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GIS-basiertes Entscheidungsunterstützungssystem für die interkommunale Zusammenarbeit zwischen Stadt- und Landkreis Rostock

Tim Hoffmann1, Siling Chen1, Dietmar Mehl1, Jannik Schilling2, Jens Tränckner2, Matthias Hinz3 und Ralf Bill3

1biota – Institut für ökologische Forschung und Planung GmbH, Nebelring 15, 18246 Bützow, tim.hoffmann@institut-biota.de, siling.chen@institut-biota.de, dietmar.mehl@institut-biota.de 2Universität Rostock, Professur für Wasserwirtschaft, Satower Straße 48, 18059 Rostock, jannik. schilling@uni-rostock.de, jens.traenckner@uni-rostock.de 3Universität Rostock, Professur für Geodäsie und Geoinformatik, Justus-von-Liebig-Weg 6, 18059 Rostock, matthias.hinz2@uni-rostock.de, ralf.bill@uni-rostock.de

Abstract. Zur Unterstützung von räumlichen Planungsprozessen in Stadt-Umland-Räumen auf der Maßstabsebene der Flächennutzungsplanung nach BauGB wurde durch die Institut biota GmbH und die Universität Rostock ein GIS-basiertes Entscheidungsunterstützungssystems (GIS-EUS) entwickelt. Im Beitrag werden der strukturelle Aufbau und die grundsätzlichen Funktionen erläutert. Diese beinhalten einen modelltechnisch umgesetzten Ökosystemleistungsansatz zur Bewertung der Veränderung von Flächennutzungen und damit zur Optimierung des Ressourcenschutzes, modelltechnisch umgesetzte Prüf- und Bewertungsroutinen zur Kapazitätsbewertung in den wasserwirtschaftlichen Feldern Trinkwasser, Abwasser und Hochwasserschutz sowie zur optimalen räumlichen Positionierung von Wertstoffhöfen als Beitrag in der Kreislauf/Abfallwirtschaft.

1 Einleitung

Im Zentrum einer sektorenübergreifenden, integralen Entwicklung von großen Städten und ihres Umlandes steht der möglichst sparsame Umgang mit der Ressource Land (§ 1 a Absatz 2 BauGB, Bock et al., 2011). Die Abhängigkeit von Prozessen räumlicher Entwicklung der Urbanisierung und verstärkt auch der Suburbanisierung ist dabei extrem hoch. Der Nutzen bzw. Wert der Ressource „Land“ bildet sich aber nur teilweise in der ökonomischen Bewertung ab (z. B. Marktpreis für Grund und Boden).

Diese Herausforderungen gelten auch für den raumordnerisch bestimmten Stadt-Umland-Raum der Hanse- und Universitätsstadt Rostock mit 18 Umland-Gemeinden (EM M-V, 2016). Insbesondere in Rostock wird die zunehmende bauliche Verdichtung und Erschließung neuer Flächen zum Problem für die Stadtnatur sowie die Verkehrs- und leitungsgebundene Infrastruktur. Parallel werden in den Umlandgemeinden zum Teil umfangreiche Gewerbeansiedlungen und Wohngebietsausweisungen vorangetrieben, mit entsprechendem Druck auf naturnahe und landwirtschaftlich genutzte Flächen, Ver- und Entsorgungsstrukturen sowie auf die Gewässersysteme. Mit den gesplitteten Verantwortlichkeiten zwischen der Stadt und dem umgebenden Landkreis geht auch eine entsprechend heterogene Datenhaltung und -verarbeitung einher.

Die o. g. Problemstellungen lassen sich nur durch eine wissensbasierte, regions- und akteursübergreifende Zusammenarbeit lösen. Hierfür haben sich im BMBF-geförderten Projekt PROSPER-RO maßgebliche Verwaltungseinheiten der Stadt und des Landkreises, wasserwirtschaftliche Aufgabenträger, Forschungsgruppen der Universität Rostock und privatwirtschaftliche Planungs/Forschungseinrichtungen zusammengeschlossen. Ein entscheidendes Projektziel ist die konsistente Zusammenführung, fachbezogene Aufbereitung und modellgestützte Bewertung der verteilten Datenbestände in einem GIS-basierten Expertenunterstützungssystems (GIS-EUS). Das System soll alle planungsrelevanten Daten in einer einheitlichen Geodateninfrastruktur verwalten, wichtige topologische und funktionale Zusammenhänge sachgerecht abbilden und die Auswirkung von Planungsalternativen durch effektive Bewertungsalgorithmen darstellen. Schwerpunkt bilden hier fachliche Werkzeuge in den Bereichen Ökosystemleistung/Flächennutzungsplanung, Wasser- und Abfallwirtschaft.

