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Feinfühligkeit – Fluch oder Segen?

Lotta legte ihre Hand um eine große Tasse Cappuccino. Ihre Finger wurden gleich schön warm. Mit geschlossenen Augen nahm sie den ersten Schluck. Lisa, die Bedienung, hatte ihr extra viel Milchschaum auf den Kaffee gegeben. Eine Flocke davon klebte jetzt auf Lottas Nase. „Mmmmh...“, schnurrte sie.

Tom erfreute sich daran, sie einfach nur anzusehen. Sie saßen beim Frühstück im Wintergarten. Das Licht fiel durch die großen Glasflächen hinein, vor ihnen breitete sich eine offene Landschaft aus. Grüne Hügel, Bäume, in der Ferne schmiegte sich ein Dorf in das Tal. Wie gut, dass sie dieses kleine Hotel entdeckt hatten. Nach ihrem Gespräch neulich im Wald hatten sie beschlossen, sich ein paar Tage aus dem Alltag herauszunehmen, um mal wieder zu sich zu kommen. Sich regelmäßig von der Welt zurückzuziehen, das brauchten sie beide, und das schon lange, bevor sie sich kennenlernten.

Über dieses gleiche Bedürfnis waren sie sofort ins Gespräch gekommen, als sie sich das erste Mal begegneten. Das war auf einer Party, ihre Blicke hatten sich gekreuzt, als jeder für sich etwas ratlos im Raum herumstand. Es war zu laut, zu viel Gedränge, und sie erkannten sich selbst in den Augen des anderen. Wie in einem stillen Einverständnis bewegten sich beide auf die Terrasse hinaus, wo sie erleichtert durchatmeten.

„Ich weiß ganz genau, wie es dir geht“, hatte Lotta danach das Gespräch eröffnet. „Zu viel los, zu viel Lärm, zu viele Eindrücke.“

„Ja, das bringt mich ganz durcheinander“, hatte Tom erwidert, „hier draußen ist es schon viel besser. Außerdem schätze ich ein gutes Gespräch gerade mehr als den Rummel da drin.“

Die Party war mittlerweile neun Jahre her, doch das Thema, anders zu sein, zog sich nach wie vor durch viele ihrer Gespräche. Irgendwie schienen Tom und Lotta andere Dinge zu brauchen als viele ihrer Mitmenschen, damit sie sich gut fühlten. Längere Ruhephasen gehörten dazu, aber auch, von wohlwollenden Menschen umgeben zu sein. Umgekehrt gingen sie aus vielen Situationen, die anderen gar nichts ausmachten, erschöpft hervor.

Nach und nach hatten sie herausgefunden, dass Kontakte und Begegnungen intensiver auf sie einwirkten, als es wohl bei anderen Menschen der Fall war. Wenn sie sich ausführlich mit jemandem unterhielten, übertrug sich sogar dessen Stimmung auf Tom und Lotta, so als ob sie alles mitfühlten. Sie spürten es, wenn ihr Gesprächspartner etwa Angst oder Trauer empfand. Wenn solch ein Kontakt länger andauerte oder sie sogar mit mehreren Menschen zu tun hatten, die von Problemen belastet waren, zehrte das regelmäßig an ihren Energiereserven.

Lange Zeit konnten sie dieses Phänomen überhaupt nicht einordnen, bis sie irgendwann herausfanden, dass dies mit ihrer Feinfühligkeit zusammenhing. Seit sie das erkannt hatten, konnten Tom und Lotta viele Dinge besser verstehen und akzeptieren. Zum Beispiel war es für sie normal geworden, eher mit einem befreundeten Pärchen essen zu gehen, als an Feiern oder Veranstaltungen teilzunehmen. Größere Menschenansammlungen waren einfach zu anstrengend für sie.

Selbst ihr Hotel hatten sie sich ausgesucht, weil es klein und überschaubar war, mitten im Grünen lag und Menschen anzog, die einfach die Ruhe genießen wollten, genau wie sie selbst. ,In dieser Hinsicht ist auf Lotta Verlass‘, dachte Tom. ,Sie hat einfach ein Händchen dafür, immer den passenden Ort auszusuchen.‘ Die Mitarbeiter hier waren aufmerksam und bemühten sich um jeden einzelnen Gast. Ihre Freundlichkeit wirkte nicht einstudiert, sondern ganz natürlich, und das fühlte sich gut an. Man merkte einfach, dass hier noch ein Familienbetrieb tätig war.

