Читать книгу Feuerwächter - Philipp Beyer - Страница 5
Drei Monate später
ОглавлениеJacks alter Ford schaffte den Weg von der nächsten Eckkneipe bis zu seinem kleinen, bescheidenen Haus in wenigen Minuten. Als er völlig zerzaust und nach Bier und Zigaretten stinkend die Veranda betrat, war es kurz nach neun.
Es waren jetzt drei Monate vergangen, und Jack hatte sich immer noch nicht von dem Schock seines letzten großen Feuerwehreinsatzes erholt. Er hatte sich für längere Zeit beurlauben lassen und baute so unbezahlte Überstunden ab.
Mühsam holte er den Schlüssel aus der Jackentasche und öffnete die Tür. Er konnte ruhig laut sein, denn es war niemand da, der ihn erwartete. Jessica war für ein paar Wochen mit ihrer gemeinsamen Tochter Kristin zu ihren Eltern aufs Land gezogen. Sie brauche Abstand von ihm, hatte sie kurz vor ihrer Abreise gesagt. Für Jack war der spontane Kurzurlaub seiner Frau eine Trennung auf Probe. Dieser Schritt war schon lange überfällig gewesen, das wusste er.
Eigentlich hätte er jetzt jemanden brauchen können. Einen Menschen, der ihm zuhörte, der verstand, warum es ihm so schlecht ging. Dennis und die beiden Kollegen, die Jack noch zum Ausgang geführt hatten, waren tot. Das Mädchen war eine Woche später seinen schweren Brandverletzungen erlegen. Sein kleiner Körper war einfach zu schwach gewesen. Selbst diesen kleinen Trost, dass seine Kollegen nicht umsonst gestorben wären, hatte ihm Gott wohl nicht gegönnt. Er hasste ihn dafür. Hätte er Dennis nicht allein gelassen und wären sie zusammengeblieben, hätte er diese Tragödie verhindern können. Jedenfalls glaubte er fest daran.
Es war Ethin, das in die Luft geflogen war. Ein typisches Gas, das zum Schweißen benutzt wurde. Es hatte das Haus förmlich vom Boden gerissen und zum Einsturz gebracht. Der arbeitslose Schweißer und Vater der beiden Kinder war bereits verurteilt worden. Angeblich hatte er das Feuer aus Verzweiflung gelegt, um sich und seine beiden Töchter umzubringen. Und ausgerechnet er war gerettet worden. Man hatte ihn zuerst gefunden – mit fünf Promille im Blut.
Warum war nur dieser Bastard nicht gestorben, überlegte Jack, als er sein Haus betrat. Er bemühte sich, gerade zu gehen, doch seine Beine fühlten sich an wie Blei. Schnurstracks steuerte er auf die große Couch im Wohnzimmer zu und ließ sich wie ein nasser Sack darauffallen. Er blickte auf das neueste Familienfoto, das vor einem Jahr gemacht worden war. Die Welt schien darauf noch in Ordnung zu sein, aber es hatte damals schon gekriselt. Am meisten vermisste er seine Tochter. Ihr Lächeln war einfach zauberhaft.
Jack versuchte sich wachzuhalten. Er hoffte auf einen Anruf von Jessica. In seinen Ohren rauschte es. Er fiel in einen tiefen Schlaf und begann zu träumen.
„Bleib, wo du bist, Dennis!“, schrie er.
Er sah das tote Mädchen neben sich stehen, im Hintergrund ein Meer aus Flammen.
Sie lächelte Jack an, genau wie seine kleine Tochter es immer tat. Ihre Haut war völlig verbrannt, ihr Gesicht voller Brandblasen. Ihre Kopfhaut war schwarz und blutig. Hautfetzen mit Resten von Haaren hingen an ihr herunter. Jack konnte ihr verbranntes Fleisch riechen.
„Dennis ist dort drüben“, sagte sie zu ihm. „Er wollte dir helfen.“ Dann kicherte sie und lief zurück ins Flammenmeer.
„Warte!“, flehte er. „Bitte!“
Dann stieß er einen gequälten Schrei aus und erwachte aus seinem Albtraum.
Das Telefon auf dem Boden klingelte. Benommen nahm Jack den Hörer ab. „Miller.“
„Ich bin es“, sagte eine Frauenstimme am anderen Ende der Leitung.
