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Der Anstoß
ОглавлениеIm Fachbereich Sozialwissenschaften der Universität Oldenburg wird zum Wintersemester 1996/1997 die Veranstaltung Macht, Medien und Manipulation. Beispiel: Die Erfindung von ‚Indogermanen‘, ‚Indoeuropäern‘, ‚Ariern‘ angekündigt. Es ist ein Projekt des „forschenden Lernens“, d.h. mit offenen Fragen die Suche beginnen und nicht entlang einer auf vorfabrizierten Theorien beruhenden Vorplanung das „Lernen“ üben.
Keiner hat ahnen können, daß das Seminar unter wechselnder studentischer Besetzung noch bis zum Wintersemester 2000/2001 fortgeführt werden muß. Immer auf Verlangen der Studierenden, wenn auch in wechselnder Besetzung – einige müssen aussteigen, andere kommen herein. Für die „neuen“ wird es immer zeitaufwendiger, das angesammelte Material, die Sitzungsprotokolle, Vorläufige Auswertungen durchzuarbeiten und erst danach Neues zu erforschen.
Als dann schließlich zu Beginn des Wintersemesters 2000/2001 über 35 Studierende an dem Seminar teilnehmen wollen werden wir nachdenklich. Ein Seminar des „Forschenden Lernens“ setzt einen überschaubaren Teilnehmerkreis von 5 bis 15 voraus. So wird in der ersten Sitzung das bislang Erreichte und die offenen Fragen ausführlich vorgestellt. Danach bleiben nur noch fünf übrig. Sie beschließen, ernsthaft Bilanz zu ziehen, einen Bericht zu schreiben und erst danach zu entscheiden, wie weiter geforscht werden kann. Im Verlauf dieser Arbeit bleiben nur noch zwei übrig. Diese beiden müssen keine Prüfung mehr machen.
Sie vervollständigen das angesammelte Material, um einen runden Überblick über das bislang Erreichte darzustellen. Erst bei dieser Auswertung des Materials wird klar, daß ohne die Beteiligung der Studierenden wechselnder Besetzung viele Fragen nicht ohne weiteres entstanden wären. Allen diesen Studierenden gebührt Dank. Sie haben ihren Anteil an diesem Buch.
Einer der beiden „Übriggebliebenen“ bedarf einer besonderen Erwähnung: Aldo Stowasser. Im Wintersemester 1997/98 kommt er im Alter von 71 Jahren als Gasthörer hinzu. Er ist geboren 1926 in Fiume, Italien (1947 umbenannt in Rijeka und von Jugoslawien annektiert, seit 1992 Kroatien), dreisprachig (Italienisch, Deutsch und Kroatisch) groß geworden. Er verfügt über solide humanistische und allgemeine Bildung. Er hat an der Universität Rom 2 Semester Philosophie und 2 Semester Jura studiert. Er blickt zurück auf Lebens– und Arbeitserfahrung in mehreren europäischen Ländern in so unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen wie Touristik und Bankwesen. Er ist neugierig und für neue Erkenntnisse aufgeschlossen. Er stößt bald auf Ungereimtheiten in den wissenschaftlichen Materialien und den in den Biographien gerühmten wissenschaftlichen Leistungen. Dann will er es wissen, recherchiert geduldig und hartnäckig, liefert umfangreiche Beiträge. Er ist polyglott geblieben. Alle Übersetzungen aus den lateinischen, den italienischen, den französischen Urquellen hat er gemacht. Viele aus den englischen auch. An der Korrektur des Manuskripts hat er bis zur Drucklegung mitgearbeitet.
Unsere Vorgehensweise ist im Prolog beschrieben und begründet. Sollten in unserem Bericht über unsere Reise zu den Quellen Stolpersteine oder Verkürzungen vorgekommen sein, entschuldigen wir uns. Wir sind bei jedem notwendigen Schritt darüber erschrocken gewesen, daß unsere so einfach erscheinenden Fragen zu unzähligen Folgefragen geführt haben. Außerdem sind die Urtexte nicht widerspruchsfrei. Wir haben viele dieser Texte mehr als einmal lesen müssen. Unsere Stolperstellen haben wir durch Signale kenntlich gemacht. Diese sind in Klammern gesetzte Ausrufezeichen, Fragezeichen und Kurzkommentare. Viele Worte haben wir in Anführungszeichen gesetzt. Es sind Ausdrücke, Begriffe über die wir mehr als einmal nachdenken mußten. Dies zur Begründung unserer Entschuldigung.
Wir haben uns häufig darüber gewundert, warum wir auf viele der Fragen in diesem Buch nicht schon früher gekommen sind. Wären wir noch ein eingebundener Teil des Betriebes „Universität“ gewesen, wäre dieses Buch auch nicht zustande gekommen. Wie schon angedeutet, wir müssen keine Prüfungen mehr machen. Und wir sind jenseits des Drucks: veröffentliche oder verrecke.
Dr. Gisela Aich hat das Manuskript in jeder Phase kritisch begleitet.
Prodosh Aich