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Demographieportal als Baustein auf dem Weg zur Smart.Region Salzlandkreis

Jana Schlaugat, Matthias Pietsch, Dirk Helbig, Matthias Grothe

Hochschule Anhalt, Prof. Hellriegel Institut e.V., Salzlandkreis {jana.schlaugat;matthias.pietsch}@hs-anhalt.de, {dhelbig;mgrothe}@kreisslk.de

Abstract. Auf die durch den demographischen Wandel verschärften, unterschiedlichen Lebensverhältnisse in der Region reagiert der Salzlandkreis mit der Strategie „Smart.Region Salzlandkreis“. Ein Umsetzungsprojekt ist das Demographieportal, das durch die Kombination von Geobasis- und Fachdaten mittels einer GIS-Oberfläche die Sozial- und Schulentwicklungsplanung unterstützen soll. Mithilfe einer intensiven Abstimmung mit den Fachplanern und anderen zukünftigen Nutzern konnten die bestehenden Bedarfe an Fachinformationen und Indikatoren ermittelt und in die Fachanwendung integriert werden. Durch die Bereitstellung der Infrastruktur und den Betrieb durch den Landkreis selbst entsteht ein nachhaltig nutzbares System, das eine wichtige Grundlage für die Entwicklung einer smarten Region bildet.

1 Einleitung

In einigen Regionen Deutschlands bestehen erhebliche Disparitäten der Lebensverhältnisse im Hinblick auf Mobilität und den Zugang zu Angeboten der Daseinsvorsorge (Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat 2019). Insbesondere im ländlichen Raum wird sich dies, bedingt durch den demographischen Wandel, zukünftig noch weiter verschärfen. Die durch die Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ erarbeiteten Handlungsempfehlungen fordern u. a., die Datenbasis für kleine räumliche Einheiten (z. B. verbandsangehörige Gemeinden, Stadtviertel, Ortsteile, Dörfer) zu verbessern und ein indikatorbasiertes Monitoring auf kleinräumiger Ebene zu ermöglichen (Pietsch et al., 2020). Demgegenüber bietet die Digitalisierung ein sehr hohes Potenzial für den ländlichen Raum, um sich als lebenswerte Orte gegenüber größeren Städten zu positionieren und damit an Attraktivität zu gewinnen (Bertelsmann Stiftung, 2017, Entwicklungsagentur Rheinland-Pfalz e.V., 2019). Dabei ist Digitalisierung allerdings nicht auf die Bereitstellung einer schnellen Infrastruktur durch den Breitbandausbau zu reduzieren, sondern bezieht sich auf alle Aspekte des kommunalen Handelns wie Bildung, Jugendpflege, Wirtschaft, Arbeit, Kultur, Verwaltung und Mobilität. Um diese Ziele zu erreichen, sind u. a. digitale Handlungsstrategien und Zukunftsszenarien mit den lokalen Akteuren zu entwickeln und umzusetzen (Fraunhofer IESE, 2018). Die dadurch entwickelten Dienstleistungen und Anwendungen bieten Möglichkeiten, um die Arbeits- und Lebensqualität in ländlichen Räumen erheblich zu verbessern und diese zu smarten Regionen zu entwickeln (Trapp & Swarat, 2015). Initiiert durch den Landrat Markus Bauer und unterstützt durch ein wachsendes regionales Netzwerk werden im Salzlandkreis in Sachsen-Anhalt seit Ende 2016 erste Impulse für die Vision einer „Smart.Region Salzlandkreis“ gesetzt (Bauer & Helbig, 2020).

2 Smart.Region Salzlandkreis

Unter einer Smart Region ist der Prozess der digitalen Vernetzung, den dadurch bedingten neuen Formen der Kommunikation und des Knowhow-Transfers sowie die Vermehrung des Wissens durch Informationsaustausch zu verstehen (Henning et al., 2019). In einer Smart Region sind dazu entsprechende Dienste auf der Grundlage einer intelligenten Infrastruktur zu entwickeln. Der hierfür benötigte Datenprozess lässt sich in die Bereiche Datensammlung, Datenübermittlung und Datenauswertung trennen (Schaaf, 2015). Aufeinander abgestimmte Prozesse entlasten nicht nur die Arbeit in den Verwaltungen, sie steigern Qualität und Leistungskraft vieler Akteure im Salzlandkreis und fördern, wie bereits bestehende Landesportale (ARIS, kifoeg.web), die überregionale kommunale Zusammenarbeit. Mit stetem Blick auf aktuelle gesellschaftliche Digitalisierungstrends müssen dazu Doppelstrukturen identifiziert, besser miteinander vernetzt und sukzessive gegen ebenenübergreifende Strukturen ersetzt werden (Bauer & Helbig, 2020). Im Rahmen der Smart.Region-Strategie des Salzlandkreises werden mit verschiedenen Modell-, Demonstrations- und Forschungsvorhaben Entwicklungskonzepte für den ländlich geprägten Landkreis vorangetrieben und konkrete Umsetzungsprojekte zur Förderung von Innovationen und der Kreisentwicklung durchgeführt. So konnte beispielsweise der Breitbandausbau vorangetrieben und das Regionale Digitalisierungszentrum des Landkreises aufgebaut werden. Ein weiterer Baustein der Smart.Region-Strategie ist die Einrichtung eines Demographieportals.

