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Quer durch Kanada

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7. Mai

„Denn erstens kommt es anders - und zweitens als man gar nicht denkt.“

Am 3.5. abends teilte uns Werner mit, dass es noch selbige Nacht losgehen soll. Also, klappt doch!

Ein Coca-Cola-Truck nahm uns mit bis Dryden (Ontario), das freilich nur 400 km von Thunder Bay entfernt liegt. Doch wir hatten Glück. An einem Rastplatz nahm uns der nächste Fernfahrer auf, über Winnipeg bis Edmonton.

Auf der Reise versuchte uns der Fahrer (Sheldon) davon zu überzeugen, dass seine Heimat, „B.C.“ (British Columbia), die schönste Provinz von ganz Kanada sei. Davon mussten wir uns natürlich selbst überzeugen und fuhren mit ihm an Edmonton vorbei, durch die Rocky Mountains an die Westküste Kanadas, bis Vancouver am Pazifischen Ozean. Auf dieser 3.400 km langen Strecke, in lediglich drei Tagen, sahen wir mit großem Interesse die Provinzen Ontario, Manitoba, Saskatchewan und Alberta.


Und er hatte recht. So wie die Landschaft in Britisch Kolumbien, hatten wir uns eigentlich ganz Kanada vorgestellt. Vom Highway aus sieht man jede Menge Flüsse und Seen. Kaum eine Meile, ohne ein Tier zu entdecken: freche Kojoten, majestätische Adler, stattliche Elche. Häufig zeigten sich stolze Wapitis (Hirschart); einmal sogar imposante Bisons. Na, ist das nicht ein gelungener Auftakt?

Also sind wir in Vancouver gestrandet. Gestern Abend waren wir sogar in den Discos der Schickeria. Bald gab´s Kontakt und wurde zu einer „fetzigen“ Party mitgenommen.

10. Mai

Die letzten Tage kreuz und quer durch Vancouver. Eine sehr eindrucksvolle Metropole. Hier tobt Dolce Vita scheinbar Tag und Nacht. Doch heute hat das süße Leben ein Ende. Sheldon bekam eine Tagestour nach Seattle (USA). Lässt man sich freilich auch nicht entgehen.

Leider hatte diese Fahrt ungute Folgen. Als wir wieder nach Kanada einreisen wollten, ließ man uns nicht durch. Diskutierten lange mit dem Zollbeamten, einem Asiaten, der unsere Rückflugtickets sehen wollte. Diese ließen wir unbedacht in Thunder Bay zurück. Hatten außerdem für dessen Geschmack nicht genug Geld dabei. Dass wir per Anhalter kamen, gefiel ihm obendrein nicht. Debattierte mit diesem „schit Grenzler“ lange herum; zeigte ihm unsere Visa. Nach seiner Meinung waren diese, nach Verlassen von Kanada, ungültig geworden. Jetzt war guter Rat teuer. Doch urplötzlich nahm er die Reisepässe, drückte seinen Stempel rein, gab sie retour, zeigte Richtung Kanada und sagte „Go!“ … Und nichts wie weg!

Wieder im Truck, schauten wir in unsere Papiere und stellten jubelnd fest, dass die Aufenthaltsgenehmigung bis 9.11.1989 verlängert war. Frage niemand nach dem Grund dieser Handlung. Asiatische Mentalität?

13. Mai

Sheldon bekam eine neue Tour, zurück nach Edmonton. Das bedeutete für uns: „Los. Go North.“

Gestern morgens hieß es Abschied nehmen: Bye, alter Trucker-Kumpel, tausend Dank, durch dich haben wir viel gesehen.

Weitertrampen! „Das Wandern ist des Müllers Lust!“ Aber nicht Thomas Müller´s und ebenso wenig meine; auf Asphalt wohlgemerkt. Schon bald stoppte das erste Auto. Fast im fliegenden Wechsel gings voran. Dazwischen manche Meile marschiert. Bis abends mehrere hundert Kilometer absolviert. Dann im Freien bei Frost übernachtet. Brrr! .

Heute war es reine Knochenarbeit. Mit Blasen wie Fünfmarkstücke an den Füßen, waren wir Stunde um Stunde auf Schusters Rappen unterwegs. Erst nachmittags hielt ein Pick Up. Wurden auf offener Ladefläche bis Peace River, weitere zig Meilen mitgenommen. Der Fahrtwind pfiff uns gehörig um die Ohren. Waren dennoch bester Laune.

