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Wofür brauche ich es?

Vermutlich sind Sie weder ein Wissenschaftler noch ein Psychologe, der sich bereits mit fortgeschrittenen Techniken und Praxen auskennt, um seinen Patienten und Probanden zu helfen, und Sie werden daher wohl auch nicht gerade in einem der beiden genannten Einsatzgebiete arbeiten. Trotzdem aber ist die Persönlichkeitspsychologie nicht nur etwas für Studierte, auch wenn dies auf den ersten Blick so scheint. Im Gegenteil. Die Bereiche der differentiellen Psychologie kann man selbst im Alltag anwenden und genau darum soll es nun auch gehen.

Es geht darum, jemandem zu helfen. Therapeuten, Psychologen und Psychiater tun dies bei ihrem Patienten und wenden dementsprechend gewisse Techniken an, um durch die Schutzmauern des Patienten hindurch zu kommen. Im Alltag kann dies auch angewendet werden, wenn auch nur in minimalistischer Form, da die schwere Arbeit den Experten überlassen werden sollte. Zu helfen ist aber immer eine positive Sache und es wird daher immer gerne gesehen – selbst von denjenigen, die eben gerade Hilfe brauchen, auch wenn diese Personen dies selbst vielleicht noch nicht erkannt haben und dementsprechend vielleicht nicht gerade dankbar für diese helfenden Mühen erscheinen.

So geht vielleicht ein Freund oder ein Arbeitskollege gerade durch eine sehr schwere Phase seines Lebens und Sie möchten dieser Person gerne helfen, wissen allerdings noch nicht ganz, wie, denn letzten Endes sind auch Sie nur ein Mensch, der keine Berge versetzen oder Wunder geschehen lassen kann. Dabei kann die Persönlichkeitspsychologie sehr helfen. Es geht darum, besagte Person besser zu verstehen, warum vielleicht ganz plötzlich und beinahe explosionsartig Wutausbrüche geschehen, obwohl es dazu kaum einen wirklichen Grund gibt oder warum es ein Mensch nicht schafft, aus sich heraus zu kommen und selbstbewusster zu werden. Und selbst, wenn Sie gerade niemandem zum Helfen haben oder niemanden, mit dem Sie Ihre Verbindung verbessern wollen, so kann ein Einblick in die Persönlichkeit einer Person mehr als nur interessant sein. Gewisse Dinge werden mit einem Mal deutlich klarer und wenn Sie beispielsweise gerade versuchen, an sich und ihrem Verhalten zu arbeiten, dann können Informationen über die eigene Persönlichkeit starke Auskunft darüber geben, warum Sie so handeln, wie Sie es eben tun.

Die differentielle Psychologie im Alltagsbereich bedeutet also, eine andere Person und manchmal auch sich selbst besser zu verstehen und sich dementsprechend besser in dessen Nähe zu verhalten.


Abbildung 5: Menschen besser verstehen mit "emotionaler Intelligenz"

Eigentlich bedeutet Persönlichkeitspsychologie nichts anderes, als Menschen in allen Bereichen des Lebens besser einschätzen zu können, indem man deren Aktionen und Reaktionen deutet beziehungsweise liest. Dieser Bereich ist also durchaus auch für den Alltag gemacht, auch wenn er nicht oft angewandt wird. Viel lieber wird direkt die Verhaltenstherapie angewandt. Aber warum ist das so?

