Читать книгу Die moderne Erlebnispädagogik - Rainald Baig-Schneider - Страница 7

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2. Fundamentale Ansätze der Erlebnispädagogik

Aber was ist diese Black Box? Wenn wir ganz ehrlich zu uns sind, dann bleibt das ein Geheimnis. Aber Geheimnisse lieben wir nicht, wir fühlen uns unbehaglich mit der Unsicherheit und deshalb erschaffen wir Modelle und Erklärungen, um uns zufrieden zu stellen, um uns schnelle, flexible Antworten zu geben, um uns selbst davon zu überzeugen, dass wir wissen, was wir tun, wie es funktioniert und wie intelligent wir doch sind, dass wir dieses Werkzeug, genannt Erlebnispädagogik, Outdoor-Education, Erfahrungslernen, Lernen durch Herausforderung, Erlebnistherapie oder etwas mit einem anderen Phantasienamen benützen können.42

2.1 Ansatz I: Die erzieherische Erlebnis-Therapie (Kurt Hahn)


Therapie (griech. therapeia Pflege, Heilung) Behandlung von Erkrankungen oder Störungen. Dabei hängt der Einsatz spezieller Maßnahmen vom Zustandsbild, von der Krankengeschichte, von der Diagnose und vom Behandlungsplan ab.43

Unter einem Erlebnis soll ein besonderes Ereignis aus subjektiver Sicht des Erlebenden verstanden werden, das einen hohen Erinnerungsgrad aufweist.44

Ganz im Sinne der obigen Beschreibung ist die Erlebnistherapie des „Urvaters der Erlebnispädagogik“, Kurt Hahn, zu verstehen. Dieser diagnostizierte „Verfallserscheinungen“ der Jugend und arbeitete als Behandlungsplan seine „Erlebnistherapie“ aus (siehe dazu genauer Kapitel 4).45 Dabei diente das Erlebnis „als zentrales pädagogisches Mittel“46. Es stellt allerdings keine inszenierte Einzelerscheinung dar, „sondern das Endprodukt eines pädagogisch weitgehend vorbedachten Planes“. Aufgrund dieser pädagogisch gestalteten Erlebnisse entstehen bei den Jugendlichen jene „unauslöschlichen Erinnerungen“, die Hahn als „Kraftquelle“ für entscheidende Augenblicke im späteren Leben ansieht.47 In diesem Zusammenhang sind Erlebnisse also eher als „heilsame Erinnerungsbilder“48 zu verstehen und stehen somit in Bezug zu einer „Krankheitsheilung“.49 Dieser Heilungsaspekt ist fest verbunden mit der Intensitätsqualität des Erlebnisses. Denn in Bezug auf obige Definition von Erlebnis ist dessen subjektive Intensität von entscheidender Bedeutung für seinen „Erinnerungsgrad“ und dementsprechend für die Wirkung der „heilsamen Erinnerungsbilder“.50 Die Erlebnistherapie stellt im Grund einen, den vier von Hahn postulierten Verfallserscheinungen (ausführlich in Abschnitt 4.3 behandelten) entgegenwirkenden, aktivierenden Behandlungsplan der „kranken“ Jugendlichen dar, dessen wesentlichster „Wirkstoff“ das Erlebnis ist:

When you are passive you forget; when you are active you remember.51

Im Rahmen dieses Behandlungsplans wird versucht, die Wahrscheinlichkeit für die Erlebnismöglichkeiten zu erhöhen und diese Erlebnisse immunisieren sozusagen als „heilsame Erinnerungsbilder“. Diese heilsamen Bilder haben dementsprechend auch prophylaktische Wirkung, sie können sozusagen bei jedem neuen „Verfallsmoment“ wieder aktiviert werden und entfalten dementsprechend auch später wieder ihre heilende Wirkung.

Streng genommen stellt allerdings die Erlebnistherapie von Kurt Hahn natürlich keine „Therapie“ im Sinne der heute existierenden psychotherapeutischen Therapieformen dar52. Dies schon alleine deswegen, weil bei Kurt Hahn immer auch die Erziehung, somit die Pädagogik, im Vordergrund stand. Seine Umsetzungen fanden zunächst im Rahmen von Internatsschulen wie Schloss Salem statt und waren immer erzieherisch intendiert. Dementsprechend ist es auch durchaus verständlich, dass Kurt Hahn als Urvater der „ErlebnisPädagogik“ gilt und der Begriff der Erlebnistherapie von Kurt Hahn auch in der Fachliteratur meistens als Erlebnispädagogik bezeichnet wird:

In diesem Sinne ist bei Hahn Erlebnistherapie zu verstehen – faktisch handelte es sich um ein Erziehungsprogramm für die Jugend, also um Pädagogik.53

Hahns „Erlebnistherapie“ wandelte sich im Laufe der Zeit zu einer Erlebnispädagogik. (…) Hahns Erlebnistherapie (…) hatte eine bestimmte Sozietät im Auge (…). die Jugend. So gesehen war Hahns Erlebnistherapie immer schon eine Erlebnispädagogik 54

Das zeitliche Auftauchen des Begriffs Erlebnistherapie im Sprachgebrauch ist nicht genau zu datieren. Das Auftreten des Begriffs der Erlebnistherapie in den Lexika wird von Silke Bonarius auf das Jahr 1915 datiert, allerdings enthält sie sich jedes bibliographischen Nachweises.55 Bei Heckmair und Michl wird auf eine Quelle verwiesen, in der davon die Rede ist, dass „es seit 1910 die Erlebnispädagogik gibt“, aber auch hier fehlen die eindeutigen bibliographischen Zitate56. Für 1925 ist auf jeden Fall die „Erstnennung“ des Begriffs „Erlebnispädagogik“ nachgewiesen (siehe Abschnitt 2.2).

2.1.1 Einschub: Der psychotherapeutische Erlebnistherapiebegriff

Psychotherapie (griech. psyche Seele, therapeia Pflege, Heilung): Seelenheilkunde, insbesondere zur Behandlung von Neurosen und psychosomatischen Erkrankungen. Wendet unterschiedliche Verfahren an, u.a. Psychoanalyse, Gruppentherapie. In jedem Falle bedarf es einer speziellen Qualifikation und Zulassung des Therapeuten.57

Im Laufe der Nachkriegszeit und bis in die 70er Jahre entwickelten sich neue, in Abgrenzung zur Psychoanalyse und zum Behaviorismus, psychologische Ansätze, die unter dem Sammelbegriff „Humanistische Psychologie“ zusammengefasst wurden. Im Rahmen dieser Entwicklung entstanden auch neue psychotherapeutische Therapieformen. Besonders eine Person ist dabei zu benennen: Ruth Cohn, die Begründerin der so genannten Themenzentrierten Interaktion (TZI). Sie stellt in ihren Schriften auch eine namentliche Verbindung zwischen diesem humanistischen Ansatz und der Erlebnistherapie her:

Ich suchte nach einem Oberbegriff für die verschiedenen Methoden und entschied mich, mit einigem Vorbehalt, für das Wort „Erlebnistherapie“ bzw. „Experimentalismus“. Es fiel mir kein anderer Begriff ein, mit dem ich Gestalttherapie, Biogenetik, Tranksaktionsanalyse, Psychodrama, Erlebnistherapie und -pädagogik und TZI zusammenfassen konnte.58

Dabei gibt es für Ruth Cohn einen starken Zusammenhang zwischen Therapie und Pädagogik:

Pädagogik ist die Kunst, Therapien antizipierend zu ersetzen.59

Dabei sind es besonders drei Komponenten, die die Verbindung zwischen Erlebnistherapie und Erlebnispädagogik herstellen:

 der Erlebnisbegriff

 der „handlungsorientierte Ansatz“

 die verwendeten, oft identen Methoden

Diese Zusammenhänge klar darzustellen würde den Umfang dieser Arbeit bei weitem sprengen, aber einige Hinweise seien gegeben. So setzte sich Fritz Perls, der Wegbereiter der Gestalttherapie, intensiv mit Wilhelm Dilthey und Bergson auseinander; zwei Persönlichkeiten die sich sehr mit dem Begriff des Erlebnisses“ beschäftigten und auch für die Erlebnispädagogik von großer Bedeutung sind.60 Jakob Moreno, dem Begründer des Psychodramas, wird die Aussage: „Handeln ist heilender als Reden“ zugeschrieben61 und dementsprechend wird auch von „handlungsorientierten Therapieformen“ gesprochen.62 Als Methoden der Gestalttherapie werden Rollen- und Interaktionsspiele genannt, Methoden, die in der Erlebnispädagogik ebenso präsent sind.63

Die Sammelbezeichnung Erlebnistherapie für die „humanistisch-psychologischen Therapieformen“ setzte sich nicht durch, zeigt aber die offensichtliche nahe Verwandtschaft dieser beiden Begriffe. Allerdings, wie Ruth Cohn so treffend formulierte, setzt die Pädagogik vor der Therapie an und handelt in einem anderen Setting. Die vier wesentlichsten Unterscheidungsmerkmale zwischen Therapie und Pädagogik sind aus meiner Sicht:

(Individual-)Therapie vs. Erziehung

Die humanistischen Psychotherapien verstehen sich, von der Psychoanalyse herkommend, genuin als Individualtherapien, wohingegen Hahns Erlebnistherapie eine bestimmte Sozietiät im Auge hatte: die Jugend. Hahns Erlebnistherapie war immer eine Erlebnispädagogik64.

Krank vs. Gesund

Psychotherapie (griech. psyche Seele, therpapeia Pflege, Heilung): Seelenheilkunde, insbesondere zur Behandlung von Neurosen und psychosomatischen Erkrankungen (…).65 Dagegen ist der Krankheitsbegriff bei Hahn als Metapher zu verstehen.

