Читать книгу Das Verzaubern - Rebekah Lewis - Страница 10
Kapitel Drei
ОглавлениеMarchy starrte auf den Haufen an Dingen, die in hölzernen Kisten und auf Tischen deponiert waren, und wandte sich an Gareth. »Bist du nicht der König? Kannst du nicht jemanden finden, um das zu tun, der darauf brennt dir zu gefallen?« Sicher, er verbrachte eine absurde Menge Zeit damit für den Hutmacher aufzuräumen, aber das bedeutete nicht, dass er ein königlicher Diener sein wollte, der ihren verlorenen Unrat säuberte. Der Hutmacher war wie ein Bruder für ihn und er wurde für seine Arbeit dort bezahlt.
»Du brennst nicht darauf mir zu gefallen?«, spottete Gareth und strich mit einer Hand durch sein schulterlanges blondes Haar, betrachtete die Szene mit so viel Widerwillen, wie Marchy verspürte. »Ich weiß nicht. Ich bin ziemlich sicher, dass ich das Hochverrat nennen kann.«
Mit einem Prusten fuhr Marchy mit einem Finger durch eine erheblich dicke Schicht Staub auf einer Holzkiste und belächelte den grauen Schmierfleck, der auf seiner Fingerspitze haftete. »Kein Hochverrat. Nur Rebellion.« Er wischte die beleidigende Substanz an seinem Hosenbein ab.
»Rebellion führt oftmals zu Hochverrat.«
Dieses Thema führte ihn dazu beides zu begehren. Seine Geduld reichte dieser Tage nicht sehr weit, obwohl er sich schnell genug beruhigen konnte. Wenn er doch nur die Quelle seiner Unzufriedenheit genau festlegen könnte. »Halt die Klappe, wärst du so gut?«
Gareth lachte, wobei sein Lächeln seine goldenen Züge und silbrigen Augen erleuchtete. »Hast du diesen Ausdruck von Melody oder Cadence gelernt?«
Marchy schaute finster drein. Das Letzte, was er tun brauchte, war es einen Ausdruck anzunehmen, den ein paar vorwitzige Findlinge ständig äußerten. Melody war immer vor seinem Gesicht, wollte ihm helfen seine Arbeit zu machen, wollte ihn mit einer Frau verkuppeln, mit der sie sich am Hof angefreundet hatte, wollte Hawthorn streicheln, der – wenn man von Verrätern spricht – sie mochte. Die angenehme Seite davon war, durch ihre Position im Weißen Königreich als Beraterin der Königin, machte sie eine Menge Reisen von Zuhause weg. Also bekam er etwas Frieden. Etwas.
»Ich vermisse die Dinge, wie sie waren. Der Hutmacher und ich brauchten niemand anderen.« Es war selbstsüchtig von ihm sich die Einsamkeit seines Freundes zurück zu wünschen. Melody linderte den Wahnsinn in einem Mann, der Anfällen des Reimens und Rätselns schnell erlegen war. Manchmal tat er das noch immer, aber es geschah weitaus seltener. Die Frau war ein Geschenk des Himmels, aber das bedeutete nicht, dass Marchy sie mögen musste. Sie würdigen, aye. Sie mögen, nein.
Gareth gluckste. »Noch immer eifersüchtig, ich verstehe.«
»Ich bin nicht eifersüchtig.« Es war nicht so, dass er wollte, dass der Hutmacher ihm gehörte, ungeachtet dessen, was andere denken mochten, sie waren Freunde, praktisch Brüder. Nichts Romantisches war je zwischen ihnen erblüht. Marchy mochte nur einfach die Veränderung nicht. Hasste sie. In letzter Zeit hatte sich zu viel verändert. Paradebeispiel: Gareth war der neue Rote König, der sie herum befahl. Es war zu viel.
Zu, zu viel und weitaus zu bald.
