Читать книгу 10 Jahre Stalking - Nur weil Du ihn nicht siehst, heißt es nicht, dass er nicht da ist! - ramona wegemann - Страница 4
Was ist Stalking?
ОглавлениеStalking bedeutet so viel wie Jagen oder Nachstellen. Einen Menschen gegen seinen Willen zu behelligen, ihm nachzustellen und psychisch unter Druck zu setzen, ist eine Form von psychischer Gewalt. Nicht selten kommen andere Straftaten wie Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung oder gar körperliche Gewalt hinzu. Vielleicht kennt jemand von Ihnen das unheimliche Gefühl, verfolgt oder beobachtet zu werden, und sei es auch nur aufgrund eines gruseligen Films? Stalking bedeutet für die Opfer unbeschreibliches Leid und ständig andauernde Angst. Dieser Zustand kann sogar krank machen und das ganze Leben beeinträchtigen. In Deutschland ist Stalking seit 2007 strafbar. Im Strafgesetzbuch (StGB) wird Stalking unter dem §238 juristisch beschrieben: Wer einem anderen nachstellt und dadurch dessen Lebensgestaltung schwerwiegend beeinträchtigt, dem drohen eine Geldstrafe oder bis zu drei Jahre Gefängnis. Doch genau hier ist das Problem: Wer entscheidet, ob die Lebensgestaltung des Opfers „schwerwiegend“ beeinträchtigt ist oder nicht? Es scheint willkürlich, ob die Person, die über den Grad der Schwere zu entscheiden hat, die Gefühlswelt und den Lebensstil des Opfers nachvollziehen kann. Während manche Menschen der Meinung sind, dass man erst seinen Wohnort, die Telefonnummer und die Arbeitsstelle ändern muss, bevor das eigene Leben schwerwiegend beeinträchtigt ist, so kann es für das Opfer schon unzumutbar sein, die Telefonnummer als soziale Verbindung zum Umfeld erneuern, das Zuhause aufgeben oder gar den Arbeitsplatz verlieren zu müssen. Ist man selbstständig tätig, dann landet man meist im völligen Ruin. Wie kann also jemand, der nicht in der Haut des Opfers steckt, darüber entscheiden, welche Kriterien die Lebensgestaltung „schwerwiegend“ beeinträchtigen? Muss das Opfer erst unzumutbare Hindernisse und Lebenseinschränkungen ertragen, bevor die Justiz überhaupt bereit ist, etwas zu unternehmen? Mittlerweile wurde dieser Paragraph geändert. Nun heißt es, dass die Taten nur noch ausreichen müssen, um eine Beeinträchtigung herbeizuführen. Doch ist es dadurch weniger willkürlich geworden? In der Realität dauert es lange, bis einem tatsächlich geholfen wird. Es ist nicht nur ein mühsamer Kampf gegen den Täter, sondern vor allem ein mühseliger Kampf gegen die schwergängige Justiz. Die Opfer werden leider häufig nicht ernst genommen, dafür aber oft belächelt, meist sogar unverrichteter Dinge fortgeschickt, wenn sie Hilfe bei der Polizei suchen. Ca. 80% der Opfer sind Frauen, doch Stalking kann Menschen jeden Geschlechts, jeder Altersgruppe, jeder Gesinnung und jeder Gesellschaftsschicht treffen. Ist ein Mann von Stalking betroffen, muss er sich zudem noch hämischen Sprüchen stellen: „Nimm sie doch, sie will es doch auch. Ist doch klasse, die ist willig. Ist doch super, wenn dir die Frauen hinterherlaufen…“ Doch aus eigener Erfahrung kann ich berichten, dass manche Sprüche von Frauen nicht sinnvoller oder feinfühliger ausfallen: „Ach, was beschwerst du dich denn? Was würde ich mich freuen, wenn ein Mann mal SO für mich schwärmen würde!“. Gerne hätte ich dieser Dame sofort meinen Stalker „vermacht“, wenn sie ihn sich doch so sehr wünscht. Auch diese Sprüche zeigen mir immer wieder deutlich, dass vielen Menschen nicht ansatzweise bewusst ist, was Stalking tatsächlich bedeutet.