Читать книгу Rockstar Love - Ein Song für Holly - Poppy J. Anderson - Страница 8

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Cole hatte keine Ahnung, was ihn geweckt hatte, aber das Räuspern ganz in seiner Nähe war nicht zu überhören und ließ ihn den Kopf heben.

Gähnend rollte er sich auf den Rücken und wäre dabei fast von der Couch gefallen, auf der er eine ziemlich gemütliche Nacht verbracht hatte, wie er zugeben musste.

Normalerweise schlief er auf sehr viel kleineren, schmaleren und weniger gut gepolsterten Sofas, wenn er unterwegs war und hie und da bei Kumpels unterkam. Die meisten seiner Freunde waren ebenfalls Musiker, was in fast allen Fällen bedeutete, dass sie froh sein konnten, jeden Monat genug Geld für die Miete zusammenkratzen zu können. Daher blieb kaum Kohle für eine bequeme, große Couch übrig, auf der man sich nicht den Rücken verrenkte. Tatsächlich war Cole schon öfter morgens auf einer Couch aufgewacht, die ihm ein Freund oder ein Bekannter überlassen hatte, und hatte geglaubt, nachts verprügelt worden zu sein, weil ihm jeder Knochen im Leib wehgetan hatte.

Bei dieser Couch bestand solch eine Gefahr nicht. Aber Alexis war auch keine arme Künstlerin, die Gelegenheitsjobs nötig hatte, um zu überleben. Die Freundin seines Kumpels war eine der am besten bezahlten Musikerinnen des Landes – unter diesen Umständen war es kein Wunder, dass ihre Couch bequemer als manche Hotelbetten war.

Während er sich mit einer Hand übers Gesicht fuhr, sagte er sich, dass er langsam zu alt dafür wurde, auf Sofas anderer Leute zu schlafen.

Eigentlich hatte es ihm nie etwas ausgemacht, aus dem Koffer zu leben und durch die Lande zu tingeln. Bei seinen Jobs war es völlig normal, alle Wochen in eine andere Stadt, einen anderen Bundesstaat oder sogar in ein anderes Land zu kommen und dort seine Zelte aufzuschlagen. Seine letzte eigene Wohnung in San Diego hatte er irgendwann aufgelöst, weil er dort kaum noch gewesen war. Jetzt war er in Los Angeles und hatte in nächster Zeit ein paar Gigs auf dem Terminkalender, jedoch auch einige Angebote in anderen Städten sowie ein Festival in Europa, bei dem er als DJ auftreten sollte. Für eine feste Wohnsituation waren das keine optimalen Voraussetzungen.

Wie es aussah, würde er auch in den kommenden Monaten aus dem Koffer leben. Dabei war Cole an einem Punkt angelangt, an dem er gerne einen Rückzugsort hätte – seine eigenen vier Wände, in denen er entspannen und er selbst sein konnte. Mittlerweile war er vierunddreißig Jahre alt und begann es sattzuhaben, immer unterwegs zu sein, in einem unpersönlichen Hotelzimmer zu schlafen oder bei Freunden unterzukommen. Noch vor einigen Jahren war es aufregend gewesen, von einer Party auf die nächste zu kommen, ständig neue Leute kennenzulernen, regelmäßig in andere Länder zu reisen und nur so viel zu besitzen, wie man auch tragen konnte. Aber immer auf dem Sprung zu sein, passte zu jemandem in den Zwanzigern – mit Mitte dreißig machte Cole noch immer gerne Party und genoss seine Unabhängigkeit, dennoch wäre eine dauerhafte Bleibe nicht das Schlechteste.

Ein Ort, an dem er nicht von morgens bis abends den Entertainer spielen und ständig gute Laune haben musste.

Verdammt, der Job als DJ begann ihm unglaublich auf den Sack zu fallen! Er konnte nur hoffen, dass aus dem Revival von SpringBreak, von dessen Idee ihm Taylor gestern erzählt hatte, etwas wurde. Cole war nämlich Musiker und nicht der Typ hinter einem Mischpult, der die Zuschauer zum Feiern animieren sollte. Er wollte selbst Musik machen und nicht die Musik anderer auflegen ...