„Jessica! Wie geht es euch?“ Er schielte auf seine Digitaluhr. Es war inzwischen nach zehn. Vorsichtig richtete er sich auf und versuchte, den Schlaf abzuschütteln.
„Uns geht es gut“, sagte sie. „Kristin hat dich sehr lieb, sie schläft schon tief und fest.“
„Ich habe sie auch lieb, sag ihr das bitte. Wann kommt ihr wieder zu mir zurück?“
Es wurde still, er hörte Jessica tief durchatmen. „Jack“, fing sie an, „ich liebe dich, das musst du mir glauben. Trotzdem brauche ich Abstand. Es war alles zu viel für mich. Dein Job, dieses Unglück, deine Launen und unsere Streitereien. Ich halte es für besser, wenn wir bis auf Weiteres getrennt leben.“
Ein fassungsloses Stöhnen drang über Jacks Lippen. „Warum tust du mir das an, Jessica? Ich habe drei Kollegen und ein kleines Mädchen verloren. Dass es zurzeit nicht einfach ist, weiß ich, aber …“
„Jack“, unterbrach ihn Jessica, „es ist nicht nur der schlimme Einsatz, es stimmt vieles andere auch nicht mehr. Lass uns erst einmal zu uns selbst finden. Mir tut es sehr gut, und ich denke, dir wird es ähnlich gehen.“
„Und was soll ich deiner Meinung nach tun, Jessica?“
„Such dir einen anderen Job, Jack. Einen Job, der familienfreundlicher und nicht so gefährlich ist.“
„Ich liebe meinen Job, das weißt du.“
„Ja“, antwortete sie. „Aber du siehst, was er aus unserer Ehe gemacht hat. Pass auf dich auf. Du hörst von mir, versprochen.“
Allmählich verlor er die Geduld. „Warum tust du mir das an?“, schrie er.
Mit voller Wucht warf er den Hörer gegen die Wand, ließ sich zurück auf die Couch fallen und schloss die Augen. Seine Gedanken kreisten immer wieder um seinen Traum und das Telefonat mit Jessica. Dann schlief er wieder ein.
Am nächsten Morgen beschloss Jack, seine Wache zu besuchen. Er brauchte jetzt die Aufmerksamkeit seiner Jungs, um mit den Ereignissen der letzten Wochen fertigzuwerden. Auch wenn er sich am liebsten verkrochen hätte, er war niemand, der vor einem Problem davonlief. Er war ein Kämpfer, ein Stehaufmännchen.
„Ich schaffe das alles“, sagte er zu sich selbst, während er in die 15. Straße von West Oregon einbog. Seine Wache war ein mehrstöckiges Gebäude mit sechs Fahrzeugtoren, das in den letzten zwei Jahren rundum saniert worden war. Das Gebäude war zwar alt, machte aber einen sehr gepflegten Eindruck. Sein oberster Boss, Oscar Stevens, hatte schon immer hohen Wert auf Disziplin gelegt. Sie hassten ihn für seine krankhafte Strenge, aber sie wussten auch, dass es ohne Disziplin in ihrem Job nicht ging. Einer musste sich durchsetzen und in diesem Männerhaufen für Ordnung sorgen.
Jack dachte an Stevens Worte: „Wie Sie zu Hause leben, ist mir egal, aber hier leben Sie nach den Regeln der Feuerwehr von Oregon. Bis zum Tod oder bis zur Rente. Haben Sie mich verstanden?“
Jack konnte noch heute seinen strengen und versteinerten Blick spüren. Es war damals eine harte, aber auch verdammt gute Ausbildung gewesen. Zu Stevens hatte Jack ein sehr gutes Verhältnis, es war sogar fast freundschaftlich. Aber sein Respekt vor ihm war immer noch genauso groß wie damals. Auch wenn er von seinem Boss in dieser schweren Phase unterstützt wurde, er ihn bat, wieder seinen Dienst aufzunehmen, ihm sagte, dass er absolut keinen Fehler gemacht habe. Jack war es egal, er war am Tiefpunkt seines Lebens angekommen und gab sich eine Mitschuld am Tod seiner Kollegen. Hätte er Dennis mitgenommen, hätten die anderen Kollegen ihn nicht suchen müssen. Jack hasste sich für seine Entscheidung in dieser Nacht, doch er war entschlossen, die Zeit durchzustehen. Er hatte es einfach noch nicht verarbeitet und weigerte sich, in ein Feuerwehrfahrzeug zu steigen, um das zu tun, was ihn immer stolz gemacht hatte: versuchen, anderen Menschen das Leben zu retten.