»Wenn du das sagst.« Gareth klang nicht überzeugt, während er durch einen Korb stocherte, der voller Murmeln oder Steine irgendeiner Art war, die im Licht aufblitzten. »Was du brauchst, ist deine eigene Frau und dann wird es dir nicht mehr zu schaffen machen«, sagte er, als ob er nicht wusste, was Marchy früher am Tag im Schilde geführt hatte. Es war innerhalb ihres Bekanntschaftskreises kein riesiges Geheimnis. Gareth und Cadence waren glücklicherweise nicht grausam genug, um ihn dadurch zu verstricken.
»Nein, vielen Dank. Hawthorn und ich brauchen keine Frau, die in unserer persönlichen Distanzzone herumhängt, unsere Habseligkeiten berührt und sie herumrückt. Ich mag Frauen gut genug – sie sind liebreizende, exquisite Wesen – , aber man genießt sie lieber in kurzen Spurten.« Eines seiner Ohren zuckte.
Gareth brach in schallendes Gelächter aus.
»Was?«, blaffte Marchy.
Da der König nichts anderes tun konnte, als inmitten des Raums auf sein Hinterteil zu plumpsen und zu lachen, machte Marchy einen Schritt nach vorn, um zu sehen, ob er sich dasselbe Gebrechen zugezogen hatte wie er selbst – dasjenige, bei welchem er geneigt war für einen beliebigen Zeitraum ohne Vorrede unkontrolliert zu lachen. Der Nebeneffekt vom Leben im Wunderland war es, dass die Einwohner von einer Art Wahnsinn beeinträchtigt wurden, wenn sie sich über eine längere Zeitperiode mit sich selbst nicht wohlfühlten. Der Hutmacher hatte seine Reime und Rätsel. Marchy lachte aus keinem ersichtlichen Grund. Während es beim Hutmacher besser wurde, wurde Marchys Zustand schlechter.
Seine Grübeleien wurden unterbrochen, als Hawthorn von der offen Tür in den Raum rannte, innehielt, um Gareth zu betrachten, und sich dann in Richtung der Vorräume wandte, die sie nach diesem ausräumen mussten. Ohne weiteres Zögern raste die kleine Kreatur in einen der Räume. »Ich gehe ihm besser nach, so dass wir ihn nicht zerquetschen, während wir Kisten bewegen.«
Gareth winkte ihn weg, erlangte langsam die Kontrolle über sein Gelächter. Marchy war sich nicht sicher, was er davon halten sollte. Falls der König begann am selben Gebrechen zu leiden wie er, bedeutete das dann, dass es Schwierigkeiten mit Cadence gab? Er hatte einen nervigen Verdacht, dass es seine Aussage über Frauen gewesen war, die den König so übermäßig amüsiert hatte. Warum fand jeder seine Abneigung gegen Veränderungen so absurd? Es wäre weitaus einfacher, wenn alle ihn, und seine Sachen, in Ruhe lassen würden. Und hier war er … berührte die persönlichen Habseligkeiten anderer Leute. Entgegen besserem Urteilsvermögen, aber dennoch. Seine Stimmung wurde noch verbitterter.
Marchy hielt inne und betrachtete die Stapel vergessener Gegenstände, welche die vorige Rote Königin hier deponiert hatte, als diese sie nicht länger ansprachen. Solch eine Verschwendung. Doch es gab keinen Hinweis auf Hawthorn. Wo war diese Haselmaus hingegangen? Und noch schlimmer, wo war sein schwert-schwingender Komplize Hörnchenpoleon hingerannt, wenn Hawthorn hier heruntergekommen war? Falls dieser Borogove heraussprang, um ihn zu erschrecken, nun ja, dann würde es ihm Recht geschehen, wenn aus Reflex nach ihm geschlagen wurde.
»Hawthorn?« Marchy trat durch eine weitere Türöffnung, die sich in einen kleinen Korridor öffnete und an einer Tür endete, die bessere Tage gesehen hatte. Ein Loch in den unteren Paneelen war groß genug, so dass ein Nager hindurchgelangen konnte.