2 Datenbasis

Die Basisdaten wurden teilweise neu erhoben, teilweise wurde auch auf vorhandene Datensätze zurückgegriffen. Neben offenen Geodaten z. B. aus OpenStreetMap und OpenData.HRO handelt es sich dabei um Geobasisdaten des Landes. Die Datenbasis umfasst:

• Realnutzungskartierung inkl. Flächenversiegelung

• Digitales Geländemodell

• Flächennutzungspläne (F-Pläne) mit Flächenkategorien nach PlanZV

• Digitales Gewässer- und Feuchtgebietskataster (Chen et al., 2021)

• Wasserrechtliche Erlaubnisse/Einleitgenehmigungen

• Abwasserinfrastruktur, Schmutzwasseraufkommen (Mehl, Hoffmann, 2017; Schilling, Tränckner, 2020)

• Hydrologisch-hydraulische Modelle (Kachholz, Tränckner, 2020)

• Trinkwasserschutzzonen und weitere Schutzgebiete

• Lage und Ausstattung von Recyclinghöfen (Vettermann et al., 2020, 2021)

• Verkehrsnetz

• Abfallaufkommen und Abfallpotenziale (Vettermann et al. 2020, 2021)

• Versorgende, regulative und kulturelle Ökosystemleistungen (Mehl et al., 2021)

Für den projektinternen Datenaustausch wurde eine webbasierte Geodateninfrastruktur (GDI) aufgebaut (Koldrack et al., 2017), in der Metadaten, Geodaten, Dienste und Zugriffsregelungen organisiert werden und die auf die Konformität von OGC-Diensten, ISO-Normen und INSPIRE setzt. Die GDI nutzt CKAN (CKAN, 2021), eine offene webbasierte Datenkatalog-Software, sowie Geo-Network als serverseitige Metainformationssoftware, eine PostgreSQL-Datenbank mit verteilten Zugriffsrechten zum Speichern und Abrufen der Geodaten und GeoServer zur zentralen Datenhaltung für das EUS.

3 GIS-basiertes Entscheidungsunterstützungssystem

Mit dem GIS-EUS ist es möglich, die Auswirkungen von geplanten oder szenarienhaft entworfenen Landnutzungsänderungen auf Infrastrukturen sowie Ökosystemfunktionen und -leistungen auf der Raum- und Maßstabsebene von Flächennutzungsplänen (F-Plänen) zu prüfen. In der Startansicht des GIS-EUS (s. Abbildung 1) ist der Projektraum als topografische Karte dargestellt. Im linksseitigen Menü können Orthofotos oder Grundlagenkarten der Fachbereiche Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft und Ökosystemleistungen (ÖSL) als zusätzliche Layer hinzugefügt werden. Über interaktive Schaltflächen rechts der Karte kann der Nutzer Planobjekte einzeichnen, ihre Geometrien bearbeiten bzw. per Upload von Shapefiles in einer zip-Datei in die Karte einfügen. In den darunterliegenden Drop-Down-Menüs werden die vorgesehene Flächennutzung sowie ggf. Maßnahmen und Details zur Flächengestaltung (z. B. Dachbegrünung, Baum-Rigolen etc.) als Attribute hinzugefügt. Die gewünschten Auswertefunktionen werden durch Auswahl der entsprechenden Checkboxen aktiviert. Nach dem Ausführen der Bewertungsroutinen öffnet sich die Ergebnisansicht als neues Browserfenster. Die einzelnen Ergebnisdaten lassen sich für die lokale Weiterverarbeitung exportieren.


