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1. Kapitel
ОглавлениеPiep, Piep … Piep, Piep … Piep, Piep.
Lucie hielt sich die Ohren zu. Sie mochte die Geräusche ihres Weckers überhaupt nicht. Und das jeden Morgen zu einer Zeit, an der kein normaler Mensch aufsteht, wie sie immer sagt.
Im Bett war es richtig kuschelig und gemütlich. Sie streckte ihre Arme und Beine aus wie eine Katze nach dem Schlaf. Dann rollte sie sich wieder zusammen und wollte noch ein paar Minuten liegen bleiben.
Obwohl es Juli war und die Sonne schon lange am Himmel stand, war es in ihrem Zimmer stockdunkel. Lucie mochte es nicht, wenn früh morgens bereits die Sonne in ihr Zimmer schien und lies deshalb ihre Rollläden immer komplett herunter. Dadurch wurde es natürlich ziemlich warm und stickig. Aber das war ihr egal.
»Guten Morgen, Lucie. Zeit zum Aufstehen.«
Ihre Mutter kam ins Zimmer, zog einen Rollladen hoch und öffnete das Fenster, um frische Luft hereinzulassen.
Das helle Licht war unangenehm und Lucie zog sich die Bettdecke über den Kopf.
Vögel zwitscherten bereits eifrig aus dem Baum vor ihrem Haus. Die Blätter bewegten sich in einem leichten Wind, die Temperatur war noch angenehm kühl.
Obwohl Lucie die Decke über den Kopf gezogen hatte, konnte sie die Vögel hören und dazwischen gelegentlich ein Auto, das an ihrem Haus vorbeifuhr. Sie hatte überhaupt keine Lust zum Aufstehen. Aber es half alles nichts. Sie musste raus.
Es war Mittwoch, ein Schultag und heute stand auch noch eine Mathearbeit auf dem Plan. Zum Glück war Lucie in Mathe ziemlich gut, so dass sie sich nicht so sehr darauf vorbereiten musste. Weniger lagen ihr die Fächer Deutsch und Geschichte. Gerade in Geschichte hatte sie Probleme, sich die vielen Zahlen und Fakten zu merken und brachte da immer so einiges durcheinander. Meistens aber ging sie gerne zur Schule. Die Schule lag am anderen Ende des kleinen Ortes und sie konnte sie in zehn Minuten bequem mit dem Fahrrad erreichen.
Lucie war in der siebten Klasse und mit ihren dreizehn Jahren ein Jahr älter als viele ihrer Klassenkameraden. Das Schuljahr war fast zu Ende und in drei Wochen begannen schon die Sommerferien. Wie jedes Jahr mussten in einigen Fächern noch Arbeiten geschrieben werden, bevor es am Schluss die Zeugnisse gab.
»Kommst du, Lucie?«, hörte sie ihre Mutter aus der Küche rufen.
Langsam schob sich eine braune Mähne unter der Bettdecke hervor. Sie stand auf und trottete Richtung Toilette.
Als sie nach unten kam, saßen ihr Vater und ihr Bruder Marc bereits am Tisch. Ihr Vater hatte seinen Kopf hinter der Zeitung versteckt. Wenn er früh genug dran war, las er immer noch etwas, denn abends nach der Arbeit waren die meisten Informationen schon veraltet oder er hatte keine Lust mehr dazu.
Marc war zwei Jahre jünger als Lucie und hatte im Gegensatz zu ihr keine Probleme mit dem Aufstehen.
»Guten Morgen«, sagte sie mit verschlafenem Blick und setzte sich an den Tisch.
Die Müslischale stand bereits an ihrem Platz. Lucie liebte Müsli. Meistens mischte sie sich mehrere zusammen. Die Kombination von Schoko- und Früchtemüsli war ihr am liebsten.
»Wann schreibt ihr denn heute eure Arbeit?«, wollte ihr Vater wissen und schob für einen Moment seinen Kopf hinter der Zeitung hervor.
»In der vierten Stunde, nach der großen Pause.«
»Hoffentlich bekommst du bis dahin deine Augen richtig auf«, mischte sich ihr Bruder Marc ein.
»Sei du doch ruhig«, erwiderte sie und warf ihm einen bösen Blick zu.
Der Vater steckte seinen Kopf wieder hinter die Zeitung.
»Das gibt‘s doch nicht«, sagte er, »jetzt wollen sie die Straße schon wieder aufreißen und Leitungen verlegen.«
Er hatte gerade einen Artikel auf der Lokalseite gelesen.
»Die haben doch erst vor vier Wochen neue Leitungen verlegt«, stellte Marc fragend fest.