Marchy versuchte den Knauf, aber die Tür gab nicht nach. Er war sicher, dass Gareth auf ihrem Weg hier herunter gesagt hatte, dass alle Räume offen wären. Vielleicht sollte dieser hier nicht geräumt werden? Er versuchte es noch einmal und erkannte, dass nicht das Schloss das Problem war. Das Holz war alt und verzogen und ein Teil der oberen Kante steckte fest. Dieses Mal, als er den Knauf drehte, drückte er ebenfalls nach unten. Das Holz gab nach und die Tür öffnete sich weit, als Marchy eintrat und sich umschaute.
Ein einzelner Strahl Sonnenlicht erleuchtete den Bereich durch einen Schlitz im Stein, der es dem Licht erlaubte sich in einem großen, kunstvollen, bodenlangen Spiegel mit einem silbernen und goldenen Rahmen, der ganz dringend eine gute Politur brauchte, zu spiegeln. Dornige Ranken eines Rosenbuschs draußen im Garten waren vor geraumer Zeit durch den Fensterschlitz hineingeklettert, aber sie standen momentan entlang der Wände nicht in Blüte. Inmitten des staubigen Fußbodens saß Hawthorn fasziniert vom Spiegel auf seinen Hinterläufen.
»Hast du plötzlich dein eigenes Spiegelbild entdeckt?«
Die Haselmaus beachtete ihn nicht. Wie äußerst sonderbar.
Marchy begann sich umzudrehen, entschlossen die kleine Kreatur seinen Träumereien zu überlassen, da nichts in dem Zimmer auf ihn fallen könnte, aber dann klapperte der Spiegel gegen die Steine hinter ihm, als ob er wieder und wieder geschüttelt wurde. Möglicherweise konnte Hawthorn hier drin trotzdem Schaden ereilen. Bevor er jedoch reagieren konnte, erschien eine Frau hinter dem reflektierenden Silber und purzelte dann kreischend aus dem Glas. Hawthorn piepste und rannte in die Ecke, um sich unter einem Rosenblatt zu verstecken. Ohne zu zögern, schoss Marchy nach vorne, um die Frau aufzufangen, bevor sie auf dem steinernen Fußboden landete, wobei er bei diesem Manöver seinen Hut verlor.
Was ist gerade geschehen?
Dann dämmerte es ihm. Dies war kein gewöhnlicher Spiegel, sondern der Spiegel. Derjenige, aus dem Alice gekommen war, ebenso wie andere Findlinge zu anderen Gelegenheiten. Alice war die Berüchtigtste gewesen, da sie, wie Cadence, es geschafft hatte das Wunderland mehr als einmal zu besuchen.
Die zweite vorliegende Erkenntnis war, dass die Frau, die er vor einem hässlichen Fall gerettet hatte, ein Findling sein musste. Der erste Findling, der, seit Melody und Cadence vor einigen Jahren, erschien.
»Oh mein Gott. Ist das wirklich passiert?«, fragte der Findling und drehte sich in seinen Armen, um sein Gesicht zu suchen. Sie blinzelte mit strahlendblauen Augen und, bei seinem ersten guten Blick auf sie, stockte ihm der Atem in seiner Kehle. Dann erhitzten sich seine Wangen, da sich ihr Blick unverzüglich nicht auf ihn fokussierte, sondern auf seine Ohren. Er war es gewohnt, aber manchmal störte es ihn. »Sie sind –«
»Ja, wie ein Kaninchen. Nennen Sie mich aber nicht so. Oder einen Hasen.« Er hatte nicht absichtlich blaffen wollen und bereute, dass er die Schönheit mit mahagonifarbenem Haar bei seinem Tonfall zusammenzucken lassen hat. Seit Alice gegangen war, tauchten Findlinge auf und nannten ihn den Märzhasen, als ob er irgendein zur Schau gestelltes Tier wäre. Er hatte Alice nie gemocht. Hatte den Hutmacher vor ihr gewarnt, aber hatte er zugehört? Neeeeiiin …
»Es tut mir leid.« Ihre Stimme brachte ihn aus seiner grollenden Vergangenheit zurück. Die Frau trat von ihm weg und er ballte betreten seine Fäuste an seiner Seite, nicht sicher, was er tun sollte, während er sich umblickte. Er konzentrierte sich auf ihre Hände, wovon eine hochrot erstrahlte. Sie hatte sich irgendwie geschnitten.
