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I.

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Down. Im September 1842 waren Charles und Emma Darwin zum ersten Mal in den kleinen Ort 16 Meilen südlich von London gekommen. Ihre Kutsche rollte den Weg hinauf, Platanenblätter fielen vor ihnen auf den mit Feuersteinen gespickten Sand. Die Steine waren gespalten und offenbarten ihren blaugrauen Kern mit wirren Mustern aus blauen und weißen Äderchen, die sich in der Mitte verknäuelten und an den Rändern verloren. Die wenigen Menschen, die hier draußen lebten, wussten die geheimen Botschaften der Erde zu schätzen und hatten die Fassaden ihrer Häuser mit aufgeschlagenen Feuersteinen dekoriert.

Darwin und seine Frau passierten von London aus kleine Orte, in denen nur wenige Häuser und stets eine alte Kirche standen. Im Kirchgarten von Down, direkt gegenüber dem Pub »Georg und der Drache«, stand ein riesiger Lebensbaum, ein Solitär mit hohlem Stamm, in dem sich mindestens zehn Kinder zugleich verbergen konnten.

- Ja, entschied Darwin spontan, und Emma verstand ihn ohne Erklärung.

Das Paar erreichte ein Haus, das mit Efeu bewachsen war, und Darwin bestand darauf, zuerst die Umgebung zu sehen. Im Garten stand ein riesiger Maulbeerbaum, dessen Früchte man von den oberen Stockwerken aus pflücken konnte.

- Milton, sagte Darwin nur, und da Emma fast alle seiner Geschichten kannte, wusste sie, dass er sich wieder an den riesigen Maulbeerbaum im Garten des Christ College in Cambridge erinnerte, wo er studiert hatte. Dort hatte der große Dichter und Philosoph, diese Leuchte der englischen und der Weltliteratur, wenn nicht sogar der Weltwissenschaft oder der Wissenschaft von der Welt, John Milton, einen Maulbeerbaum gepflanzt, den Generationen von Gärtnern liebevoll pflegten. Niemand erwähnte jemals, dass dieser Baum das Zeugnis eines gescheiterten Traums von einer Seidenraupenzucht war, von dem Deutsche und Franzosen einst gleichermaßen besessen waren. Zuweilen stellten sich Studenten unter die tief herabhängenden Zweige und hofften auf Inspiration, zuweilen sogar auf Erlösung von echten oder vermeintlichen Sünden. Rund um den Stamm hatten Gärtner große Mengen Erde angehäuft, die nun mit einem dichten Teppich aus Efeu bedeckt war. Darwin, der dünne Student aus reichem Hause, hatte den Baum geliebt, er war nachts auf den Hügel geklettert und hatte sich in dem hohlen Stamm verkrochen, um dem Summen der Bienen zuzuhören, den Zickzackflug der Fledermäuse zu verfolgen, die Himmel und Hölle mit unregelmäßigen Stichen zusammennähten.

Und nun fand Darwin, fünfzehn Jahre später, wieder einen großen Maulbeerbaum vor. Er, seine Frau und die Kinder würden die Früchte aus dem Fenster der oberen Etagen pflücken können, wunderbare, säuerliche Beeren, die dunkelrote, markante und deshalb sehr gefürchtete Flecken hinterließen.

- Ja!, sagte Charles Darwin noch einmal und Emma gab ihm spontan recht.

Nachdem sie eine Weile unter dem Maulbeerbaum geruht und in den Himmel geschaut hatten, dessen Licht von den Blättern gefiltert wurde und gelblich und grünlich niederschien, gingen sie auf überwachsenen Pfaden in den Garten hinter dem Haus. Die Anlagen waren ein halbes Jahr ohne Pflege geblieben und das Ergebnis war für jeden Engländer ein Schock. Alles war verwildert und ungepflegt, nur der Rasen war bis zuletzt betreut worden, mochten die Eigentümer auch noch so krank und gebrechlich gewesen sein. Noch nachts und an zwei Krücken waren sie aufgestanden, hinausgeschlurft und hatten ihr Werk vollbracht.

War er dicht genug? Hatten sich nicht etwa Spitzwegerich oder gar Löwenzahn eingeschlichen? Oder, was noch schlimmer war, ein Käfer? War der Rasen feucht genug, aber nicht zu feucht? Vermittelte er beim Betreten das gute Gefühl, auf einem Perserteppich zu laufen, etwa so wie im Londoner Opernhaus, wo man in den Flor einsank und in dem man einen abgerissenen Knopf oder eine Brillantbrosche niemals wiederfand?

Rasenpflege war man dem Empire schuldig.

- Knopfkraut, sagte Emma.

- Braut im Schleier, antwortete Darwin.

- Heide.

- Kamille.

- Jelängerjelieber.

- Vergissmeinnicht.

- Hafer.

- Hornklee.

- Rotklee, Speise von tausend Eseln.

Sie lachten.

- Eine Rose, jubelte Darwin plötzlich, die Lord-Byron-Rose, rot-weiß gestreift.

Sie blieben lange stehen, um abwechselnd ihre Nasen ins Innere der auffälligen Blüten zu versenken, die sich weit geöffnet hatten und schon den Verwesungsgeruch des Herbstes in sich trugen.

- Und hier steht die Napoleon-Rose, ergänzte Emma lächelnd.

- ’Tis done – but yesterday a King! And arm’d with Kings to strive – And now throu art a nameless thing: so abject – yet alive!, deklamierte Darwin Byrons Ode an Napoleon Bonaparte.

- Aber es heißt auch: but once – the world was mine!, fügte Emma hinzu und meinte:

-Napoleon. . . Ich habe ihn immer bewundert, immerhin konnte er mit dem Säbel Champagnerflaschen köpfen.

Emma warf ihren Kopf mit einem Ruck nach hinten, wobei das Medaillon auf ihrer Brust herumflog und seine goldene Rückseite zeigte. Darwin schwieg ärgerlich, weil er Frankreich weniger liebte als seine Frau, die sich von Frédéric Chopin im Klavierspiel hatte unterrichten lassen. Außerdem beschlichen ihn unablässig Sorgen, nach den Goldfunden in Kalifornien könnten seine Investitionen wertlos werden, seine Kinder nicht den richtigen Platz im Leben finden und die Franzosen könnten das Empire besetzen. Bonaparte war tot, aber was hatte Napoleon III. vor?

- Bonaparte war übrigens auch nicht gesund, setzte Darwin das Gespräch nicht ohne Befriedigung fort, angeblich ist er vergiftet worden und an einem Leberleiden gestorben. Am Ende muss er völlig gelb ausgesehen haben. Ich habe in St. Helena von seinem Grab etwas Erde und einen abgeschlagenen Stein mitgebracht. Ich habe beides an Ehrenberg nach Berlin geschickt.

- Du hast was? Aber Charles!, sagte Emma und bekreuzigte sich, während sie ihn wie ein ungezogenes Kind anschaute.

Darwin

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