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Оглавление04 - Das Schiff der Hoffnung
Wer nichts waget, der darf nichts hoffen.
(Friedrich Schiller)
Darstellung einer Sonnenbarke im Alten Ägypten, Foto Borislav
Die frühesten Darstellungen eines Sonnenschiffes tauchen im alten Ägypten während der 5. Dynastie auf. Diese Darstellungen werden auf den Zeitraum des 25. Jahrhunderts v. Chr. datiert. In den damaligen Vorstellungen reiste der Sonnengott Re auf seiner Sonnenbarke 12 Stunden über den Himmel, ehe er auf ihr am Abend vor den Toren der Unterwelt stand.
Während seiner Tagesweise war Re schwach geworden, so dass sich seine Ba-Seele während der Weiterreise durch die Unterwelt wieder stärken musste, damit Re beim Auftauchen am Osthorizont wieder kräftig genug war.
Um dies zu ermöglichen und Re vor den Dämonen zu schützen, erwarteten ihn 12 Götter am Eingang zur Unterwelt. 9 Götter, unter ihnen war Hathor, die gleichzeitig auch die Herrin der Barke war, begleiteten Re auf seiner Reise. Auf jeder dieser Reisen war auch der verstorbene König mit dabei, der seinen Platz am Bug der Sonnenbarke hatte.
Das Motiv des Schiffes beflügelte auch die Fantasie der Menschen im Norden. In seiner frühen Form ist es hier ab der Bronzezeit zu identifizieren. Im Norden wurde das Motiv in Dänemark in Felsritzungen und auf Rasiermessern gefunden. Sie stellten ebenfalls ein Sonnenschiff dar, das während des Tages von einem Fisch begleitet wird. Bei Einbruch der Nacht wird der von einem Fisch verschlungen.
Das Sonnenschiff wird dann anschließend von einem Pferd gezogen, das es wieder zu seinem Ausgangspunkt zurückbringt. Diese Darstellungen decken sich auch mit den Felsritzungen, die bei Allinge-Sandvig auf der Ostseeinsel Bornholm gefunden wurden. Auch die dort anzutreffenden zahlreichen Bootsdarstellungen, in denen teilweise auch Besatzungen zu sehen sind, stammen aus der der zeit von 1800-500 v. Chr.
Felsritzung mit zwei Schiffen, Foto Hermann Junghans
Die Parallelität, sowie die Häufigkeit der Schiffsdarstellungen, weist aber nicht nur auf die Bedeutung des Motivs innerhalb mythologischer Vorstellungen hin, sondern zeigt auch die kulturellen Verbindungen zwischen nordischer und mediterraner Kultur in der frühen Bronzezeit. Diese Verbindung sieht auch Dr Fleming Kaul, ein international anerkannter Fachmann auf dem Gebiet der Bronzezeitikonographie. Er vermutet, dass Eliten der nordischen Bronzezeitgesellschaft auf ihren ausgedehnten Seefahrten Kenntnis von den ägyptischen Vorstellungen eines Sonnenschiffes erlangt hatten.
Das Motiv des Schiffes als Symbol des Glaubens begann also lange bevor die Arche zu einem Symbol des Glaubens wurde. Doch erst mit diesem Schiff entsteht im Christentum ein vielschichtiges Bildmotiv, das im Mittelalter zu einem feststehenden Topos des Glaubens wird.
Noch heute zeugen Begriffe, wie das Kirchenschiff davon, wie breitgefächert das Motiv die Vorstellungswelt des Glaubens beeinflusst hat. Dabei waren die Israeliten gar kein Volk der Seefahrer. Auf diesen Umstand weist das 1. Buch der Könige hin,wo im 9. Kapitel von einer Flotte von Schiffen des sagenumwobenen König Salomos am Roten Meer berichtet wird. Doch die konnte nur mit Hilfe König Hirams I. betrieben werden.
Hiram war im 9. Jahrhundert v. Chr. ein König der Phönizier und wird in den Königsbüchern mehrfach als ein kenntnisreicher Unterstützer König Salomos erwähnt. Er befestigte Tyros als Handelsstadt, das sich unter seiner Herrschaft zum beherrschenden Handelszentrum im Mittelmeer entwickelte.
Schiffe der Phönizier befuhren das Mittelmeer und kreuzten auch jenseits der Säulen des Herakles. Die Hilfe der Phönizier ging aber noch weiter, denn auch beim Bau des ersten Tempels leisteten sie sie Hilfe. So wird um 2. Buch der Chronik über ein formelles Ersuchen Salomos an König Hiram I, berichtet, ihm Arbeiter und Material zu senden. (2 Sam 5,11)
So steht im 2. Buch Samuels: `… der phönizische König sandte Hiram-Abif, den Sohn einer Frau von den Töchtern Dan´.