Unterschiedliches Setting

Neben dieser Gemeinsamkeit (…) besteht die Differenz im Setting, das kennzeichnend ist für die Unterscheidung zwischen Therapie und Pädagogik.66

Unterschiedlichkeit in der Profession

Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal wäre die unterschiedliche Profession der im Feld Handelnden. Auf der einen Seite Pädagogen/-innen, Sozialarbeiter/-innen und Trainer/-innen und auf der anderen Seite die – anderen speziellen Zulassungsrichtlinien unterworfene – Berufsgruppe der Therapeutinnen und Therapeuten:

In jedem Falle bedarf es einer speziellen Qualifikation und Zulassung des Therapeuten.67

Allerdings beginnt in der modernen Erlebnispädagogik gerade durch die vielen differenzierenden Professionalisierungen manchmal, sozusagen über die Hintertür, wieder der Schritt hin zur „Erlebnistherapie“. Die „moderne“ Pädagogik zeichnet sich durch ihre so genannten „interdisziplinären Teams“ aus. Diese Überschneidungen führen dazu, dass Therapie/Pädagogik/Sozialarbeit in der Fallarbeit näher zusammenrücken, so z.B. in der Bewährungshilfe. Da gelangt, wenn notwendig, Psychotherapie auf der persönlichen Ebene zum Einsatz, Sozialpädagogik (oder eben Erlebnispädagogik) auf der Ebene der sozialen Defizite und die Sozialarbeit für die Bewältigung praktischer Probleme. Diese Verschränkung kann man z.B. bei Günter Amesbergers Untersuchung eines Erlebnispädagogischen Projektes im Rahmen der Bewährungshilfe erkennen.68 Die daraus entnommene Definition nach Günter Amesberger verweist daher folgerichtig auf die zur Anwendung gelangenden „Methoden der Sozialarbeit“ und „Methoden der Psychotherapie“. Zu Überschneidungen kommt es oft durch die Mehrfachqualifikationen der betreuenden Personen. So gibt es vielleicht unterschiedliche Settings, die darin agierenden Personen können aber durchaus ident sein. Es ist ja nicht selten, dass gerade Personen die im pädagogischen Bereich arbeiten, über diverse Zusatzqualifikationen verfügen: pädagogische Grundausbildung und Therapieausbildungen sind eine oft anzutreffende Kombination. Natürlich ist die Grenze des Settings, zumindest bei einer professionellen Arbeitsweise, vorhanden, aus der Außenperspektive ist dies dann oft nicht mehr zu erkennen. Katrin Leibner stellt in ihrer 2004 erstellten Arbeit fest: „Bezüglich des ursprünglich erlernten Berufes heben sich pädagogisch oder psychologisch orientierte Ausbildungen mit 71,4% deutlich ab.“69 Hinzu kommt, dass in unterschiedlichen Settings oft idente Methoden zum Einsatz gelangen.

Es ist daher aus meiner Sicht durchaus zulässig, auch von einer „Erlebnistherapie“ zu reden. Dies aber nur dann, wenn entweder „erlebnispädagogische Methoden“ durch eine therapeutisch ausgebildete Person im Rahmen einer Therapie zum Einsatz kommen bzw. wenn die „erlebnispädagogischen Methoden“ in einem interdisziplinären Therapiekonzept zum Einsatz kommen, wobei die die Methode betreuende Person kein / -e Therapeut / -in sein muss. An dieser Stelle möchte ich auch noch einmal auf die Unterscheidung von „Methode“ und „Teildisziplin der Pädagogik“ hinweisen. Denn während pädagogische Konzepte per se schon eben dem Bereich der Pädagogik zuzuordnen sind, kann eine Methode, eine Verfahrensweise, in den unterschiedlichsten Bereichen zum Einsatz kommen. Der Unterschied liegt dann eben weniger im Verfahren als im Fokus, im so genannten „erkenntnisleitenden Interesse“. Hier liegt auch die Möglichkeit eines möglichen Abgrenzungsmerkmals für den „professionellen Erlebnis-Handwerker“ als „Experte für das Verfahren“ (wie z.B. Aufbau eines Seilelements, Sicherheitsregeln etc.) in einem multiprofessionellen Team. Allerdings trifft eine derartige „Degradierung“ wohl nicht auf viel Freude in der „Community“ (wenn auch im Bereich von Trainings von so genannten „Trainings-Tools“, also von Werkzeugen, gesprochen wird). Auf diese Frage der Professionalisierung wird in Kapitel 11 noch genauer eingegangen werden.

Eine ganz genaue Beschreibung des Zusammenhanges zwischen Erlebnispädagogik/Erlebnistherapie/Psychotherapie sprengt – wie erwähnt – den Umfang dieses Buches, ich verweise daher auf die sehr eingehende Darstellung der theoretischen Überschneidungen von Rüdiger Gilsdorf70 und andere Darstellungen allgemeinerer Art.71 In dieser Arbeit wird im Kapitel 7.3 noch einmal daraufnäher eingegangen.

2.1.2 (schulische) Erlebnis-Pädagogik (Waltraud Neubert)

Pädagogik (Syn. Erziehungswissenschaft: griech. pais Knabe, Kind, agein führen, paidagogike techne Knabenführungskunst; engl. pedagogy, educational theory). (…) Die Wissenschaft der Erziehung bearbeitet im Wesentlichen vier Aufgaben.

1. Beschreibung von Erziehungs-, Unterrichts- und Ausbildungsprozessen.

2. Interpretation der Programme für und der Theorie über Erziehung im Feld ihrer weltanschaulichen, wissenschaftlichen, politischen und sozialen Bedingungen. Verständlich gemacht werden sollen die Werte, Normen und Interessen, von denen her die Ziele, Formen, Maßnahmen und Methoden der Erziehung entwickelt und begründet werden bzw. worden sind.

3. Erklärung der organisatorischen und der zwischenmenschlichen Gestaltung von Erziehungsprozessen und der beobachtbaren Wirkungen von Erziehung. Gewonnen werden soll ein Wissen, mit dessen Hilfe die Voraussetzung für erfolgreiche Erziehung beschrieben und kontrolliert werden können.

4. Klärung der pädagogischen Grundbegriffe und bildungstheoretischen Analysen der gesellschaftlichen Entwicklungen, um eine reflektierte, öffentlich kontrollierbare und verantwortungsbewusste Gestaltung der pädagogischen Prozesse zu ermöglichen.72

Erziehung: (engl. education). Handlungen von Eltern, Lehrern, Ausbildern und anderen Erziehern bzw. Pädagogen, die in der bewussten Absicht erfolgen, durch den Einsatz bestimmter E.mittel und E.maßnahmen Kenntnisse und Fähigkeiten, Einstellungen und Wertorientierungen, Handlungswillen und Handlungsfähigkeit, also die individuelle Mündigkeit der Kinder oder Jugendlichen und ihrer Kompetenz zur Teilnahme am gesellschaftlichen Leben möglichst dauerhaft zu verbessern.73

Wie schon zuvor dargestellt, steht am Beginn der Erlebnispädagogik der Begriff der „Erlebnistherapie“, der allerdings, wie oben dargestellt, pädagogisch zu verstehen ist.

Damit treten die Merkmale „Erziehung“ und „Jugendliche“ in den Vordergrund.74 Bei der Erlebnispädagogik handelt es sich nach obiger Definition also um ein Erziehungskonzept für „die Jugend“. Die erstmalige Verwendung dieses Begriffs ist im Gegensatz zum Begriff der „Erlebnistherapie“ (vgl. dazu Ende Abschnitt 2.1) belegt: Im Jahr 1925 verwendet Waltraud Neubert in ihrer von Hermann Nohl betrauten Diplomarbeit diesen Begriff:

So will die Erlebnispädagogik den Menschen bilden zu dem, was er ist (…) 75

Der Begriff wird anschließend noch von weiteren Pädagogen / -innen verwendet, allerdings entwickelt er sich zu keinem „Leitbegriff“ der Pädagogik dieser Zeit. Dementsprechend selten taucht der Begriff „Erlebnispädagogik“ explizit auf:

Es ist aber deutlich geworden, dass sich – von Gegenwart und jüngerer Vergangenheit abgesehen – der Nachweis eines ausdrücklichen Gebrauches des Begriffs Erlebnispädagogik nur auf einige wenige Quellen beschränkt. Neubert ist hier zuerst zu nennen. Bei ihr kann der Begriff Erlebnispädagogik erstmalig belegt werden. Es folgen Kneisel und Fischer, sowie Lehmann und Nohl, die zahlreiche fruchtbare Anhaltspunkte zu Struktur und Konzept einer Erlebnispädagogik an die Hand geben.76

An dieser Stelle muss man auch anmerken, dass die oben genannten Personen in der Diskussion der „modernen Erlebnispädagogik“ so gut wie keine Rezeption erfahren. Eine Ausnahme ist nur Waltraud Neubert, einerseits als „Namensmutter“ und andererseits, weil sie als Erste versucht, eine Schuldidaktik auf Grundlage von Erlebnissen zu erstellen (mit Erlebnisaufsatz, neuem Zeichenunterricht, Musik und Körperbeziehung und der Methodik des Erlebnisausdruckes)77 Sie steht ganz im Zeichen eines humanistischen Bildungsbegriffs:

So will die Erlebnispädagogik den Menschen bilden zu dem, was er ist, in einem Leben, auf allen großen menschlichen Erlebnis feldern. Darin liegt, dass ihr Bildungsideal, obgleich es des sozialen Einschlags nicht entbehrt, doch im wesentlichen humanistisch ist und auf die vollkommene menschliche Entfaltung des einzelnen abzielt, dass also Erlebnis als Bildungsmittel mit hineinverwoben ist in die historische und weltanschauliche Bedingtheit dieses Bildungsideals.78

Waltraud Neubert begreift das Erlebnis als „methodischen Grundbegriff der modernen Pädagogik“79. Dabei greift sie auf den Erlebnisbegriff von Wilhelm Dilthey zurück und entwickelt daraus ihr Konzept einer Erlebnispädagogik bzw. der „Erlebnismethode“.80 In diesem Kontext ist zu erwähnen, dass ihr Diplomarbeitsbetreuer Hermann Nohl als „Nachfolger“ von Wilhelm Dilthey gilt und wesentlich zur Entwicklung der geisteswissenschaftlichen Pädagogik beitrug.

