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3. Kapitel
ОглавлениеAb Nach Holland
Früh am nächsten Morgen herrschte Krisenstimmung in der Küche. Es gab nichts Neues über den Vater. Und Kristoffer nervte.
- Warum können Jonathan und ich nicht mitkommen? Das Flugzeug hat Platz für vier! Ach, bitte bitte, bettelte er beim Frühstück.
Kristoffer saß im zerknitterten T-Shirt und Unterhosen und aß ein Stück Toast mit Butter. Zum vierten Mal versuchte er seine Mutter umzustimmen.
- Hör jetzt auf! Ich will nichts mehr davon hören. Es ist beschlossene Sache. Ihr bleibt zuhause!
Die Mutter lag noch ein Stück Toast auf Kristoffers Teller. Just in diesem Moment kam Großvater in die Küche. Fit wie ein Turnschuh und voller Elan.
- Wir fliegen um 8.00 Uhr. Richtung Westen über Alsen. Dann über Husum und weiter Richtung Cuxhaven…
- Nein danke, sagte Großmutter, die neben Kristoffer saß.
- Wir möchten nicht die ganze Strecke hören. Setz dich hin und iss etwas, bevor es losgeht.
Großvater setzte sich hin und es wurde still um den Tisch. Jonathan war als einziger noch nicht aufgestanden. Er schlief lange. Kristoffer verschwand kurz danach mit einem Teller voller Essen aus der Küche.
- Ich gehe mich im Zimmer anziehen!
Das Handy der Mutter klingelte. Sie ging schnell ran. Was wenn…
- Ja, okay. Das sage ich Großvater. In 20 Minuten. Gut!
Enttäuscht legte sie wieder auf. Es war nicht Per am Telefon. Es war ihr eigener Vater. Er und Oma waren auf dem Weg. Sie schaute das Handy an und seufzte. Sie war müde nach der unruhigen Nacht. Obwohl die Jungs gestern zu ihr ins Schlafzimmer gerückt waren, hat sie unruhig geschlafen. Sie wurde mehrmals wach und hat lange überlegt, wo ihr Mann wohl war? Sie hoffte auf baldige Neuigkeiten. Oder das die Reise der Großeltern Neues ans Licht bringen würde.
Eine halbe Stunde später regnete es über der Landebahn. „Die Goldene Gans“ und die zwei Männer an Bord warteten am einen Ende der langen Grasbahn. Das Flugzeug war eine alte Cessna 172K, die über viele Jahre Touristen herumflog. Großvater hatte die Maschine gekauft und sorgfältig auseinander genommen, bevor er sie mit der gleichen Sorgfalt wieder zusammenbaute. „Die Goldene Gans” war ein Spitzenflieger.
- Das waren wohl die letzten Tropfen, meinte Großvater und schaute unter den Flügel heraus, in Richtung einer kleinen grauen Wolke.
Der Scheibenwischer entfernte die Tropfen von der Windschutzscheibe und das Gebläse lief volle Pulle, um Tau in der Kabine zu verhindern. Großvater und Opa saßen auf den Vordersitzen der Maschine. Beide hatten Kopfhörer auf, damit sie im ohrenbetäubenden Lärm der kleinen Maschine mit den Kennbuchstaben Oy bky miteinander reden konnten. Der Regen hörte auf und Großvater gab Vollgas.
„Brrrrrrriiiiinnnnnn…”
„Die Goldene Gans” brauste entlang der feuchten Grasbahn und hob nach ein paar Sprüngen und einen kurzen Anlauf ab. Schnell stiegen sie aufwärts, drehten 180 Grad und flogen nach Südwesten. Vor ihnen lag ein Flug von vier Stunden und danach die holländische Westküste, wo sie in der Nähe der Kleinstadt Valkenburg landen würden.
Als sie in der Luft waren, nahm Großvater Kontakt mit Copenhagen Information auf, wo ein Fluglotse ihren Flug aus dem dänischen Luftraum verfolgte:
- OKY VFR Mittelfünen/Valkenburg, gerade Airborne Mittelfünen, zwei Personen an Bord, Endurance vier Stunden. Ich squeake 7000. Ich bin bei 2000 Fuß - erwarte ALSIE um 08.28 Uhr.
Schnell hörten sie die Antwort in den Kopfhörern:
- OKY Roger, Squeak 078 und melde ALSIE!
Großvater antwortete der unsichtbaren Person in Kopenhagen, die die genaue Luftraumposition beobachtete. Die Reise hatte begonnen.
Nach einer halben Stunde flogen Sie über den Kleinen Belt. Sie genossen den Blick auf die vielen Segelboote, die das schmale Fahrwasser befuhren. Über Land sahen sie unzählige grüne Kornfelder und gelbe Rapsfelder. Sie trafen auch ein zweimotoriges Privatflugzeug, das in größere Höhe als sie flog. Die zwei Männer redeten miteinander. Der Flug verlief einwandfrei. Ganz anders als beim Abschied auf dem Flugplatz. Kirsten weinte und Großmutter und Oma konnten ihre Anspannung nicht verbergen, und baten ihre Männer mehrmals aufzupassen. Nur Kristoffer wirkte normal, als sie alle zum Flugzeug gingen.
- Gute Reise. Jonathan schläft noch. Das ist wohl auch besser so. Er war ziemlich sauer gestern Abend, quatschte der kleine Bruder, während die zwei älteren Herren an Bord kletterten.
