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II. Kausalität
Besondere Erscheinungsformen der fahrlässigen Tötung

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1. Die Kausalität bestimmt sich nach allgemeinen Grundsätzen (gemäß der Äquivalenztheorie, näher AT § 18 Rn. 30 ff.), bereitet aber gerade hier wegen des häufigen Zusammen- oder Nebeneinanderwirkens Mehrerer im Einzelnen vielfach Schwierigkeiten (vgl. BGH 11, 1). Auch hier ist daran festzuhalten, dass weder mitwirkendes Verschulden des Verletzten noch eines Dritten den Kausalzusammenhang unterbrechen. Dadurch erübrigt sich allerdings nicht die weitergehende, innerhalb der Verantwortungs- und Schuldfrage vorzunehmende Prüfung, ob der konkrete Erfolg für den konkreten Täter unter den gegebenen Umständen voraussehbar war: die Kausalitätsbejahung ist noch keine Fahrlässigkeitsfeststellung. Ursächlich für den Tod ist auch ein Verhalten, das den Todeseintritt nur beschleunigt; die Unterlassung sinnloser Bemühungen um die Erkennung unerkennbarer Möglichkeiten der Tatbestandsverwirklichung bleibt dabei allerdings außer Betracht[2].

Zusätzlich zu dieser Kausalitätsprüfung ist bei der Fahrlässigkeit auch ein hypothetischer Kausalverlauf beachtlich: eine Haftung wegen Fahrlässigkeit entfällt, wenn der Erfolg auch bei einem anderen Verhalten eingetreten wäre, bei welchem er für den Täter nicht erkennbar gewesen wäre oder innerhalb des erlaubten Risikos gelegen hätte. Beispiel: der Radfahrer wäre infolge seiner unerkennbaren Trunkenheit auch bei Einhaltung des erforderlichen Sicherheitsabstandes unter den überholenden Lkw gekommen (BGH 11, 1). Eingehend zu diesem sowohl in der Begründung wie in den Ergebnissen sehr umstrittenen Problem AT § 43 C.

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2. Möglich und häufig ist bei fahrlässiger Tötung die Begehung durch unechtes Unterlassen. Freilich kommt die Annahme eines solchen erst dann in Betracht, wenn nicht schon die Kausalität der Begehung gegeben ist: so hat der Radfahrer den Tod des ihm Entgegenkommenden nicht dadurch verursacht, dass er die Anbringung einer Fahrradlampe unterließ, sondern dass er mit einem verkehrsgefährlichen, weil unbeleuchteten Rad fuhr (weitere Grenzfälle dieser Art AT § 43 C).

Beispiele unvorsätzlicher Tötung durch fahrlässiges Unterlassen: Nichtanbringung von Schutzvorrichtungen (RG 10, 6); Unterlassung der Treppenbeleuchtung durch den Hauswirt (RG 14, 362); Nichtbenutzung von Sicherungseinrichtungen, auch wenn deren Notwendigkeit nicht durchschaut wird (BGH 15, 386). Praktisch bedeutsam ist die Frage nach der Haftung des Gastwirts, der es nach Verabfolgung geistiger Getränke unterlässt, seinen fahruntüchtig gewordenen Gast an der Weiterfahrt zu hindern, worauf dieser einen Passanten tödlich überfährt. In einem solchen Falle hatte BGH 4, 20 die Haftung des Gastwirtes nach § 222 grundsätzlich bejaht[3]; demgegenüber führt BGH 19, 152 mit Recht aus, dass die Garantiepflicht überfordert sei: Haftung daher nur, wenn der Gast unzurechnungsfähig geworden sei und der Wirt dies habe erkennen können[4]. Das gleiche gilt für die Selbstgefährdung des trunkenen Gastes (BGH 26, 35). Für den Mitfahrer oder Fahrgast besteht in Fällen von Trunkenheitsfahrten des Führers eine Hinderungspflicht grundsätzlich nicht (OLG Oldenburg NJW 61, 1938). Für die fahrlässige Nichthinderung des Selbstmordes eines Angehörigen gelten die o. § 1 Rn. 23 ff. erörterten Regeln.

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3. Praktisch bedeutsam bei § 222 sind die Fälle fahrlässiger Nebentäterschaft: der unmittelbare Erfolg wird durch einen Dritten ausgelöst, aber dieses wurde erst möglich durch das pflichtwidrige Verhalten des fahrlässigen Nebentäters.

Beispiele: Ein Beamter, der den Führerschein ohne gewissenhafte Prüfung erteilt, kann in Nebentäterschaft mit dem unzuverlässigen Fahrer der fahrlässigen Tötung schuldig sein (BayObLG DAR 52, 170), ebenso, wer einem noch unerprobten, insbesondere führerscheinlosen Fahrer sein Fahrzeug anvertraut[5]. Der Leiter einer Autoreparaturwerkstätte haftet – gegebenenfalls neben dem Fahrer – für den Todeseintritt, wenn sich infolge einer mangelhaft durchgeführten Reparatur ein tödlicher Verkehrsunfall ereignet[6]. Der Verursacher einer Körperverletzung haftet, wenn der Verletzte infolge einer lege artis ausgeführten oder nur leicht fehlerhaften ärztlichen Behandlung stirbt[7].

Strafrecht Besonderer Teil. Teilband 1

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