2.1.3 „Gegenmodelle“ Erlebnistherapie und Erlebnispädagogik

Es ist interessant, dass sowohl Kurt Hahn als auch Waltraud Neubert etwa zur gleichen Zeit an einer „Pädagogik des Erlebens oder des Erlebnisses“ arbeiteten, ohne sich aufeinander zu beziehen. Und dies, obwohl beide „reformpädagogisch geprägt“ waren:

Nicht nur institutionsgeschichtlich wurden tatsächliche Erziehungsfelder geschaffen, auf denen erlebnispädagogische Initiativen verwirklicht werden konnten. Auch unter dem Aspekt der ideengeschichtlichen Grundlagen der Erlebnispädagogik wurden zwischen 1925 und 1928 ihre wesentlichen Ziele, Inhalte und Methoden durch die Arbeiten von Waltraud Neubert und Kurt Hahn konkretisiert. Die zeitliche Parallelität, in der die Konzepte der Erlebnispädagogik und Erlebnistherapie erarbeitet wurden, musste schon überraschen. Einerseits kann mit großer Sicherheit davon ausgegangen werden, dass weder Hahn die Arbeiten von Neubert noch Neubert die Arbeiten von Hahn kannte. Andererseits zeigt diese Parallelität, dass die „Erlebnisarmut“ im öffentlichen Erziehungswesen dafür sensibilisierte, sich alternativen Konzepten verstärkt zuzuwenden. Auf jeden Fall waren beide von reformpädagogischen Ideen beeinflusst, denn die Verbindung zwischen Erlebnis und Erziehung durch Methoden der Arbeitsschulbewegung wurde von Hahn und Neubert gleichermaßen thematisiert.81

Zusammengefasst bedeutet dies: die Grundlagen der Erlebnispädagogik und auch die Begrifflichkeit wird in der Zwischenkriegszeit ausformuliert. Dafür werden zwei Begriffe verwendet: Erlebnistherapie und Erlebnispädagogik. Beide Begriffe können der Reformpädagogik zugeordnet werden. Wie oben erwähnt, sind beide Konzepte Alternativkonzepte zum „öffentlichen Erziehungswesen“. Dementsprechend handelt es sich in beiden Fällen um Gegenmodelle.

Beide Ansätze sind Gegenentwürfe zum vorherrschenden Schulsystem bzw. dessen didaktischer Ausrichtung, zumindest in ihren Anfangsphasen. Allerdings geht es um Alternativen zum aktuellen System und nicht um die Abschaffung der Institution Schule. Somit geht es im Fall der Erlebnistherapie um die Schaffung einer „Reformschule“ und im Falle der Erlebnispädagogik um die Einführung einer „Reformdidaktik“. Die Arbeit von Waltraud Neubert steht ganz im Zeichen eines didaktischen Reformversuchs von Schule und Hahn setzt seine Erlebnistherapie in Form von Internatsschulen um. 1920 gründet er die Internatsschule Schloss Salem, der bald noch weitere folgen (dazu mehr in Kapitel 4.4). In beiden Fällen handelt es sich also um schulische Erziehungskonzepte, zumindest was die institutionelle Umsetzung betrifft. Damit sind beide Konzepte zwar Gegenkonzepte was ihre didaktische Gestaltung betrifft, aber prinzipiell stellen sie reformierte Ergänzungen des (öffentlichen) schulischen Erziehungswesens dar. Beiden Konzepten liegt die Institution Schule zugrunde, beide richten sich an die Zielgruppe Kinder und Jugendliche und sind somit schulische Erziehungskonzepte. Diese Ausrichtung auf das „System Schule“ verändert sich erst im Laufe der Zeit bzw. erfährt in Form der so genannten Kurzschulen eine Ausweitung (dazu mehr in den Abschnitten 4.4.3 und 7.1)

Allerdings wird nur der Ansatz von Kurt Hahn langfristig, auch institutionell, umgesetzt. Der Grund dafür liegt wohl in der „Kraft der Bündelung“ der verschiedensten „erlebnisorientierten reformpädagogischen Ansätze“, in der „Erlebnistherapie“:

Der Begriff des Erlebens spielt in nahezu allen reformpädagogischen Bewegungen eine zentrale Rolle. Als Kurt Hahns historischer Verdienst kann gelten, dass durch seine Theorien der Erlebnistherapie die verschiedenen Fäden einer Pädagogik des Erlebens wohl eher unbewusst als beabsichtigt verknüpft werden. Diese historischen Fäden oder Wurzeln reichen über die Reformpädagogik hinaus bis weit ins 19. Jahrhundert hinein. Die herkömmliche Einteilung in Bewegungen versucht aus dem subtilen Zusammenspiel von Ideen ein geographisches (Landerziehungsheimbewegung), thematisches (Kunsterziehungsbewegung) oder soziales (Frauen-, Jugendbewegung) Raster zu bilden. Zunächst aber zu den zentralen Begriffen oder Ideen der Reformpädagogik: Erlebnis, Augenblick, Unmittelbarkeit, Gemeinschaft, Natur, Echtheit und Einfachheit.82

Aber neben dieser Entwicklung einer „Sammeltheorie“ ist der Grund für das nachhaltige Wirken von Kurt Hahn wohl seinem Organisationstalent und seiner charismatischen Ausstrahlung zuzuschreiben. Kurt Hahn ist als wirklicher „handlungsorientierter“ Pädagoge zu sehen. Während in der Wissenschaft über Begrifflichkeiten diskutiert wird, gründet Hahn eine Schule nach der anderen. Selbst nach dem Gang ins Exil nach England dauert es nicht lange und schon wird die nächste (Internats)Schule gegründet. Durch seine Tätigkeiten schafft er ein Fundament, auf dem die heutige, so genannte „moderne Erlebnispädagogik“ noch immer aufbaut. Diese Spannung zwischen „Aktionismus“ versus „gelehrtem Diskurs“ ist auch heute noch spürbar und wird an vielen Stellen erwähnt: hier die praktischen Erlebnispädagogen / -innen, dort die verkopften Theoretiker / -innen. Allerdings handelt es sich dabei um einen weit über die Grenzen der Erlebnispädagogik vorkommenden Topos. Tatsache ist auf jeden Fall, dass, im Gegensatz zu Waltraud Neubert, Kurt Hahn noch heute präsent ist: einerseits durch die aktuelle, wissenschaftliche Auseinandersetzung mit seiner „Erlebnistherapie“ und andererseits in „materieller“ Form durch seine Schulgründungen (siehe dazu Kapitel 4.4).

2.1.4 Rückgriff: Das Erlebnis nach Wilhelm Dilthey

Zentraler Leitbegriff der Erlebnistherapie und der Erlebnispädagogik ist das Erlebnis. Dabei ist es gerade der Begriff des „Erlebnisses“, der in der „modernen Erlebnispädagogik“ sehr kritisch hinterfragt wird. Im Prinzip gibt es drei Hauptkritikpunkte:

 Erlebnisse sind nicht pädagogisch (methodisch-planvoll) provozierbar bzw. erzeugbar.83

 Erlebnisse sind als isolierte, individuelle Erscheinungen nicht in ein pädagogisches System integrierbar.84

 Erlebnisse sind nur die Befriedung einer „Abenteuerlust“ oder „Entgrenzung“ der Gesellschaft und dementsprechend als pädagogisch-erzieherische Kategorie nicht zulässig85

Es ist sicher so, dass „das Erlebnis“ als ein „erlebtes Gefühl“ einer wissenschaftlichen Beschreibung schwer zugänglich ist. Der Begriff bzw. der Begriff des „Erlebens“ wurde von Wilhelm Dilthey bereits in den Anfängen der (geistes)wissenschaftlichen Diskussion als ein zentraler eingeführt:


Die Wurzeln der Erlebnispädagogik liegen bei Wilhelm Dilthey (1833–1911) und seiner Begründung einer geisteswissenschaftlichen Psychologie, in der das Erleben der eigenen Zustände und das Verstehen des in der Außenwelt objektivierten Geistes als die beiden Möglichkeiten des Menschseins verstanden wurde, die Wirklichkeit zu erfassen.86


Die oben angesprochene Waltraud Neubert arbeitete aus dem Gesamtwerk von Wilhelm Dilthey für ihre Erlebnispädagogik sieben zentrale Momente für die Bestimmung des Erlebnisses heraus:

Erlebnisbegriff von Wilhelm Dilthey nach Waltraud Neubert:87

Kategoriale GliederungInhaltlicher Kontext
1. Unmittelbarkeit des ErlebnissesErlebnisse sind unmittelbar, da mit ihnen, im Gegensatz zum denkenden Verstehen, das Leben vom Individuum selbst erfasst wird.
2. Erlebnis als gegliederte EinheitDas Erlebnis ermöglicht eine solche denkende Aufhellung dadurch, dass es eine gegliederte Einheit darstellt, die als solche sich im gesamten Erlebnisstrom als bedeutsam von anderen Erlebnissen abgrenzt.
3. Erlebnis als mehrseitiges Spannungsgefüge3.1. Totalität In jedem Erlebnis sind alle geistigen Grundrichtungen wirksam. Es kann in ihm auch wie in jedem anderen seelischen Akt die Totalität des Seelenlebens, das Wirken des ganzen, wollend-fühlend-vorstellenden Menschen nachgewiesen werden. Dabei liegt der Nachdruck auf der entscheidenden mächtigen Mitte: „im Gefühl genossene Lebendigkeit“.3.2. Subjekt-Objekt-Bezug Zwar ist für das Subjekt das Erlebnis herausgehoben aus dem Gesamtverlauf des seelischen Geschehens durch seine Intensität im Bewusstsein. Zugleich mit dem seelischen Zustand aber ist im persönlichen Erlebnis in Beziehung auf ihn die Gegenständlichkeit der Welt gegeben.3.3 Allgemeingültigkeit und Individualität Jeder Mensch erlebt etwas Schmerz und Freude in der gleichen Grundart. Darüber hinaus aber sind jedem Erlebnis Züge eigen, die durch Rasse und Geschlecht, Gesellschaftsschicht und Beruf, schließlich durch die individuelle Anlage bedingt sind.
4. Historischer Charakter des ErlebnissesIndividualität ist nicht etwas Gegebenes, sondern das Seelenleben bildet eine Entwicklung. Umgekehrt schwingt auch alles je Erlebte im Erlebnis mit, so dass jeder einzelne Bewusstseinsakt in seinem Auftreten und seinem Charakter von diesem ganzen erworbenen seelischen Zusammenhang bedingt ist.
5. Entwicklungsfähigkeit des ErlebnissesDas Erlebnis lässt sich einmal nach seinen Wurzeln hin verfolgen: denn hat es auch den Charakter des Plötzlichen, so ist es doch das Ergebnis einer inneren Folge von Seelenzuständen, welche nach ihrem Zusammenhang auf das Erlebnis hindrängen und in ihm Höhepunkt und Abschluss haben.
6. Objektivationsdrang und ErlebnisWie alle seelischen Grundfunktionen im Erlebnis ins Spiel treten, so wird auch der ganze seelische Zusammenhang, in den sich unser geistiges Leben gliedert, in ihm durchlaufen. Von der empfindungs- und vorstellungsgemäßen Antwort auf die Reize, über die Wertung im Gefühl als dem wichtigsten Teil, stößt das Erlebnis durch bis zum Willensimpuls, der sich dann in der doppelten Form des Ausdrucks oder der Handlung entladen kann.
7. Zusammenhang von Leben-Ausdruck-VerstehenDie schöpferische Kraft des Erlebnisses begründet schließlich den Zusammenhang von Leben-Ausdruck-Verstehen, infolgedessen nun auch auf dem umgekehrten Wege von außen nach innen in jedem Gebilde, in welchem Erlebnis Gestalt geworden ist, das Schaffende, Wertvolle, Handelnde, Sichausdrückende, Sichobjektivierende im Nacherleben wieder flüssig gemacht werden kann.