Er gilt als der Architekt des salomonischen Tempels. Dan ist der 5. Sohn des Stammvater Jakobs und er ist damit ein Nachkomme aus einem der 12 Stämme Israels. Mit Hiram-Abif führt der Bau des Tempels also wieder zu den Wurzeln des Volkes Israel zurück.
Zwar ist im Neuen Testament mehrmals von Schiffen auf dem See von Galiläa die Rede, doch sie waren gewöhnliche Fischerbote. Einzig in der Apostelgeschichte 27 gibt es von Lukas eine Beschreibung von Schiffen, im Zusammenhang mit der Reise des Apostels Paulus nach Rom.
Einen wichtigen Beitrag zur motivischen Entwicklung des Schiffes lieferte der Kirchenlehrer Ambrosius. Der im Jahr 339 in Trier geborene Ambrosius von Mailand war römischer Politiker und Bischof. Er gilt als einer der vier lateinischen Kirchenlehrer und trägt seit 1298 auch den Ehrentitel Kirchenvater.
In seiner Amtszeit als Bischof widmete sich Ambrosius dem Bibelstudium, wie dem Studium von Schriften griechischer Autoren wie Philo, Origenes, Athanasius und Basilius von Caesarea.
In seiner Lehre sah Ambrosius in den Texten der Bibel eine dreifache Bedeutung: den wörtlichen Sinn, den moralischen Sinn und den mystischen Sinn. Dies drückte er auch in seinem umfangreichen Briefwechseln aus, wie in dem Brief an den neu gewählten Bischof Constatius.
Darin gab er Ratschläge für zukünftige Predigten und griff dabei auch das traditionelle Motiv des römischen Staatsschiffes auf. Dies übertrug es als Symbol auf die Kirche die ebenso durch Stürme zu steuern war.
Ambrosius bewegte sich hier innerhalb einer Tradition, die weit in die Geschichte zurückreichte, denn das Staatsschiff war in der Antike ein sehr beliebtes Motiv. Spätestens seit der griechische Dichter Aristophanes 422 v. Chr. seine Komödie ´Wespen´ veröffentliche war das Motiv des Schiffes ein Sinnbild des Gemeinwesens Staat.
So ließ Aristophanes in dem Stück erklären: `Thema ist nämlich das ganze Schiff, die Polis´.
Eine eindrucksvolle Beschreibung über das Scheitern des Staatsschiffes schreibt der römische Dichteres Horaz in seinem Gedicht `O navis, referent´. Dort steht in der Ode 1-14 unter dem Titel `dem Staatsschiff droht Zusammenbruch`: `Soll dich wieder, o Schiff, tragen ins Meer die Flut! Oh was hast du im Sinn? Standhaft behaupte den Hafen! Siehest du nicht, wie Deine Seite von Rudern leer. - Segelstangen und Mast seufzen, verwundet vom Schnellen Afrikus? und kaum ohne Taue des Meers gebietrische Wogen, Zu bestehen dein Kiel vermag?´
In seinem Text beschrieb der römische Dichter das Staatsschiff in schwerer Gefahr, das unterzugehen droht. Das in der Dichtung so beliebte Motiv ist auch auf Münzen zu sehen, denn noch im 4. Jahrhundert ist auf römischen Münzen das Bildnis des Staatsschiffes mit den Göttinnen Victoria und Isis zu sehen.
In seinem Brief an Constantius griff Ambrosius in den Paragraphen 2 bis 4 Bilder aus biblischen Texten auf, die das Wirken Gottes mit dem Wasser verglichen.
Seinen Vergleich der Kirche als Ganzes mit einem Schiff verbandt Ambrosius mit der Gestalt des Apostels Petrus und schrieb über ihn: `Er ist der Lenker des Schiffes das kein Sturm zugrunde richtet (AvM S126). Später präzisierte er dieses Bild mit den Worten: `Das da sicher auf hoher See fährt, mit den Segeln am Mastbaum eines Kreuzes , die sich blähen im Sturmwind des heiligen Geistes´ (De virginitate 18,118). Im Laufe der Zeit erfolgte durch die Theologen des frühen Christentums eine weitere Ausgestaltung dieses Motivs, in dem weiteren Teilen des Schiffes eine tiefere Bedeutung zugewiesen wurde.
Einer unter ihnen war der Ende des 4. Jahrhunderts wirkende Bischof von Nyssa. Gregor von Nyssa gilt als ein streitbarer Verfechter des Bekenntnis von Nicäa und kämpfte zeitlebens gegen die Bewegung des Arianismus.
