit mir und meinem Leben völlig im Reinen.

Während der elften Klasse wählten wir unsere Leistungsfächer für die Oberstufe. Natürlich wählte ich Musik. Eines Nachmittags nahm meine Musiklehrerin, die mich bei der Wahl des Prüfungsinstrumentes beraten sollte, beiseite. Nachdenklich sagte sie: “Warum versuchst du’s eigentlich nicht mit Gesang? Deine Stimme ist gut! Such’ dir einen Lehrer und probiere es! Gesang als Prüfungsinstrument hat auch so gut wie niemand!“ Ich nickte irritiert und versprach ihr, darüber nachzudenken. Sie hatte Recht: Singen machte mir viel mehr Spaß als Klavier oder Cello. Ich beschloss, mit der Stimmbildnerin der Kantorei darüber zu sprechen. Den Stimmbildungsunterricht hatte ich von Anfang an als Höhepunkt der Chorproben empfunden. Man verließ die Probe für 15 Minuten, und hatte Gesangsunterricht bei einer ausgebildeten Sängerin. Ich erzählte ihr vom Gespräch mit der Musiklehrerin. Frau Maile fand die Idee großartig und nahm mich sofort zweimal wöchentlich unter ihre Fittiche.

In der Schule hatte ich nur noch Kontakt zu anderen Musik-Leistungsfächlern. Wir lebten in der Musik, wollten nichts anderes, und versuchten nichts anderes. Da war Micha, der stotternde Gitarrenspieler, der ein Musical für mich schrieb, aber seiner Freundin treu bleiben wollte. Und Robbie, der gutaussehende Hornist; Stefan, der kettenrauchende, lustige Posaunist, der derbe Schuhe trug und dauernd versuchte, mit mir zu flirten. Und da war Hannes, wortkarg aber genial am Klavier. Stundenlang spielte er Brahms-Rhapsodien für mich, und blickte mir danach tief in die Augen, schweigend.

Ich genoss die Aufmerksamkeit des anderen Geschlechts, begann, mich zu verabreden und nächtelang auf Partys zu hocken. Aber nichts passierte. Ich trank Fanta und wurde korrekt nach Hause gebracht. Bei den Schulkonzerten war ich die Solistin und wurde gefeiert. Das Wunderkind mit dem herausragenden Talent. Ich war glücklich und fühlte mich von allen geliebt.

Ich sang zwar noch in der Kantorei, aber mittlerweile wurde ich auch hier regelmäßig mit solistischen Aufgaben betraut. Ich hatte zwei Freundinnen dort, die Schwestern Gretel und Lisa. Wir drei bauten uns unsere kleine Welt. Wir gingen in Konzerte, und schwärmten von unserem Chorleiter. Gretel und Lisa waren beide sehr gläubig. Über meinen Glauben hatte ich mir nie groß Gedanken gemacht. Wir gingen als Familie regelmäßig zum Gottesdienst, und das war für mich selbstverständlich. Das Singen von geistlicher Musik machte mich glücklich und stark. Es wappnete mich gegen die böse Welt, und erhob mich über andere, die diese Möglichkeit nicht hatten. Lisa, Gretel und ich lebten in unserer kleinen, frommen Musikwelt. Ich betete jeden Tag und dankte Gott dafür, dass ich ihn mit meiner Stimme preisen durfte. Ich bemühte mich, nirgends anzuecken, und alle Menschen in meiner Umgebung zufrieden zu stellen.

Eines Nachmittags kam ich nach Hause, und Posaunist Stefan saß plaudernd mit meiner Mutter auf der Terrasse. Er hatte einfach geklingelt, und höflichst nach mir gefragt. Als er mich hereinkommen sah stand er auf, reichte Mama artig die Hand und sagte: “Ich muß jetzt leider gehen. Aber ich komm‘ ja jetzt öfter.“ Winkte mir zu und war weg. Diese Direktheit machte mich unsicher und neugierig, weil er mit seinen Vorstellungen rausrückte, statt Klavier zu spielen.