Tom erhob sich und schlenderte zum Buffet. Er ging immer wieder neugierig nachschauen, ob es etwas Neues gab, denn regelmäßig kam jemand mit irgendwelchen Leckereien aus der Küche. Jetzt gerade entdeckte er einen frischen Lachssalat, arrangiert in kleinen Gläschen, der vorhin noch nicht hier gestanden hatte. Und auch bei den Kuchenhäppchen gab es Neuzugänge, da konnte er nicht widerstehen. Kuchen und Lachssalat landeten auf einem Teller, und mit seiner Beute kehrte Tom zu Lotta an den Tisch zurück, wie ein Bär mit einem Topf Honig im Arm. Er nahm einen ersten Bissen von seinem Kuchen. Das Gebäck schmeckte nussig und war gleichzeitig schön saftig, dafür sorgten wohl die Rosinen.

So wie es aussah, würde sich das Frühstück noch ein wenig in die Länge ziehen, eine gute Gelegenheit, sich in Ruhe auszutauschen. Es war wieder einmal das Thema Feinfühligkeit, das Tom beschäftigte, und er gab seinem Bedürfnis nach, mit Lotta über seine jüngsten Überlegungen zu sprechen. Ohne eine besondere Einleitung sagte er: „Feinfühlig zu sein, ist etwas Außergewöhnliches, aber derzeit können wir doch gar nichts damit anfangen. Bislang können wir diesen Teil unserer Persönlichkeit kaum ausleben, schon gar nicht bei der Arbeit.“

„Ja, ständig müssen wir das, was wir wahrnehmen, beiseite schieben und ignorieren“, bestätigte Lotta. „Es ist genauso, als würden wir dauerhaft unsere Gefühle, unsere Angst oder Wut unterdrücken. Dass das nicht gesund ist, ist längst bekannt, und trotzdem wird es von uns verlangt.“ Sie rührte heftig in ihrem Cappuccino, der dabei leicht über den Rand schwappte.

„Deshalb tun wir jeden Tag auf der Arbeit Dinge, die uns nicht liegen und uns viel zu viel Kraft kosten, und das nur, weil andere meinen, das sei die Norm.“ Tom dachte an den Zwanzig-Minuten-Takt, in dem er als Therapeut behandeln musste, etwas, was weder ihm noch seinen Patienten gerecht wurde. „Bei der ganzen Fließbandarbeit fällt das, was wir richtig gut können, unter den Tisch. Dabei sind unsere Fähigkeiten so wertvoll, gerade in der heutigen Zeit.“

„Es ist ja schon schwierig genug, anderen Menschen erst einmal begreiflich zu machen, welche Kraft unsere erweiterte Wahrnehmung mit sich bringt. Immer Umwege beim Arbeiten zu machen, ist anstrengend. Manchmal komme ich mir vor wie ein Alien.“ Lotta schnitt eine Grimasse, die ihr Gesicht tatsächlich etwas außerirdisch erscheinen ließ. „Wie mache ich den Erdbewohnern klar, wo meine Stärken liegen und dass sie vor allem ganz anders sind als ihre eigenen?“

Tom kostete von dem Lachs. Er war zart und leicht säuerlich mit Kapern angemacht, ein bisschen ungewöhnlich, aber sehr schmackhaft. „Wie willst du jemandem, der nicht lesen kann, erklären, wie viel Wissen in einem einzigen Buch stecken kann? Er kann sich das gar nicht vorstellen.“ Dieser Vergleich gefiel Tom. „Genauso ist es mit einem Menschen, der einfach nur in seinen gewohnten Bahnen denkt. Ihm ist ja gar nicht klar, dass er nur die Spitze des Eisbergs sieht. Dass es darunter noch viel mehr Infos gibt, das offenbart sich erst, wenn man mit einer erweiterten Wahrnehmung durchs Leben geht.“

„Wir sind ja früher auch davon ausgegangen, dass alle anderen so sind wie wir, also dasselbe wahrnehmen. Dass das keineswegs zutrifft, darauf muss man erst einmal kommen.“