„Kaffee?“

Er hatte völlig vergessen, dass ihn jemand geweckt hatte, und setzte sich nun langsam auf, bis er aufrecht in einem Gewühl aus Decken und Kissen auf dem Sofa saß und zu Holly aufsah, die vor seiner Schlafstätte stand und zwei Tassen Kaffee in den Händen hielt.

Abwägend schaute sie ihn aus dunkelbraunen Augen an, und Cole erinnerte sich daran, wie weich der Ausdruck ihrer Augen geworden war, als er sie gestern geküsst hatte.

Woher das Bedürfnis gekommen war, sie zu küssen, wusste er nicht. Er wusste nur, dass sie ihm gefallen hatte – trotz der albernen Unterwäsche und trotz der Tatsache, dass sie ihn aus seinem Bett geworfen hatte. Er mochte streitbare Frauen. Mit ihnen wurde es nie langweilig.

Gestern Nacht war er unterwegs gewesen, hatte sich in einem Club eine Band angehört und hatte das Angebot zweier Mädels abgelehnt, mit ihm eine Privatparty zu veranstalten. Zum einen hatte Cole nicht Alexis’ Gastfreundschaft ausreizen wollen, indem er zwei völlig fremde und leicht angetrunkene Tussis in ihr Haus brachte, und zum anderen war er aus dem Alter raus, jedes Angebot auf Sex anzunehmen. Und Dreier hatten schon vor langer Zeit ihren Reiz verloren.

Wenn man bereits als Teenager so ziemlich alles ausprobierte, was in einem Bett passieren konnte, dann musste man mit Mitte dreißig nicht alles annehmen, was einem angeboten wurde. Außerdem war er ziemlich erledigt gewesen. Zu erledigt für ein Schäferstündchen mit zwei Mädels, deren Volljährigkeit vermutlich noch nicht lange zurücklag.

Daher hatte er auch geschlafen, als sich jemand zu ihm ins Zimmer geschlichen hatte. Erst weil ihm jemand die Bettdecke wegzog, war er wach geworden und hatte angenommen, dass es Taylor war, der sich – warum auch immer – in sein Bett verirrt hatte.

Umso überraschter und erfreuter war er gewesen, als sich herausgestellt hatte, dass sich Holly in sein Bett verirrt hatte. Er war zwar ein wenig verschlafen gewesen, hatte das Rededuell mit ihr jedoch genossen und sich fabelhaft amüsiert. Und ihr entsetzter Blick war einfach zu komisch gewesen, als er behauptet hatte, Taylor und Alexis beim Sex zu stören und sie zu bitten, leiser zu sein.

Gar nicht komisch war der Kuss gewesen, den Cole ihr anfangs aus reiner Neugierde gegeben hatte. Er hatte wissen wollen, wie sie reagierte, und war nicht darauf vorbereitet gewesen, wie gut sie schmeckte und wie sehr der Kuss ihn umhauen würde. Tatsächlich war jener Kuss so intensiv und leidenschaftlich gewesen, dass Cole es trotz seiner Müdigkeit bedauert hatte, allein schlafen zu müssen, nachdem Holly sein Angebot abgelehnt hatte, sie ins Zimmer zu begleiten. Wirklich müde war er nicht mehr gewesen.

„Danke.“ Er streckte die Hand nach der Tasse aus und nahm sie entgegen.

Holly schob ihre linke Hand in die Tasche ihrer winzigen Shorts. „Dank nicht mir, sondern Theresa. Sie ist für den Kaffee verantwortlich.“

„Theresa?“

„Alexis’ Haushälterin. Mein Tipp: Stell dich gut mit ihr, dann kocht sie dir diese unbeschreiblichen Tamales, die du sonst nirgendwo bekommst.“

Tamales klangen gut. Sogar sehr gut. „Ich werde es mir merken.“ Er nickte.

