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Bionährstoffe

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Beim Begriff „Genveränderung“ denken die Meisten sofort an Hightech-Labore. Dabei ist das Phänomen ein natürlicher Bestandteil biologischen Lebens. Zunächst einmal ist die Wahrscheinlichkeit groß, von Geburt an eine genetische Veränderung aufzuweisen. Gott sei Dank sind die Folgen der meisten „Abweichungen“ nicht dramatisch, und viele der gesundheitlich problematischeren Varianten lassen sich sogar mit relativ einfachen Mitteln korrigieren. So sind bisher allein 50 genetisch bedingte Krankheiten bekannt, die bereits durch eine erhöhte Zufuhr von Mikronährstoffen oder körpereigenen Biosubstanzen erfolgreich behandelt werden können.

Hintergrund für die therapeutische Wirksamkeit hoch dosierter Nährstofftherapien ist ein relativ neu entdecktes biologisches Phänomen: Mehr als jede dritte krank machende Genmutation reduziert die Affinität lebenswichtiger Enzyme zu ihrem Coenzym beziehungsweise Substrat. Was hier etwas kompliziert klingt, ist eine Entdeckung, die auch erhebliche Bedeutung für den Kampf gegen den Altersabbau hat – wie wir gleich sehen werden.

Die Hauptaufgabe von Vitaminen und vom Körper selbst gebildeten Biosubstanzen ist keineswegs die Vermeidung der wenigen klassischen Mangelkrankheiten. Dieses nun wirklich völlig veraltete Dogma sollten wir schnell vergessen. Vitalstoffe fungieren vielmehr als Katalysatoren unzähliger Stoffwechselreaktionen, wie unter anderem bei den enzymatisch gesteuerten Prozessen innerhalb jeder einzelnen Körperzelle. Genveränderungen führen sehr häufig zu einer Art Unempfindlichkeit lebenswichtiger Enzyme gegenüber ihren Mitarbeitern (den vitaminhaltigen Coenzymen) oder den zu verarbeitenden Werkstoffen (vitalstoffhaltige Substrate). Eine gezielte Zufuhr erhöht die unmittelbare Verfügbarkeit dieser Helfer und Substrate, wodurch die „träge“ gewordene Enzymfunktion verbessert oder sogar wiederhergestellt werden kann.

So viel zu den angeborenen genetischen Veränderungen, von denen viele, jedoch nicht alle Menschen betroffen sind. Doch gleich wird es für jeden von uns interessant: Neue Ergebnisse aus der Erforschung des zellulären Energiestoffwechsels haben einen weitreichenden Zusammenhang aufgezeigt. Veränderungen genetischer Programme mit den gerade genannten Auswirkungen auf wichtige Enzymfunktionen entstehen auch als typische Folge des Alterns. Bei jedem Menschen! Und, weil sich diese Störungen im Verlauf des Lebens immer mehr verstärken, entwickeln sie sich zu einer eigenständigen Ursache für das Altern selbst.

Vielleicht ahnen sie schon, worauf wir hinaus wollen: Wenn enzymatische Störungen aufgrund angeborener Genveränderungen mit gezielt zugeführten Vitalstoffen kompensiert werden, könnte derselbe Effekt auch bei altersbedingten Störungen der genetischen Steuerung möglich sein, soweit sie vergleichbare Enzymfunktionen betreffen. Und genau das hat sich in den vergangenen Jahren bestätigt.

Eine vermehrte Bereitstellung unterstützender Vitalstoffe kann Zellfunktionsstörungen, die aufgrund alternsbedingter Genfehler eingetreten sind, besonders Veränderungen der Mitochondrien-DNA, ausgleichen und weitere Einbußen verhindern. Wesentliche Alterungsprozesse, die für das Überleben der nicht teilbaren Zellen von Muskeln, Gehirn, des Herzens, aber auch der Zellen der Haut und anderer Organe in hohem Maße bestimmend sind, lassen sich auf diese Weise tatsächlich verhindern.

Eine Reihe dieser biologischen Substanzen sind Bestandteil zentraler Coenzyme und Substrate innerhalb der Zellen. Wie wir heute wissen, kann eine gezielte Substitution typische Altersstörungen der Enzymfunktionen beheben und darüber hinaus das Fortschreiten von Genveränderungen, Zelltod und Altern signifikant verzögern. Zu den in diesem Zusammenhang wissenschaftlich untersuchten biologischen Stoffen mit einer dokumentierten Wirksamkeit gehören:

● Carnitin (natürliche Aminosäure, unter anderem in rotem Fleisch enthalten; als Nahrungsergänzung frei verkäuflich)

● Alpha-Liponsäure (natürliche Zellsubstanz; in Europa als Nahrungsergänzung erhältlich, in Deutschland als apothekenpflichtiges Medikament)

● Cystein (natürliche schwefelhaltige Aminosäure, die an vielen Entgiftungsreaktionen und an der Bereitstellung von Schutzenzymen beteiligt ist; als Nahrungsergänzung erhältlich; bei hohem Homocystein kann eine gezielte Zufuhr auch die Gefäßalterung reduzieren; bei dem Atemwegsmedikament ACC handelt es sich übrigens um den gleichen Wirkstoff)

● Coenzym Q10 (natürlicher Zellbestandteil und Antioxidans; frei verkäuflich)

● Folsäure (gilt als Vitamin; insbesondere Schwangere sowie ältere Menschen sind selbst bei normaler Ernährungslage meist nicht optimal versorgt)

● Vitamin B12 (eine wirklich optimale Bereitstellung ist vor allem bei Älteren durch deren erhöhten Bedarf selten und auch bei Frauen ab mittlerem Lebensalter außer über den Konsum von Leber kaum ohne Ergänzung sicherzustellen)

● Pyridoxin / Vitamin B6 (bei Rauchern und Frauen, die Östrogene einnehmen, sind selbst bei ausgewogener Ernährung deutliche Defizite häufig, die Mindestdosierung liegt hier fünf- bis zehnfach höher, als es in der Durchschnittsernährung enthalten ist; bei hohem Homocystein kann eine gezielte Zufuhr die Gefäßalterung signifikant reduzieren)

● Vitamin D (gilt als Vitamin, obwohl es eigentlich eher zu den Hormonen zu zählen ist; jüngere Forschungsdaten zeigen eine erstaunlich umfassend protektive Rolle im Bereich Krebs, Knochen, Gefäße und Lungenkrankheiten; optimale Blutspiegel von 90–100 nmol/L werden in Mitteleuropa von der Mehrheit der Bevölkerung nicht annähernd erreicht)

● Magnesium (bei den meisten Menschen heute in der Ernährung unterrepräsentiert; hat einen direkten Effekt auf die Ausprägung bestimmter alternsrelevanter Gene)

● Zink (aktiviert direkt genregulatorische Vorgänge mit größten Auswirkungen auf das Immunsystem und die Entzündungsregulation und damit insgesamt auf die genabhängige Langlebigkeit. Die optimale Zufuhr liegt bei immunologischer Beanspruchung, Entzündungsreaktionen oder im Alter im Bereich von 30–50 mg; die Optimaldosis wird bei Konsum von Austern und Meeresfrüchten, ansonsten über eine Durchschnittsernährung jedoch kaum erreicht)

Wie das Wechselspiel von genetischen Störungen und der Zellalterung genau funktioniert und wie effektive Gegenmaßnahmen aussehen, dafür werden wir in den folgenden Kapiteln noch Beispiele sehen.

Handbuch Anti-Aging und Prävention

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