Oftmals kann jedes Wort, in dem der Begriff “Psychologie” vorkommt, sehr angsteinflößend und beängstigend sein, da es im ersten Moment etwas Fremdes symbolisiert. Wenn man an Psychologie denkt, dann wird in den meisten Menschen ein Reiz ausgerufen, der nicht gerade positiv dargestellt wird, sondern meist eine sehr schwere Aufgabe beschreibt. Wir denken dabei an das Studium und an die Selbstständigkeit als Therapeut. Der Weg bis dahin ist schwer und steinig und für manche reicht der Gedanke an genau diesen Weg schon aus, um regelrecht Panik vor diesem Werdegang hervorzurufen. Wir denken also immer an etwas Fremdes, an etwas, das wir nicht kennen. Und dies löst in uns einen negativen Reiz aus, weil sich der menschliche Verstand immer vor dem Unbekannten fürchtet. Selbst die Menschen, die gerne waghalsige Aktionen durchführen und Neues ausprobieren, werden doch vor Dingen zurückschrecken, die nicht nur ihnen das allererste Mal passieren, sondern auch allen anderen. Wenn es keine wirklichen Aufzeichnungen darüber gibt, ist etwas Neues immer befremdlich, was meist als Ausdruck für angsteinflößend benutzt wird. Wir denken also bei Psychologie an etwas Seltenes, so etwas wie eine Krankheit, die es loszuwerden gilt. Nicht umsonst werden Therapeuten fast schon mit Chirurgen und Ärzten gleichgesetzt.

Meist ist das aber gar nicht der Fall. Vor allem die Verhaltenspsychologie beschreibt etwas sehr Alltägliches. Es ist einfach ein Begriff, der in den meisten Personen ein ungutes Gefühl hervorruft, da wir in unserer heutigen Gesellschaft ein Idealstandard haben, der weder Platz für physische Körperprobleme noch für mentale, psychologische Probleme oder Krankheiten zulässt. Und wenn etwas von diesem Idealismus abweicht, wird dies als ungenügend und schlecht hingestellt. So ist es auch niemals etwas Gutes, zu einem Doktor gehen zu müssen. Wer zum Arzt geht, ist immer krank und entspricht damit nicht dem Idealstandard unserer heutigen Gesellschaft. Kranksein ist also immer schlecht. Es ist dabei auch vollkommen egal, ob es sich bei diesen Arztbesuchen um positive Besuche handelt. Nicht jeder Arztbesuch endet in einer Hiobsbotschaft. Manche Menschen gehen auch in eine Praxis, um dort sehr schöne Dinge zu erleben, wie gesagt zu bekommen, dass ein Paar schwanger ist und dementsprechend bald ein Kind erwartet. Trotzdem aber wird der eigentliche Termin als negativ angesehen. Dabei ist Abnormalität, was leider auch ein pessimistisches Wort in unserer heutigen Sprache ist, eigentlich gar nichts Schlechtes, sondern etwas sehr Positives. Denn jeder Mensch ist auf seine ganz eigene Weise anders. So zu sein, wie jeder andere, wäre schließlich überaus langweilig und nicht gerade innovativ, zumal es dann auch keinen Platz mehr für die Wunder der Persönlichkeitspsychologie geben würde.

Um seine eigenen Motive allerdings zu erfahren und sich selbst zu ergründen, braucht es manchmal einiges an Mut. Nicht jede Wahrheit ist schmerzlos und nicht jeder Aspekt der eigentlichen Persönlichkeit ist schön oder einladend. Es gibt auch Persönlichkeiten, die nicht unbedingt von jedem gemocht werden oder sonderlich viele positive Eigenschaften aufweisen. Dies soll später noch einmal ganz genau erläutert werden, aber auch hier soll gesagt sein, dass die eigene Persönlichkeit niemals etwas Schlechtes oder Negatives ist. Wir sind mit diesem Geschenk geboren worden und sollten dementsprechend auch etwas daraus machen. Also wachsen und lernen wir mit jedem äußeren Einfluss. Und nur die Persönlichkeit allein macht nicht den Menschen aus: Es sind seine oder ihre Taten, die sich auch zu etwas Besserem ändern können. Dementsprechend gibt es keinen Grund, davor zurückzuschrecken, sich über gewisse Persönlichkeitstypen zu belesen.