„Mh.“ Holly seufzte leise. „Hast du gut geschlafen?“

„Du meinst – nachdem du mich aus dem Bett geworfen hast?“ Grinsend schaute er zu ihr auf und nippte an seiner Kaffeetasse. „Ich habe ziemlich gut geschlafen. Deine Schwester besitzt die gemütlichste Couch, auf der ich jemals übernachtet habe. Und ich habe bisher auf sehr vielen fremden Sofas übernachtet, also weiß ich, wovon ich spreche.“

Ihre Mundwinkel zuckten, während sie die Augen verdrehte und ebenfalls an ihrem Kaffee nippte. Dass sie ihn dabei über den Rand der Tasse aus dunkelbraunen Augen ansah, ließ in ihm den Verdacht aufkommen, dass die kleine Schwester seiner Gastgeberin es faustdick hinter den Ohren hatte. Schüchterne und zurückhaltende Mädchen schauten einem Mann nicht derart offen in die Augen, wenn der halb nackt vor ihnen saß und sie ebenfalls interessiert musterte. Denn interessiert war er schon.

Wie sollte ein Mann auch nicht interessiert sein, wenn eine Frau in abgeschnittenen Jeansshorts und einem engen, ärmellosen Shirt vor einem stand und dabei die längsten Beine besaß, die er jemals zu Gesicht bekommen hatte? Holly mochte nicht zu den kurvigen Latinas gehören, die ihre prallen Hinterteile samt Stringtangas am Strand präsentierten, und sie war auch keine der wasserstoffblondierten Schönheiten, deren Brüste Ergebnis plastischer Chirurgie waren, aber das bedeutete nicht, dass sie nicht ziemlich sexy wirkte.

Sie war schlank, groß, besaß diese unglaublichen Beine und diese großen dunkelbraunen Augen. Dazu kam ein Mund, der zum Küssen wie geschaffen war – Cole hatte es schließlich selbst herausgefunden. Selten hatte er so weiche Lippen an seinen gefühlt und selten war ein erster Kuss so verdammt perfekt gewesen.

„Rück mal zur Seite.“ Wie selbstverständlich setzte sie sich zu ihm auf die Couch, stellte ihre Tasse auf dem Boden ab und machte es sich neben ihm bequem, indem sie hin und her rutschte. „Du hast recht – die Couch wirkt ziemlich bequem. Das ist mir vorher gar nicht aufgefallen.“

Cole brauchte einen Moment, um nach einer passenden Antwort zu suchen. „Willst du mir die Couch etwa auch noch abspenstig machen?“

Ihr Lachen war heiser und hatte nichts mit dem gekünstelten Kichern gemeinsam, das er ständig in Gegenwart irgendwelcher Mädchen ertragen musste, die sich an ihn heranmachten. „Nein, die Couch darfst du gerne behalten. Schließlich bin ich in ein paar Minuten eh wieder weg.“ Sie drehte den Kopf in seine Richtung und grinste dabei. „Vielleicht nehme ich das nächste Mal die Couch und du schläfst im Bett.“

„Oder wir schlafen beide im Bett“, schlug er gespielt beiläufig vor.

„Ha!“ Ihre Augen funkelten – jedoch nicht vor Empörung. „Das ist eine ganz schlechte Idee.“

„Wirklich?“ Cole konnte nicht anders, als breit zu lächeln. „Wenn es wirklich so eine schlechte Idee ist, frage ich mich, warum der Kuss so gut war?“

Er konnte sich täuschen, aber ihre Wangen bekamen einen rosigen Schimmer.

„Glückstreffer“, urteilte Holly knapp.