Die Diskussion über den Begriff des Erlebnisses ist ein zentrales Moment der „geisteswissenschaftlichen Pädagogik“, ja in der Geisteswissenschaft als solche.


In der modernen Erlebnispädagogik ist allerdings nicht mehr der Begriff des Erlebnisses ein „Leitbegriff“ der wissenschaftlichen Diskussion, sondern die „pragmatischen“ Begriffe wie „Transfer“, „Wirkung“ und „Lernen“. Dabei ist auch nicht mehr die „geisteswissenschaftliche Pädagogik“ die Leitdisziplin, sondern es wird auf eine Fülle anderer Wissenschaftstheorien (kritisch-rationale, empirische Theorie, Systemtheorie, Konstruktivismus etc.) bzw. auf die unterschiedlichsten Bezugswissenschaften (Psychologie, Soziologie), Modelle und Erklärungen zurückgegriffen. Eine genaue Differenzierung und Systematisierung dieser Diskussionsstränge in der modernen erlebnispädagogischen Literatur steht noch aus. Trotzdem gilt es festzuhalten, dass der Begriff „Erlebnis“ noch immer ein, wenn auch manchmal nur historischer Leitbegriff der Erlebnispädagogik ist. Allerdings (ver)schwindet er oft durch Bezeichnungen wie „Outdoor-Training“ oder durch die Umschreibung „handlungsorientierter Ansatz“. Diese Verschiebung ist aus meiner Sicht eine logische Konsequenz aus den oben angeführten Tendenzen bzw. Differenzierungen. Auch in den beiden in diesem Buch verwendeten pädagogischen Wörterbüchern wird der Begriff „Erlebnis“ nicht behandelt. Diese Entwicklung spiegelt aus meiner Sicht auch die Entwicklungen in der wissenschaftlichen Pädagogik wider. Der Begriff des Erlebnisses verweist direkt auf die geisteswissenschaftliche Pädagogik, die ja gerade in den 60er Jahren massiv kritisiert wurde.88 Der Begriff „Training“ dagegen verweist auf die in der kritischen Wende aufkommenden (empirischen) Bezugswissenschaften und eine empirische Studie ist etwas „Handfesteres“ als der „sperrige“, schwer fassbare Begriff des Erlebnisses. Allerdings ermöglicht gerade der Begriff des Erlebnisses einen Anschluss an Begriffe wie „Ganzheitlichkeit“ bzw. ist anschlussfähig an „spirituelle“ Ansätze. Im Gegensatz z.B. zum Begriff des Trainings hebt er die hohe „emotionale Qualität“ von Erlebnispädagogik hervor:

Unter einem Erlebnis soll ein besonderes Ereignis aus subjektiver Sicht des Erlebenden verstanden werden, das einen hohen Erinnerungsgrad aufweist.89

2.1.5 Unterscheidung von „Erleben“ und „Erlebnis“ nach Schott

Bei einem Erlebnis handelt es sich also um ein „besonderes Ereignis aus subjektiver Sicht“. Ist „das Besondere“ nicht gegeben, handelt es sich also um ein „Ereignis“, und wird dementsprechend „erlebt“. Dies ist eine bedeutsame Unterscheidung, wenn auch „Erlebnis“ und „Erleben“ in der Literatur oft synonym verwendet werden. Thomas Schott hat dagegen, in Fortführung von Dilthey und Neubert, die Unterschiede bzw. die unterschiedliche Struktur und Qualitäten, auch in ihrer historischen Entwicklung, sehr genau untersucht und damit den Begriff auch wissenschaftlich fassbar gemacht. Dabei unterscheidet er zwischen „Erleben“, siehe Abschnitt 2.3, ein Begriff der eher dem handlungsorientierten Ansatz zugeordnet werden kann und dem Begriff „Erlebnis“90:

Zentrale und periphere Momente von „Erleben“ und „Erlebnis“ nach Thomas Schott.91

Zentrale Momente des ErlebensZentrale Momente des Erlebnisseswichtige Unterscheidung
Als erstes, zentrales Moment des Erlebens ist dessen Unmittelbarkeit zu nennen.Das erste zentrale Moment des Erlebnisses betrifft dessen Unmittelbarkeit
Das zweite zentrale Moment des Erlebens bezieht sich auf dessen Einheitscharakter. Gemeint ist damit, dass das Erleben über die Fähigkeit verfügt, heterogene Vorgänge des seelischgeistigen Geschehens zu verbinden. (…) Das Erleben ist Bedingung dafür, dass Gefühle kultiviert und Prinzipien in Handlungen umgesetzt werden können. Es ermöglicht ein „learning by doing“. (Hervorhebung durch Verfasser).Das zweite zentrale Moment des Erlebnisses ist sein Einheitscharakter.
Das dritte zentrale Moment des Erlebens, seine Geprägtheit durch unterschiedliche Spannungsverhältnisse – geht mit dem zweiten Hand in Hand. (…) Das erste Spannungsverhältnis liegt in der Dialektik von Allgemeinheit und Individualität. (…). Das zweite Spannungsverhältnis äußert sich im Dualismus von Dynamik und Statik. (…) Das dritte Spannungsverhältnis erstreckt sich auf die Dialektik von Abstand und Nähe. (…). Das vierte Spannungsverhältnis endlich kennzeichnet den Widerstreit zwischen Willkürlichkeit und Unwillkürlichkeit (…).Das dritte zentrale Moment des Erlebnisses erstreckt sich auf seine Spannungsverhältnisse. Im Unterschied zum Erleben können beim Erlebnis allerdings nur zwei Spannungsverhältnisse ausgemacht werden: Einmal die Dialektik von Allgemeinheit und Individualität (…) hinzu kommt die relative Opposition zwischen Abstand und Nähe.Von einem Erlebnis kann also dann die Rede sein, wenn willkürliches, selbstinitiiertes Interesse mit unwillkürlichem, neigungsgebundenem Interesse koinzidiert, wenn Leidenschaft und Lust mit Überlegung und Einsicht einhergeht.
Das vierte zentrale Moment des Erlebens erstreckt sich auf die Zeitlichkeit. Wie schon Dilthey anmerkte, wirken biographische Umstände eines Menschen zum Teil Zeit seines Lebens auf dessen Erleben zurück. (…)Die Zeitlichkeit stellt das vierte zentrale Merkmal des Erlebnisses dar.Im Unterschied zum Erleben aber halten beim Erlebnis augenblickliche, zurückliegende sowie antizipierte Geschehnisse ihren Eigencharakter nicht aufrecht. Vielmehr scheinen sich deren strukturelle Grenzen, die beim Erleben noch vorhanden waren, gleichsam aufzulösen. (…) Man gewinnt die Überzeugung, als verstreiche im Erlebnis die Zeit wie im Fluge oder – das andere Extrem – als bliebe die Zeit stehen. (…) Im Erlebnis scheint eine Aufhebung zwischen Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft vorzuherrschen.
Das fünfte zentrale Element des Erlebens ist seine „Manifestationstendenz“, das ist seine Neigung bzw. sein Drang sich zu vergegenständlichen. Dieser Drang offenbart sich darin, dass Erlebtes je nach Intensität zur Reflexion zwingt, zur Sprache gebracht wird oder in unterschiedlicher Verhaltensweise in Erscheinung tritt. (…)Das fünfte zentrale Moment des Erlebnisses meint seinen Drang zur Äußerung, Besinnung und Mitteilung.Jedenfalls zeichnet ein Erlebnis unter anderem aus, dass man sich mit ihm verstärkt beschäftigen muss. Es verursacht das Streben nach Ausdruck und Handlung, ganz gleich, ob sich das beobachtbare Verhalten niederschlägt oder nicht.
Beim sechsten zentralen Moment des Erlebens handelt es sich um die Einbindung des Erlebens in die Vorgänge des Ausdrückens und Verstehens. Hier darf erneut auf Dilthey verwiesen werden, denn Dilthey hat klargemacht, dass das Erleben den Grundstein von Ausdruck und Verstehen darstellt. Ohne (bewusstes) Erleben ist keine begriffliche Objektivation und ohne diese kein Verstehen möglich. Das Erlebte muss also zunächst in Begriffe bzw. zur Sprache gebracht werden, um es verstehen zu können (…)Das sechste zentrale Moment des Erlebnisses (…) ist gekennzeichnet durch seine Einbindung in die Vorgänge des Ausdrückens und Verstehens.Allerdings ist das Erlebnis nicht – wie etwa das Erleben – Voraussetzung dafür, dass etwas auf einen Begriff gebracht und somit dem Verstehen zugänglich gemacht werden kann, denn die Vergegenständlichungen sind schon auf niedrigeren Ebenen möglich, die nicht des Erlebnisses bedürfen. Vielmehr könnte ein Erlebnis kraft seines gesteigerten Manifestationsdranges dazu beitragen, dass jemand seine Welt besser verstehen lernt, weil er sich mit dem Erlebnis intensiver auseinandersetzen wird als mit alltäglich Erlebtem. Gleichwohl gibt es dafür keinen Automatismus.
Das siebte zentrale Moment des Erlebens rekurriert auf die Fähigkeit zur Kommunikation (…) Kommunikation wird aufgefasst als Mitteilung und Verständigung, als Vorgang, bei dem etwas in Kontakt tritt bzw. bei dem etwas vereinigt wird.In der Kommunikation zeigt sich das siebte zentrale Moment des Erlebnisses.Im Unterschied zum Erleben aber ermöglicht es nicht die wechselseitige Kontaktaufnahme zwischen Empfundenem und Denken, zwischen Fühlen und Wollen, sondern im Erlebnis ist Kommunikation. Im Erlebnis ist die Kommunikation dieser Glieder kaum behindert (…) Es ist dann, als seien keine Grenzen mehr vorhanden. (…) In den Mittelpunkt gerät vielmehr ein Gefühl, mit welchem sich Ohnmacht und Allmacht zugleich einstellen.
Das achte zentrale Moment des Erlebnisses ist sein Resultatscharakter.Das achte zentrale Moment des Erlebnisses fasst einen markanten Unterschied zum Erleben in sich, den Unterschied, dass das Erlebnis im Vergleich zum Erleben Resultatscharakter hat. Das Erleben ermöglicht etwas, es ermöglicht Verbindungen, Verknüpfungen, es ermöglicht Einheit etc. Im Erlebnis ist Einheit von Denken, Fühlen, Wollen, ist Einheit von Dynamik und Statik, von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, von Willkürlichkeit und Unwillkürlichkeit. Im Erlebnis ist Ganzheit.
Das neunte zentrale Moment schließlich kennzeichnet die Eigen- bzw. Selbsttätigkeit des Erlebnisses. Das Erlebnis stellt ein „autokinetisches System“ dar, das sich, per definitionem, selbst bewegt bzw. bildet und weder von außen – etwa durch Vorgaben des Lehrers – noch von innen – z.B. durch Neigung und Gefühle des Schülers – erzwingen lässt.
Periphere Momente des ErlebensPeriphere Momente des Erlebnisses
Das Kriterium der QuantitätDas Kriterium der QuantitätKlarheit und Deutlichkeit zum Gegenstand
Das Kriterium der RelationDas Kriterium der Relation
Modi des Erlebenswirkliches (objektives) und mögliches (antizipierendes) Erlebenpositives und negatives ErlebenAbgrenzung innerhalb des Erlebens nach kognitives Erleben, affektives Erleben oder konatives ErlebenModi des Erlebnisseswirkliches (durch faktische Ereignisse bewirkt) oder mögliches (durch vermutete, antizipierte etc. Inhalte bewirktes) Erlebnispositives und negatives Erlebnisaffektives (durch sinnes- bzw. verstandesmäßige Tätigkeiten ausgelöstes) und konatives (durch Neigungen und Bedürfnisse ausgelöstes) Erlebnis