„Deshalb war es ja für uns immer wieder verwunderlich, wie erwachsene Menschen so manches Mal zu seltsamen Entscheidungen gelangten. Für uns war es offensichtlich, dass sie damit schlecht beraten waren.“ Tom dachte daran, wie ihn die eine oder andere Entscheidung der Verwaltungsleitung befremdet hatte, als er früher noch in einer großen Klinik gearbeitet hatte. „Und dann kommt noch ein Aspekt hinzu: Informationen wahrzunehmen, ist nur der erste Schritt, darauf zu vertrauen und entsprechend zu handeln, das ist noch einmal eine ganz andere Sache.“

Tom lehnte sich zurück und blickte nachdenklich aus dem Fenster. Draußen war alles friedlich, nur eine Amsel hüpfte auf der Suche nach einem Wurm über die Wiese. Tom hatte noch lebhaft vor Augen, wie er jahrelang mit den vielen Eindrücken, die er täglich sammelte, nicht umgehen konnte; sie überforderten ihn oft, er fühlte sich ihnen ausgeliefert. Das änderte sich erst, als er Lotta kennenlernte.

„Richtig, für uns war es ja auch ein langer Weg, bis wir unsere Wahrnehmungen einordnen konnten“, stimmte Lotta ihm zu. „Es hat lange gedauert, bis wir unserer Erfahrung vertraut haben, dass das, was wir spüren, in der Regel das Richtige ist, und dass es eher der Verstand ist, der uns in die Irre führt, wie klug wir auch immer sein mögen.“

„Mir hat damals geholfen, dass wir zwei angefangen haben, uns offen auszutauschen. Erst dadurch ist mir klar geworden, dass wir oft dasselbe wahrnehmen. Und wenn sich dann noch herausstellte, dass unsere Wahrnehmungen ins Schwarze trafen, war genau das natürlich immer wieder eine Bestätigung. Das hat mich enorm darin bestärkt, meiner Intuition zu vertrauen.“

„Ich empfand es vor allem als beruhigend. Auf einmal gab es jemanden, der meine Sicht der Dinge teilte. Ich war nicht mehr allein.“

„Ich habe den Eindruck, dass es sehr vielen Leuten ähnlich ergeht wie uns, sie aber nicht wissen, wie sie damit umgehen sollen.“ Gedankenverloren zerbröselte Tom ein Stück seines Kuchens. „Uns hat es jedenfalls sehr viel gebracht, unsere Feinfühligkeit weiterzuentwickeln. Es ist zum Beispiel immer noch verblüffend, sofort zu merken, ob dein Gegenüber lügt oder die Wahrheit sagt.“

Lotta grinste schelmisch. „Ich merke auch gleich, ob es jemand gut mit mir meint oder mich bloß vor seinen eigenen Karren spannen will.“ Sie fing an, sich für das Thema zu begeistern. „Oder auf dem Markt: Es ist gleich klar, welcher Gemüsestand frische Sachen hat und welcher nicht. Da gibt es keine Umwege mehr.“

Tom nickte begeistert. „Ich komme mir manchmal vor wie ein Seismograph, der schon geringste Erschütterungen erfasst und Alarm schlägt, wenn ein Fehler im System ist. Erinnerst du dich noch, wie wir neulich am Fischstand sofort gemerkt haben, dass wir zu viel bezahlen sollten? Ganz ohne zu rechnen oder den Bon zu kontrollieren, war klar, dass die Rechnung nicht stimmte, und wir konnten das Missverständnis gleich vor Ort ausräumen. Unser Gespür macht das Leben in solchen Momenten leichter, die Info kommt einfach zu uns.“

„Ja, das ist genial.“ Lotta sah sich wohlwollend im Frühstücksraum um. Einige Tische warteten noch auf Gäste. Auf ihnen standen kleine Vasen mit frischen Blumen und originell gefalteten Servietten, alles wirkte sehr einladend. „Denk doch nur an unsere Urlaube. Auch da können wir uns auf unser Gespür verlassen, statt stundenlang im Internet zu recherchieren. Wenn wir vor einem Restaurant oder einem Hotel stehen, wissen wir sofort, ob es etwas taugt oder nicht. Da müssen wir vorher nicht lange im Netz irgendwelche Bewertungen durchlesen.“ Lotta sagte das nicht ohne Stolz.