Räuspernd schlug Cole vor: „Wenn du darauf bestehst, können wir es meinetwegen gerne auf einen zweiten Versuch ankommen lassen.“

Sehr gelassen und keineswegs beleidigt erwiderte sie: „Ich dachte, ich hätte dir gestern Nacht bereits erzählt, dass ich nichts mit Musikern anfange.“

„Das sollte kein Problem sein, immerhin verdiene ich meine Brötchen mittlerweile als DJ.“

Als sie sich ein Stück zurücklehnte, streifte ihr nackter Arm seinen, und Cole wunderte sich, warum sich diese harmlose Berührung so gut anfühlte.

„Also bist du nicht nur das ehemalige Mitglied einer Boyband, sondern auch ein DJ?“

„Tja, ich habe viele Talente.“

„Ein DJ.“ Sie betrachtete ihn sinnierend und ließ dabei ihren Blick über ihn auf und ab wandern. Cole kannte diesen Blick – sie konnte noch so oft behaupten, nicht interessiert zu sein, aber das entsprach nicht der Wahrheit. „Tragen DJs nicht berufsbedingt eine Baseballkappe auf dem Kopf und ein paar schwere Goldketten um den Hals?“

Mit gebotenem Respekt entgegnete er: „Normalerweise schon, aber die Goldketten hinterlassen beim Schlafen unschöne Abdrücke.“

„Und was ist mit einer Baseballkappe?“

„Die stört nur beim Sex.“

Holly fragte mit einem Räuspern: „Du meinst beim Sex mit dir selbst?“

Sie war nicht auf den Mund gefallen – auch das gefiel ihm. „Das nicht, aber welcher Kerl holt sich schon einen runter, während er eine Baseballkappe trägt? Damit verdirbt man sich die ganze Aussicht.“

Ihr Gesicht verzog sich zu einem Lachen. „So genau wollte ich es nicht wissen!“

„Dann hättest du nicht fragen sollen.“ Langsam streckte er seine Beine von sich und musterte sie eingehend. „Ich glaube, mich hat noch nie eine Frau gefragt, welche Kopfbedeckung ein Kerl beim Masturbieren trägt.“

Holly kniff die Augen zusammen. „Vergiss einfach, dass ich gefragt habe. Es ist definitiv zu früh für dieses Gespräch.“

Cole gluckste amüsiert. „Wenn du willst, können wir das Thema ein bisschen später noch einmal aufgreifen.“

„Danke, aber ich verzichte lieber. Ich glaube sowieso, dass ich ab sofort keinen Mann mehr ernst nehmen kann, der eine Baseballkappe trägt.“

Schmunzelnd sah er ihr ins Gesicht, bevor er sich streckte. Währenddessen beobachtete sie ihn die ganze Zeit unverwandt, ohne Anstalten zu machen, wieder zu gehen. Cole hielt das für ein gutes Zeichen und fragte nach: „Wie sieht’s aus? Sollen wir zusammen frühstücken und danach zeigst du mir die Stadt?“

Sie zog eine Augenbraue in die Höhe und wollte mit ihrer leicht rauchigen Stimme wissen: „Brauchst du einen Stadtführer?“

Er war schon zigmal in Los Angeles gewesen und brauchte sicherlich niemanden, der ihm die Stadt zeigte, aber Cole ahnte, dass er viel Spaß haben würde, wenn er den Tag mit Holly verbrachte. „Unbedingt“, entgegnete er daher mit seinem charmantesten Lächeln.

Unverfroren tätschelte sie sein Knie. „Tja, daraus wird leider nichts. Aber du kannst ja an einer dieser Bustouren teilnehmen, bei denen man an den Häusern der Hollywoodstars vorbeifährt.“

Eine Spur von Enttäuschung kam in ihm hoch. „Soll das heißen, dass du mir nicht die Stadt zeigen willst? Und das nach dieser aufregenden Nacht, die wir beide im gleichen Bett verbracht haben?“

„Hey, ich habe dir immerhin einen Kaffee ans Bett gebracht.“ Sie verdrehte die Augen. „Außerdem habe ich keine Zeit. Ich muss zur Uni.“

„Es ist Samstag“, hob er hervor. „Wer fährt schon an einem Samstag zur Uni?“

„Ich.“ Holly gestikulierte mit ihren Händen ein bisschen herum. „An Samstagen ist die Bibliothek leer. Paradiesische Zustände.“ Sie rekelte sich wohlig.