Am Wochenende lud Stefan mich auf eine Party ein. Gegen Mitternacht schlug er einen Spaziergang vor und erklärte sich. Ich bekam weiche Knie und bat mir Bedenkzeit aus. Jetzt wurde es ernst, und das machte mir Angst. So lange hatte ich davon geträumt, wie es sein würde, wer es sein würde. Jetzt war alles ganz anders. Schweigend gingen wir zurück. Im Auto erzählte er mir dann, dass er nach dem Abitur auf alle Fälle eine Beamtenlaufbahn einschlagen wollte, genau wie seine Eltern. Als größeres Ziel hatte er einen Bürgermeisterposten im Auge. Ich fand diese Entschlossenheit befremdlich, konnte Stefan aber beim besten Willen nicht spießig finden. Ich wußte schon, dass er ziemlich viel Bier trank, und rauchte wie ein Schlot, vor allem mit seinen Kumpels aus der Stadtkapelle. Er wollte auch nicht Musik studieren wie wir anderen, weil er wusste, dass dafür seine Fähigkeiten und seine Passion nicht groß genug waren. Das imponierte mir.

Vor meiner Haustür stellte er den Motor ab, beugte sich zu mir und versuchte mich zu küssen. Panisch biss ich ihn in die Zunge und sprang aus dem Auto. Ab dieser Nacht waren wir ein Paar. Ich war nicht richtig verliebt, zumindest fühlte es sich nicht so an, wie ich es mir immer vorgestellt hatte. Aber wir verstanden uns, lachten viel. Und wir teilten die ersten sexuellen Erfahrungen miteinander; ohne Erwartungen, ohne Druck. Und unsere Beziehung entwickelte sich. Es gab wenig Höhepunkte, aber es war schön. Ich fühlte mich bei Stefan aufgehoben und sicher. Während der Woche sahen wir uns zweimal, einmal bei ihm einmal bei mir. Wenn er zu mir kam, ging er um zehn, spätestens halb elf. Ich war glücklich.

Mittlerweile waren wir über ein Jahr zusammen. Stefan machte sein Abitur und begann ein Studium für die gehobene Beamtenlaufbahn. Ich schloss die zwölfte Klasse mit Bravour ab und freute mich auf die gemeinsame Zukunft mit Stefan. Aber die Vorbereitung auf mein Abitur lief mir völlig aus dem Ruder. Ich verlor vollständig die Kontrolle über mein Lernverhalten. Konnte nicht mehr einschätzen, ob ich wenig oder viel, genug oder noch gar nichts gelernt hatte. Ich hatte das Material zusammen getragen und lernte jeden Tag, wie alle andern auch. Schleichend langsam und unmerklich grub sich die fixe Idee meinen Kopf, nur auf der sicheren Seite sein zu können, wenn ich alles, wirklich alles auswendig im Kopf hätte. Meine Klassenkameraden pokerten: von den fünf Prüfungsthemen, die im Abi drankommen könnten, bereiteten sie maximal drei vor. So standen die Chancen relativ gut, dass eines davon geprüft wurde. Das reichte mir nicht. Statt für Musik eine der 24 Bach-Fugen des Prüfungsthemas “Das Wohltemperierte Klavier” exemplarisch im Kopf zu haben, die Bauart dieser Fugen ist oft sehr ähnlich, lernte ich alle 24 Fugen auswendig. Ich kannte jede Tonart, jeden überzähligen Themeneinsatz, jede Engführung.

Es war wie ein Sog: ich kam erst zur Ruhe, als jedes Risiko, jede Eventualität ausgeschlossen war. So verfuhr ich mit allen fünf Themen in Musik und auch in Englisch, meinem zweiten Prüfungsfach. Stapelweise Arbeitsblätter lernte ich auswendig, ohne nach dem Sinn, der Notwendigkeit oder den Zusammenhängen zu fragen. Mit allen dazugehörigen Vokabeln, stupide, wie ein Lerncomputer. Nichts durfte dem Zufall überlassen werden.

