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Оглавление02 - Die Suche der Arche Noah
Wir suchen niemals die Dinge, sondern das Suchen nach ihnen
(Blaise Pascal)
Noahs Einzug in die Arche,, Hans Jordaens, um 1600,, Residenzgalerie Salzburg
Unter den ersten die nach der Arche suchten, war ein Mönch mit dem Namen Hakob. Laut einer Erzählung soll er im 4. Jahrhundert aus dem von ihm gegründeten Kloster Sankt Hakob am Osthang des Ararat aufgebrochen sein, um die Arche zu suchen. Nachdem er auf dem Abhang des erloschenen Vulkans einige Zeit hilflos umherirrte, zeigte Gott Erbarmen mit ihm und ließ Hakob über einen Engelsboten ein Stück vom Holz der Arche zukommen. Dieses Stück soll dann in dem südlich von Akori gelegen Kloster aufbewahrt worden sein, das im Jahr 1840 bei einem Erdbeben zerstört wurde. Eine im 12. Jahrhundert verbreitete Legende brachte die Lage des Klosters in direkten Zusammenhang mit Noah: Er soll hier am Osthang des Ararat, nach dem Rückgang des Wassers die ersten Weinreben gepflanzt haben.
Die Gesteinsformation bei Doğubeyazıt, anderer Blickwinkel, 2009, Foto Rudolf Pohl
Bis in die Gegenwart versuchten Forscher und Abenteurer auf den Spuren des Schiffes zu finden, das Hakob verborgen geblieben war. Einige von von ihnen hinterließen ihre Spuren in der Geschichte, wie Prince John Joseph Nouri, ein Bischof aus Bagdad. Er war der festen Überzeugung, auf dem Ararat die Reste der Arche gefunden zu haben und wollte Teile von ihnen auf der Weltausstellung in Chicago ausstellen, doch die türkische Regierung verweigerte Nouri die Genehmigung, die eventuellen Beweise dafür mit Hilfe einer Expedition zu bergen.
Im Sommer 1916 machten Verlautbarungen einer russischen Expedition erneut Hoffnung auf einen Beweis für die Arche. Doch von den Unterlagen, welche Holzreste des Schiffes dokumentieren sollten, fehlt bis heute jede Spur. Neuere Erkenntnisse über den möglichen Verbleib der Arche nach der Flut tauchten erst wieder nach einem Erkundungsflug einer Airforce-Maschine im Jahr 1949 auf.
Auf den während des Fluges gewonnenen Aufnahmen entdeckten Auswerter eine ungewöhnliche Struktur auf der Nordseite des Berges: Sie ging als Ararat-Anomalie in die Geschichte ein. Da sich die Fläche zwischen der Türkei und der Sowjetunion befand, unterlagen die Bilder aber strengster Geheimhaltung und wurden erst 1995 freigegeben.
Auch eine erneute fotografische Aufnahme der Anomalie durch den kommerziellen Erkundungssatelliten Ikonos brachte keine eindeutige Klärung. Bergsteiger identifizierten sie letztendlich als eine vom Eis bedeckte zerklüftete Felsformation. Erst in den 60er Jahren gab es erneute Versuche, einen Beweis für die Existenz der Arche zu erbringen. Einer der zahlreichen Abenteurer, die glaubten, ihre Überreste gefunden zu haben, war der französische Industrielle Fernand Navarra.
Er war zusammen mit seinem Sohn 1955 in einer Spalte des Ararat-Gletschers auf einen 1,5 Meter langen Holzbalken im Eis gestoßen. Um ihn durch die Kontrollen schmuggeln zu können, hatte ihn Navarra zerkleinert und dann in Frankreich untersuchen lassen. Die Untersuchungen des Holzes in unterschiedlichen Laboratorien ergaben ein Alter von ca. 5.000 Jahren, wobei dies durch eine späteren Untersuchung deutlich reduziert wurde.
