Читать книгу "Opa, wann ist Corona vorbei?" - Reiner Brinkmann - Страница 6

001.3 Erwin und Amelie

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Amelie setzt den schweren Einkaufskorb ab. „Wenn ich die Sachen eingeräumt habe, können wir los." Ihre Worte sind an Erwin gerichtet, der draußen hinter ihrem Wohnmobil steht und die Fahrräder am Wagen verzurrt. Erwin lächelt zufrieden. Es war eine gute Entscheidung gewesen, letztes Jahr das Wohnmobil zu kaufen. Jetzt, wo alle Hotels geschlossen sind, alle Restaurants und Cafés nicht öffnen dürfen, haben sie ihre eigene Urlaubsinsel auf Rädern. Auf den Straßen ist derzeit nicht viel los und Parkraum steht auch ausreichend zur Verfügung. Alles bestens. Amelie schaut aus der Tür: „Fertig?" „Fertig!", sagt Erwin und setzt sich hinters Steuer. Langsam setzt sich das doppelachsige Gefährt in Bewegung. Amelie sitzt neben Erwin, streckt die Arme in die Luft und trällert: „Herrlich, der Urlaub fängt schon an."

Enno sitzt im Klassenzimmer der 9a. Wechselunterricht mit halber Besetzung. Eine Woche Präsenzunterricht, dann eine Woche Online von Zuhause aus. Eigentlich geht Enno gerne in die Schule, hat gute Noten. Aber die Motivation hat gelitten, bei ihm, bei seinen Freunden und auch bei den Lehrern, die jeden Tag neue Anweisungen umsetzen müssen. Die letzte Klausur ist so schlecht ausgefallen, dass sie nicht gewertet werden konnte. Ständig beschlägt die Brille wegen der Maske vor dem Mund und kalt ist es auch. Die Fenster werden alle zwanzig Minuten geöffnet, zur Durchlüftung wegen der Aerosole. Enno kann sich nicht wirklich auf den Unterricht konzentrieren. Er denkt an das Fußball-Freundschaftsspiel, das heute stattgefunden hätte. Denkt an seine Kameraden, an Finn und Steffen, mit ihm das gefürchtete Stürmerdreigestirn. Sie hätten heute die Gegnermannschaft aus dem Nachbardorf abgezogen. Gerade stellt Enno sich den perfekten Pass von Finn vor, den er an Steffen weitergibt, damit dieser den Ball rechts oben im Tor versenkt. „Enno, träumst du?" Frau Eger, seine Deutschlehrerin, ermahnt ihn. Ja, Enno träumt von seinem Fußballverein. Seit Monaten Spielverbot wegen Corona. Finn und Steffen hat er seitdem nicht mehr getroffen außer auf WhatsApp. Enno schaut auf. Frau Eger setzt den Unterricht fort. Enno schaut zur Seite aus dem Fenster. Sieht die vorbeifahrenden Autos, darunter ein Wohnmobil mit zwei älteren Leuten, beide scheinen fröhlich zu sein. Hinten baumelt eine rot-weißes Flatterband an den verzurrten Fahrrädern. Enno wendet sich wieder Frau Eger zu, die gerade ihre Maske zurechtrückt. „Die Ferien beginnen dieses Jahr früher", Frau Egers Brille beschlägt ebenfalls. Ennos Ferien spielen sich dieses Jahr in seinem Zimmer an der PlayStation ab. Wegfahren und Wandern in den Bergen muss ausfallen. Wäre sowieso finanziell nicht gegangen. Sie hatten den Urlaub immer vom Geld der Mutter bezahlt. Als Aushilfskellnerin hat sie immer übers Jahr etwas zurücklegen können. Seine Mutter, Anna, sucht sich gerade eine Putzstelle. Wie alle.



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