Cole hatte keine Ahnung, wie man freiwillig seinen Samstag in einer Bibliothek verbringen und das auch noch paradiesisch nennen konnte. Für ihn wäre diese Vorstellung ein absoluter Albtraum. „Paradiesisch? Du findest eine leere Bibliothek paradiesisch?“

Sie zuckte mit den Schultern. „Wie man es nimmt – auf jeden Fall sind die guten Arbeitsplätze frei, es ist ruhig und die Präsenzbestände werden vor Ort sein. An Samstagen komme ich mit meiner Arbeit besser voran als in der Woche, wenn sich alle Studenten dort tummeln.“

In seinen Ohren hätte sie eine geheime Aliensprache reden können, er hätte sie auch dann nicht verstanden. „Was für eine Arbeit ist das, bei der du an einem Samstag in die Uni fahren musst, um den ganzen Tag in einer Bibliothek zu verbringen? Studierst du?“

„Eigentlich nicht“, entgegnete Holly. „Mein Studium habe ich bereits abgeschlossen. Ich will in der Literaturwissenschaft promovieren.“

„Du willst einen Doktortitel“, antwortete Cole ruhig.

Er wusste, was es hieß, zu promovieren, schließlich besaßen in seiner Familie alle einen Doktortitel – alle außer ihm. In den letzten Jahren hatte es kaum ein anderes Thema gegeben, wenn er nach Hause gekommen war, um seine Eltern zu besuchen. Erst der Doktortitel seines Bruders und dann der Doktortitel seiner Schwester. Zwar hatte Cole nicht immer besonders intensiv zugehört, aber immerhin hatte er verstanden, dass es ziemlich zeitaufwendig, anstrengend und mühsam war, eine Doktorarbeit zu schreiben. Und besonders clever musste eine Person ebenfalls dafür sein. Allem Anschein nach gehörte auch Holly mit den langen Beinen und dem weichen Kussmund zu denen, die clever genug waren, um in der Schule, am College und an der Uni zu glänzen.

„Ja, das ist mein Ziel, auch wenn es noch etwas dauern wird. Geoffrey Chaucer“, fügte sie hinzu, als würde das alles erklären.

Ebenso ernst widersprach er: „Nein, ich heiße Cole Maddox.“

Amüsiert stieß sie ihn in die Seite, als hätte er gerade einen Witz gerissen. „Wie du heißt, weiß ich, Cole. Mein Thema ist Geoffrey Chaucer.“

„Geoffrey wer? Muss man den kennen?“, wollte er wissen und nahm einen weiteren Schluck Kaffee, während er verfolgte, wie Holly mit der Zunge schnalzte. Für ihn war es leichter, herumzublödeln und den Spaßvogel zu spielen, als zuzugeben, dass er den Namen Geoffrey Chaucer noch nie gehört hatte.

„Chaucer gilt als der Begründer der englischen Literatur“, informierte sie ihn, leichthin. „Er hat die Canterbury Tales geschrieben.“

„Also muss ich ihn nicht kennen?“

„Nicht, wenn du keine Gedichte auf Mittelenglisch magst.“

„Was zum Teufel ist Mittelenglisch?“ Er runzelte die Stirn. „Das klingt nach einer Episode aus Game of Thrones.“

Auch das schien Holly komisch zu finden. „Mittelenglisch ist die Sprache, die im damaligen England zwischen dem zwölften und dem fünfzehnten Jahrhundert gesprochen wurde.“

„Himmel.“ Er stöhnte. „Das ist ja schon ewig her! Und darüber willst du eine Doktorarbeit schreiben?“

„Scheint so.“

Cole schüttelte den Kopf. „Du siehst nicht wie jemand aus, der sich mit uralten Gedichten befasst.“

