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Vorwort

Der Versuch, eine Einführung in die Problematik der Gottesbeweise zu geben, den der vorliegende Band unternimmt, ist mit überaus großen Schwierigkeiten belastet. Man könnte denken – fast mit zu großen. Ganz offenkundig kann dieser Versuch weder historische noch systematische Vollständigkeit bei der Darstellung seines Gegenstandes (seiner Gegenstände) erreichen. Zudem steht das Bändchen in Konkurrenz mit vorzüglichen Monographien, die sich dem ontologischen Gottesbeweis (den Gottesbeweisen) gewidmet haben.1 Es besteht also ganz offenkundig die Gefahr, dass die vorliegende Einführungsmonographie sich mehr oder weniger nur als ein unvollständiger Zettelkasten präsentieren kann. Der Autor versucht dieser Gefahr vorzubeugen, indem er bei seiner Diskussion der Gottesbeweise deren Funktionen und das mit ihnen verbundene Interesse in den Mittelpunkt der Erwägungen stellt. Generell betrachtet, sind die Funktionen und die Interessenverwobenheit der Gottesbeweise nur vor dem Hintergrund des philosophischen Letzbegründungsgedankens zureichend einzuschätzen. Die Letztbegründungsprätention der Gottesbeweise kann sich aber alternativ auf die abschließende Fundierung einer mehr oder weniger objektiven „Sachlage“ beziehen – oder aber subjektiv auf eine abschließende Letztrechtfertigung eines Ursprungsinteresses des Menschen. Das vorliegende Büchlein verfolgt insbesondere das Anliegen, die erkenntnistheoretische (gnoseologische) und die moralphilosophische Bedeutung bzw. Funktion der Gottesbeweise herauszuarbeiten. Ein adäquates Verständnis der Gottesbeweise erreichen oder gar vermitteln zu können, ohne eine Bezugnahme auf deren Funktion und das jeweilige Interesse, dem sie entstammen, erscheint dem Autor unmöglich gelingen zu können. Der sogenannte ontologische Gottesbeweis, der recht verstanden gerade kein ontologischer Gottesbeweis ist, muss primär von seiner gnoseologischen Funktion für die Möglichkeit einer letzten Begründung der Gültigkeit unseres Wissens aus rekonstruiert werden, die anderen Gottesbeweise ruhen auf dem teilweise verborgenen Fundament der möglichen Letztrechtfertigung des moralisch-pragmatischen Interesses des Menschen auf. Aufgrund dieser Ausgangsperspektive des vorliegenden Bandes wird es möglich, alle behandelten historischen Formen der Gottesbeweise als quasi idealtypische Beispiele für die beiden gerade genannten Hauptfunktionen der Gottesbeweise zu verwenden. Eine Vollständigkeit der abzuhandelnden Positionen ist aufgrund dieser Herangehensweise nicht erforderlich.

Anselms Argument und seine Transformationen in den „ontologischen Gottesbeweisen“ der (frühen) Neuzeit sind überhaupt nur dann angemessen zu begreifen, wenn man sie in ihrer Relevanz für die Letztbegründung der gnoseologischen Intentionalität analysiert. Die Diskussionen um Anselms Argument aus dem Umkreis der analytischen Philosophie und Theologie, die in dieser Monographie exemplarisch angeführt werden, können relativ leicht als Positionen entlarvt werden, die keinerlei Begriff von der zentralen gnoseologischen Bedeutung des ontologischen Gottesbeweises aufweisen. Dagegen kann dem Leser der geradezu exemplarisch gute Text von Klaus Riesenhuber (Die Selbsttranszendenz des Denkens zum Sein. Intentionalitätsanalyse als Gottesbeweis in „Proslogion“, Kap. 2, in: Philosophie im Mittelalter. Entwicklungslinien und Paradigmen. Wolfgang Kluxen zum 65. Geburtstag, hg. von Beckmann u. a., Hamburg 21996, 39 – 59), der die gnoseologische und intentionalitätstheoretische Systematik Anselms im Proslogion voll ausschöpft, nur wärmstens zur Lektüre empfohlen werden.

Ebenso ist selbst der kosmologische Gottesbeweis nur dann kein letztlich doch nur noch verstaubtes Lehrstück von Philosophie und Theologie, wenn man das verborgene Interesse begreift, das hinter ihm steht. Nur mit wenig Anstrengung lässt sich dartun, dass das gemeinsame Fundament des kosmologischen und des teleologischen Gottesbeweises das moralische und pragmatische Interesse des Menschen ist, das sich gleichsam im moralischen Gottesbeweis fokussiert. Denn einem „interesselosen Beobachter“ muss es letztlich als gleichgültig erscheinen, ob das Universum selbst, ein Gott oder irgend etwas anderes als letzter unhintergehbarer Grund einer imaginären kosmologischen Begründungsreihe statuiert wird. Ist doch die Möglichkeit, an das ersehnte Ende dieser kosmologischen Begründungsreihe zu gelangen, uns Menschen durch die Natur der „aposteriorisch-empirischen Sache“ versagt. Wir können nicht das Totum des Universums in der uns nur zur Verfügung stehenden endlichen Zeit und Raumrestriktion präsentiert bekommen. Ohne einen Bezug aber zu diesem Totum können wir keine sichere Aussage über dessen letzten Grund treffen. Die begründungstheoretische Attraktivität, die der kosmologische Gottesgedanke erzeugt, resultiert letztlich aus einem latenten moralisch-pragmatischen Interesse des Menschen, weniger aber aus isolierten theoretisch-kosmologischen Argumentationen.

Wegen der großen Bedeutung des moralischen Gottesbeweises für die sogenannten aposteriorischen Gottesbeweise2 füge ich deshalb als Anhang ein Essay zum moralischen Gottesbeweis bei, das Christoph Glimpel aus der Sicht eines evangelischen Theologen verfasst hat. Dr. Christoph Glimpel ist Pfarrvikar in Schiltach und promovierte 2005 in Heidelberg im Fach Systematische Theologie mit einer Arbeit zu „Gottesgedanke und autonome Vernunft“, die 2007 in Göttingen in Buchform erschienen ist. Herrn Dr. Alexander Riebel habe ich gebeten, ein Nachwort zu diesem Einführungsband zu verfassen. Er ist Kulturredakteur der überregionalen katholischen Tageszeitung „Die Tagespost“ in Würzburg. Riebel ist einer der wenigen Philosophen, die sich noch auf eine philosophisch zutreffende Bestimmung und systematische Situierung des Letztbegründungsgedankens verstehen, wie er in seiner Dissertation3 unter Beweis gestellt hat.

Bedanken möchte ich mich ganz herzlich bei Herrn Dr. Bernd Villhauer für die Aufnahme des Bandes in das Verlagsprogramm der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft. Vielleicht gelingt es der vorliegenden Monographie, ein breiteres Interesse an dem Thema der Gottesbeweise zu erwecken.

Mein Dank gilt auch Herrn Dr. Stephan Dreischer vom Institut für Politikwissenschaft der Technischen Universität Dresden für die „technische Hilfestellung“, die er mir geleistet hat.

Auch Herrn Axel Walter M. A. (Jena) gilt es zu danken. Er hat in der ihm eigenen präzisen Art das Manuskript in aller „gebotenen Strenge“ korrekturgelesen. Hin und wieder hat er mich auf Inkonsistenzen meiner Argumentation aufmerksam gemacht – ich hoffe, ich konnte diese alle zu seiner Zufriedenheit ausräumen.

2006 ist meine Monographie „Der ontologische Gottesbeweis als kryptognoseologischer Traktat. Acht Vorlesungen mit Anhang zu einem systematischen Problem der Philosophie“ bei Olms erschienen. Die Ergebnisse dieser Monographie lege ich in diesem nunmehr vorliegenden Band dem Anselmkapitel, dem ersten Thomaskapitel, dem Descarteskapitel, dem Leibnizkapitel und den Kantkapiteln zugrunde. Aufgrund des ähnlichen Gegenstandes beider Bücher sind sprachliche Kongruenzen zwischen beiden Monographien nicht immer zu vermeiden gewesen.

Gerne weise ich abschließend die Leser auf die vorzügliche Magisterarbeit zum ontologischen Gottesbeweis hin, die Stefan Klingner 2005 unter meiner Betreuung an der Technischen Universität Dresden angefertigt hat (Das Unum Argumentum Anselmi. Der ontologische Gottesbeweis im „Proslogion“ [cap. 2 – 4] als Grundlegung der Logik). Inbesondere die Destruktion der „analytischen Anselmliteratur“, die Klingner in dieser Arbeit gelingt, machen seinen Text zu einem sehr lesenswerten Forschungsbeitrag.

Dresden-Gruna

21. April 2008,

am Fest des heiligen Anselm von Canterbury

Reinhard Hiltscher

Gottesbeweise

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