Nur zwei Jahre nach dem vermeintlichen Fund kam erneut Bewegung in die Suche, als der türkischer Pilot İlhan Durupınar bei einer Luftaufnahme für das geodätische Institut der Türkei eine auffällige Struktur fotografierte. Diese Struktur entsprach in Form und Umrissen einem größeren Schiff. Ein Photometrie-Spezialist der Universität von Ohio untersuchte anschließend die Aufnahmen und war sich dabei sicher, dass das Objekt tatsächlich ein Schiff darstellte.
Dennoch unterblieb lange Zeit eine Expedition in das fragliche Gebiet. Erst eine im Jahr 1960 erschienene Fotoreportage im Life Magazin, in dem Luftaufnahmen vom den Gebirgsstock des Ararat, ungefähr 20 Kilometer vom eigentlichen Gipfel entfernt, von scheinbar deutlichen Umrissen eines größeren Schiffes veröffentlicht wurden, kam wieder Bewegung in die Suche nach der Arche.
Die Fotos veranlassten den Amateur-Archäologen Ronald Wyatt, der Frage nachzugehen und die Stelle aufzusuchen. 1977 gelang es ihm endlich, dafür eine Genehmigung zu erhalten. Wyatt fand etwa 25 km entfernt von der schiffsähnlichen Struktur eine größere Anzahl geometrisch geformter Steine und glaubte, dass sie bei der Strandung der Arche aus dem Schiffsrumpf herausgebrochen seien.
Er identifizierte die Steine mit ähnlich aussehenden Ankersteinen, wie er sie aus Abbildungen alter Mittelmeer-Schiffe kannte. Auf Grund der Größe und der auffälligen Löcher schloss Wyatt, dass sie als Ballast gedient hatten, um die Arche bei schwerem Seegang im Kielbereich zu stabilisieren.
Dieser Fundort lag bei einem Dorf, das bezeichnenderweise den Namen `Platz der Acht´ trug, was auf die Anzahl der Menschen verweist, die angeblich mit der Arche gerettet wurden. Doch blieben Wissenschaftler, die seine Fotos begutachteten, skeptisch: Sie hielten die in den Steinen eingemeißelten Symbole für Zeichen der frühen armenischen Christen. Wyatt ließ sich dennoch in seiner Überzeugung nicht erschüttern - er hielt die Kreuze auch weiterhin für Zeichen, welche die gerettete Familie Noahs abbildeten.
Da die vorgefundene schiffsähnliche Struktur aber zum großen Teil in steiniger Erde steckte, hätte die weitere Erkundung Wyatts die zur Verfügung stehenden Mittel weit überstiegen. Aber er war ein religiöser Mann, der sich von Gott zur Entdeckung dieses wichtigen Fundes berufen sah. Zudem glaubte Wyatt, in einer Endzeit zu leben, in der er einen geistlichen Kampf für die Wahrheit führen musste. Somit suchte er nach einem anderen Weg, um an das Innere der Struktur zu gelangen.
Wyatt wusste sich zu helfen und betete zusammen mit Freunden für ein lokales Erdbeben, das die Struktur freilegen sollte. Tatsächlich ereignete sich wenig später, am 25. November 197,8 ein Erdbeben, dass den gewünschten Erfolg zeigte, und etwa sechs Meter Boden anhob.
Für Wyatt war es nun offensichtlich, dass dies der Schiffsrumpf der Arche war, dessen versteinerte Rumpfspanten nun zutage traten. Da die Struktur bei der Hebung des Geländes auseinander gebrochen war, konnten Wyatt und sein Team nun tief aus dem Innern Materialproben entnehmen.
Zu ihrer Verwunderung stießen sie auf völlig unerwartete Materialien: die Proben enthielten hohe Anteile verschiedener Metalle, wie Eisen und Aluminium. Beides sind jedoch Metalle, die nach Erkenntnissen der Wissenschaft zur Zeit Noahs noch gar nicht bekannt sein konnten. Sofort warfen Kritiker Wyatt vor, mit gefälschten Proben an die Öffentlichkeit gegangen zu sein, denn die Materialien glichen tatsächlich verblüffend Abfallprodukten moderner Verhüttungstechnik. Da sie aus dem unteren Teil der Struktur stammten, mussten sie aber nach Wyatts Überzeugung zum Ballast der Arche gehört haben.