3 Demographieportal Salzlandkreis

Das Ziel des aktuell entstehenden Demographieportals ist es, durch die Kombination von Geobasis- und Fachdaten die Entwicklungsplanung des Fachbereichs für Soziales, Familie und Bildung maßgeblich zu unterstützen. Durch eine klare Aufgabenverteilung bezüglich der Datenerfassung und -auswertung sowie Bereitstellung einer geeigneten Infrastruktur soll die interkommunale Zusammenarbeit gestärkt werden. Gleichzeitig kann durch eine Mehrfachnutzung einmalig erfasster und aktuell gehaltener Daten die Qualität der Datengrundlagen für Fachplanungen gesteigert werden.

Abgeleitet aus den Ergebnissen vorangegangener Forschungsvorhaben zur Bedarfsermittlung eines GIS-basierten Daten- und Informationsmanagements erfolgte im Salzlandkreis die Anschaffung von geeigneter Hard- und Software sowie die Qualifizierung von Mitarbeitern. Der Landkreis schuf mit dem Aufbau einer geeigneten Geodateninfrastruktur, eines darauf aufbauenden Geodatenmanagements sowie einer nachhaltigen Datenhaltung die Grundlage für ein Geoinformationssystem zur Unterstützung der Landkreisverwaltung. Über eine geeignete GIS-Oberfläche (Web-GIS und Desktop-GIS-Arbeitsplätze) werden die Fachplaner des Landkreises künftig in der Lage sein, die Informationen, die laut eines festgelegten Rechte- und Rollenkonzepts für sie zugänglich sind, einzusehen, bei Bedarf zu aktualisieren oder auch einfache Berechnungen und Analysen durchzuführen.

Um die Bedarfe der Fachplanung im Demographieportal ausreichend abbilden zu können, wurden intensive Abstimmungen mit zwei Fachdiensten bezüglich des Informationsbedarfs, der Datenverfügbarkeit sowie der notwendigen übergreifenden Zusammenarbeit mit weiteren Fachdiensten, Kommunen im Landkreis sowie privaten Trägern (z. B. Kindertagesstätten) durchgeführt. Im Ergebnis konnten elf Fachthemen festgelegt werden. Für diese wurden notwendige Informationen und Indikatoren, die als Grundlage für Planungsentscheidungen genutzt werden können, abgestimmt. Zu den Fachinformationen zählen beispielsweise die Stammdaten der Einrichtungen, Kapazitäten, Belegungszahlen und Personalschlüssel. Daraus lassen sich zum Beispiel Indikatoren, wie die Anzahl der Kita-Plätze pro Ortsteil berechnen. Um aktuelle und zukünftige demographische Entwicklungen in die Fachplanung einbeziehen zu können, wurden weiterhin kleinräumige Bevölkerungsdaten (sowohl die aktuellen OTBZ als auch Bevölkerungsprognosen) eingebunden (vgl. Abbildung 1).

Neben statistischen Bezugsräumen (Verwaltungsgrenzen) und planerischen Bezugsräumen (z. B. Sozialräume) werden auch die Standorte von Einrichtungen der Daseinsvorsorgeinfrastruktur (z. B. Kitas, Horte, Schulen, Beratungsstellen oder Pflegeeinrichtungen) abgebildet. Um eine fortschreibungsfähige und standardisierte Abbildung der Einrichtungsstandorte zu gewährleisten, wurden die amtlichen Hauskoordinaten verwendet. Diese dienen in Verbindung mit dem Einrichtungstyp als Schlüsselfeld für die Abbildung von Fachdaten und Indikatoren.


Abbildung 1: Beispielhafte Darstellung der Auslastung von Kitas sowie des Bedarfs an Kita-Plätzen auf Ortsteilebene im Salzlandkreis

Erfahrungen aus anderen Forschungsvorhaben zeigen, dass Fachanwendungen meist nur dann langfristig genutzt werden, wenn die Datengrundlage aktuell gehalten und an neu entstehende Bedarfe angepasst werden kann. Um eine nachhaltige Nutzung des Systems zu gewährleisten und die interkommunale sowie fachdienstübergreifende Zusammenarbeit zu verbessern, werden die notwendigen Geschäftsprozesse und Datenflüsse erfasst und dokumentiert. Als Betreiber des Systems wird der Salzlandkreis die Infrastruktur und den Betrieb übernehmen. Die Aktualisierung der Daten und Informationen soll über den Online-Zugriff auf das System sichergestellt werden. Exemplarisch wurde dies mit den Trägern der Jugendeinrichtungen im Salzlandkreis getestet. Damit wird ein Beitrag zur Entwicklung einer smarten Region geleistet.

