Читать книгу Strafrecht Besonderer Teil. Teilband 1 - Reinhart Maurach - Страница 85
I. Allgemeines
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Das deutsche Recht kennt in Übereinstimmung mit den meisten ausländischen Rechten[1] keinen allgemeinen Tatbestand der Lebensgefährdung. Das Merkmal der Lebensgefährdung ist zwar in vielen Tatbeständen enthalten, jedoch zusammen mit der Gefährdung von „Leib und fremden Sachen von bedeutendem Wert“, also von körperlicher Unversehrtheit und Eigentum, und nur als zusätzliches Erfordernis zu einem näher umschriebenen Verhalten (Zweigliedrigkeit der konkreten Gefährdungsdelikte [Tlbd. 2 § 50 Rn. 27]). Die entsprechenden Tatbestände sind daher allgemeine Gefährdungsstraftaten (s. Tlbd. 2, §§ 50 ff.). Die Lebensgefährdung durch Körperverletzung ist in § 224 Abs. 1 Nr. 5 erfasst (s.u. § 9 Rn. 18). Vielerorts findet sich die Lebensgefährdung ferner als Strafschärfungsgrund (§§ 176a Abs. 5, 177 Abs. 8 Nr. 2b, 250 Abs. 2 Nr. 3b, 306b Abs. 2 Nr. 1) und als Regelbeispiel eines besonders schweren Falles (§§ 113 Abs. 2 S. 2 Nr. 2, 121 Abs. 3 S. 2 Nr. 3, 125a S. 2 Nr. 3, 218 Abs. 2 S. 2 Nr. 2). Als spezielle Lebensgefährdungsdelikte kennt das geltende StGB nur die Aussetzung (§ 221) und – systemwidrig – die Schwere Gefährdung durch Freisetzen von Giften (§ 330a, dazu Tlbd. 2, § 58 Rn. 118).
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Allerdings wird wegen der geringen tatbestandlichen Voraussetzungen der Neufassung der Aussetzung durch das 6. StrRG behauptet, dass diese zu einem allgemeinen Lebensgefährdungsdelikt geworden sei[2]. Die Einschätzung hängt mit der Stellungnahme zum Verhältnis zwischen der „hilflosen Lage“ und dem Gefährdungsteil zusammen (s.u. Rn. 5). Im Übrigen erfasst § 221 auch die Herbeiführung der Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung und greift damit über in die Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit.