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Einführung

Die Persönlichkeit eines Menschen ist so vielfältig und einzigartig, dass jeder Mensch automatisch eine ganz eigene Persönlichkeit über die Jahre hinweg entwickelt hat. Begonnen in der Kindheit entwickelt sich unsere Psyche dauerhaft weiter und auch unsere Persönlichkeit hört niemals auf, zu wachsen. Damit unterscheiden wir uns nicht nur von vielen unserer biologischen Artgenossen, die über keine außergewöhnliche Entwicklungsstufe verfügen, sondern auch von unserem eigenen Fleisch und Blut.

Jeder von uns ist vollkommen anders als unser Nachbar oder ein Arbeitskollege und selbst innerhalb der eigenen Familie und im eigenen Freundeskreis unterscheiden wir uns maßgeblich voneinander. So kommt es beispielsweise nicht gerade selten vor, dass wir uns mit einer bestimmten Personengruppe nicht verstehen, weil dessen Mitglieder einen ausgeprägten Charakter haben, dem unsere eigene Persönlichkeit teilweise grundsätzlich anders gelegen ist und der sich damit nicht auf einer Ebene befindet, auf der gute Kommunikation bestehen könnte. Das Sprichwort “Gegensätze ziehen sich an” ist daher also nicht immer zutreffend. Viel lieber suchen wir uns Gleichgesinnte, deren Persönlichkeit der eigenen gleicht und mit denen wir uns genauso identifizieren können, wie mit uns selbst bzw. mit unserer eigenen Persönlichkeit. Deutlich lieber unterhalten wir uns in angeregten Konversationen, in denen wir gleiche Meinungen scheren, als hitzige Debatten zu führen über Themen, die unsere individuellen Persönlichkeiten vollkommen anders aufnehmen und verarbeiten und es daher in besagten Konversationen niemals zu einer richtigen Einigung kommen wird.


Abbildung 1: Jeder hat unterschiedliche Verhaltensweisen und Ziele auf Arbeit.

Jeden einzelnen Abschnitt unseres Lebens suchen wir uns gezielt nach unserer Persönlichkeit aus. In unserem Arbeitsumfeld fühlen wir uns nur wohl, wenn wir dort auf Gleichgesinnte treffen, die ähnliche Arbeitsansichten wie wir haben. Eine Freundesgruppe, in die wir psychologisch nicht hineinpassen, da wir von Grund auf andere Ansichten über das Leben und dementsprechend unser Verhalten haben, wird nicht lange bestehen bleiben, auch wenn aus irgendeinem Grund bereits eine Freundschaft entstanden sein sollte. Wir suchen uns also die Abschnitte unseres Lebens gezielt aus, durch Faktoren, die tief in uns verankert und nur schwer änderbar sind, besonders nach einem gewissen erreichten Alter.

Aber warum ist das so? Welche Faktoren tragen dazu bei, dass jeder Mensch vollkommen unterschiedlich voneinander ist? Wie ist derjenige aufgewachsen und welche äußeren Einflüsse hat jemand erlebt, der von Grund auf vollkommen anders ist als man selbst? Durch was musste er gehen und was musste er ertragen, damit seine Persönlichkeit zu dem geworden ist, was sie heute ist?

Die differentielle Psychologie ist eng verankert mit der Verhaltenspsychologie, welche das Verhalten eines Menschen analysiert und die Unterschiede zwischen bestimmten Personen nicht nur aufzeigt, sondern auch wissenschaftlich erklärt und damit zugänglich für jeden macht. Dabei geht es nicht nur um die allgemeine Erziehung eines Menschen und darum, wie er oder sie gelernt hat, was falsch und richtig ist, sondern es geht auch um weitere äußere Faktoren und das Erbgut spielt ebenfalls eine große Rolle im Verhalten und der damit verbundenen Persönlichkeit einer Person.

Bereits bei Neugeborenen können gewisse Unterschiede zu anderen Babys betrachtet werden, vollkommen ungeahndet von den eigentlichen Eltern, denn diese haben sofort nach der Geburt noch keine wirkliche Erziehung angewandt. Daher geht es nicht nur um die äußeren Einflüsse, wie beispielsweise besagte Erziehung oder Erlebnisse, die sich der Verstand einprägt und auf denen er sich aufbaut, sondern oftmals hat die Entwicklung eines Kindes auch mit der Genetik zu tun, deren Veranlagungen von den Eltern und selbst von weiter entfernter Familie vererbt worden sind. Nicht umsonst heißt es, dass Kinder oftmals genauso wie ihre Eltern werden und ähnliche Fehler machen, die auch die genetischen Verwandten in der eignen Kindheit gemacht haben. So, wie Kinder ihren Eltern also ähnlich sehen und manchmal regelrecht mit ihnen verwechselt werden können, sind auch die Gedankenprozesse jenen der nahestehenden Verwandten am ähnlichsten. Allerdings trifft auch dies nicht immer zu, da eine Persönlichkeit unglaublich kompliziert und weitläufig ist, und nicht immer können die Eltern mit der Entwicklung ihres Kindes mithalten. Oftmals kann es dabei zu Überforderungen kommen und sogar Verzweiflung kann auftreten, weil der Verstand eines Kindes sich aufgrund von Kleinigkeiten weiterbildet und sie deswegen eine vollkommen eigene Persönlichkeit entwickeln, die manchmal nicht von den Eltern oder den Erziehungsberechtigten geformt und beeinflusst werden kann.

