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5. Kapitel
ОглавлениеLucie und Kirsten nutzten die Zeit maximal aus. Es war bereits kurz vor 16 Uhr, als sie Ramon am Zaun anbanden, um noch schnell die Hindernisse abzubauen. Die Schweißperlen rannen ihnen über die Stirn, als sie die schweren Gestelle in die Halle schleppten.
Wenn doch nur Rolf schon wieder zurück wäre, dachte Lucie. Sie war, wie Kirsten auch, bereits durch das Reiten ins Schwitzen gekommen, denn auf der Koppel standen keine Bäume. Bäume gab es nur am Rand, da dort ein größeres Waldstück begann.
»Wo bleibt ihr denn mit den Hindernissen? Ihr wisst doch, dass wir sie jetzt brauchen.« Herr Veser war ziemlich sauer, sein Ton jedoch unangemessen ärgerlich.
»Wir kommen ja schon«, stöhnte Kirsten und die beiden beschleunigten ihren Schritt.
Als endlich alle Hindernisse in der Halle waren, setzten sie sich neben Ramon ins Gras.
»Der hätte uns auch helfen können, anstatt hier nur blöd rumzumaulen.«
Herr Veser war im Reitstall bekannt dafür, dass er meistens schlechte Laune hatte und an anderen herum maulte. Und hilfsbereit war er auch nicht besonders.
Lucie und Kirsten gingen ihm aus dem Weg, wann immer es möglich war.
Von weitem sahen sie Rolf, der auf seinem Fahrrad angeradelt kam.
»Jetzt kommt er, nachdem alles abgebaut ist.«
»Er kann doch nichts dafür.« Lucie nahm ihn in Schutz. »Die Zahnschmerzen hat er sicher nicht freiwillig bekommen, um sich vor dem Abbauen zu drücken. Und ich würde auch lieber ein paar Hindernisse wegräumen, als beim Zahnarzt zu sitzen.« Lucie fand den Kommentar von Kirsten nicht gerechtfertigt.
»Es tut mir leid«, sagte Rolf zu den beiden Mädchen. »Es ging nicht früher.«
Er hatte eine geschwollene Backe, die beim Sprechen wohl ziemliche Schmerzen bereitete. Immer wieder zog er die Augen zusammen, wenn er einen stechenden Schmerz in der Backe spürte.
»Muss ja ziemlich anstrengend gewesen sein, so wie ihr ausseht. Ihr seid ja total nass. Kommt, ich spendiere euch was zu trinken.« Rolf machte eine einladende Handbewegung und ging Richtung Reitstall.
»Warum eigentlich nicht«, sagte Lucie zu Kirsten und freute sich schon auf ein kühles Getränk.
»Wir bringen noch schnell Ramon in seine Box.«
»Okay«, sagte Rolf, »ich geh schon mal vor.« Er war schon ein ganzes Stück weg und wegen seiner dicken Backe war kaum zu verstehen, was er gesagt hatte.
Lucie sprang auf und fuhr Ramon über den Hals.
»Ganz toll hast du das heute gemacht.«
Das Pferd stupste sie mit dem Kopf an. Auch Ramon war verschwitzt, sein Fell glänzte und seine Mähne hing nass an ihm herunter. Die beiden Mädchen führten Ramon in seine Box. Kirsten holte einen Eimer mit Wasser, den Ramon gierig austrank. Sie füllte ihn noch einmal auf.
»Wir kommen gleich wieder und bürsten dich dann ab«, sagte Lucie zu Ramon und schloss die Türe seiner Box.
Sie gingen in die Wirtschaft des Reitstalls, die von Rolfs Eltern geführt wurde. Rolf saß bereits an einem Tisch. Vor ihm standen drei Apfelschorle. Eines hatte er bereits zur Hälfte ausgetrunken. Auf der Tischdecke vor ihm war ein großer Fleck zu sehen, ebenso auf seinem T-Shirt.
Rolf beobachtete Lucie, als sie den Fleck entdeckte und sagte in schwer verständlichem Ton. »Ich wollte einen kräftigen Schluck nehmen. Da aber meine Backe noch zur Hälfte betäubt ist von der Spritze, ist mir einiges daneben gelaufen. Man merkt es leider erst, wenn es zu spät ist.«
Es war ihm peinlich und er wurde ein bisschen rot an den Backen.