Heute wollte er auf seine innere Stimme hören, und er dachte erneut über das gestrige Gespräch mit Jessica nach. Mit langsamen Schritten betrat er die Wache durch ein offen stehendes Rolltor. Es war sein zweites Wohnzimmer, die Leute hier waren seine zweite Familie.
Jack nahm einen tiefen Atemzug. Er liebte den Geruch von Benzin, Schweiß und Ruß, der in der Fahrzeughalle lag. Es war kein penetranter oder ekeliger Geruch, aber man wusste sofort, wo man sich befand: in der Fahrzeughalle der städtischen Berufsfeuerwehr von Oregon.
Marc, der gerade dabei war, ein Fahrzeug zu polieren, blickte verwundert in Jacks Richtung. „Also wenn das nicht …“ Er wandte sich Jack zu und grinste freudestrahlend.
„Wenn man vom Teufel spricht …“, sagte eine andere Stimme.
Jack drehte sich zur anderen Seite um. Es war sein Chef. Er schien seit dem letzten Einsatz um Jahre gealtert zu sein und sah mitgenommen aus.
„Wie geht es dir?“, fragte er Jack.
„Es geht, aber es fällt mir immer noch sehr schwer zu glauben, was passiert ist.“
„Kann ich verstehen. Auch mir geht es schlecht, Jack. Aber uns trifft keine Schuld. Wir wussten von Gasflaschen, aber nicht von dem hochexplosiven Ethin. Es war ein Unfall. Dennis hatten wir gefunden. Er lebte und hatte sogar noch Luft zum Atmen. Wir sollten uns nicht die Schuld geben. Wir haben versucht, ein Kind zu retten und einen Kollegen zu finden, der sich scheinbar verirrt hatte.“
Jack nickte ihm zu. „Warum hat er nicht auf mich gehört, Chef? Er sollte warten, es waren keine fünf Meter zwischen uns.“
Sein Chef legte den Arm um ihn. „Vielleicht hat er ja etwas gehört und wollte nachsehen, was es war. Du weißt, wie es ist, wenn man jung ist. Man möchte seinen Kollegen zeigen, dass man es im Einsatz draufhat. Wer weiß, ich würde diesem Bengel sogar zutrauen, dass er das Zischen des ausströmenden Gases gehört hat. Er wollte nachsehen und hat sich dabei verlaufen. Jugendlicher Leichtsinn, vielleicht war er einfach zu übermütig.“
„Das war jeder von uns schon mal im Einsatz“, stimmte ihm Marc zu.
„Ihr habt vielleicht recht“, antwortete Jack zögernd.
Und sein Chef ergänzte: „Nur ist es bei uns damals gut gegangen.“
Jack nickte, gab sich aber mit den tröstenden Argumenten seiner beiden Kollegen nicht zufrieden. „Ich brauche trotzdem erst einmal Abstand. Vielleicht sollte ich mich für ein paar Monate versetzen lassen.“
„Jack, verdammt, wir brauchen dich hier. Es war nicht deine Schuld. Schau mich an. Glaubst du, ich mache mir keine Vorwürfe? Immerhin habe ich euch da reingeschickt.“
„Ja, Chef, aber du hast keinen jungen Kollegen an deiner Seite gehabt. Ich hätte besser auf ihn aufpassen müssen … Ich denke, meine Frau hat recht. Dieser Job tut mir und meiner Familie im Moment nicht gut. Wir sehen uns später.“
Jack lief zum Eingangsbereich des Flurs. Von hier aus konnte man zu den Sozial- und Schlafräumen sowie zu den Büros gelangen. Die bläulichen Fenster glänzten im Licht der Nachmittagssonne. Die Luft roch hier rein, fast schon steril. Der Flur schien wie leer gefegt zu sein. Außer einer älteren Putzfrau begegnete Jack niemandem. Es war auch kein Wunder. Immerhin steuerte er auf das Büro des Direktors zu. Das Büro von Oscar Stevens. Unsicher, was ihn erwarten würde, klopfte er an die alte Bürotür.
„Herein“, hörte er eine strenge Stimme sagen.