„Erleben“ und „Erlebnis“ unterscheiden sich also wesentlich in einigen Punkten. Dabei ist die Unmittelbarkeit des „Erlebnisses“ und die hohe „Intensität“ ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal. Bei Dilthey ist diese Differenzierung so noch nicht vorgenommen, aber die von Schott durchgeführte Unterscheidung spricht einen wesentlichen Aspekt der modernen Erlebnispädagogik an. Der Begriff des „Erlebens“ weist eher in die Handlungssphäre des „handlungsorientierten Ansatzes“ und des „erfahrungsorientierten Lernens“, bestimmt durch eine hohe Prozesshaftigkeit und einen reflexiven Charakter. Hier wird didaktisch auch oft mit so genannten „(Lern)Schleifen“ gearbeitet, in denen immer wieder gleiche Übungen durchlaufen und anschließend besprochen werden. Im Gegensatz dazu stehen die „Erlebnisse“, die „besonderen Erfahrungen“, die nicht „erzwingbar“ sind. Sie haben eine wesentlich höhere „emotionale Wirkung“ und dadurch ein wesentlich höheres (mögliches) Wirkpotential, sind aber methodisch nicht zu erzeugen. Diesem (methodischen) Problem wird in der erlebnispädagogischen Praxis dadurch begegnet, indem „Settings“ geschaffen werden, die eine „hohe Erlebniswahrscheinlichkeit“ haben (z.B. Hochseilgärten) bzw. der Ort der Handlung in die „unberührte Natur“ verlegt wird. Eine Raftingfahrt auf einem Wildbach, ein Abseilen aus zehn Meter Höhe oder eine Übernachtung ganz alleine im Wald haben sicher ein relativ hohes „Erlebnispotential“. Trotzdem stellen sich folgende, vor allem hinsichtlich des Nachweises und der Legitimität, methodische Probleme:

 Erzeugt das Setting ein Erlebnis?

 Hat das Erlebnis überhaupt einen Bezug zu Ziel und Intention?

 Ist das Erlebnis im Sinne der Ziele nutzbar zu machen?

 Ist es überhaupt „rational“, reflektier- und besprechbar oder in seiner emotionalen Wirkung „übermächtig“?

 Wie geht man mit einer hohen negativen Emotionalität, einem negativen Erlebnis um?

Warum aber „das Erlebnis“ als Kategorie der Erlebnispädagogik nicht verschwunden ist, liegt eben in seiner großen Intensität und dem damit verbundenen erhofften „Wirkpotential“. Dahinter steht die Hoffnung, diese „Energien“ für den pädagogischen Prozess nutzbar machen zu können und dadurch viel mehr „Wirkung“ erzielen zu können. Manchmal kann man fast von einer Hoffnung auf ein „Erweckungserlebnis“ sprechen (dies schwingt ja bei der Bezeichnung „finaler Rettungsanker“ in der Erziehungshilfe mit). Aber Schott hat meiner Meinung nach sehr gut herausgearbeitet, dass Erlebnisse keinesfalls „pädagogische Erfindungen“, sondern sehr wohl auch begrifflich fassbar sind. Neben dieser wissenschaftlichen Aufarbeitung kommt eine Unzahl von biographischen „Beweisen“ solcher „wirkmächtiger Erlebnisse“. Aus meiner Sicht ist es vor allem die Diskrepanz zwischen der subjektiven Wirkung und der (wissenschaftlichen) Beweisbarkeit bzw. der methodischen Planbarkeit, die sich hier zeigt. Im Rahmen eines professionellen Konzeptes ist es schwierig, mit einer derartig „sperrigen Kategorie“ zu argumentieren. Diese Diskussion wird in der modernen (professionalisierten) Erlebnispädagogik vor allem über Begriffe wie „Wirksamkeit“, „Nachhaltigkeit“, „Transfer“ und „Wirkungsnachweis“ geführt. Abschließend möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass die Begriffe „Erleben“ und „Erlebnis“ auch auf zwei unterschiedliche, in der aktuellen Diskussion oft vermischte „Ansätze“ verweisen. Wie erwähnt stehen beim Begriff des Erlebens die Prozesshaftigkeit und die Reflexion im Vordergrund. Somit verweist der Begriff des Erlebens auf den handlungsorientierten Ansatz. Beim Begriff des Erlebnisses steht die hohe „Intensität“ und die damit verbundene „Wirkmächtigkeit“ im Vordergrund und verweist daher auf die (Hahnsche) Erlebnispädagogik mit ihren wirkmächtigen Erlebnissen (siehe 2.1.) Wie gesagt sind beide Begriffe noch immer in der modernen Erlebnispädagogik anzutreffen, wenn auch in der wissenschaftlichen Diskussion der erste zur Zeit überwiegt. Dies aus meiner Sicht deshalb, weil ersterer konzeptionell planbar und methodisch-didaktisch umsetzbar und auch empirisch leichter erfassbar ist. Dadurch sind solche Programme auch Geldgebern / -innen gegenüber leichter argumentierbar. Aber in letzter Zeit ist, vor allem in den rituell-kreativen Ansätzen, der Ansatz des „wirkmächtigen Erlebnisses“ wieder zu erkennen. Manchmal werden diese Ansätze auch als „europäischer Sonderweg“ im Gegensatz zu den „behavioristisch-amerikanischen“ Projektkonzepten gedeutet.92

2.2 Ansatz II: Die Handlungs-Pädagogik (John Dewey)


Handlung: Handlung ist eine menschliche Tätigkeit, bei der als wesentliche Momente das Subjekt und Objekt der Handlung, der Vollzug und die Intention unterschieden werden. Die Handlungstheorie als philosophische Forschungseinrichtung sucht u.a. durch die Aufnahme der aristotelischen Unterscheidung von „praxis“ und „poisis“ und durch die Methoden der Sprachanalyse Strukturen und Voraussetzungen von Handlungen zu klären. Die Handlungstheorie kann so Pädagogik als handlungsorientierte und -orientierende Wissenschaft über die Bedingungen pädagogischen Handelns aufklären, unter denen sich weiterhin ein Erziehungs- als spezielles Handlungsziel anstreben lässt; von Bedeutung ist dabei die handlungstheoretische Frage nach Freiheit, d.h. nach der Begründung von Handeln durch die selbstbestimmte Intention der Person, die erst Erziehung zur Mündigkeit und Handlungskompetenz erlaubt.93

Es zeigt sich, dass die inhaltlich divergierenden Unterscheidungen von Handeln und Verhalten, Praxis und Poisis, Interaktion und Arbeit, Kommunikation und Diskurs weniger Themen als vielmehr wie auch immer wichtige Nebenprodukte eines Klärungsversuchs der primär normativen Frage sind: „Was ist (rationales, richtiges, vernünftiges…) Handeln? Insofern gilt: „Der Handlungsbegriff ist selbst in einem ursprünglichen Sinn ein Wertbegriff“, Pädagogik als Handlungsreflexion daher eine „praktische“ Disziplin.94

Neben der Bezeichnung „Erlebnispädagogik“ wird für die moderne Erlebnispädagogik auch oft die Bezeichnung „handlungsorientierter Ansatz“ verwendet. Im Rahmen dieser Arbeit ist es nicht einmal annähernd möglich den Begriff des „Handelns“ zu klären. Wie allerdings schon bei der Generierung des Wortschatzes zu erkennen ist, steht der Begriff der „Handlung“ (fast) gleichberechtigt neben dem Begriff „Erlebnis“. In der erlebnispädagogischen Literatur wird mit diesem Ansatz besonders eine Person in Verbindung gebracht und rezipiert: John Dewey. Dieser gilt in den USA und Kanada als Vater des „handlungs- und erfahrungsorientierten Lernens“95 und ihm wird auch das in der erlebnispädagogischen Literatur oft rezipierte Theorem: „Learning by doing“96 zugeschrieben.