Kristoffer war auch sehr behilflich und hatte vorweg ihre Taschen mit Kleidung in den Gepäckraum verstaut. Er knallte förmlich die Türen zu nach ihnen und winkte eifrig, als sie losflogen.
- Wollen wir nicht eine Tasse Kaffee trinken? Wir haben doch eine Thermoskanne mit. Und Käsebrötchen. Schnappst du sie? Großvater schaute Opa an, der sofort seine Kopfhörer abnahm und sich nach hinten streckte. Dort stand die Tasche mit Kaffee und Essen. Aber wo waren die Becher?
- Ach ja, es fiel ihm ein. Sie waren ja in seiner eigenen kleinen Reisetasche, die Kristoffer hinter die Rücksitze packte. In den kleinen Gepäckraum der Maschine. Als er sich über die Sitze lehnte und nach unten schaute, bekam er einen Schock:
- Meine Güte..! Das kann nicht sein. Was machst du hier, du Lümmel?
Opa starrte Jonathan an, der zwischen den Taschen lag.
- Opa, hör mal!
- Nein, du hörst jetzt mal. Komm hoch da! Opa versuchte wütend und ernst auszusehen, aber es war ihm klar, dass er schmunzelte. Er reichte Jonathan die Hand und holte ihn aus der Enge heraus. Er half seinem Enkel auf einen Passagiersitz und gab ihm Kopfhörer auf. Danach kletterte er zurück nach vorne zu Großvater, der alles mitbekommen hatte.
- Blinder Passagier, was? Das geht nicht. Deine Mutter wird außer sich sein! Opa drehte sich zu Jonathan und fügte hinzu:
- Wir kehren um und bringen dich nachhause!
- Nein! Stopp! Wir sind schon so weit geflogen. Ich möchte so gerne mitkommen. Ich will da sein, wenn Papa wiederkommt. Das versteht ihr doch? Kristoffer weiß Bescheid. Er wird Mama besänftigen. Das kann er gut.
- Was meinst du? Großvater und Opa schauten sich an, Opa war gerade dabei einen Becher mit Kaffee zu füllen. Auf seinem Schoß lagen ein Paar Käsebrötchen, die schon ausgepackt waren. Er reichte Großvater den Becher und ein Brötchen und antwortete:
- Ich finde, dass wir jetzt zu Dritt sind. Wer sagt denn, dass wir Jonathan gerade jetzt entdecken? Es könnte auch erst in Holland sein. Verstehst du?
Großvater lachte und nahm einen Schluck Kaffee.
- Na gut. Lasst uns weiterfliegen.
Jonathan nahm erleichtert ein Käsebrötchen an, denn Opa hatte scheinbar ein ganzes Lager voll davon. Er mampfte es hungrig, denn er aß nur wenige Scheiben Toast zum Frühstück, die Kristoffer aufs Zimmer geschmuggelt hatte. Die zwei Jungs hatten am Abend einen detaillierten Plan für seine Mitreise geschmiedet. Es war hauptsächlich Kristoffers plan. Jonathan sollte so tun, als ob er lange schlafen würde. Während die anderen beim Frühstück waren, sollte er sich zum Flugzeug schleichen. Kristoffer würde dann dafür sorgen, dass keiner der Großeltern in die Nähe des Gepäckraumes kommen würde. Jonathan fand sein Handy und simste an seinen kleinen Bruder:
- Ich wurde entdeckt, aber wir fliegen weiter. Genialer Plan. Sag keinem etwas, bis wir angekommen sind!
Er schaute aus dem Fenster und fragte sich, was jetzt wohl geschehen würde. Sie waren auf dem Weg in die Wohnung seines Vaters. Was würden sie dort finden? Vielleicht könnten sie auch die Kollegen seines Vaters bei Estec befragen? Eine Frage nahm die nächste. Er kehrte aber immer wieder zur größten Frage von allen zurück: Wo war sein Vater?
- Jonathan? Möchtest du mir helfen? Fragte Großvater und schaute ihn an.
- Ja, klar!
Er wusste sofort worum es ging. Opa und er tauschten Plätze und er setzte sich am Steuerknüppel auf der rechten Seite der Maschine. Großvater ließ seinen Knüppel los und Jonathan flog jetzt die Maschine.
- Ich habe den Kurs und alles aufgeschrieben. Schau auf die Liste und frag, wenn was ist!
Jonathan flog oft, wenn er mit seinem Vater oder Großvater in der Luft war. Das war ihm als 14-Jähriger natürlich nicht erlaubt. Aber sein Großvater meinte, dass er es lernen sollte während er die Lust dazu hatte. Nur Start und Landung musste er noch üben. Aber war die Maschine erst in der Luft, hatte er ohne weiteres Geschwindigkeit, Höhe, Seitenwind, Benzinverbrauch und alle anderen Pflichten eines Piloten voll im Griff.
Zur selben Zeit – mehrere hundert Kilometer weg, in einem feuchten und kalten Raum – lag ein lebloser Mann auf einer Pritsche. Er atmete unregelmäßig. Hatte er Schmerzen? Oder Albträume? Es war der 44-Jährige Per Dam. Mit Kirsten verheiratet. Vater von den Söhnen Jonathan und Kristoffer. Das wussten alle, die ihn kannten. Aber er war mehr als das. Etwas Geheimes und für ihn unglückliches und unheimliches. Er hatte ein Geheimnis. Deshalb lag er in diesem kalten und feuchten Raum. Nur mit einer schimmeligen Decke. Und er war scheinbar leblos…