Ich machte Abitur. Mit einer guten, aber durchschnittlichen Note. Trotz der ganzen Arbeit. Aber ich fragte nicht nach. War froh, dass es geschafft war, denn es ging mir schlecht. Schon während der Lernphase hatte ich immer öfter an Durchfall gelitten. Nach den Prüfungen wurde es schlimmer, und es war oft Blut dabei. Ich hatte furchtbare Rückenschmerzen und konnte kaum noch schlafen.

Als ich eines Sonntags wimmernd im Bett lag, riefen meine Eltern den Notarzt. Der überwies mich für den nächsten Morgen ins Krankenhaus zur Darmspiegelung. Dort musste ich, zwischen sieben und elf Uhr, drei Liter Abführmittel trinken. Nicht zu langsam, da sonst die Flüssigkeit über die Blase ausgeschieden, und der abführende Effekt nicht eintreten würde. Er trat ein. Ich rannte alle zehn Minuten zur Toilette und mir war speiübel. Die Untersuchung war ein Alptraum. Sie gaben mir schließlich ein Schmerzmittel, weil ich das Stochern in meinen Eingeweiden einfach nicht mehr aushielt. Die Diagnose meines Arztes wurde bestätigt. Ich litt an einer schweren Dickdarmentzündung, Colitis ulcerosa, und bekam Cortison verordnet.

Was musste ich mir in den folgenden Wochen anhören! “Cortison? Oh Gott!“ oder „Bist du verrückt, das ist doch nicht gut!“ oder, ganz besonders hilfreich; “Das würd‘ ich nicht nehmen!“ Aber ich musste es nehmen, denn ich war mittlerweile so dünn und schwach, dass ich kaum mehr normal leben konnte. Die Cortisontherapie schlug an. Langsam kam ich wieder zu Kräften. Musste nicht mehr jede Nacht zehnmal zur Toilette. Und ich traute mich wieder in die Stadt, was ich lange vermieden hatte. Aus Angst, nicht rechtzeitig eine Toilette zu finden.

Inzwischen hatte ich eine neue Gesangslehrerin. Als es immer deutlicher wurde, dass ich mit dem Singen weiter machen, vielleicht sogar ein Musikstudium anstreben würde, verwies Frau Maile mich an ihren eigenen Lehrer, einen Gesangsprofessor an der Mannheimer Musikhochschule. Als ich Brian Lewis das erste Mal gegenüberstand, war ich unbeschreiblich aufgeregt, denn natürlich kannte ich ihn. Ich hatte ihn so oft aus der Ferne als Bass-Solisten bei unseren Konzerten bewundert.

Und nun stand ich ihm gegenüber. Während der ersten Takte wackelten meine Töne enorm, doch schnell gewann ich an Sicherheit. Meine Stimme gefiel Professor Lewis. Das halbe Jahr bis zur Aufnahmeprüfung wollte er mich privat unterrichten, und wenn es gut liefe, könnte ich dann im Wintersemester offiziell bei ihm studieren.

Die Aufnahmeprüfung kam, und ich bestand. Es war ein heißer Tag, und ich fuhr in aller Herrgottsfrüh nach Mannheim. Hoffte nur, dass es schnell vorbei sein würde, und dass ich Lewis nicht blamierte. Die theoretischen Prüfungen Tonsatz und Gehörbildung fanden morgens statt und liefen gut, denn selbstverständlich hatte ich mich akribisch vorbereitet. Gesang wurde am späten Nachmittag geprüft. Erschöpft fuhr ich danach heim, ohne das Ergebnis meiner Prüfungen zu kennen. Und am Abend rief Lewis an. Ich war eine Gesangsstudentin. An der Mannheimer Musikhochschule. Stolz und glücklich.

Pamina hat Hunger

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