Das Bild eines Schiffskörpers gaben auch die Bodenradaruntersuchungen wieder: Sie zeigten eine regelmäßige Struktur, wie sie auch Schiffsspanten aufwiesen. Wyatt und sein Team waren nun vollkommen überzeugt, nun endlich am Ziel zu sein. Mit Hilfe einer 3-D-Zeichnung visualisierten sie ihre Erkenntnisse.
Dabei entstand der Rumpf einer spitz zulaufenden Schiffsform mit 2 Querspanten. Doch die zahlreichen Vorsprünge innerhalb der Struktur wichen erheblich von der in der Bibel genannten Form ab. Trotz den Einwände zahlreicher Wissenschaftler kam ein Gremium türkischer Gutachter nach der Untersuchung aller Daten 1986 zu dem überraschenden Schluss, dass die von Wyatt untersuchte Struktur tatsächlich die Arche Noah ist.
Daraufhin wurde der Entdecker im Februar 1987 vom Gouverneur des Agril-Distriktes, in dem sich die Fundstelle der Arche Noah befindet, eingeladen, um vor der Presse das Ergebnis der Untersuchungen zu verkünden. Wenige Jahre später meldeten sich jedoch Wissenschaftler zu Wort, die sich ebenfalls mit der schiffsähnlichen Struktur befasst hatten: Unter ihnen war Prof. Dr. John Baumgardner. der an Wyatts Untersuchungen beteiligt gewesen war.
Er hatte zusammen mit türkischen Geologen das Gelände der Fundstelle geophysikalisch untersucht und Gesteinsproben gewonnen. Auf Grund ihrer Ergebnisse kamen sie wiederum zu dem Schluss, dass es sich bei der von Wyatt als Arche erklärten Formation lediglich um eine natürliche geologische Besonderheit handele - entstanden durch eine Schlammlawine, die um ein erhöhtes Hindernis geflossen war und so eine schiffsähnliche Form erzeugt hatte.
Neue Hoffnungen auf Entdeckung der Arche weckten erst wieder die vermeintlichen Erkundung eines chinesischen Teams unter der Leitung von Panda Lee im Jahr 2010. Deren ausführliche Dokumentation zeigte mehrere mit Holzbohlen beplankte Räume, die von einer mächtigen Holzkonstruktion getragen wurden.
Da der Fund teilweise noch vom Eis bedeckt war, schien es plausibel, dass der Ararat-Gletscher nun endlich die Arche freigegeben hatte. Zusätzlich entdeckten Panda Lee und sein Team im Eis noch zahlreiche weitere, zerbrochene Holzfragmente, die sie für den Beweis für den hier gestrandeten Rumpf der Arche hielten.
Für den überraschend guten Erhaltungszustand des Fundes, der auf einen Alter von knapp 5.000 Jahren geschätzt wurde, machte der beteiligte türkische Geologe Dr. Ahmet Özbek die lokalen Bedingen an der Eisgrenze des Ararat verantwortlich. Doch die Geldgeber der Forschungen, der `The Media Evangelism Limited´ ließen Kritiker bereits zu Beginn an der Seriosität der Untersuchungsergebnisse zweifeln. Deshalb wurden Lees Funde auch bald für die Reste eines eines größeren Gebäudes gehalten, das dort während eines temporären Rückzuges des Gletschers errichtet worden war. Auch Randall Price, Archäologe und zugleich Theologe, blieb skeptisch und entlarvte den Fund als geschickt inszenierten Betrug, auf den Panda Lee und sein Team hereingefallen waren. Tatsächlich gelang es Price, im Gebiet rund um den Ararat, einige am Betrug Beteiligte ausfindig zu machen. Sie hatten im Auftrag des kurdischen Bergführers und Unternehmers Ahmet Ertugrul eine Kulisse aufgebaut, welche die Reste der Arche vortäuschen sollte. Nur kurze Zeit vor dem Eintreffen der Expedition hatte die Gruppe Holzteile mit Maultieren bis zur Eisgrenze transportiert und dort zusammengebaut. Während der Arbeiten glaubten alle Beteiligten dass dies eine Filmkulisse sei und waren entsprechend überrascht, als sie vom angeblichen Fund der Arche erfuhren. Da die Arbeiten an der Àrche erst kurz vor Panda Lees Expedition abgeschlossen wurden, kann hier wohl auf ein abgestimmtes Vorgehen aller Akteure geschlossen werden.
