Читать книгу Dublin. Grafton Street - Ralph Ardnassak - Страница 8

6

Оглавление

Wie Tausenden war es der Familie Connolly gelungen, dem in der Heimat drohenden Hungertod zu entkommen. Nicht nach Australien und nicht nach den Vereinigten Staaten, sondern lediglich bis ins nahe Schottland.

Schottland ist anders als Irland und doch so ähnlich.

Seit dem „Act of Union“ von 1707 formell zu Großbritannien gehörend, hatte man das schottische Parlament aufgelöst und die Abgeordneten nach Westminster geschickt. 1746 wurde der letzte schottische Aufstand, angeführt von Bonnie Prince Charlie, in der Schlacht bei Culloden niedergeschlagen.

Seit etwa 1780 begann mit den Highland Clearances, die ganze Dörfer und Landstriche entvölkerten, die gezielte Vertreibung der schottischen Kleinbauern, der „Crofters“, um großflächig Platz für die Schafzucht zu schaffen. Kleinbauern und Pächter wurden von den Ländereien gejagt, auf denen sie häufig seit Generationen gelebt hatten. Dorfgemeinschaften wurden aufgelöst, ihre Hütten wurden verwüstet. Die Vertriebenen brachte man mit Gewalt auf die Auswandererschiffe und dann weiter nach Nordamerika, nach Nova Scotia oder nach Australien.

Ebenso viel Elend und Blut, wie in Irland, ebenso viel Leid, Not, Gewalt und ohnmächtiges Aufbegehren gegen diese!

Irland und Schottland: beides sind schwärende Wunden am Arm britischer Gewalt! Schwärende Wunden, die nicht heilen und die den Körper Britanniens langsam zersetzen.

Nach der „Vertreibung der Gälischsprachigen“ kamen die großen Schafherden, die „Geißel Schottlands“. Und über die durch Landflucht und gewaltsame Vertreibung von Menschen völlig entvölkerten Gegenden, über einst grüne Wiesen, vorbei an eingestürzten uralten Mauern, zogen nun die blökenden Schafherden, bis auch sie um 1820 durch die Macht der Industriellen Revolution vertrieben wurden.

Die Textilwirtschaft war nun nicht länger Schottlands Hauptindustrie. Sie wurde ersetzt durch Schiffbau, Kohlebergbau, Eisen- und Stahlhütten. Tempel des Manchesterkapitalismus, in den die Heere der Entwurzelten rechtlos wie Leibeigene schufteten.

Hier, in Edinburgh, wurde James Connolly, der Sohn irischer Einwanderer, also am 5. Juni 1868 geboren.

Der junge Connolly verließ im Alter von elf Jahren die Schule, um das zu tun, was beinahe jeder katholische irische Junge dieser Altersklasse zu tun hatte: arbeiten.

Bereits Kinder ab vier, sechs oder acht Jahren arbeiteten damals üblicherweise, bestenfalls nur als Hilfskräfte und Dienstboten, schlimmstenfalls jedoch in den Textilfabriken, den Kohlegruben und Minen. In den Stollen unter Tage waren die Kinder auf Grund ihrer geringen Körpergröße besonders beliebt und die Fabriken schätzten sie, weil sie zwischen 10 und 16 Stunden täglich arbeiteten, aber den Bruchteil des Einkommens eines erwachsenen Arbeiters bekamen.

Kinder, die arbeiteten, waren hohen gesundheitlichen Risiken ausgesetzt und erhielten nur eine minimale Schulbildung, viele von ihnen konnten weder lesen, noch schreiben oder rechnen.

Dennoch wurde das von den Kindern erarbeitete Einkommen in den Familien der katholischen Iren dringend zum Überleben benötigt. Viele Fabriken und Minen, die Kinder beschäftigten, spielten sich daher als soziale Wohltäter auf.

Viele Kinder brach die schwere Arbeit, vor allem gesundheitlich. In der damaligen Zeit wurde das in allen großen Industrienationen zum Problem: die Armeen, die sich bereits zum großen Weltkrieg rüsteten, hatten ernsthafte Schwierigkeiten, ausreichend gesunde Rekruten für die Schützengräben zu finden.

Den jungen Connolly brach die schwere Arbeit nicht. Er fand Wege und Mittel, um sich weiterzubilden und trotz oder gerade wegen des Elends seiner Familie, wurde er zu einem der führenden linken Theoretiker seiner Zeit.

Mit vierzehn Jahren trat James Connolly der Britischen Armee bei und wurde in der Nähe von Dublin stationiert.

Die British Army, unter dem wiedereingesetzten König Karl II. am 26. Januar 1661 offiziell gegründet, war die Armee einer unumschränkten Weltmacht, die jedoch keine Massenarmee darstellte.

Feldzüge, in die die British Army während dieser Zeit geschickt wurde, waren der Zweite Opiumkrieg, der Krimkrieg, der Sepoy-Aufstand, der Zulukrieg, die Besetzung Ägyptens, der Mahdi-Aufstand und schließlich der Burenkrieg.

Während seiner Militärzeit lernte James Connolly seine spätere Frau kennen.

James Connolly quittierte den Militärdienst, um Gewerkschafter, marxistischer Sozialist, Theoretiker und Revolutionär zu werden. Trotz seiner bereits sehr früh abgebrochenen Schulbildung sprach Connolly neben seiner Muttersprache Englisch auch Französisch, Italienisch, Esperanto und ein wenig Gälisch, für dessen Wiederbelebung er sich nachdrücklich einsetzte.

Connolly war ein glühender Verehrer und Bewunderer Lenins, obwohl nicht überliefert ist, ob sich beide je von Angesicht zu Angesicht gegenüber standen.

Nach seiner Dienstzeit in der British Army widmete sich Connolly dem Aufbau der Irish Socialist Republican Party (ISRP). Während seiner Aufenthalte in England hatte er zu den Mitbegründern der Socialist Labour Party gehört, die sich im Jahre 1903 von der British Socialist Party abgespalten hatte.

Schon im Jahre 1902 bereiste Connolly als Gastredner der Socialist Labor Party of America (SLP) mit enormem Erfolg die Vereinigten Staaten.

Ein Jahr später emigrierte er mit seiner Frau und den Töchtern Nora und Ina in die USA.

Er lebte mit der Familie zunächst in der Ingalls Avenue 55, im New Yorker Stadtviertel Troy, seit 1905 dann in Newark, New Jersey.

Seit 1906 engagierte sich James Connolly aktiv in der Socialist Labor Party of America und in der Gewerkschaft Industrial Workers of the World (IWW).

Infolge andauernder persönlicher Auseinandersetzungen mit dem amerikanischen Marxisten Daniel De Leon verließ James Connolly die SLP im Jahre 1907 und setzte sich für den im Jahre 1908 erfolgten Ausschluss der Anhänger De Leons aus der Gewerkschaft Industrial Workers of the World ein.

Bereits 1907 hatte James Connolly in New York die Irish Socialist Federation gegründet, deren Journal “The Harp” er selbst redigierte.

1910 verlegte Connolly schließlich die Redaktion von „The Harp“ nach Dublin und er zog mit der Familie dorthin zurück. Er sollte noch 6 Jahre zu leben haben.

Dublin. Grafton Street

Подняться наверх