Читать книгу Demokratisierung von Organisationen – Erfolgsmodell Schweiz - Ralph Höfliger - Страница 7
C.Wozu dieses Buch?
ОглавлениеDie direkte Demokratie der Schweiz entstand aus dem urmenschlichen Bedürfnis nach Freiheit als Antwort auf die ausbeuterische feudalistische Machtherrschaft der Habsburger.
Freiheit mobilisiert Lebensenergie, Kreativität, Ideenvielfalt und Engagement und erweitert das Bewusstsein. Denn wer Freiheit hat, hat die Wahl. Wenn man die Wahl hat, muss man wissen, was man will. Wenn man herausfindet, was man will, erweitert man das eigene Bewusstsein, ein Bewusstsein jenseits des «Autopilots» und konditionierter Idealbilder, ein Bewusstsein über das, was Mensch wirklich will.
Direkte Demokratie ist die Freiheit und Verantwortung, das eigene Paradies zu erschaffen.
Diese Freiheit und diese Eigenverantwortung – in dem System, in dem man lebt und arbeitet, das Paradies zu erschaffen – möchte dieses Buch in die Welt bringen und so zu einer besseren Welt beitragen.
Freiheit führt deshalb zu erhöhter Eigenverantwortung und Verbundenheit mit dem System, in dem man lebt, weil man erkennt, dass man «niemandem die Schuld für die eigene Misere» geben kann.1
Freiheitsentzug führt zum Gegenteil: Die Menschen distanzieren sich, kümmern sich nur noch um ihre eigenen Dinge und geben dem Umfeld die Schuld für ihr Leiden.
In der direkten Demokratie haben alle Bürgerinnen und Bürger2 die Freiheit und Möglichkeit, beim Erkennen eines Problems oder einer Chance mittels einer Initiative eine entsprechende Veränderung zu initiieren, die bei genügend Gefolgschaft auch umgesetzt wird. Somit sind alle potenzielle «Change Agents», Agenten des Wandels, Mitgestalter und Optimierer des eigenen Systems: der Strukturen und Regeln, die das eigene Leben entscheidend prägen.
Die meisten Unternehmen und Organisationen sind heute jedoch immer noch mittelalterlich post-feudalistisch organisiert.
Im Kern einer feudalistischen Governance liegt die Trennung von Entscheiden und Handeln. «Oben» wird nachgedacht, entschieden und geplant, «unten» wird ausgeführt. Diese Trennung führt dazu, dass ein Grossteil der im Betrieb vorhandenen Ressourcen nicht genutzt oder gar verschleudert werden. Folgende kleine Geschichte dazu:
Petra beobachtet zwei Strassenarbeiter. Der eine hebt ein Loch aus, der andere schüttet es wieder zu. «Um Gottes Willen, was machen Sie denn da?!?», fragt sie die beiden erstaunt. Diese antworten: «Unser Kollege, der den Baum einpflanzt, ist krank und unsere Chefin den ganzen Tag in Sitzungen.»
Können wir noch länger auf das Engagement und Bewusstsein all der Menschen verzichten, die durch ein post-feudalistisches System gezwungen werden, das Denken auszuschalten und blind den Anweisungen von oben zu folgen? Können wir uns noch erlauben, dass einige Wenige an der Spitze einer Machthierarchie denken und entscheiden, und die grosse Masse im Autopilot-Modus tut, was befohlen wird und über die Zustände wehklagt und lästert, anstatt mitzudenken und sich für das grössere Ganze zu engagieren? Können wir uns diese grossflächige Unbewusstheit in unseren Organisationen noch länger leisten?
Die Einladung an die geschätzten Leser dieses Buches ist, die Governance der direkt-demokratischen Schweiz als Erfolgsmodell für moderne Wirtschaftsorganisationen zu betrachten und den Blick zu wagen, ob, was und wie man von diesem Erfolgsmodell lernen kann.
Dabei wird Demokratisierung nicht als Selbstzweck, sondern als Mittel und Weg verstanden, den Sinn und Zweck einer Organisation – die Wertschöpfung – erfolgreicher und nachhaltiger zu erfüllen in einer Zeit, die geprägt ist von Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität und Ansprüchen der Mitarbeitenden, die weit über das reine Geldverdienen hinausgehen.
Weiter ist die Absicht dieses Buches aufzuzeigen, wie die Einführung der direkten Demokratie in Wirtschaftsorganisationen die Grundwerte Freiheit, Selbstverantwortung, Bewusstsein und Engagement für das System, in dem man lebt, und damit grundsätzlich nachhaltiges Denken und Handeln fördert – etwas, was die Welt angesichts der aktuellen Herausforderungen dringend braucht.
Bei KMUs gibt es bereits viele erfolgreiche Beispiele demokratisch geführter Organisationen3. Aus der Tatsache, dass es noch keine Grossunternehmen mit direkt-demokratischer Governance gibt, könnte man irrtümlicherweise schliessen, dass direkte Demokratie nur in überblickbaren KMUs funktioniert. Dieses Buch zeigt auf, dass direkte Demokratie auch in grossen Organisationen funktioniert (und gemeint ist wirklich gross: Die «Organisation Schweiz» hat 8.5 Mio. Mitglieder!), und wie sie schrittweise eingeführt werden kann.