Selbst bei Kleinkindern lässt sich das Wachstum einer eigenen Persönlichkeit mit ansehen. Während manche Kinder lieber in großen Gruppen spielen und dementsprechend laut sind, gibt es immer einmal wieder gewisse Ausnahmen, die eben einen starken Kontrast zu dieser lauten und temperamentvollen Persönlichkeit entwickelt haben und dementsprechend lieber leiser sind und sich auch gut selbst beschäftigen können, wie beim Malen oder beim Spielen mit einer Puppe oder mit Bauklötzen. In der Psychologie kann man daher die Unterscheidung zwischen extravertiert (nach außen gerichtet) und introvertiert (nach innen gekehrt) treffen. Die Unterschiede zwischen jedem einzelnen Kind sind beinahe endlos und auch, wenn es anfangs manchmal nicht so scheint und sich gewisse Kinder in ihrem Verhalten ähneln, sind sie doch grundsätzlich vollkommen verschieden und dementsprechend einzigartig.


Abbildung 2: Menschen entwickeln im Laufe ihres Lebens ein unterschiedliches Temperament.

Besonders in der Schule wird dies irgendwann vollkommen klar. Es bilden sich Gruppen in den eigenen Klassen von Schülerinnen und Schülern, die sich in ihrer Persönlichkeit ähneln. Dies sind meist die beliebteren Gruppen, da es gewisse Persönlichkeiten gibt, die besonders häufig nicht nur miteinander harmonieren und sich daher ähneln, sondern auch am häufigsten in der Menschheit und dementsprechend prozentual in den Klassen einer Schule vertreten sind. Ein Kind, welches dagegen im frühen Alter bereits Schicksalsschläge und Traumata erleben musste, wird bei diesen Gruppen keinen Anschluss finden, weil es selbst eine vollkommen andere Persönlichkeit hat, die sich aufgrund dieser schlimmen Erlebnisse bilden musste. Vielleicht hatten genau diese Kinder einmal eine sehr lebhafte Art, zu denken und zu handeln, und sie wären vermutlich in diese beliebten Gruppen mit aufgenommen worden, wenn ihre Psyche nicht von diesen schweren Schicksalsschlägen befallen worden wäre und sich daher innerhalb einer kurzen Zeit vollkommen geändert hätte. So sieht man es immer wieder, dass gewisse Schülerinnen und Schüler geärgert und gehänselt werden, eben weil sie anders sind, weil sich ihre Persönlichkeit, der Charakter und damit auch das Verhalten anders entwickelt hat. Auch Kinder, die beispielsweise in einer guten Freundesgruppe waren und guten Anschluss an ihr Umfeld hatten, können innerhalb einer kurzen Zeit verstoßen werden, wenn sich ihr Verhalten durch äußere Einflüsse, wie traumatische Erlebnisse, ändert, obwohl sie dafür eigentlich gar nichts können und auch nicht schuld daran sind, dass sie eben so reagieren, wie sie es nach solchen Schicksalsschlägen tun.

Aber wie kommt es eigentlich zu der eigenen, vollkommen „persönlichen“ Persönlichkeit? Was müssen Eltern tun, damit ihr eigenes Kind genauso wird, wie sie es haben wollen? Welche äußeren Reize sind dafür verantwortlich, dass jemand ständig aus der Reihe tanzt oder dass jemand schüchtern und zurückhaltend ist? Wie unterscheiden sich die Verhaltensweisen von Menschen genau und welche ähneln sich besonders beziehungsweise können gut zusammenarbeiten, ohne dass nach ein paar Minuten die Fetzen fliegen?

Persönlichkeiten können kategorisch unterteilt werden in bestimmte Gruppen, die in diesem Buch auch erläutert werden sollen, allerdings sind die Möglichkeiten der eigenen Persönlichkeit und dem damit zusammenhängenden Charakter beinahe endlos. Wie also soll sich da jemand zurechtfinden, ohne von dem schieren Einfluss vollkommen überwältigt zu werden?

Hier soll nun erklärt werden, wie sich Persönlichkeiten kategorisieren lassen, warum bestimmte Personen so handeln, wie sie es eben tun und durch was eine Persönlichkeit zum Guten oder zum Schlechten geprägt werden kann.


Abbildung 3: Der Begriff Persönlichkeit ist vieldeutig.

Differentielle Psychologie

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