4 Ausblick

Trotz unterschiedlichster Ausgangs- und Rahmenbedingungen ist das Ziel aller „smarten“ Initiativen ähnlich: eine Verbesserung bestehender Systeme und Strukturen im betrachteten Raum. Egal ob Millionenmetropole oder dünn besiedelte ländliche Region, es geht um ein Erzeugen von Mehrwerten durch Synergien, Kooperationen, Vernetzungen und Aufgabenteilung (BMVI, 2017). Wo neue Technologien unterstützen können, sind sie ein verbindendes Element und technischer Treiber für die Ausgestaltung der Zukunft einer Region. Betrachtet man die Digitalisierungsprojekte im Landkreis, zeigen sich schnell potenzielle Mehrwerte zwischen den einzelnen Vorhaben. Das gemeinsame Suchen nach Lösungen schafft ein starkes Partnernetzwerk, fördert Vertrauen, Transparenz sowie Akzeptanz komplexer strategischer Entscheidungen. Neben modernen digitalen Verwaltungsprozessen entstehen auch neue Formen der Zusammenarbeit, Angebote, die mit dafür Sorge tragen, Menschen in ländlichen Regionen nicht immer weiter von den Entwicklungen der Metropolregionen Deutschlands abzuhängen. Regionale Grundversorgungsangebote mittels digitaler Methoden einer lokalen Nachfrage einfacher zugänglich zu machen, fördert zudem die Entwicklung kurzer Wirtschaftskreisläufe und stärkt damit die Lebensqualität abseits urbaner Zentren. Das schafft positive Entwicklungsimpulse und trägt zur Vernetzung unterschiedlichster wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Akteure einer künftigen Smart.Region Salzlandkreis bei.

Mit digitalen Modellprojekten wie dem Demographieportal gelingt es, Probleme besser zu verstehen und damit herauszufinden, wo sich zukünftig auch jenseits bestehender administrativer Grenzen nachhaltige Lösungen finden lassen, um Barrieren abzubauen und Kräfte zu bündeln. Zentrales Handlungsfeld auf dem Weg zur vernetzten Region ist der Aufbau einer ganzheitlichen Informations- und Kommunikationsinfrastruktur zur Entwicklung eines regionalen Selbstverantwortungsbewusstseins für die Umsetzung neuer Lösungsansätze (Bauer et al., 2019). Der Landkreis möchte „Testlabor“ digitaler Transformationsprozesse in Deutschland werden und mit seinen Partnern neue kreative Räume zur Ideenfindung, aber auch zum Ausprobieren schaffen.

Literatur

Bauer, M., Helbig D. (2020): Smart.Region Salzlandkreis – Der Salzlandkreis gestaltet seine digitale Zukunft, VDVmagazin 6/20. Verlag Chmielorz GmbH. Wiesbaden.

Bauer, M., Helbig D., Lütkemeier H. (2019): Lebensqualität im ländlichen Raum sichern! Erfahrungsbericht aus der Bundesmodellregion Salzlandkreis zur langfristigen Sicherung von Versorgung und Mobilität in ländlich geprägten Regionen Deutschlands. In: Der Landkreis – Zeitschrift für Kommunale Selbstverwaltung, 89. Jahrgang, Ausgabe 5/2019, Deutscher Landkreistag (Hrsg.), Berlin.

Beirat für Raumentwicklung beim BMVI (2017): Smart Cities und Smart Regions für eine nachhaltige Raumentwicklung, Berlin.

Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (Hrsg.) (2019). Unser Plan für Deutschland – Gleichwertige Lebensverhältnisse überall, Berlin.

Bertelsmann Stiftung (2017). Mobilität und Digitalisierung – Vier Zukunftsszenarien, Gütersloh.

Entwicklungsagentur Rheinland-Pfalz e.V. (2019). Digital Leben auf dem Land, Mainz

Fraunhofer IESE (2018). Auf dem Weg in die Zukunft, Kaiserlautern.

Henning, M., Pietsch, M., Schlaugat, J. (2019). Entwicklung eines Planungs- und Entscheidungsunterstützungssystems als Baustein für Smart Regions, in: M. Schrenk, V. V. Popovich, P. Zeile, P. Elisei, C. Beyer, J. Ryser (Eds.): REAL CORP 2019, S. 281-289.

Pietsch, M., Henning, M., Schlaugat, J. (2020). Kommunale Geoportale – Entscheidungshelfer bei der Planung gleichwertiger Lebensverhältnisse im ländlichen Raum, LSA VERM I/2020, S. 27-36.

Schaaf, K. (2015): Von der Smart City zur Smart Region – IKT als Rückgrat für die intelligente Stadtentwicklung. https://www.dlr.de/ts/Portaldata/16/Resources/ veranstaltungen/2015/SmartCity_Schaaf_WOB-AG_SmartCitySmart_Region_ 150914.pdf Accessed: 5.Dec. 2018.

Trapp, M., Swarat, G. (2015). Rural Solutions: Smart Solutions für ein Land von morgen, Fachzeitschrift für Innovation, Organisation und Management, Heft 2/2015, S. 33-38.

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