Doch als Theologe gilt er als größter christlich-philosophischer Denker seiner Zeit, denn Gregors Gotteslehre war ein erster Höhepunkt innerhalb der Entwicklung, das platonische Denkmodell mit der christlichen Lehre zu verbinden.
In seinen Schriften befasste ich der Kirchenlehrer auch ausführlich mit der Symbolik des Kreuzes, dessen Bedeutung in jeder Kultur einen andere Bedeutung hatte.
So stand als Urbild des Kreuzes, der griechische Buchstabe Tau in Griechenland für ein Hinrichtungskreuz. In römischen Militärlisten bedeutete das Zeichen jedoch `am Leben` während das Zeichen Omega für den Tod stand. Im hebräischen Alphabet ist der entsprechende Buchstabe taw der 22. und omega letzte Buchstabe des Alphabets. Hier steht er sinngemäß mit dem damit verbunden Zahlenwert für die Ewigkeit. Deshalb leitet Georg von diesem Buchstaben auch die ewige Macht des Gekreuzigten ab und verglich das Kreuz dem dem aus der Schifffahrt bekannten Mast an dem die Rahe befestigt ist die das Segel trägt. Beide, Mast und Rahe und Mast sind kreuzförmig miteinander verbunden und wurden so von Gregor als Abbild des eigentlichen Kreuzes betrachtet.
Das Tau ist aber auch Teil des Staurogrammes das zum Zeichen für Christus wurde. In der abgewandelten Form ist es auch als die Verbindung der beiden Buchstaben Xi und dem Rho bekannt. Diese Form geht auf eine Vision Kaiser Konstantins zurück, die er vor der Schlacht an der Milvinischen Brücke hatte.
Dort soll er in der Nacht jenes Zeichen am Himmel erblickt haben, das ihm zum Sieg über seinen Gegner Maxentius verhalf. Daraufhin ließ er sofort die Schilder seiner Soldaten mit dem neuen Zeichen ausstatten, was ihm dann auch das erhoffte Schlachtenglück bescherte.
Das Zeichen zeigt in diesem Fall ein gekipptes Kreuz, doch mit seiner Verbindung ebenso die ersten beiden Buchstaben des frühen Namens Christus aus. Beide Versionen, das Tau, oder der senkrechte Teil des Rho können so als Mast eines Schiffes gesehen werden.
Im 6. Jahrhundert erweiterte Gregor der Große, der jüngste der 4 Kirchenväter diese metaphorische Sprache und beschrieb in seiner Regula Patsoralis ( Past I. 2) die Rolle des Meeres und die Gefahren denen das Schiff dort ausgesetzt ist.`Endlich erhebt sich das Kirchenschiff aus dem teuflischen Meer der Schlechtigkeit, der Sünde, der Versuchungen. Hier vor allem droht dem Christen, wenn er nicht auf dem Holz der Kirche bleibt, der Schiffbruch und das versinken in die bitteren Fluten des Satans.´(DR S.203). Gregor führt diese Thematik in der Pastoralis weiter aus, in dem er den Kirchenvorsteher mit einem Seemann verglich der an Petrus Stelle sein Kirchenschiff durch die unruhige See steuern muss und so vor dem immer drohenden Schiffbruch zu bewahren hat.
In seinen weiteren Ausführungen wurde dieses Schiffbruch erleiden zum Schiffbruch im Leben. So warnt er in Pastoralis III 28, ´alle die in fleischliche Sünden eingeweiht sind` vor dem bitteren und finsteren Meer als Symbol dämonischer Versuchungen und sieht damit die Sünde auch als einen Schiffbruch der Seele. as Motiv des Schiffes umfasste also die Glaubenswelt der einfachen Menschen als Symbol der Hoffnung, wie auch den staatsphilosophischen Gedanken einer überzeitlichen Ordnung. Dieses Bild griff auch die Literatur jener Zeit auf, wie die im Laufe des 3.Jahrhunderts entstandenen Pseudo Clementinen.
Sie bestanden aus einer romanhaften Unterweisung in der christlichen Lehre, in der die Kirche mit einem hierarchisch geführten Schiff verglichen wurde. In ihnen wurde Christus zum Steuermann, der Bischof zum Untersteuermann, die Presbyter die Matrosen, die Diakone die Rudermeister und die Katecheten zu den Zahlmeistern.
Gemäß der vorgestellten Hierarchie wurde die Schar der Laien als einfache Mitreisende betrachtet, die ruhig und fest auf ihren Plätzen sitzen sollten um nicht durch ein unordentliches Benehmen ein Schlagseite des Kirchenschiffes zu verursachen.