„So? Wie sehe ich denn aus?“

Grinsend erwiderte Cole: „Das möchte ich lieber nicht sagen. Auf jeden Fall habe ich nicht angenommen, dass du deine Samstage in einer staubigen Bibliothek verbringst, als ich dich gestern Nacht kennengelernt habe. Ich dachte, man könnte mit dir Spaß haben.“

Holly kniff die Augen zusammen, wirkte aber keineswegs beleidigt. „Wer sagt, dass man in einer staubigen Bibliothek keinen Spaß haben kann?“

„Der gesunde Menschenverstand.“

„Ha! Wieso kommst du nicht mit und verbringst den Tag in der Bibliothek?“

Jetzt musste er tatsächlich lachen. „Nichts für ungut, aber ich habe es bereits während der Highschool erfolgreich vermieden, meine kostbare Freizeit inmitten von Büchern zu verbringen. Warum sollte ich also jetzt damit anfangen?“

„Weil ich dabei sein werde.“

Cole legte den Kopf schief. Er war nicht so leicht aufs Glatteis zu führen, wie Holly vielleicht dachte. „Wie wäre es mit einem Gegenvorschlag? Wir vergessen die Bibliothek und verbringen den Tag mit etwas, was wirklich Spaß macht.“

Sie schenkte ihm einen langen Blick. „Lass mich raten: mit Sex?“

„Das hast du gesagt.“ Geradezu verteidigend hob er beide Hände in die Höhe. „Eigentlich wäre ich für den Anfang mit dir nach Venice gefahren oder zum Wandern in die Berge, um Spaß zu haben, aber wenn du direkt loslegen willst ...“ Er ließ den Satz unvollendet und lächelte.

Holly schüttelte den Kopf und erhob sich zu seinem Leidwesen von der Couch. „Tja, so verlockend das Angebot ist, aber ich fürchte, ich muss jetzt wirklich los.“ Sie blinzelte ihm zu. „Du weißt schon – den ganzen Tag in einer staubigen Bibliothek verbringen.“

„Schade. Es wurde doch gerade erst richtig interessant.“

Sie verschränkte die Arme vor ihrer Brust und klopfte mit ihrem rechten Fuß ungeduldig auf den Boden. „Hat deine Flirtmethode schon einmal funktioniert?“

„Willst du die Wahrheit wissen?“

„Unbedingt.“

„Immer.“ Cole grinste breit. „Sie funktioniert immer.“

„Ts!“ Als sie den Kopf schüttelte, fiel ihr eine Strähne ihres kurzen dunkelbraunen Haares in die Stirn. „Ich sage es ja nur ungern, Cole, aber ich denke, dass du bei den Frauen nicht wegen deiner Sprüche landest, sondern wegen deines hübschen Gesichts.“

Er fasste sich gespielt betroffen ans Herz. „Sag das nicht! Ich habe gedacht, dass die Frauen auf meinen Charme, meinen Witz und vielleicht auf meinen Arsch stehen – und jetzt raubst du mir diese Illusion!“

„Du hast ja auch einen tollen Arsch.“

„Also hast du dir meinen Arsch angeschaut?“

Keinesfalls beschämt oder ertappt nickte sie. „Natürlich habe ich das. Er sieht schließlich ziemlich nett aus.“

„Oho.“ Er nickte ihr zu. „Wer flirtet denn jetzt mit wem?“

Anstatt zu antworten, hob sie eine Hand und winkte lässig. „Es war echt nett mit dir, Cole, aber ich muss wirklich los.“

„Danke für den Kaffee.“

„Danke fürs Bett. Man sieht sich.“

„Das hoffe ich doch.“

Ihr heiseres Lachen war noch zu hören, als sie das Wohnzimmer bereits verlassen hatte.