John Dewey ist also neben Kurt Hahn sicher eine wichtige Persönlichkeit in der Geschichte der Erlebnispädagogik. Seine „Projektmethode“97 wird in Form des „Projekts“, wenn auch wahrscheinlich im Umweg über Kerschensteiner, zu einem konstitutiven Element der Hahnschen Erlebnistherapie:

Im Projekt-Lernen geht es (Hahn) um geistige, handwerkliche oder technische, wissenschaftliche, kunsthandwerkliche, musische und soziale Aufgaben und Felder der Bearbeitung (und Bewährung); (…). Die einschlägigen Vorbilder für Hahn, die (amerikanische) Projektmethode und der Arbeitsunterricht Kerschensteiners haben dabei vor allem die Selbständigkeit der Ausführung und die Selbstprüfung der Lernenden an der Sache betont. Nicht das Projektergebnis, sondern vielmehr die Fähigkeiten, die auf dem Weg zum Ziel erworben werden können, sind zentral.98

Dewey übte und übt einen nachhaltigen Einfluss auf die Entwicklung der Pädagogik in den USA aus. Seine Ideen bzw. sein pragmatischer Ansatz hatten darüber hinaus auch maßgeblichen Einfluss auf die Ausformung der Erlebnispädagogik in Nordamerika. Wie später noch gezeigt wird, ist der Beginn der Kurzschulen bzw. der Outward Bound Schulen und damit der Beginn der „modernen Erlebnispädagogik“ in Großbritannien zu verorten. Von dort ausgehend expandierte vor allem die „Outward Bound Bewegung“ in die USA und verband sich mit der „amerikanischen Pädagogik“. Eine Vielzahl der heutigen Bezeichnungen und Methoden haben hier ihren Ursprung und wurden schließlich über die intensive Rezeption dieser „amerikanischen“, von Dewey stark beeinflussten Erlebnispädagogik, in den 80er und 90er Jahren nach Deutschland „reimportiert“ bzw. bestand schon ab den 70er Jahren ein weltweites Netzwerk von „Outward Bound“, in dem natürlich auch inhaltlich diskutiert wurde. Deweys Ansätze übten damit zeitversetzt einen weiteren großen Einfluss auf die europäische moderne Erlebnispädagogik aus. Dies bedeutet, viele Begriffe der modernen Erlebnispädagogik gelangten über die Vereinigten Staaten (wieder) in die in den 90er Jahren einsetzende wissenschaftliche Diskussion. Die pädagogische Praxis, und damit die Begrifflichkeit, in der nordamerikanischen Erlebnispädagogik ist aber oft von einer behavioristischen Tradition geprägt. Als Beispiel sei hier auf den Begriff des „Outdoortrainings“ hingewiesen (siehe Abschnitt 7.5 und Abschnitt 9.2.3).

Die „moderne Erlebnispädagogik“ ist sehr massiv von Deweys Ansatz beeinflusst, worauf der Terminus „Handlungsorientierter Ansatz“ hinweist. Mit dieser Bezeichnung erfolgt eine begriffliche und inhaltliche Ausweitung: während die Begriffe Erlebnistherapie und Erlebnispädagogik definitorisch durch den Leitbegriff „Erlebnis“ eingeschränkt sind oder zumindest begrifflich determiniert sind, eröffnet der Handlungsbegriff ein ungleich größeres Handlungsfeld. Sarkastisch kann man sagen, schon allein das TUN im pädagogischen Feld reicht, um dieses Tun als pädagogisch zu bezeichnen. Noch größer ist diese Ausweitung mit dem Zusatz „orientiert“. Es muss also nicht einmal gehandelt werden, es reicht die „Orientierung“ dahin. Dies ist natürlich eine sarkastische Betrachtungsweise, aber spiegelt durchaus das „uneinheitliche“ Bild der „modernen Erlebnispädagogik“.99 Im Gegensatz zum Begriff „handlungsorientierter Ansatz“ scheint der Begriff „Erlebnispädagogik“ für die „moderne Erlebnispädagogik“ zu einschränkend. Erst mit dem Überbegriff „Handlungspädagogik“ lassen sich die heterogenen Ansätze der modernen Erlebnispädagogik zumindest annähernd beschreiben. Dementsprechend verwundert es nicht, dass die wichtigste Fachzeitschrift im deutschsprachigen Raum den Untertitel „Zeitschrift für handlungsorientiertes Lernen“ trägt.100

Dewey ist also mit seinem „handlungs- und erfahrungsorientierten“ Ansatz ein wesentlicher „Theoretiker“ der modernen Erlebnispädagogik. Damit kann man aber die moderne Erlebnispädagogik in die Nähe des so genannten „Pragmatismus“ rücken:101

Pragmatismus: (griech. pragma Handeln, Tatsache, Wirklichkeit; engl. pragmatism). Von dem amerikanischen Philosophen und Mathematiker C.S. Peirce am Ende des 19. Jahrhunderts begründete, handlungstheoretische Auffassung von Wissenschaft, die danach fragt, was wissenschaftliche Theorien für praktische, sachbezogene, soziale und sprachliche Handlungsprozesse in konkreten geschichtlichen Erfahrungsfeldern bedeuten. Darauf begründete J. Dewey in Amerika seine Pädagogik des Pragmatismus, die von der Bedeutung des Handelns und der Erfahrung ausgeht. Demokratie ist für Dewey gemeinschaftliches Leben und Schule soll als Modell den Grund dafür legen. Erziehung und Unterricht bewirken seiner Ansicht nach in den Interaktionsprozessen und in der handelnden Auseinandersetzung mit Natur, Gesellschaft und Kultur beim Schüler einen kontinuierlichen Erfahrungsaufbau, der im Verlauf der Erziehungsprozesse zur Ich-Identität hinführt. Die Theorie des Projektunterrichts von J. Dewey und W.H. Patrick zeigt die pädagogische Umsetzung der Philosophie des Pragmatismus.102

Für die deutschsprachige Rezeption sei allerdings darauf hingewiesen, dass dieser Einfluss von Dewey auf die moderne Erlebnispädagogik oft nicht explizit erwähnt oder erkannt wird, sondern sozusagen „mitschwingt“. So wird Hahn mit seiner „Erlebnistherapie“ definitiv (und aus meiner Sicht auf Grund seiner enormen organisatorischen Leistung auch zu Recht) als „Urvater“ der Erlebnispädagogik bezeichnet und Deweys Einfluss, vor allem auf die moderne Erlebnispädagogik, meist nicht genau gekennzeichnet:

Im deutschsprachigen Raum war Dewey bis heute kaum im pädagogischen Blickfeld, da sein pädagogischer Pragmatismus wenig Anknüpfungspunkte zur deutschen, traditionellen idealistischen Erziehungsauffassung fand, doch sein Theorem „Learning by doing“ erlangte Bekanntheitsgrad weit über Wissenschafts- oder Wirtschaftsgemeinschaften hinaus. Bedeutsame Spuren des Wirkens von Dewey finden sich heute aber noch in anderen Bereichen wieder, sind jedoch nicht immer so deutlich zu erkennen wie jene, die Deweys Überlegungen in der amerikanischen „Outdoor-Szene“ hinterlassen haben.103

Deweys pädagogischer Pragmatismus hatte in der deutschen, idealistisch geprägten Erziehungswissenschaft seit jeher einen schweren Stand. Schon 1915 polemisierte Eduard Spaner in einem Brief an Kerschensteiner über Deweys „Küchen- und Handwerksutilitarismus“. Der Münchener Stadtschulrat und spätere Universitätsprofessor Kerschensteiner schuf in dieser Zeit sein Modell der „Arbeitsschule“ und ließ sich als einer der wenigen deutschen Reformpädagogen von Dewey inspirieren (Anmerkung des Verf.: Kerscheinsteiner wiederum hatte Einfluss auf Hahn!).104

Die große Bedeutung von Dewey für die moderne Erlebnispädagogik resultiert aus seinen Überlegungen zum „Erfahrungslernen“. Wie schon erwähnt, ergibt sich damit ein zweiter Argumentationsstrang in der erlebnispädagogischen Theorie. An Stelle des zentralen „Erlebnisbegriffs“ treten die Begriffe „Handlung“, „Erleben“ und „Erfahrung“. Deweys „Learning by doing“ ist als eine „Methode der denkenden Erfahrung“105 zu verstehen. Das bezieht sich auf die doppelte Rolle von Erfahrung:

 zum einen erwirbt man Erfahrung um zu Handeln

 zum anderen erwirbt man Erfahrung durch Handlungen

Neben diesen zentralen gegenseitigen Verweischarakter der neuen Begriffe „Handlung“ und „Erfahrung“ treten als weitere wesentliche Leitbegriffe „Prozess“ und „Reflexion“. Dewey stellt dazu fest:

Durch Erfahrung lernen heißt, das was wir den Dingen tun, und das was wir von ihnen erleiden, nach rückwärts und vorwärts miteinander in Verbindung bringen.106

Gerade dieses Vorwärts und Rückwärts drückt das Prozesshafte und Reflexive aus. Dies bedeutet:

 dass aus einer Handlung offenbar nur mit Hilfe einer bewussten, denkerischen Durchdringung eine Erfahrung gewonnen werden kann - durch Reflexion also.

 dass dieses Vorwärts und Rückwärts immer prozesshaft ist, d.h. Prozessdenken statt „Ereignis- oder Erfolgsfixierung“.107

In seiner „Theory of Inquiry“ lassen sich fünf Phasen festhalten:


Somit treten vier neue Begriffe an die Stelle des Leitbegriffs „Erlebnis“:

 Handlung

 Erfahrung

 Prozess

 Reflexion

Den Zusammenhang beschreibt Dewey wie folgt:

Er ging von der Annahme aus, dass Handeln die erste und ursprüngliche Form der Erfahrungsbildung darstellt und das durch Handeln gewonnene Wissen das erste und ursprüngliche Wissen des Menschen ausmacht. (…) Das Wiederentdecken von Denken, Erfahrung und Handlung kann als zentrales Kennzeichen der Pädagogik Deweys gelten. Neben Rousseau kann somit auch Deweys Ansatz als erziehungstheoretische Grundlage für erfahrungsorientiertes Lernen und das Lernen durch Erlebnisse herangezogen werden.108

2.2.1 Erlebnispädagogischer und handlungsorientierter Ansatz

Mit Hahn und Dewey bzw. mit dem Begriff „Erlebnis“ auf der einen Seite und den Begriffen „Erfahrung“ und „Handlung“ auf der anderen Seite sind die zwei unterschiedlichen Argumentationsstränge der erlebnispädagogischen Theorie eingeführt. Im (wissenschaftlichen) Diskurs der modernen Erlebnispädagogik werden allerdings oft beide „miteinander“ diskutiert. Ebenso werden die Begriffe „Erlebnis“ und „Erleben“ synonym verwendet, was dementsprechend zu argumentativen Verwirrungen führt, denn im Prinzip handelt es sich um zwei unterschiedliche Ansätze mit unterschiedlichen Traditionen und Leitbegriffen:

 Der „erlebnispädagogische Ansatz“ mit dem zentralen Leitbegriff des „Erlebnisses“, auf Hahn, Neubert und Dilthey beruhend.