„Unsere Wohnung haben wir ja genauso gefunden. Schon beim Betreten war uns beiden klar, dass wir sie nehmen würden“, ergänzte Tom.

Mit einem Lächeln trat Lisa, die Bedienung, an den Tisch. Tom hatte sie herangewunken, um noch eine heiße Schokolade zu bestellen, die hier besonders gut war. Voller Vorfreude auf seine Schokolade sinnierte er, wie gut doch hier im Hotel alles zusammenpasste. Die Qualität zog sich durch, das zeigte sich in jedem Detail. „Warum ist es eigentlich nur im Urlaub so, dass das Umfeld für uns passt?“, sprach er seine Gedanken laut aus.

„Das ist ja kein Zufall. Wenn ich ein Hotel für uns aussuche, nehme ich ganz bewusst eines, in dem für uns alles passt. Das spüre ich.“

„Und hier können wir uns jederzeit aus dem Geschehen zurückziehen, wenn es uns zu bunt wird. Das kommt noch hinzu.“ Leicht betrübt setzte er nach: „Im Alltag geht das eben nicht. All diese Leichtigkeit verschwindet, wenn Menschen das Umfeld gestalten, die völlig anders ticken als wir – damit müssen wir uns dann arrangieren.“

„Und alle anderen auch. Es heißt ja nicht umsonst, dass wir in einer Stressgesellschaft leben. Schau dich doch um, selbst Menschen in den besten Jahren sind ausgebrannt und nicht mehr belastbar. Sie haben ihre Gesundheit ruiniert und es nicht einmal gemerkt. Kein Wunder, dass die Kliniken voll sind“, äußerte Lotta ihre Meinung dazu.

„Richtig, die, die mehr wahrnehmen, trifft es lediglich zuerst. Unter der Überlastung und der ständigen Reizüberflutung leiden ihre sensiblen Sinne.“

„Ja, das ist offensichtlich. Es strömt einfach zu viel auf uns ein.“

„Aus dem Grund ziehen wir uns ja auch regelmäßig zurück“, betonte Tom. „Wahrscheinlich können wohl die meisten feinsinnigen Menschen ihren grundlegenden Bedürfnissen im Alltag nicht mehr nachkommen. Das brauchen sie aber, um wirklich bei sich und gesund bleiben zu können.“ Dankbar nahm er einen Schluck von der dampfend heißen Schokolade, die Lisa vor ihm abgestellt hatte. „Da musst du erst einmal dahinterkommen, dass du nicht so leben kannst wie andere Menschen.“

„Und das alles nur, weil es grobe Menschen sind, die sich mit ihrem Machtstreben und ihren Ellbogen nach oben gekämpft haben oder eben dabei sind, das zu tun. Sie sitzen in den Führungspositionen und gestalten von dort aus unser aller Lebensbedingungen nach dem Motto ,schneller, höher, weiter‘.“

„Dabei hat dieses Mantra schon lange ausgedient. Es hat uns in eine Sackgasse geführt. Und zu allem Überfluss verhindert es, dass Menschen wie wir ihre Talente erkennen und in ihre Kraft kommen.“

„Auch dieser Lärm und dieser ständige Zeitdruck... Ich bin oft so mit Dingen um mich herum beschäftigt, dass ich kaum einen klaren Gedanken fassen kann.“

„Genau! Und dann wird uns eingeredet, wir seien nicht belastbar“, empörte sich Tom. „Dabei leisten wir dank unserer speziellen Talente Großartiges. Nur ist das für jemanden nicht fassbar, der nicht so ist wie wir, also jemand, der nicht ,lesen‘ kann.“ Bei dem Wort ,lesen‘ deutete er mit den Fingern Anführungszeichen in der Luft an. „Im Prinzip müsste man fast alle Führungskräfte noch einmal in die Schule schicken, um das Alphabet neu zu lernen.“

„Ich habe mich immer gefragt, wie ich als feinfühliger Mensch besser in der Gesellschaft leben und dort meinen Platz finden kann.“ Bei dem Gedanken, wie lange sie vergeblich auf der Suche war, tat Lotta sich selbst ein wenig leid. So viele Jahre waren dabei ins Land gegangen.