Lucies Bruder war sehr an Technik interessiert und hatte die Bauarbeiter oft beobachtet. Immer wenn sich die Gelegenheit ergab, hatte er sich zu ihnen gesellt und unterhielt sich mit den Männern über ihre Arbeit. Daher wusste er noch genau, was sie damals gemacht hatten.
»Sie wollen jetzt die neuen Stromleitungen fertig verlegen«, sagte Lucies Vater.
»Das hätten sie doch schon machen können, als der Boden offen war«, sagte Marc. »Jetzt müssen sie ja wieder alles aufreißen.«
Lucie aß ihr Müsli.
»Heute Nachmittag werden wir zum ersten Mal mit Ramon zum Springen gehen. Er hat jetzt keine Probleme mehr mit seinen Fesseln. Wir freuen uns schon riesig darauf«, sagte Lucie voller Vorfreude.
»Hoffentlich bleibt das dann auch so. Es sah immer schlimm aus, wenn der die Schwellungen an den Fesseln hatte«, sagte ihre Mutter, die sich über Lucies Begeisterung freute.
Sie hatte über ihre Freundin und Lucie regelmäßig über die Probleme, die Ramon mit seinen Fesseln hatte, erfahren.
»Was sind denn die Fesseln?«, fragte Marc, der sich für das Thema Pferde nie besonders interessiert hatte.
»Das sind die vorderen Knöchel der Pferdebeine, das weiß doch jeder«, sagte Lucie noch verärgert über Marcs Bemerkung von vorhin. Sie streckte ihm die Zunge heraus.
»Geht Kirsten auch mit?«
»Ja, wir wollen beide mit ihm Springen. Wir können es kaum erwarten.«
Lucie war mit ihrem Müsli fertig. Sie stand auf und ging aus der Küche, um sich für die Schule zu richten.
»Denkt bitte daran, dass wir über das Wochenende zur Oma fahren. Sie freut sich schon auf uns. Nicht dass ihr was mit euren Freunden ausmacht«, rief ihr ihre Mutter noch nach.
»Muss das sein?«, fragte Marc gelangweilt.
»Ja, das muss sein. Oma hat euch schon lange nicht mehr gesehen.«
Lucie war bereits in ihr Zimmer gegangen. Sie zog sich an und verschwand im Bad, um sich die Zähne zu putzen und die Haare zu brüsten. Gelegentlich benutzte sie etwas Lippenstift, obwohl ihre Eltern das nicht so gerne sahen. Sie mochte den Rosaroten am liebsten, und wenn sie ihn nicht jeden Tag auftrug, hatte ihre Mutter mittlerweile auch nichts mehr dagegen.
Marc klopfte an die Türe.
»Beeil dich mal, ich muss auch noch ins Bad.«
Lucie hörte Marc rufen, reagierte aber nicht darauf. Sie stand vor dem Spiegel und bürstete sich die Haare. An manchen Tagen hatte sie viel zu tun, bis sie endlich durch ihre Mähne durch war.
Es klopfte wieder.
»Ja, ja«, sagte Lucie genervt. Sie ließ Marc absichtlich noch etwas warten, dann öffnete sie die Tür.
»Na endlich«, sagte Marc und verschwand im Bad.
Lucie ging in ihr Zimmer, um ihre Schultasche zu holen. Sie packte noch die restlichen Sachen ein und ging dann wieder in die Küche. Marc war bereits wieder da und zog sich gerade die Schuhe an.
»Dein Pausenbrot habe ich dir gerichtet und hier hast du noch etwas Geld, damit du dir was zu trinken kaufen kannst. Es wird heute wieder ziemlich heiß.«
Ihre Mutter gab ihr das Geld und Marc streckte sofort seine Hand aus. Natürlich bekam er ebenfalls was für ein Getränk, nur gab er es meistens für etwas anderes aus.
Lucie steckte die Münzen in ihren Geldbeutel, gab ihrer Mutter einen Kuss auf die Wange und verabschiedete sich mit einen »Tschüss« von ihrem Vater. Dann ging sie zum Schuppen neben dem Haus, in dem die Fahrräder untergebracht waren. Sie holte ihr Rad, schwang sich auf den Sattel und radelte los.
Am Horizont stand die Morgensonne bereits über den Bäumen und strahlte Lucie entgegen. Auf der braunen Haut ihrer Nase und den Wangen leuchteten ein paar Sommersprossen. Ihre Haare flatterten im Wind. Lucie war ein hübsches Mädchen.
Das hatten auch schon viele Jungs in ihrer Umgebung festgestellt.
Doch Lucie dachte in ihrer Freizeit nur an Pferde.