„Direktor Stevens.“
„Jack, mein Freund!“
Stevens, der in seiner Uniform wie ein alter Kriegsveteran aussah, erhob sich aus seinem Bürostuhl und trat auf Jack zu. „Ich hoffe, Sie kommen mit einer guten Nachricht zu mir. Sie wissen, worauf ich hinauswill, Jack.“
Jack nickte mechanisch und blickte auf die ausgedehnte Ansammlung von Auszeichnungen und Urkunden, die an der Wand hingen. Plötzlich begriff er, wo er sich befand und was Stevens hören wollte. „Sir, ich möchte mich versetzen lassen. Sie wissen, ich liebe meinen Beruf, aber ich muss mich erst wieder sammeln. Der Schock sitzt noch zu tief. Meine Frau hat sich von mir getrennt, es gibt zurzeit eine Menge Probleme. Ich halte eine Auszeit für sinnvoll. Ich brauche nur ein paar Monate, dann bin ich wieder der Alte.“
Stevens hob die Augenbrauen und holte tief Luft. „Jack“, sagte er ruhig, „Sie wissen, dass Sie einer meiner besten und treuesten Männer sind. Sie sind hier sehr beliebt. Wir brauchen Sie hier.“
„Es tut mir leid, Sir. Ich kann es noch nicht.“
Stevens drehte sich um und schaute aus dem Fenster. „Wohin soll ich Sie versetzen lassen, Jack? Eine andere Wache wäre unsinnig. Dann können Sie gleich hier bleiben. Im Rettungsdienst haben Sie auch mit Bildern zu kämpfen, die Sie zurzeit nicht gebrauchen können. Wohin möchten Sie?“
Jack wusste nicht recht, was er antworten sollte. „Vielleicht gibt es einen Bürojob oder einen Wachposten zu besetzen. Es wäre nur für eine befristete Zeit.“
Stevens hustete und wischte sich mit einem Taschentuch über den Mund. „Dass Ihre Frau mit Ihrem Beruf Probleme hat, weiß ich. Es tut mir leid für Ihre Ehe. Sind Sie sich hundertprozentig darüber im Klaren, wie lang eine befristete Zeit sein kann, Jack?“
„Ja, Sir.“
Stevens drehte sich um und sah Jack fragend an. Dann griff er zum Telefonhörer und wählte eine Nummer.
Jack rührte sich keinen Zentimeter von der Stelle. Er zweifelte nicht im Geringsten an seiner Entscheidung, jedenfalls in diesem Moment nicht.
„Oscar Stevens von der Feuerwehr Oregon. Sagen Sie, gibt es noch diese Stelle in Ihrem Bezirk? Ich habe einen ausgezeichneten Mann für diesen Job.“ Jack beobachtete Stevens’ Blick, er sah sichtlich gequält aus. „Ich werde Ihnen seine Akte zukommen lassen. Nein, er wird dafür geeignet sein. Er hat eine Frau und eine Tochter. Ich danke Ihnen für das Gespräch. Sie wissen, was zu tun ist, denke ich.“ Er legte auf, ohne Jack mit einem Blick zu bedenken. Danach ließ er sich in seinen Lederstuhl fallen und faltete die Hände.
Jack stand noch immer an derselben Stelle. Er rätselte, was Stevens jetzt mit ihm vorhatte, wohin er ihn versetzen würde.
Dann sah Stevens zu ihm auf und atmete tief ein. „Sagen Sie, Jack“, er überlegte einen Augenblick und versuchte, die passenden Worte zu finden, „kennen Sie sich mit Feuertürmen aus?“
Jack blickte ihn an. „Überraschenderweise nicht, Sir. Ich kann mir aber vorstellen, was die Aufgabe des Mannes sein dürfte, der auf solch einem Turm arbeitet.“ Er spürte, wie sich in seinem Magen ein Knoten bildete. Für kurze Zeit bereute er seine Entscheidung, doch dann sah er wieder die Bilder aus seinem Traum vor sich und dachte an Jessica und seine Tochter. Er wollte seine Familie nicht auch noch verlieren. Seine Ehe war ihm jetzt wichtiger als sein Ego.