Die chinesische Erkundung war die vorerst letzte Expedition die ernstzunehmende Funde verkündete. All diese Expeditionen waren aber durch ihr Glaubensumfeld geprägt, das sie wohl zu einem Fund verpflichtet hatte. Sie entstammten sämtlich aus dem Umkreis bibeltreuer Christen, die fest an die dort geschilderten Zeitabläufe glaubten.
Neben dem Ararat geriet das etwa 320 Kilometer südwestlich gelegene Cudi Dagh schon früh in den Fokus der Entdecker. Dieser Berg liegt dort, wo schon anfangs der Landeplatz der Arche vermutet wurde.
Klosterruine auf dem Cudi Dağı, 1909, Aufnahme von Gertrude Bell.. Wiki gemeinfrei
Der Engländerin Getrude Bell gebührt der Verdienst, als erste Frau diesen Berg bestiegen zu haben um dort das Geheimnis der Arche zu erforschen. Den Überlieferungen des Koran folgend soll sie dort und nicht auf dem Ararat gestrandet sein. Nachdem Bell 1886 als erste Frau in Oxford ihre Studien in Zeitgeschichte abgeschlossen hatte, fiel es der gebildeten und wissbegierigen Frau schwer, im bürgerlich-gesellschaftlichen Leben Londons Fuß zu fassen. Eine Reise, die sie 1893 mit ihrer Stieftante nach Teheran führte, bildete einen Wendepunkt in ihrem Leben: Fortan interessierte sie sich für die Geschichte des Orients und die Archäologie.
Während eines Aufenthalts im heutigen Gebiet des Irak bestieg sie 1909 den Berg, wo sie dann auf die Überreste des Noah-Klosters stieß, das sie fotografierte. Dort erfuhr Bell auch, das sich zu dieser Zeit noch Angehörige der Christen, Muslime und Jesiden regelmäßig zu Pilgerfesten zusammenfanden, um dort dem Patriarchen Noah zu gedenken.
Diesen Fundort propagiert auch der deutsche Filmregisseur Timo Roller, der in seinem 2014 erschienen Buch `Das Rätsel der Arche Noah´ neue Erkenntnisse dazu veröffentlichte. Da der Berg aber in einem politischen Spannungsgebiet liegt, war es bislang nur wenigen Fachleuten, wie dem amerikanischen Forscher Bill Crouse, möglich, vor Ort zu forschen.
Roller stützte sich bei seinen Behauptungen vornehmlich auf die eigene Auswertung von Luftbildern und auch auf die Ergebnisse der Grabungen von Crouse. Der hatte längere Zeit damit verbracht, in den Ruinen des Noah-Klosters zu forschen. Roller ist überzeugt, dass genau dort das letzte Puzzleteil eines Bildes zu finden ist, das antike Zeugnisse und Überlieferungen aufzeigen. Ein weiteres Argument in Rollers Behauptung ist auch, die Nähe des Berges Cudi zum einstigen Reich der Sumerer und sowie die Nähe zur archäologischen Ausgrabungsstätte Göbekli Tepe.
Da dieser Ort von zahlreichen Forschern als eines der ältesten Heiligtümer der Menschheit betrachtet wird, wäre somit eine Verbindung zur Arche denkbar. Legt man jedoch die strengen Maßstäbe an, mit denen auch die Funde auf dem Ararat beurteilt wurden, so bietet auch der Cudi Dagh keine wirklich greifbaren Beweise für eine Landung der Arche.