Lucie und Kirsten tranken von dem kühlen Getränk und fühlten sich gleich besser.
»Bei der Hitze kommt man ganz schön ins Schwitzen«, sagte Rolf.
»Besonders wenn man noch die Hindernisse wegräumen muss«, erwiderte Kirsten und Lucie vernahm in ihrer Stimme noch ein bisschen einen Vorwurf an Rolf. Doch der schien das nicht zu bemerken.
»Na, wie war’s mit dem Springen? Erzählt mal.«
Lucie und Kirsten berichteten Rolf von den vergangenen zwei Stunden. Ganz ausführlich gingen sie fast auf jeden einzelnen Sprung ein. Sie waren ganz in ihrem Element und ihre Begeisterung war ihnen richtig anzumerken.
Rolf war ein geduldiger Zuhörer. Zum einen interessierte ihn das Thema natürlich, denn auch er hatte ein großes Interesse an Pferden und konnte gut mit ihnen umgehen. Zum anderen genoss er es sichtlich, mit den beiden Mädchen zusammenzusitzen. Dabei beobachtete er besonders Lucie.
Den beiden Mädchen fiel das jedoch bei ihren begeisterten Erzählungen über die Erlebnisse des Nachmittags nicht auf.
»Ach hier seid ihr.«
Herr Veser kam auf den Tisch der drei Jugendlichen zu.
»Wisst ihr denn nicht, dass man nach dem Reiten sein Pferd abbürstet und versorgt? Ramon steht in seiner Box und ist noch völlig verschwitzt. Wollt Ihr denn, dass er sich erkältet?«
»Wir gehen ja gleich«, schnauzte Kirsten zurück.
»Nun werde mal bloß nicht auch noch frech, junge Dame. Sonst muss ich ein ernstes Wörtchen mit deiner Mutter reden.«
»Komm wir gehen.« Lucie erhob sich.
Herr Veser warf den Mädchen noch einen grimmigen Blick zu und verschwand.
»Vielen Dank für das Getränk«, sagte Lucie zu Rolf.
»Jederzeit wieder«, erwiderte der und lächelte Lucie an.
Ramon kam gleich zur Türe seiner Box, als die beiden Mädchen den Stall betraten und er ihre Stimmen erkannte. Sie begannen gleich damit, ihn erst einmal mit Stroh trocken zu reiben.
»Der ist ja wahnsinnig verschwitzt«, stellte Lucie fest.
»Und zittern tut er auch schon. Da hat der Veser wohl ausnahmsweise Recht gehabt.«
Zu zweit hatten sie Ramon schnell trocken gebürstet. Anschließend legten sie ihm noch eine Decke über den Rücken und kämmten seine Mähne und seinen Schweif ausgiebig durch. Ramon genoss sichtlich die Betreuung durch die Mädchen und stupste beide immer wieder an.
»Jetzt lass uns doch mal fertig werden«, sagte Kirsten zu ihm und gab ihm einen Klaps auf den Hals. Ramon stupste sie so stark mit seinem Kopf, dass sie fast das Gleichgewicht verlor.
»Jetzt aber nicht frech werden«, sagte Kirsten. Sie genoss es, mit Ramon kleine Spielchen zu machen und überlegte sich, was sie als Nächstes tun konnte.
Es war schon fast sechs Uhr, als Ramon versorgt war. Sie legten ihre Sachen in ihr Fach, gaben Ramon noch einmal frisches Wasser und das alte Brot, das Kirsten mitgebracht hatte.
»Jetzt haben wir ganz vergessen, die Leckereien zu essen, die uns deine Mutter eingepackt hat. Was ist es denn eigentlich?« Lucie war neugierig.
Zudem merkte sie, dass sie Hunger bekam. Kirsten holte die Tüte aus ihrem Rucksack. Sie war ziemlich verdrückt.
»Na, gut sieht die nicht mehr aus.« Kirsten schaute in den Beutel, verzog das Gesicht und streckte ihn Lucie entgegen.
»Nein, danke«, sagte Lucie, nachdem sie den zerdrückten Inhalt gesehen hatte. »Daheim gibt es sowieso gleich Abendessen.«
Sie gingen zu ihren Fahrrädern und fuhren durch die länger werdenden Schatten in Richtung des Ortes. An einem Fenster des Reitstalls stand Rolf und schaute den beiden Mädchen nach.