Abbildung 1: Zentrale Web-GIS-Oberfläche des GIS-EUS (o. r. Ansicht Grundlagendaten – hier ÖSL Landschaftsästhetik, u. l. Eingabe Planflächen mit Flächennutzungskategorie, M. r. Ergebnisanzeige für ÖSL-Veränderungen)

Aktuell können die folgenden grundsätzlichen Fragestellungen als Teil einer initialen Variantenuntersuchung auf F-Plan-Ebene betrachtet werden:

Ökosystemleistungen (ÖSL) – Wie hoch sind 16 verschiedene versorgende, regulative und kulturelle ÖSL auf den vorgegebenen Planflächen im aktuellen Zustand und wie verändern sie sich durch Planungen (Mehl et al., 2021), (siehe Abbildung 1, M. r.)? Wie wirken sich Kompensationsmöglichkeiten aus?

Trinkwasserschutzzonen (TWZ) – Welcher Anteil der Planflächen liegt in einer TWZ?

Niederschlagswasser – Kann zusätzlich anfallendes Niederschlagswasser in den angrenzenden Vorflutern ohne Gegenmaßnahmen grundsätzlich zu Überlastungen führen (Kachholz, Tränckner, 2020) (siehe Abbildung 2, o. l.)?

Schmutzwasser – Welche Auswirkungen haben zusätzliche Einleitungen auf das Schmutzwassernetz und integrierte Sonderbauwerke (Schilling, Tränckner, 2020), (siehe Abbildung 2, M. r.)?

Trinkwasser – Reichen die Kapazitäten nahegelegener Wasserwerke (siehe Abbildung 2, u. M.)?

Wertstoffhöfe – Wie hoch ist das Abfallaufkommen und wie verändert sich die Erreichbarkeit von Wertstoffhöfen bei Standortänderungen (Vettermann et al., 2020, 2021)?


Abbildung 2: Ergebnisse wasserwirtschaftlicher Auswertungen (o. l. Regenwasser/ Fließgewässer, M. r. Schmutzwasser, u. M. Trinkwasser/Wasserwerke)

4 Technischer Aufbau

Das GIS-EUS ist als Client-Server-System konzipiert. Dem System liegt eine Dreischichtenarchitektur zugrunde, mit aufeinander aufbauenden, technisch unabhängigen Datenhaltungs-, Logik- und Präsentationsschichten. Die Funktionen des EUS sind für den Anwender direkt im eigenen Webbrowser (Client/Präsentationsschicht) nutzbar. Das allgemeine Layout der Webseiten basiert auf CSS und den JavaScript-Bibliotheken. Als Teil der Logikschicht werden die Aufgaben Authentifizierung, Geoprocessing und Datenhaltung auf dem Server durchgeführt. Die Implementierung dieser Logik basiert auf der Programmiersprache Python (PSF 2020) und dem Web-Framework Django (DSF 2020) mit der Erweiterung Geodjango. Neben der Python-Anwendung existiert serverseitig auch eine Instanz der Open Source Software Geoserver, welche der Verwaltung der projekteigenen Geobasis- und Geofachdaten dient sowie abgeleitete Webkarten als OGC-konforme Web Map Services (WMS) und Web Feature Services (WFS) bereitstellt. Diese werden neben externen Datendiensten clientseitig in das EUS eingebunden.

5 Zusammenfassung und Ausblick

Nach einer Entwicklungszeit von drei Jahren ist nun das erste Etappenziel realisiert: die Bereitstellung einer lauffähigen und umfangreich fachlich-inhaltlich „gefüllten“ Testumgebung der Anwendung GIS-EUS. Dem System liegt ein quellenoffener, modularer Aufbau auf Basis verbreiteter Open-Source-Softwarepakete zugrunde. Dabei ist die Nutzung ohne lokale Installation niedrigschwellig über den Browser möglich. Datengrundlagen können dank der implementierten Server-Client-Struktur zentral und teilweise automatisiert aktualisiert werden (Harvesting). Die nun anschließende Testphase soll in den kommenden zwei Jahren an realen Fallbeispielen zeigen, inwieweit sich das System in der Praxis bewährt und an welcher Stelle weitere Anpassungen hilfreich sind (Hoffmann et al., 2021).