Diese Nacht schlafen wir nochmal in einem Motel, aber dann heißt es „Zähne zusammenbeißen.“ Als die Empfangsdame hörte, dass wir nach Yellowknife möchten, ging sie prompt ans Telefon und rief die nächste Radiostation an. So kam es aus dem Äther: „Zwei nette Deutsche wollen zum Slave Lake. Helft ihnen, wenn es eure Richtung ist. Abzuholen im Motel Travelers-Inn.“

Hörte sich gut an am Radio. Half leider nichts. Mit bereits ramponierten Sohlen gings folgenden Tages weiter, per Pedes; stundenlang, bis zu völliger Erschöpfung. Kurze Pause und stiefelten weiter. Dieses leidvolle Spiel dauerte bis zum späten Nachmittag. Endlich hielt ein Kleinbus. Die Tür wurde geöffnet und jemand fragte: „Enterprice?.“ Wir konnten’s nicht fassen. Enterprice, am Südufer „Großer Sklaven See.“ Damit wäre es fast geschafft.

Dann, ach welche Enttäuschung! Als wir dort ausstiegen, war weit und breit keine Menschseele zu sehen. Schauten in offen stehende Häuser und stellten fest: Eine Geisterstadt, total verwahrlost. Lediglich am Rande des Ortes, in einer kleinen Bude, war eine alte weißhaarige „black woman“ anzutreffen. Sie bereitete den nächsten Schock damit, dass der einzige Weg, nach Yellowknife, nämlich die Straße um die Westseite des Sees, nicht frei ist. Bei Fort Providence, wo der Mackenzie River die Straße unterbricht, gibt es keine Brücke. Im Winter verbindet meterdickes Eis die Flussufer, im Sommer eine Fähre. Beide Möglichkeiten kommen zurzeit wegen Brucheis nicht in Frage. Verdammter Mist!

So blieb nichts anderes übrig, als die nächste Siedlung (Hay River) anzusteuern und dort „Break Up“ abzuwarten.

Zufällig hielt zur gleichen Zeit ein Auto vor der Hütte der Alten. Der Fahrer wollte gleichfalls in Richtung Hay River und nahm uns gerne mit. Während der Fahrt erzählte dieser, deutsche Vorfahren zu haben und spielte aus einer Cassette heimatliche Volksmusik, wozu wir selbstverständlich kräftig mittönten. Beste Stimmung.

Kamen um Mitternacht in Hay River an. Da zu dieser späten Stunde bereits alles geschlossen war, legten wir uns im nahen Wald, ohne das Zelt aufzuschlagen, todmüde und ausgehungert, schlafen.

Am frühen Morgen weckte die Tramper eisige Kälte. Am ganzen Leib zitternd, packten wir unser Bündel, gingen in den Ort und suchten das erste Café auf. Oh, wie gut tat da eine Tasse heißer Kaffee, zu dem wir gleich mehrere Stücke Kuchen gierig verschlangen. Kamen mit einer netten Frau ins Gespräch und wurden gefragt, was wir um diese Jahreszeit so weit im Norden wollten. Teilten unser Vorhaben mit, worauf sie erklärte, ihr Mann sei Besitzer der kleinen Firma „Buffalo Airways“, die täglich Yellowknife anfliegt. Da knapp bei Kasse, boten wir an, für den Flug zu arbeiten. Der Deal war perfekt.


Die Frau nahm uns gleich mit. Man hätte genügend zu tun am Flughafen. Was heißt da Flughafen? Am kleinen Rollfeld stand so etwas wie eine Lagerhalle, umgeben von Bretterbuden. Unverzüglich packten wir an. Diverse Hilfsarbeiten. Zwischendurch gab´s ein Schnäpschen. – Kann man lassen!

Die fleißigen Deutschen haben wohl imponiert, denn noch am selben Abend hieß es: „Boys, tomorrow your flight to Yellowknife.“ Waren nicht wenig überrascht. Ursprünglich war ein paar Tage Maloche geplant.

Im Unterkunftshaus für Piloten und Mechaniker durften wir nicht nur kostenlos übernachten, bekamen auch reichlich zu futtern. Na, also!

Saßen schon früh am nächsten Tag in einer Zweimotorigen aus dem letzten Weltkrieg, die, wie man erklärte, auch in Deutschland Dienst tat. Komisches Gefühl.


Yellowknife heute

Im Umfeld der Stadt liegen Goldminen.

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