Cole sah ihr nach, bis sie verschwunden war, und blieb ein paar Momente sitzen, während er darüber nachdachte, dass es lange her war, dass er ein derart lockeres Gespräch mit einer Frau geführt hatte. Holly war ziemlich cool. Auf jeden Fall war sie sehr viel cooler und zugänglicher als alle anderen Akademiker, die er kannte. Normalerweise konnte er mit Leuten, die ihre Freizeit in Bibliotheken verbrachten, nicht viel anfangen.

Wie er aus eigener Erfahrung wusste, konnten Akademiker richtige Arschlöcher sein, die sich selbst gerne für die klügsten und wichtigsten Exemplare der gesamten Menschheit hielten und anderen das Gefühl gaben, ihnen überlegen zu sein. Sein Bruder gehörte in diese Kategorie hinein, weshalb es Cole mittlerweile mied, ihn allzu oft zu treffen, schließlich ließ Carl ihn bei jeder Begegnung wissen, dass er so viel cleverer war als er und dass seine Arbeit so viel bedeutsamer war als Coles Job.

Gähnend erhob er sich, fuhr sich über das Gesicht und schlug anschließend die Bettdecke aus, die er sich gestern aus Hollys eigentlichem Zimmer gemopst hatte. Anschließend faltete er sie zusammen, weil er sie zusammen mit dem Kopfkissen nach oben bringen wollte.

Bevor er jedoch seinen Plan in die Tat umsetzen konnte, stand Alexis in der Tür zum Wohnzimmer und sah ihn fragend an.

„Guten Morgen“, begrüßte er sie fröhlich und kam nicht umhin, zu bemerken, wie unterschiedlich die beiden Schwestern aussahen. Die blonde Alexis, die mit nackten Füßen vor ihm stand und sich einen Bademantel eng um die Taille gebunden hatte, war erheblich kleiner als ihre jüngere Schwester und wirkte femininer als die burschikose Holly mit ihren kurzen Haaren und dem sportlichen Körper. „Du bist ziemlich früh wach.“ Auf jeden Fall war sie ziemlich früh auf, wenn man bedachte, dass sie in der vergangenen Nacht wenig Schlaf bekommen hatte.

„Guten Morgen“, erwiderte sie ein wenig zurückhaltend. „Ich wollte eine Runde schwimmen gehen.“ Alexis räusperte sich und fragte verwundert nach: „Hast du etwa hier geschlafen?“

„Ja, deine Couch ist saumäßig bequem.“

Seine Gastgeberin runzelte die Stirn und betrat langsam das Wohnzimmer, während sie die Couch musterte. „Ich dachte, Taylor hätte dir dein Gästezimmer gezeigt.“

„Hat er auch“, bestätigte er.

„Stimmt etwas mit dem Zimmer nicht?“

„Das ist eine lange Geschichte.“ Er winkte ab, weil Cole sicher war, dass Alexis vor Verlegenheit im Boden versunken wäre, wenn er ihr erzählt hätte, dass Taylor und sie Holly mit ihrem lautstarken Sexmarathon aus dem Schlaf gerissen hatten. Er hatte sie erst gestern kennengelernt und im Gegensatz zu ihrer Schwester wirkte Alexis ein bisschen zurückhaltender Fremden gegenüber. „Ich habe deine Schwester kennengelernt.“

Nun blinzelte sie. „Tatsächlich? Du hast Holly kennengelernt?“

„Sie war so lieb und hat mir einen Kaffee gebracht“, erklärte Cole und deutete auf den Kaffeebecher, der neben der Couch stand. „Vor ein paar Minuten ist sie zur Uni gefahren.“

Selbstverständlich vermied er es, Alexis zu erzählen, dass sie beide in der letzten Nacht hemmungslos geknutscht hatten, bevor Holly ihm die Tür vor der Nase zugeschlagen hatte. Und sie musste auch nicht wissen, dass ihre kleine Schwester für den Ständer in seinen Boxershorts verantwortlich gewesen war. Seine Gastgeberin sollte ihn schließlich nicht für einen Sexualstraftäter halten, der keine Gelegenheit ausließ, sich an Frauen heranzumachen.