 „der handlungs- und erfahrungsorientierte“ Ansatz mit den Leitbegriffen „Handlung“, „Erfahrung“ bzw. „Erleben“, beruhend auf Dewey und die Pragmatiker.

Zur Differenzierung dieser beiden Ansätze verweise ich noch einmal auf die in Abschnitt 2.1.5 vorgenommene Unterscheidung von „Erleben“ und „Erlebnis“. Werden diese beiden Begriffe, wie schon oft erwähnt, häufig synonym verwendet, handelt es sich doch, wie Schott eindrucksvoll dargestellt hat, um zwei in ihrem Wesen unterschiedliche Begriffe:

Erleben

Das Erleben ist Bedingung dafür, dass Gefühle kultiviert und Prinzipien in Handlungen umgesetzt werden können. Es ermöglicht ein „Learning by doing“ 109

Erleben ist das subjektive Innewerden von Vorgängen, die als bedeutsam empfunden werden. Die Erfahrung stellt dann die Summe von Erlebnisanteilen dar, Erfahrung ist das durch das eigene Erleben und eigene Anschauung erworbene Wissen. Und aus Erfahrungen erwachsen schließlich Erkenntnisse, aus diesen können möglicherweise Einsichten resultieren, die als die höchste Stufe menschlicher Weisheit zu bezeichnen sind. Erlebnis, Erfahrung, Erkenntnis und Einsichten sind also wichtige Begriffe in der und für die Erlebnispädagogik 110

Erlebnis

Das Erlebnis hingegen zeichnet sich gegenüber „dem Erleben“ dadurch aus, dass

 Leidenschaft und Lust mit Überlegung und Einsicht einhergehen

 sich strukturelle Grenzen aufheben (Zeit vergeht wie im Flug)

 es einen verstärkten Drang zu Ausdruck und Handlung zeigt

 es durch den gesteigerten Manifestationsdrang eine höhere „Auseinandersetzungswahrscheinlichkeit“ gibt

 Grenzen der Kommunikation schwinden (z. B. Ohmacht und Allmacht zugleich)

 es Resultatscharakter aufweist (Einheit von Denken-Fühlen-Wollen)

 es ein autokinetisches System darstellt; es ist nicht erzeugbar und nicht erzwingbar111

Aus meiner Sicht handelt es sich hierbei um eine sehr wichtige Unterscheidung, um Programme der Erlebnispädagogik genauer untersuchen zu können. So sind eben die „heilsamen Erinnerungsbilder“112 von Kurt Hahn nur durch ihre verdichtete Intensität und dementsprechende Wirkmächtigkeit, also durch die Kategorie des Erlebnisses erklärbar. Auf der anderen Seite ist das „Erfahrungslernen“ ohne den Begriff des „Erlebens“ und der daraus resultierenden Erfahrung nicht zu erklären. Diese Unterscheidung ist vor allem auf praktischer, konzeptioneller Seite von Bedeutung, erfordert sie doch eine vollkommen andere Vorgangsweise. Im Ansatz der „Erlebnispädagogik“ mit dem zentralen Augenmerk auf den Begriff des Erlebnisses ist von zentraler Bedeutung, eben solche Erlebnisse durch Settings/Medien etc. möglich zu machen. Auf der Seite des „Erfahrungslernens“ liegt der Fokus mehr auf der Prozessebene, auf der Reflexion des Handelns und dementsprechend auf der „Umsetzung“ der Handlung in (nutzbare) Erfahrung. Dabei bedarf es natürlich einer gewissen „Qualität des Erlebens“, um die Handlung als solche sozusagen für das Individuum erkennbar zu machen (siehe oben), allerdings in weit geringerer Intensität. Daher ist in der Praxis des handlungsorientierten Ansatzes die Reflexion von so zentraler Bedeutung, da das Erlebte von sich aus nicht wirkmächtig ist und dementsprechend (meist) erst über den Umweg der reflexiven Aufarbeitung des Erlebten von (Lern)Erfahrungen gesprochen werden kann. Dabei handelt es sich um einen bedeutsamen Unterschied (vgl. Abschnitt 9.3). Dilthey, Neubert und Hahn haben, da sie sich jeweils in ihrem Wissenschaftskonstrukt bewegten, keine strengen Abgrenzungen zu jeweils anderen Konstrukten vorgenommen (was diesen Pionieren wohl auch schwer gefallen wäre). Dementsprechend überschneiden sich die Ansätze in ihren Argumentationen. Diese Unterscheidung ist auch hinsichtlich des „Erfahrungslernens“ nicht unbedingt notwendig, denn natürlich kann man die „Wirksamkeit“ von Erlebnissen auch aus der Sicht des „Erfahrungslernen“ erklären:

Etwas sehr Ähnliches wie Dewey hat 1906 auch Wilhelm Dilthey in Bezug auf die Erlebnispädagogische Kernmetapher, das Erlebnis, deutlich gemacht: „Da Erlebnisse völlig individuelle und daher auch nicht manipulierbare, irrationale, emotionale Ereignisse sind, ein inneres Bewegt- und Ergriffensein, genau deshalb benötigen Erlebnisse ihrer rationalen Durchdringung, wenn eine Einheit von Denken und Fühlen, von Erlebnis und Erfahrung hergestellt werden soll.“ 113

Interessanterweise wird Dilthey dementsprechend auch als Vertreter „der Psychologie des ERLEBENS“ eingeordnet.114 Auch Erlebnisse müssen also „rational durchdrungen“ (Dilthey) werden. Der wesentliche Unterschied liegt in der Argumentation der „Wirksamkeit“ und der daraus folgenden didaktischen Umsetzung.

Für die „moderne Erlebnispädagogik“ ist, wie schon oben erwähnt, sicher der Ansatz von Dewey spürbarer und relevanter als der von Dilthey und auch, auf Seite der Theorie, von Hahn. Dies mag einerseits auf den starken Einfluss von Dewey und Thoreau auf die amerikanische Pädagogik und damit auf die „amerikanische Outward Bound Schools“ zurückzuführen sein, andererseits aber sicher auch auf den breiteren Ansatz von Dewey, der praktisch-methodisch-didaktisch leichter umsetzbar, eben pragmatisch, erscheint. Denn im Gegensatz zur aufwändigen, unsicheren Erzeugung wirkmächtiger Erlebnisse scheint bei einer didaktischen Gestaltung im Sinne von Dewey schon die Berücksichtigung der „Reflexion von Handlungen“ in der Planung ausreichend. Dementsprechend ist der handlungsorientierte Ansatz vor allem im Bereich der konzeptionellen Planung von Trainingsund Entwicklungskonzepten anzutreffen. John Dewey wird auch oft als „Begründer“ der Organisationsentwicklung bezeichnet. Gerade in der Personalentwicklung, in der Organisationsentwicklung und in der modernen Teamentwicklung wird oft in so genanten „Outdoortrainings“ auf erlebnispädagogische Methoden zurückgegriffen:

Gairing hat darauf hingewiesen, dass Deweys rigoroses Entwicklungsparadigma die Plattform für die moderne Organisationsentwicklung geschaffen hat. Ob bei Caritas, Jugendherbergs werk oder der Deutschen Bank: Die aktuellen OE-Prozesse sind ohne Dewey kaum zu denken. Auch die in den meisten Unternehmen vollzogene Kehrtwende in der Erstausbildung antizipierte Dewey schon 1916: die einzige Form der Ausbildung für den Beruf ist durch den Beruf. (…) Deweys Ansatz ist verblüffend radikal, indem er die Erfahrung als den „Lernort“ seiner Pädagogik positioniert.115

Daneben erscheint „Learning by doing“ als Schlagwort auf den ersten Blick als leicht einzulösendes Konzept und übte sicher zusätzlich einen starken Reiz auf Praktiker / -innen aus. Hier zeigt sich die auch heute in der modernen erlebnispädagogischen Literatur oft angesprochene Diskrepanz zwischen Theoretikern / -innen und Praktikern / -innen:

Deweys Pragmatismus wirkte auf den ersten Blick technokratisch und theoriefeindlich: Ein Gramm Erfahrung ist besser als eine Tonne Theorie, einfach deswegen, weil jede Theorie nur in der Erfahrung lebendige und in der Nachprüfung zugängliche Bedeutung hat.116

Dieser Theorie Praxis Gap ist sozusagen ein Urproblem der Pädagogik als Wissenschaft.

2.2.2 Exkurs: Dewey, Hahn und Thoreau: Veränderung durch Erziehung

Während Dewey durch die Projektmethode und die reflexive Ausrichtung in Form des Erfahrungslernens einen großen Einfluss auf die didaktische Gestaltung des Schulunterrichts ausübte117, steht ein zweiter nordamerikanischer „Pädagoge“, Thoreau, der ebenfalls zu den „Urvätern“ der Erlebnispädagogik gezählt wird, für das „Prinzip der Unmittelbarkeit“:

Während eine europäische Erziehungsgeschichte ohne Rousseau, eine amerikanische Philosophiegeschichte ohne Thoreau unvollständig bleibt, ist das Thoreausche Gedankengut im europäischen Kulturraum einer seltsamen Vergessenheit preisgegeben. Nur gelegentlich leuchtet die Persönlichkeit dieses Propheten und Poeten, Philosophen und Pädagogen im Pantheon der Unsterblichen auf. So vor 25 Jahren, als Thoreau als Prophet der 68er Generation herhalten musste, oder als bekannt wurde, dass Mahatma Ghandi Thoreaus Buch „Über die Pflicht zum Ungehorsam gegen den Staat“ fast immer im Reisegepäck hatte. (…) Die Natur ist die große Erzieherin und Lehrmeisterin. Während Rousseau im „Emile“ die Erziehung durch die Natur, die Dinge und den Menschen sozusagen am Reißbrett entwirft, liefert Thoreau ein praktisches Beispiel der Lebenskunst. Am 4. Juli 1845, dem amerikanischen Unabhängigkeitstag, zieht er in eine selbst gebaute Hütte am Walden-See in der Nähe seiner Heimatstadt Concord. Das Evangelium der Einfachheit und Einsamkeit ist aber kein romantischer Rückzug in die Natur, sondern baut auf einem durchaus komplexen Gedankengebäude auf, das zu einem nicht geringen Teil durch die besondere historische und persönliche Situation von Thoreau zu erklären ist. Zweieinhalb Jahre später beendet Thoreau sein Walden-Experiment und verdingt sich als Hilfskraft im Hause des Philosophen Ralph Waldo Emerson.118

Thoreau, Dewey und Hahn strebten alle drei eine gesellschaftliche Veränderung durch die Erziehung an: Dewey durch die Erziehung zur Demokratie, Hahn durch die Erziehung zur Verantwortung und Thoreau durch die Erziehung zur „Pflicht zum Ungehorsam gegen den Staat“.119 Diese Entwürfe zur gesellschaftlichen Veränderung sind in der „modernen Erlebnispädagogik“ nur mehr sehr rudimentär nachzuspüren, während der „methodischtechnische“ Anteil stark zugenommen hat. Allerdings ist das Fehlen solcher Entwürfe einZeichen der heutigen „postmodernen Gesellschaft“, in der der Entwurf einer „einheitlichen (Gesellschafts-)Theorie“ nicht so richtig gelingen mag (man denke da nur an die Wertediskussionen zum Thema Familie). Vielleicht macht ja gerade dies den Reiz einer Methode oder Teildisziplin einer Wissenschaft aus, in der das Schlagwort der „Ganzheitlichkeit“ von großer Bedeutung ist.