»Ihre Hand«, sagte er und schickte einen Blick auf den Spiegel, um zu sehen, ob die Dornen zu nahe gewachsen waren oder ob es am Rahmen scharfe Kanten gab, aber nichts schien verkehrt. »Sie bluten.«
»Ich …« Sie starrte auf ihre Hand und schüttelte ihren Kopf, brachte ihren Blick zu seinem zurück. »Ich …« Sie schwankte, und dieses Mal scheiterte Marchy darin sie rechtzeitig zu erreichen, bevor sie auf dem Boden landete, bewusstlos, und auf seinem Lieblingshut. Er machte sich deswegen im Moment keine Gedanken und zumindest hatte es ihren Kopf vom Fall abgefedert. Hawthorn wurde mutig und kam vorsichtig näher, schnüffelte an ihrem Haar, bevor er sich ihm zuwandte und piepste.
Hatte die Haselmaus gespürt, dass jemand durch den Spiegel kam, bevor sie hindurchgefallen war? »Sie sollte in Ordnung sein. Ich werde sie sowieso zur Königin bringen, um sie genau anschauen zu lassen.« Cadence und ihre Schwester wären besser ausgerüstet, um mit dem Findling umzugehen und die Regeln ihres Besuchs zu erklären. Aufgrund ihrer Kleidung musste sie aus derselben Welt und Zeit wie die anderen zwei stammen. Cadence trug oft ein Paar Hosen aus demselben blauen, rauen Material, nur ohne Risse und Löcher überall darin. Er ging neben dem neuen Findling in die Hocke und überprüfte die Bereiche ihrer Beine, wo die Risse waren, für den Fall, dass es mehr Verletzungen gab oder sie von irgendeiner Art Biest angegriffen worden war, aber sie schien, abgesehen von ihrer Handfläche, unverletzt.
Was ist ihr zugestoßen?
Als Marchy die Frau aufhob, hing ihr Kopf schlaff gegen seine Schulter und er blinzelte. Ihre Lippen waren roter als eine Rose. Sie sahen so weich aus, dekadent. Er schüttelte sich aus seinen lasziven Gedanken, bevor sie noch weiter gehen konnten. Er war wirklich der Flegel, wie er zuvor genannt worden war. Komisch, wie ihm das jetzt zu schaffen machte, wenn man bedachte, wie er sich von einer Frau zur nächsten bewegte, ohne den Drang eine zu behalten.
Hawthorn kletterte an seinem Bein hoch und auf die Brust des Findlings, sattelte bei der kostenlosen Fahrt auf. »Was denkst du?«, fragte er die Haselmaus. »Die Königin sagte, ich könnte eine Sache, die ich hier unten fand, als Geschenk zum Nichtgeburstag behalten. Sollten wir den Findling behalten, bis sie nach Hause zurückkehrt? Jedem zeigen, dass ich nicht so unfreundlich und verschroben bin, wie sie denken?«
Es war der perfekte Aufbau. Er würde beweisen, dass er mehr als ein oder zwei Stunden mit einer Frau in seinen Räumlichkeiten umgehen konnte, und sie würde in zwei Tagen nach Hause gehen, ihn und seine Sachen und all seine anderen Hüte zurücklassen, allein. Möglicherweise konnte die Bitte ihn sogar vor der Handarbeit retten, welche die Königin an ihn weiterzureichen versucht hatte.
Aye, der Findling war in der Tat das perfekte Geschenk.