Wer das „Menschenlesen“ richtig verstanden hat und diese Fähigkeit beherrscht, bekommt in allen möglichen Bereichen des Alltags einen Einblick in die höchst geheime Psyche der eigenen Mitmenschen, der einem normalen Beobachter ansonsten verwehrt bleibt. Natürlich kann niemand durch die differentielle Psychologie das Gedankenlesen erlernen oder sich telepathische Fähigkeiten aneignen. Dies sind dann doch nur Kreationen von Science-Fiction-Autoren, die in unserer Welt keinen festen wissenschaftlichen Nachweis haben. Aber das Menschenlesen ist fast schon so etwas Ähnliches. Teilweise lassen sich bestimmte Dinge vorhersagen oder wie sich jemand beispielsweise auf eine bestimmte Nachricht hin verhalten wird. Es lassen sich also Reaktionen erahnen und manchen Menschen kann man regelrecht ansehen, welcher Gedanke gerade durch ihren Kopf hindurch geht. Für sehr empathische Menschen also ist es wirklich beinahe so, als könnten sie Gedanken lesen. Für diese Menschen, die das Menschenlesen teilweise von Geburt an bereits können und dementsprechend wahre Naturtalente in diesem Bereich sind – was nicht immer nur positiv sein muss, da dieses Talent auch mit einigen Nachteilen daherkommt - ist es beinahe so, als hätte ihr Gegenüber einen Bildschirm auf seiner Stirn, auf dem der Empath die Gedanken geradezu ablesen kann. Also erscheint die Fähigkeit des Gedankenlesens oder der Telepathie mithilfe der richtigen Techniken aus den Bereichen der Verhaltens- und Persönlichkeitspsychologie doch gar nicht mehr so fremd, obwohl es natürlich nicht ganz so einfach ist.

Zu verstehen, dass jeder einzelne Mensch auf seine eigene, spezielle Weise ganz anders und einzigartig ist, kann etwas sehr Faszinierendes sein. Die Persönlichkeit von ihrem Gegenüber, der Charakter und die Gedankengänge, die einem sonst verborgen bleiben, zu verstehen ist allerdings nicht immer einfach und es braucht viel Einfühlsamkeit und Aufmerksamkeit, um wirklich jeden Aspekt in ihrer Beobachtung aufgreifen zu können, denn in der Persönlichkeitspsychologie zählt das Gesamtbild. Erst wenn das große Ganze verstanden wird, kann auf kleinere Aspekte geachtet werden. Beispielsweise müssen Sie erst realisieren, dass jemand unsicher ist, auch wenn er sich als selbstbewusst gibt, bevor Sie sich damit beschäftigen können, warum diese Person während eines Gespräches ständig mit den eigenen Händen spielt. Es braucht also ein geschicktes Auge, um auf besonders kleine Details zu achten, es braucht ein gutes Erinnerungsvermögen, um sich genau diese Details auch noch merken zu können, und es braucht besonders viel Geduld. Nicht umsonst gehen manche Patienten jahrelang zu ihrem Therapeuten, denn dieser schafft es erst nach einer sehr langen Zeit, durch die Schutzmauer der Persönlichkeit hindurch zu sehen.

Sie können einen Menschen nicht dazu zwingen, sich zu öffnen. Mit den Techniken der Persönlichkeitspsychologie können Sie besagte Person jedoch sanft dazu überreden und aus den daraus resultierenden Informationen lernen beziehungsweise Schlüsse ziehen und helfen.

Aber wofür genau brauchen Sie die differentielle Psychologie? Wofür brauchen Sie sie, wenn Sie weder Psychologe noch Wissenschaftler sind und auch nicht vorhaben, sich in diese Richtung hin weiterzubilden oder gar zu studieren? Die Frage ist recht einfach zu beantworten. In allen Bereichen des Alltages lässt sich die Verhaltenspsychologie anwenden; auf der Arbeit oder im engsten Freundeskreis, in der Familie oder bei fremden Menschen.

Menschen zu verstehen ist also nicht nur etwas für Studierte. Es kann dabei helfen, Verbindungen zu vertiefen und spannende Konversationen aufzubauen über Themen, in denen sich Persönlichkeiten gleichen, aber auch vollkommen unterscheiden. Es vereinfacht die Zusammenarbeit mit ihren Mitmenschen schlichtweg und ist dementsprechend besonders im Alltag sehr zu empfehlen.

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