Читать книгу Angst - Petra Ramsauer - Страница 5

Vorwort

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Natürlich werde dieser Text fragil bleiben und ausschnitthaft ausfallen, schreibt Jana Hensel am Beginn ihres Essays in der Wochenzeitung Die Zeit über die Folgen von Corona. „Die Pandemie hat ein Beben ausgelöst: Etwas völlig Neues, gänzlich Unvorhersehbares, nichts Planbares. Keinen politischen Umsturz, keine Revolution, aber einen emotionalen Umsturz.“1 Damit trifft sie exakt mein Grundgefühl beim Schreiben dieses Buches. Die Pandemie des neuartigen Corona-Virus hat wie ein Brandbeschleuniger latente Sorgen an die Oberfläche getrieben. Vor allem die Angst davor, dass alles anders werden kann. Von einer Sekunde auf die nächste.

„Folge deiner Angst, wenn du zwischen zwei Alternativen schwankst.“ – Diesen hilfreichen Rat habe ich als junge Frau aufgeschnappt. Einen zweiten habe ich leider erst als ältere Frau erhalten: wann immer der Furcht-Reflex hochkommt, eine Pause einzulegen. Es reichen ein paar Atemzüge. So öffnet sich der Blick. Um das Richtige tun zu können und nicht in Hektik zu verfallen. In brisanten Momenten in Konfliktgebieten hat mir dies möglicherweise oft das Leben gerettet. Doch es hat auch meinen Alltag wohltuend verändert.

Als Krisenreporterin ist mein Leben davon geprägt, mich diesem elementaren Gefühl mit möglichst klarem Kopf zu stellen. Diese Erfahrungen möchte ich hier mit-teilen. Es geht in diesem Buch nicht um Angst als Krankheit, sondern um die Angst als fundamentales Gefühl, das die Weichen einer Biografie stellt, sie lähmen, aber auch beflügeln kann.

Dieses Buch soll Mut machen, sich der Angst zu stellen. Es besteht aus vier Teilen, vier Aspekten, die mir relevant scheinen und über die zu schreiben ich das Bedürfnis hatte. Zunächst geht es um die Angst als Reporterin, die Bedeutung von Kriegsberichterstattung, wieso Risiken Sinn machen können, dass ich immer eine Ängstliche war und blieb. Im zweiten Abschnitt beschreibe ich die Anatomie des Gefühls der Angst. Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit der Macht der Angst und damit, warum die Pandemie des Corona-Virus zur Zäsur wird und was dies auch für unsere Wahrnehmung der vielen Krisen überall auf der Welt bedeuten wird. Abschließend schreibe ich über die Angst als traurigen Ausdruck des Zeitgeists und warum eine offene Auseinandersetzung mit dem Tod einen Ausweg aus der bedrückenden Dauer-Ängstlichkeit bieten kann. Warum eine wohlmeinende Fehlerkultur uns aus dem Korsett der Perfektion befreit und es gar nichts bringt, sich vor der Angst zu fürchten.

Mich hat eine schwere Tumor-Erkrankung als junge Frau tief geprägt. Mir geholfen, die Wahrheit, dass ich sterben werde, zu akzeptieren. Das hat mein Rest-Leben sehr zum Guten verändert. Deshalb plädiere ich dafür, sich der Tatsache, dass wir alle zerbrechliche Sterbliche sind, zu stellen. Angst, finde ich, sollte ein ungelebtes Leben machen, nicht der Tod.

Angst kann ein Ratgeber sein, ein Impuls für Wachstum, aber auch ein Gefühl wie ein Bremsklotz, das sich verstärkt, wenn es vermieden, ignoriert wird. Richtig Angst zu haben ist eine Kunst, vielleicht eine der wichtigsten Lektionen im Leben. Basierend auf meinen Erfahrungen als Krisenberichterstatterin möchte ich dem Phänomen auf den folgenden Seiten auf die Spur gehen. Es mit der Angst aufzunehmen, bedeutet erst einmal, von ihr zu wissen. Sich ihr, wie eben betont, ruhig und ausgeschlafen zu stellen. Sie als Teil unseres Lebens zu akzeptieren.

Angst

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