Alle drei Personen und der Pragmatiker William James stellen wesentliche Protagonisten für die Ideengeschichte der Erlebnispädagogik dar:

Letzten Endes bleiben vier Männer übrig, die mit ihren Wegen, Werken und Gedanken die geistigen Grundlagen der modernen Erlebnispädagogik wesentlich beinflusst haben: Kurt Hahn, Henry D. Thoreau, William James und John Dewey. Besonders der Letzte zählt als bedeutender Vertreter der Philosophie des Pragmatismus zu den geistigen Vordenkern einer handlungsorientierten Pädagogik, mit dessen Intentionen sich die meisten Outdoor-Pädagogen identifizieren können. (…) Nach Dewey hat Philosophie ihren Ursprung nicht in intellektuellem, sondern in sozialem und emotionalem Material. Er bezieht sich auf den Nonkonformisten William James, der auch zu Hahns geistigen Vätern gehört, dass „Philosophie Vision“ sei und ihre Hauptaufgaben darin bestehen, den menschlichen Geist von Voreingenommenheit und Vorurteil zu befreien. Dies ist der Schnittpunkt, in dem sich James, Hahn und Dewey treffen und der Outward Bound-Bewegung, der Erlebnispädagogik (Experiental Education) und der handlungsorientierten Pädagogik ihre philosophische Grundlage geben – wo sich das „Visionäre“ mit dem „Social Engineering“ verbindet.120

42 Allison (1999), S. 99.

43 dtv – Wörterbuch Pädagogik (2004), S. 544.

44 Müller (2000), S. 25.

45 vgl. dazu Ziegenspeck (2000), S. 239 – 242. Hier wird das Konzept von Hahn überblicksartig vorgestellt.

46 vgl. Definition nach Müller, Wolfgang.

47 vgl. Schwarz (1968), S. 38.

48 Schwarz (1968), S. 44.

49 Zur Krankheitsmetapher siehe Abschnitt 3.1.1.

50 Dieses Axiom über die Wirkung des Erlebnisses geht auf den „Pragmatiker“ William James zurück.

51 Hahn zitiert nach Bauer (2001), S. 31.

52 Dabei muss allerdings erwähnt werden, dass gerade in den USA die Behavioristische Psychologie sehr stark präsent ist und dementsprechend die Grenze zwischen „Erziehung“ und „Therapie“ wieder etwas verwischt. Vgl. dazu auch z. B. die therapeutischen Ansätze des Adventure Based Councelling, entstanden aus Project Adventure, dargestellt z.B. in Nasser (1993).

53 Eckern, Schad (1998), S. 180.

54 Schlich (1994), S. 14.

55 Bonarius (1992), S. 32.

56 Heckmair, Michl (2002), S. 79.

57 dtv – Wörterbuch Pädagogik (2004), S. 446.

58 Cohn zitiert nach Hufenus, Kreszmeier (2000), S. 13.

59 Cohn zitiert nach Bauer (1989), S. 29.

60 vgl. Warzecha (1994), S. 7.

61 Moreno zitiert nach Hufenus und Kreszmeier (2000), S. 13.

62 vgl. Hufenus, Kreszmeier (2000), S. 13.

63 vgl. Warzecha (1994), S. 8.

64 Schlich (1994), S. 14.

65 dtv - Wörterbuch Pädagogik (2004), S. 446.

66 Warzecha (1994), S. 7.

67 dtv - Wörterbuch Pädagogik (2004), S. 446.

68 vgl. dazu Definition XIII und Amesberger (2003).

69 Leibner (2004), S. 67.

70 Gilsdorf (2004)

71 Als kurze Einführung Eckern, Schad (1998) und weiters die schon zitierten Warzecha (1994) und Schlich (1994). Beide und noch weitere Beiträge zu diesem Thema, in erleben und lernen, Zeitschrift für handlungsorientierte Pädagogik 6/94.

72 dtv - Wörterbuch Pädagogik (2004), S. 418 – 421.

73 dtv - Wörterbuch Pädagogik (2004), S. 189.

74 Zum Thema der Zielgruppe für Erziehungsprozesse und des „lebenslangen Lernens“ siehe Kapitel 11.

75 Neubert (1990), S. 77. verfasst 1925, publiziert 1930.

76 Bibliographische Details zum Nachweis des Begriffs: Kneisel, 1926 (Schott S. 227 – 230); Fischer, 1926 (Schott S. 230 – 238); Lehmann, 1927 (Schott S. 238 – 243) und schließlich Nohl, 1933 (Schott S. 243 – 246); entnommen aus Schott (2003), S. 248.

77 vgl. Neubert (1990), S. 30 – 38; Kapitel: Das Eindringen des Erlebnisses in die Didaktik der Ausdrucksfächer.

78 Neubert (1990), S. 77.

79 vgl. Schott (2003), S. 225.

80 Neubert (1990), S. 70 – 78.

81 Fischer, Ziegenspeck (2000), S. 233.

82 Heckmair, Michl (2002), S. 18. Vgl. dazu auch Fischer, Ziegenspeck (2000), S. 19.

83 Oelkers ist einer der pointiertesten und genauesten Kritiker; vgl. dazu Oelkers (1995) und Oelkers (1998).

84 vgl. Oelkers (1995) und Oelkers (1998).

85 vgl. dazu z.B. die Theorien der Risikogesellschaft (Beck) und der Erlebnisgesellschaft (Schulze)

86 Ziegenspeck (1990), S. 81.

87 entnommen aus Fischer, Ziegenspeck (2000), S. 235 – 236.

88 Stichwort „realistische Wende“ und „kritische Pädagogik“. Vgl. dazu Kron (1999) und Kron (2001), zum Überblick Gudjons (2003).

89 Müller (2002), S. 25.

90 siehe dazu auch Schenz 2006.

91 Schott (2003), S. 125 - 157.

92 vgl. dazu vor allem Hufenus, Kreszmeier (2000).

93 Wörterbuch der Pädagogik (2005), S. 272.

94 Pädagogische Grundbegriffe (2004), S. 705.

95 Heckmair, Michl (2002), S. 31.

96 Heckmair, Michl (2002), S. 32. Das oft auch in Zusammenhang mit Dewey rezipierte „Trial and error Prinzip“ gehört allerdings in den Bereich der Lerntheorien (Thorndike). Aber trotzdem wird es in der erlebnispädagogischen Literatur oft im Zusammenhang mit dem „handlungsorientierten Ansatz“ erwähnt.

97 Dabei gibt es unterschiedliche Ansichten, ob die Projektmethode tatsächlich von Dewey begründet wurde. Prinzipiell wird er gemeinsam mit William H. Kilpatrick genannt, wobei Dewey wohl als „philosophischer Urvater“ zu werten ist und Kilpatrick als praktischer Umsetzer. Vgl. dazu ausführlicher Schreiner (1991), S. 14 – 15.

98 Bauer, Nickolai (1989), S. 17.

99 Zum Vergleich sei ein Blick in die Tagungsbände des Internationalen Kongresses „erleben und lernen“ empfohlen. Hier gewinnt man jeweils einen guten Eindruck über die Vielfalt der Projekte, die sich alle unter dem Begriff des „handlungsorientierten Ansatzes“ versammeln. Vgl. dazu zum Beispiel Ferstl, Scholz und Thiesen (Hrsg.) (2006).

100 „erleben und lernen“, abgekürzt e&l, ist eine der zwei deutschsprachigen Fachzeitschriften und wohl „die“ Fachzeitschrift der „professionellen Erlebnispädagogik“. Im Untertitel führt sie die Bezeichnung „Zeitschrift für handlungsorientiertes Lernen“. Aus diesem Umfeld werden auch die regelmäßig stattfindenden Fachkongresse organisiert und in Form von Tagungsbänden veröffentlicht. Diese Kongresse zählen zu den wichtigsten Treffen der deutschsprachigen, „erlebnispädagogischen Community“. Die zweite große Fachzeitschrift war die „Zeitschrift für Erlebnispädagogik“, die 2010 in der e&l aufgegangen ist.

101 dementsprechend spricht Fischer, Lehmann (2009), S. 111 auch von „Erfahrungsprinzipen Pragmatischer Pädagogik“

102 dtv-Wörterbuch der Pädagogik (2004), S. 438.

103 Datzberger (2003), S.18.

104 Heckmair, Michl (2002), S. 32.

105 Bauer (2001), S. 20.

106 Dewey, zitiert nach Bauer, S. 21.

107 Bauer (2001), S. 21– 22.

108 Datzberger (2003), S. 20 – 21

109 Schott, S. 139.

110 Ziegenspeck (1990), S. 81.

111 vgl. Schott, S. 150 – 171

112 Schwarz (1968), S. 44.

113 Dilthey zitiert nach Bauer (1997), S. 25.

114 vgl. dazu Bauer (1997), S. 26.

115 Heckmair, Michl (2002), S.34 – 35.

116 Heckmair, Michl (2002), S. 32.

117 Die Ausrichtung des Unterrichts auf die Projektmethode ist in der amerikanischen Tradition sicher eine andere und stärkere als der (reformpädagogische) Projektunterricht in einer europäischen Schule.

118 Heckmair, Michl (2002), S. 9 - 10.

119 vgl. dazu Heckmair, Michl (2002), S. 9 – 17 (Thoreau), S. 22 – 27 (Hahn) und S. 27 -35 (Dewey).

120 Händel (1995a), S. 21– 22.

Die moderne Erlebnispädagogik

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