„Ich wusste gar nicht, dass sie heute Nacht hier schlafen wollte.“ Alexis runzelte die Stirn. „Meine Schwester kann manchmal ziemlich spontan sein und weiht mich selten in ihre Pläne ein. Ich hoffe, sie hat dich nicht gestört.“

Abgesehen davon, dass sie ihn aus seinem Bett geworfen hatte und für den wahnsinnigen Kuss verantwortlich war, der ihn nicht hatte schlafen lassen? Nein, abgesehen davon hatte sie ihn nicht gestört. „Wir haben uns ein bisschen unterhalten“, wiegelte er ab. „Über ihre Doktorarbeit und so.“

„Über ihre Doktorarbeit?“ Nun musterte sie ihn skeptisch. Er konnte es ihr nicht verübeln, denn Cole hätte ebenfalls Lunte gerochen, wenn ein halb nackter Typ auf seiner Couch gesessen und behauptet hätte, sich mit seiner rattenscharfen kleinen Schwester nur über deren Doktorarbeit zu unterhalten. Alexis war schließlich nicht blöd.

„Geoffrey Chaucer“, entgegnete Cole wie selbstverständlich. Irgendwie schaffte er es, den unschuldigen Gesichtsausdruck beizubehalten. „Mittelenglische Gedichte wie die Canterbury Tales. Faszinierend.“

„Äh ... ja. Genau.“

Es war Zeit, das Thema zu wechseln, weshalb er freundlich meinte: „Danke, dass ich hier schlafen kann, Alexis. Ich weiß das sehr zu schätzen.“

Sie lächelte schwach. „Nichts zu danken, Cole.“

„Wenn ich dir auf den Keks gehe, musst du es nur sagen.“ Er klemmte sich das Kissen unter den Arm.

„Ich denke nicht, dass es dazu kommen wird.“ Nun wirkte ihr Lächeln entspannter. „Außerdem ist ja auch noch Taylor da, dem du auf die Nerven fallen kannst.“

„Genau. Apropos Taylor“, wollte er leichthin wissen. „Wo steckt der faule Kerl eigentlich?“

„Er schläft noch.“

„Ah.“ Verständnisvoll nickte er.

„Mh.“ Alexis wandte den Blick ab und schob die Hände in die Taschen ihres Bademantels. „Wenn du mich entschuldigen würdest, aber ich glaube, ich schwimme ein paar Bahnen vor dem Frühstück.“

„Viel Spaß. Holly hat mir bereits geraten, mich mit Theresa gut zu stellen, damit sie mir ihre Tamales zubereitet.“

„Da wünsche ich dir viel Glück“, verkündete sie und verdrehte die Augen. „Was ihre Tamales betrifft, ist Theresa sehr zurückhaltend und macht sie nur in absolut seltenen Fällen. Glaub mir, ich weiß, wovon ich spreche, immerhin bettele ich regelmäßig.“

„Das sollte kein Problem sein“, erwiderte er siegesgewiss und zwinkerte ihr zu. „Es gibt nur wenige Frauen, die mir etwas abschlagen können.“

Alexis hustete bedeutungsvoll. „Wenn du meinst ...“ Sie zeigte auf seinen nackten Oberkörper. „Ach, Cole?“

„Ja?“

„Willst du dir vorher vielleicht etwas anziehen?“

„Wieso? Stimmt etwas nicht?“

„Du trägst lediglich Boxershorts.“

„Und?“

Sie wirkte frustriert, als sie laut seufzte. „So nett dein Anblick am frühen Morgen auch ist, aber in dem Aufzug könntest du dein Geld an einer Stange verdienen und Magic Mike Konkurrenz machen.“

„Ich weiß.“ Er grinste breit. „Und genau deshalb werde ich mich nicht umziehen, schließlich will ich diese Tamales wirklich unbedingt probieren. Welche Frau kann zu diesem Anblick schon Nein sagen?“

Rockstar Love - Ein Song für Holly

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