Stevens schaute ihn mit fragendem Blick an. „Ich hoffe, Sie haben sich das alles sehr gut überlegt, Jack. Ich kann das nämlich nicht mehr so schnell wieder rückgängig machen, wenn Sie verstehen, was ich meine. Ich lasse Sie nach Forst versetzen. Dort gibt es an den Nationalpark angrenzend einen etwa fünfundsechzig Meter hohen Feuerwachturm. Der letzte Feuerwächter, der auch Feuerwehrmann war, ist unerwartet verstorben. Seitdem gibt es niemanden mehr, der das Waldgebiet von oben beobachtet.“
„Was ist dort genau meine Aufgabe, Sir?“
„Nun, es ist fast ein Bürojob. Sie müssen beobachten und dokumentieren. Den Rest wird man Ihnen vor Ort erklären, denke ich.“
„Wann kann ich dort anfangen?“
„Gleich morgen früh, wenn Sie wollen.“
Jack fiel ein Stein vom Herzen. „Das klingt nach dem, was ich gesucht habe.“
Stevens beugte sich vor, griff in seine Schublade, holte eine Landkarte heraus und reichte sie Jack. „Lesen Sie sich das gut durch. Dort finden Sie auch die Wegbeschreibung. Man wird vor Ort verlangen, dass Sie sich ein bisschen auskennen.“
„Woher haben Sie diese Stelle, Sir?“
„Ist das wichtig für Sie?“
Jack begriff, dass er mit Neugier nicht viel erreichen konnte. „Tut mir leid.“
„Es ist nicht schlimm, dass Sie fragen. Mir tut das alles leid, Jack, das mit dem Einsatz und jetzt auch noch das mit Ihrer Frau. Ich kannte den letzten Feuerwächter, er war mal ein guter Freund von mir. Ich konnte ihm damals diese Stelle über viele Kontakte besorgen. Er gab mir diese Karte, denn er wollte, dass ich ihn mal besuche. Dazu kam es aber leider nicht. Der Kontakt brach unerwartet ab, und er verstarb plötzlich.“
„Das tut mir leid.“
Stevens sah Jack traurig an, wirkte aber gefasst. „Versprechen Sie mir, dass Sie seinen Job gut machen, Jack? Er liebte diesen einsamen, aber dafür sehr entspannten Job. Ich bin mir sicher, dass er jeden Baum mit Namen kannte.“
„Wie lange gilt meine Versetzung?“
„Erst einmal für ein Jahr, danach möchte ich Sie wieder hier haben.“
Jack nickte zufrieden. Er nahm die Karte an sich und trat danach an den Punkt zurück, wo er zuletzt gestanden hatte. „Es wird sicher einige Zeit dauern, bis wir uns wiedersehen. Wie weit ist dieses Kaff von hier entfernt?“
„Mit ungefähr zweihundert Meilen müssen Sie rechnen. Sie sollten Ihre Frau informieren, wo man Sie ab nächster Woche finden und kontaktieren kann.“
„Das ist kein Problem, sie wird es verstehen, aber das ist nicht allein der Grund, warum ich das tue. Ich will einfach neue Kraft tanken. Drei Kollegen zu verlieren, auch wenn ich sie nicht lange gekannt habe, fällt mir einfach schwer.“
„Sie haben aber keine Schuld, Jack. Sie haben nach Vorschrift gehandelt und versucht, einem Mädchen das Leben zu retten.“
Jack wollte noch etwas fragen, doch eine innere Stimme riet ihm, es zu lassen. „Danke für alles, Sir. Ich verspreche, dass ich Sie nicht enttäuschen werde.“
Stevens erhob sich und reichte ihm die Hand. „Ich danke Ihnen, Jack. Kommen Sie heil wieder, und passen Sie mir auf den Wald auf!“
Einen Augenblick lang fühlte sich Jack in die Zeit zurückversetzt, als er seine Prüfung zum Feuerwehrmann bestanden hatte. Nachdem er sich von Direktor Stevens verabschiedet hatte, überbrachte er die Nachricht seinen Kollegen, die wie erwartet enttäuscht darüber waren, dass Jack sie verlassen würde. Die meisten konnten es aber nachvollziehen und wünschten ihm alles Gute.
Erleichtert verließ Jack die Wache und fuhr nach Hause. Er wollte noch heute mit Jessica sprechen, um ihr von seiner Entscheidung zu erzählen, auch wenn er wusste, dass sie nicht wieder zu ihm zurückkommen würde. Es beruhigte ihn aber, seiner Frau zu beweisen, dass er sie und Kristin nicht verlieren wollte – auch dann, wenn es für die Rettung seiner Ehe vielleicht schon zu spät war.