Literatur

Bock, S.; Hinzen, A.; Libbe, J. (Hrsg.) (2011): Nachhaltiges Flächenmanagement – Ein Handbuch für die Praxis. Ergebnisse aus der REFINA-Forschung. Berlin.

Chen, S.; Hoffmann, T. G.; Mehl, D. (2021): Digitale Gewässerkataster. Grundlage von system- und prozessorientierter Raumanalyse und -planung. In: Raumplanung (211/2), S. 49-56.

CKAN (2021): What is CKAN? Online verfügbar unter https://docs.ckan.org/en/2.9/userguide.html#what-is-ckan, zuletzt geprüft am 17.02.2021.

Django Software Foundation (DSF) (2020): Django – the web framework for perfectionists with deadlines. Online verfügbar unter https://www.djangoproject.com, zuletzt geprüft am 23.11.2020.

EM M-V – Ministerium für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung Mecklenburg-Vorpommern (2016): Landesraumentwicklungsprogramm Mecklenburg-Vorpommern. Schwerin.

Hoffmann, T.; Mehl, D.; Schilling, J.; Chen, S.; Tränckner, J.; Hinz, M.; Bill, R. (2021): GIS-basiertes Entscheidungsunterstützungssystem für die prospektive synergistische Planung von Entwicklungsoptionen in Regiopolen am Beispiel des Stadt-Umland-Raums Rostock. In: gis.science, eingereicht.

Kachholz F.; Tränckner J. (2020). Long-Term Modelling of an Agricultural and Urban River Catchment with SWMM Upgraded by the Evapotranspiration Model UrbanEVA. In: Water, 12, 3089 https://doi.org/10.3390/w12113089.

Koldrack, N.; Vettermann, F.; Bill, R. (2017): Modernes Geodatenmanagement in der Forschung. In: Bill, R.; Golnik, A.; Zehner, M.L.; Lerche, T.; Schröder, J.; Seip, S. (Hg.): GeoForum MV 2017 – Mit Geoinformationen planen! Berlin: Gito mbH Verlag. Online verfügbar unter https://www.geomv.de/geoforummv-2017-tagungsband/, S. 103-110.

Mehl, D.; Hoffmann, T. G. (2017): GIS-Grundlagen einer integrierten Bewertung urbaner Gewässer und Feuchtgebiete am Beispiel der Hansestadt Rostock. In: KW Korrespondenz Wasserwirtschaft, 10, 5, S. 292-299. doi: 10.3243/kwe2017.05.004.

Mehl, D.; Hoffmann, T. G.; Chen, S.; Iwanowski, J.; Mehl, C. (2021): Entwicklung eines GIS- und ökosystemleistungsbasierten Entscheidungs-Unterstützungs-Systems zur Bewertung von räumlichen Entwicklungsoptionen in Stadt- und Stadt-Umland-Räumen. eingereicht. In: Raumforschung und Raumordnung.

PSF Python Software Foundation (2020): Python. Online verfügbar unter https://www.python.org, zuletzt geprüft am 23.11.2020.

Schilling, J.; Tränckner, J. (2020): Estimation of Wastewater Discharges by Means of OpenStreetMap Data. In: Water 2020, 12(3), S. 628, https://doi.org/10.3390/ w12030628.

Vettermann, F.; Nastah, S.; Larsen, L.; Bill, R. (2020): Kreislaufwirtschaft in Rostock – Analyse der Stadt-Umland-Beziehung zwischen der Hanse- und Universitätsstadt Rostock und dem Landkreis Rostock hinsichtlich ihrer Stoffströme. In: AGIT ‒ Journal für Angewandte Geoinformatik (6), S. 37-45.

Vettermann, F.; Nastah, S.; Larsen, L.; Bill, R. (2021): Circular Economy in the Rostock Region. A GIS and Survey Based Approach Analyzing Material Flows. In: Kamilaris, A.; Wohlgemuth, V.; Karatzas, K.; Athanasiadis, I. N. (Hrsg.): Advances and New Trends in Environmental Informatics. Digital twins for. [S.l.]: Springer Nature (Progress in IS), S. 53-65.

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