„Das ist ja gar nicht der Punkt!“, warf Tom ein. „Wenn es tatsächlich so ist, dass so viele Menschen heute feinsinnig sind, warum hat sich die Gesellschaft als Ganzes nicht entsprechend weiterentwickelt?“

„Wäre es dann nicht höchste Zeit, unsere Lebensweise zu überdenken?“ Lotta begann, sich für diesen Gedanken zu erwärmen.

„Auf jeden Fall. Unsere Lebensweise passt doch im Prinzip für niemanden mehr: nicht für feinsinnige Menschen, die den Anforderungen nicht standhalten, nicht für Alte und Kranke, die nicht mehr produktiv sind, nicht für Kinder, die bei dem ganzen Stress immer nur stören, und am Ende auch nicht für die groben Menschen, die nie zufrieden sind und immer mehr wollen.“

„So ist es!“, platzte es laut aus Lotta heraus. „Ich dachte mein ganzes Leben lang, ich bin falsch. Doch an mir liegt es gar nicht, tatsächlich ist es die Gesellschaft, die falsch ist.“

Diese Einsicht mussten sie erst einmal sacken lassen und verdauen. Das war ganz schön viel für eine einzige Mahlzeit.

Nach ihrem ausgedehnten Frühstück beschlossen Tom und Lotta, mit einem Spaziergang in den Tag zu starten. Mit all den Leckereien im Magen würde ihnen ein wenig Bewegung guttun. Sie ließen das Auto am Hotel stehen und stiegen gleich hinter dem Haus den Hügel hinauf.

Unterwegs dachte Tom mit Genuss an das Buffet zurück. Das war jedoch nicht alles, was ihn beschäftigte, denn das Gespräch beim Frühstück hatte ihn sehr nachdenklich gestimmt. ,Feinsinnig zu sein, ist doch keine Schande, nichts Unnatürliches!‘, dachte er, und dennoch kam es ihm gerade so vor. Wenn tatsächlich so viel mehr Menschen feinfühlig sind, als man meint, warum schweigt sich dann ein jeder darüber aus? Schämen sich die Menschen für ihr Gespür und ihre Empfindungen? Das kann gut sein, denn Schwäche zu zeigen, passt nun einmal nicht in das gängige Gesellschaftsbild. Sie macht angreifbar und wird deshalb gern vor den Blicken anderer verborgen. So hing Tom seinen Gedanken nach, die sich im Laufe des Spaziergangs mehr und mehr auflösten, ein ihm vertrautes Phänomen.

Der Aufstieg tat sein Übriges, um ihn abzulenken. Der Hügel war steiler, als sie erwartet hatten, so dass die beiden ganz schön außer Atem waren, als sie oben ankamen. Sie wurden jedoch mit einer Aussicht belohnt, die noch weiter reichte, als die vom Frühstücksraum aus. In der Ferne erblickten sie sogar einen See.

Während Tom und Lotta noch die Aussicht auf sich wirken ließen, zog sich der Himmel allmählich zu. Die Wolkendecke schloss sich immer mehr, und nach einer Weile wurde es diesig, es fing an zu nieseln. Sie nahmen das als Signal, um umzukehren, und entschieden sich dafür, den restlichen Tag in der Sauna zu verbringen. Sie würden heute hier draußen nichts verpassen und ihre Köpfe waren jetzt frei genug, um sich auf ein wenig Ruhe einzulassen.

Das Hotel verfügte über einen kleinen, aber feinen Saunabereich. Lotta machte es sich gleich auf einer Liege bequem, schnappte sich den Roman, den sie gerade las, und vertiefte sich in die Geschichte.

Tom wollte erst einmal einen Aufguss machen. Nachdem er die Sauna kurz gelüftet hatte, schloss er die Tür und gab etwas Minz-Limetten-Aroma in das Wasser, das in einem Holzkübel bereitstand. Anschließend begann er, die Flüssigkeit mit einer Schöpfkelle über die heißen Steine zu gießen. Während sie verdunstete, strömte ein angenehm frischer Duft durch die Sauna. Tom breitete sein Handtuch auf der warmen Holzbank aus und ließ sich darauf nieder. Als sich die ersten Schweißperlen auf seiner Haut bildeten, waren ihm schon die Augen zugefallen und er befand sich schon fast im Land der Träume.

Bewusstseinssprung ins neue Leben

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